Zum Problem des larvalen Leuchtens
bei den Lampyriden: _________________________________________________________________________________________________ Die Frage, welchem Zweck das Leuchten der
Larven von Leuchtkäfern (wie es bei den Larven aller bekannten Lampyriden –auch
bei denen ohne leuchtende Erwachsene- vorkommt) dient, bzw. ob es überhaupt eine
Funktion erfüllt, wurde und wird viel diskutiert. Meiner Ansicht nach, kann man diese Frage
nicht vollständig beantworten, wenn man alle Arten (immerhin mehr als 2000) auf
einmal betrachtet und verallgemeinert. Man sollte vielmehr einzelne Arten mit
ihren individuellen Merkmalen (Lebensweise) untersuchen, denn das larvale
Leuchten kann für die verschiedenen Arten von unterschiedlicher Bedeutung
sein. Aktueller Stand (
Es gilt (vereinfacht gesprochen für den ursprünglichen Fall): Leuchtkäfer (zumindest Lampyridae) sind übelschmeckend oder sogar giftig. Da
sie zumeist nachtaktiv, nützt es nichts dies wie z.B. Marienkäfer durch eine
auffällige Färbung anzeigen. Stattdessen können sie durch Leuchten Räuber
signalisieren, dass sie keine "gute Mahlzeit" abgeben... Es konnte gezeigt werden,
dass entsprechende potenzielle Leuchtkäferfressfeinde tatsächlich Leuchten mit
Ungenießbarkeit assoziieren können (z.B. De Cock&Matthysen[13], Underwood[11]). Das kann sowohl über
individuelles Lernen geschehen, als auch als via evolutionärer Anpassung (indem
"Leuchtbeute-Meider" eine höhere Fitness haben). Auf "Schlau" nennt
man ein solches Phänomen Aposematismus. Damit sind hier auch
Mimikry-Komplexe anaolog zu denen von z.B. schillernden tropischen
Schmetterlingen denkbar.
Die (soweit ich das beurteilen kann) zur Zeit gängige "Lehrmeinung" zur Evolutions-Historie
der Funktion ergibt sich wie folgt
(vgl. z.B. Branham&Wenzel[24]):
Leuchtende Tiere zeigen, dass sie nicht "gut
schmecken" -> bei Erwachsenen Tieren tritt das Leuchten zusätzlich in den Dienst
der Partnerfindung (auf "Schlau": Exaptation; auf "Denglisch-Schlau": Co-option)
-> dies führte bei manchen Taxa zur Enttwicklung zusätzlicher Leuchtorgane für
die Erwachsenen.
Sekundär kann das Leuchten auch wieder an Bedeutung für die Partnerfindung verlieren und damit bei den Erwachsenen wieder reduziert werden (z.B. bei
Phosphaenus hemipterus wahrscheinlich. In diesem Fall spielen z.B. Pheromone wieder eine größere Rolle.
Andererseits können aber auch wieder weitere Exaptationen
stattfinden (wie z.B. bei der nordamerikanischen "Gattung" Photuris, bei
der die adulten Weibchen mit "gefälschten" Leuchtsignalen Männchen anderer Arten
als Beute anlocken).
Abschließend muss noch gesagt werden, dass der
aposematische Erklärungsansatz andere zusätzliche Möglichkeiten (wie z:B. das
Auslösen einer simplen Schreckreaktion bei einem Räuber, dessen Beute
plötzlich aufglüht; "Denglisch-Schlau": Startle
Response) nicht generell ausschließt. Weiterhin können je nach Art
unterschiedliche Aspekte des larvalen Leuchtverhaltens unterschiedlich
ausgeprägt sein, so dass die umständlichen Erläuterungen weiter unten immer noch
ihre Berechtigung haben.
Besonders zu erwähnen bleibt noch, dass Tyler[23] dieses Jahr erstmals mit großer Wahrscheinlichkeit einen Verursacher des "schlechten Geschmacks" bei einer europäischen Art (Lampyris noctiluca) nachweisen konnte! Bisher waren derartige Versuche (fast?) nur von amerikanischen Arten berichtet worden. Für einen Überblick auf diese reichhaltigen positiven Nachweise empfiehlt sich z.B. ein Blick auf die Literatur Liste von Tyler[23].
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Empfohlene Literatur:
[24] Branham, Marc A. & Wenzel, John W. (2003): The origin of photic behavior and the evolution of sexual communication in fireflies (Coleoptera, Lampyridae). Cladistics: Bd.19, S.1-22. |
[13] De Cock, Raphaël & Matthysen, Erik (1999): Aposematism and Bioluminescence: Experimental evidence from Glow-worm Larvae (Coleoptera: Lampyridae). Evolutionary Ecology: Bd.13, H.7/8, S.619-639 |
[21] De Cock, Raphaël & Matthysen, Erik (2001): Do Glow-worm Larvae (Coleoptera: Lampyridae) Use Warning Coloration?. Ethology: H.107, S.1019-1033 |
[3] Dreisig, Hans (1974): Observations on the luminescence of the larval glow worm, Lampyris noctiluca. Entomologica Scandinavica: Bd. 5, S.103-109. |
[22] Trice, Ernest; Tyler, John; Day, John (2004): Description of pleural defence organs in three species of firefly larvae (Coleoptera, Lampyridae). Zootaxa: Bd.768, S.1-11 |
[23] Tyler, John; McKinnon,William; Lord, Gwyna; Hilton, Philip J. (2008): A defensive stereoidal pyrone in the Glow-worm Lampyris noctiluca L. (Coleoptera, Lampyridae). Physiological Entomology. |
[11] Underwood, Todd J. (1997): Bioluminescence in Firefly Larvae: A Test of the Aposematic Display Hypothesis (Coleopterta: Lampyridae). Journal of Insect Behavior: Bd.10, H.3, S.365-370. |
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Überlegungen zum larvalen Leuchten allgemein:
Bevor nun speziell auf die drei Leuchtkäferarten der BRD eingegangen wird, möchte ich zum besseren Verständnis eine verbreitete These zur Entwicklung des Leuchtens bei den Leuchtkäfern vorstellen.
Es wird vermutet, dass sich das Leuchten zufällig (z.B. als Nebenprodukt des Metabolismus) einstellte und erst später eine Funktion erhielt. Die Leuchtorgane der heutigen Leuchtkäfer werden als Derivate von Fettkörpern angesehen, d.h. sie entwickelten sich aus Fettkörpern (unterstützt wird diese Theorie u.a. von der Tatsache, dass bei anderen, „primitiveren“ Insekten –wie den Springschwänzen, die zu den Urinsekten gehören- Fettkörper der Sitz der Lichtproduktion sind).
Aus dieser These und mit Blick auf Haeckels "Biogenetisches Grundgesetz" (oder besser "Grundregel"; =Ontogenese (Entwicklung eines Lebewesens im Verlauf seines Lebens) gibt in gewisser Weise Phylogenese (Evolution/Entwicklungsgeschichte eines Lebewesens) wieder), könnte man schließen, dass die larvalen Leuchtorgane Relikte aus der Zeit in der Entwicklungsgeschichte der Lampyriden sind, in der das Leuchten noch nicht dem Zweck der Fortpflanzung diente. Vielleicht waren sie auch bereits im Dienste der Fortpflanzung und die imaginalen Leuchtorgane entwickelten sich später dazu.
Dass die larvalen Leuchtorgane als eigenständig zu betrachten sind und nicht einfach nur die Vorläufer der Leuchtorgane der Imagines sind lässt sich zum Einen durch die bloße Beobachtung erklären, dass die larvalen Leuchtorgane in der Imago erhalten bleiben (obwohl teils nicht mehr funktionsfähig –beim Männchen von Lampyris noctiluca sind sie z.B. überwachsen) und neben ihnen die imaginalen Leuchtorgane gebildet worden. Zum Anderen wurde durch Exstirpationsversuche von Harvey ([4]) und Schwalb ([9]; S. 538) einwandfrei nachgewiesen, dass die larvalen Leuchtorgane nicht vorhanden sein müssen, um imaginale Leuchtorgane auszubilden. Sind sie vorhanden, werden sie ins Imago-Stadium übernommen. Diese Versuche liefen so ab, dass Larven die Leuchtorgane gänzlich entfernt, oder wie im Fall von Schwalb auch z.T. ein Organ zurückgelassen wurde. Die Imagines die aus den so behandelten Larven hervorgingen, entwickelten normale imaginale Leuchtorgane und, wenn ein larvales Leuchtorgan übrig gelassen wurde, war dieses auch in der Imago normal vorhanden. Die Versuche wurden ausführlich überprüft, um Fehler zu vermeiden, wenn nur der äußere optische Eindruck bewertet worden wäre. Mit diesen Experimenten sollte nachgewiesen werden, ob Leuchtbakterien als Symbionten das Leuchten erzeugen.
Deshalb ergeben sich für mich drei Möglichkeiten. Nämlich, dass das larvale Leuchten bei den heutigen Lampyriden je nach Art, möglicherweiseimmer noch so beschaffen ist, dass es einem Zweck dient/dienen würde, der vor der sexuellen Nutzung des Leuchtens vorhanden war.
ohne Funktion ist und es sich nur um ein Relikt handelt, das keinen großen Nachteil mit sich bringt und deshalb noch nicht ausselektiert wurde.
so entwickelt ist, dass es einem (neuen) Zweck dient, der der Lebensweise der jeweiligen Art angepasst ist.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die larvalen Leuchtorgane zumindest einmal eine Funktion gehabt haben müssen, da sie hochdifferenzierte Organe sind, die sich nicht einfach so ohne Selektionsdruck entwickeln. Leuchtende Insekten ohne Leuchtorgane, wie Springschwänze (Collembolen) oder manche Larven von Pilzmücken (Mycetophilidae) lassen keinerlei mögliche Funktion des Leuchtens erkennen und man geht bei ihnen davon aus, dass es einfach ein Nebenprodukt des Metabolismus ist. Bereits bei Insekten mit etwas differenzierterem Leuchten, wie der höhlenbewohnenden Pilzmücke Arachnocampa luminosa, bei denen das Leuchten auf gewisse Fettkörper beschränkt ist, lassen sich eindeutige Funktionen erkennen (Auffindung von Sexualpartnern (bei den Imagines) oder das Ködern von Beutetieren (bei den Larven). Da bei den Leuchtkäfern die larvalen Leuchtorgane noch komplexer sind, sollten sie einen Zweck haben/ gehabt haben.
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Überlegungen zum larvalen Leuchten der drei einheimischen
Lampyriden-Arten:
Es ist festzustellen, dass scheinbar nicht nur das „Warum“ des larvalen Leuchtens der Leuchtkäfer der BRD unklar ist, sondern auch das „Wie“ und „Wann“. D.h., dass sich die Angaben über die Art und Weise des larvalen Leuchtens widersprechen und ich auch keine genaueren Untersuchungen zum Thema wann welche Art von Leuchten auftritt gefunden habe.
So geht Schwalb ([9]; S. 445-446) bei Lampyris noctiluca von nur einer Variation des larvalen Leuchtens unter natürlichen Bedingungen aus. Nämlich einem willkürlich auftretenden Blitz von variabler Dauer. Ein ähnliches Phänomen beschreibt auch Tyler ([10]; S.17-18), aber er fügt noch zwei Varianten hinzu. Zum Einen sollen Lampyris noctiluca Larven bei Störungen kurz aufblitzen, er deutet dies als Abwehrreaktion, zum Anderen sollen sie (insb. voll Ausgereifte) stundenlang ohne Unterbrechung leuchten, was Tyler damit erklärt, dass das Tier so kurz vor der Verpuppung sich schon auf das Imagodasein vorbereitet.
Dreisig ([3]; S. 104-105) spricht von dem willkürlichen Blitz und erwähnt auch das kontinuierliche Leuchten von Larven des letzten Stadiums.
Der Beobachtung des „Abwehrblitzes“ bei Lampyris noctiluca Larven stehe ich kritisch gegenüber, da Tyler meint, dass dieses Verhalten auch bei Imagines vorkommt, was meinen eigenen Beobachtungen an weiblichen Lampyris noctiluca Imagines widerspricht.
Außerdem sah Schwalb ([9]; S.446), dass Lampyris noctiluca Larven sogar einen angefangenen (willkürlichen) Blitz bei Störungen abbrechen. Auch zur Beobachtung des kontinuierlichen Leuchtens bei ausgereiften Larven von Lampyris noctiluca möchte ich später noch etwas anmerken, denn ich würde dieses Phänomen anders erklären.
Über das Leuchten von Lamprohiza splendidula Larven scheint größere Übereinstimmung zu herrschen. Schwalb ([9]; S. 446), Höllrigl und Verhoeff sind sich einig, dass die Larven von Lamprohiza splendidula bei Störung aufleuchten. (Allerdings sind nach Schwalb ([9]; S. 446) bisher insgesamt wenig Beobachtungen hierzu gemacht worden.)
Schwallb ([9]; S. 446) machte sich diesen Effekt beim Fang der Tiere zu nutzen, indem er mit lauten Geräuschen (z.B. von Platzpatronen) die Larven zum Leuchten brachte, was sie leichter auffindbar macht. Wenn man die Tiere zu oft hintereinander reizt, stellen sie dieses Verhalten wieder ein.
Weiterhin hat Schwalb ([9]; S. 446) auch ähnliche scheinbar willkürliche Blitze wie bei Lampyris noctiluca Larven beobachtet, wenn auch seltener und von etwas längerer Dauer.
Das Leuchten
der Larven von Phosphaenus hemipterus
ist kaum erforscht, aber es dürfte interessant sein, dies zu
untersuchen, da bei den Imagines dieser Art das Leuchten scheinbar seine
Funktion verloren hat (siehe
Kurzreferenzen der Arten).
Um nun noch die Problematik des larvalen Leuchtens weiter zu verdeutlichen, folgt hier eine Sammlung von Hypothesen zum Zweck des larvalen Leuchtens bei Käfern aus der "Familie" der Lampyridae (die Angabe von Autoren heißt hier nicht unbedingt, dass sie diese Meinung vertreten, sondern ist als reine Quellenangabe zu verstehen):
Das Leuchten der Larven soll:
– Beutetiere anlocken. (Lloyd [8]; S.14); (Tyler [10]; S.18); (Dreisig [3]; S. 107)
– andere Larven anlocken, um ein großes Beutetier besser erlegen zu können. (Lloyd [8]; S.14)
– Prozesse in der Entwicklung (wie z.B. die Verpuppung) koordinieren. (Lloyd [8]; S.14)
– Nichts und ist nur ein Nebenprodukt der sich entwickelnden Leuchtorgane der Imago. (Tyler [10]; S.18); (Dreisig [3]; S. 107)
– als Leuchte im Dunkeln fungieren. (Tyler [10]; S.18)
– andere Larven entweder anlocken, um sich Nahrung zu teilen, oder abschrecken, um Habitate nicht zu übervölkern. (Tyler [10]; S.18); (Dreisig [3]; S. 107 – nur 2. Teil)
– Fressfeinde verwirren/ abschrecken. (Tyler [10]; S.18); (Dreisig [3]; S. 107)
– aposematische Wirkung haben. Also Fressfeinden als Erinnerungsmerkmal dienen, die schon einmal Leuchtkäfer gefressen haben. Dies setzt voraus, dass Leuchtkäfer abschreckende/ übelschmeckende Stoffe enthalten. (Tyler [10]; S.18-19); (Underwood [11])
– Weibchen, die Eier ablegen wollen, zeigen, dass in einem bestimmten Gebiet bereits Larven vorhanden und somit Überbevölkerung vermeiden und Ausbreitung ermöglichen. Kaufmann[6] nimmt dies für eine afrikanische Leuchtkäferart, bei der die Weibchen fliegen können, an.
Für unsere einheimischen Lampyriden kommen für mich folgende dieser Thesen nicht oder nur höchst unwahrscheinlich in Frage:
1.) u.a., weil das Larvenlicht nicht über weitere Entfernungen sichtbar ist und im Normalfall nicht über lange Zeiträume ausgesendet wird. Außerdem ist es unwahrscheinlich, dass Schnecken und vor allem Regenwürmer von Licht angelockt werden (-> negative Phototaxis; Licht = Sonne = Austrocknung, UV etc.).
4.), obwohl
ein Fehlen eines Zweckes nicht ausgeschlossen werden kann, halte ich es
aufgrund der oben genannten Belege (Extirpationsversuche, Komplexität des
larvalen Leuchtorgans) für unwahrscheinlich, dass das larvale Leuchten nur
eine Art „Vorbereitung“ auf das Leuchten der Imago ist.
5.) u.a., weil das Leuchten normalerweise nicht kontinuierlich zu sein scheint, die Larven einen relativ schwach ausgeprägten Sehsinn haben und sich scheinbar meist taktil und mittels chemischer Wahrnehmung orientieren (siehe Kurzreferenzen der Arten).
9.), weil die heimischen Leuchtkäferweibchen allesamt nicht flugfähig sind und sehr standortbeschränkt zu sein scheinen (siehe Umfrage zur Bestandserfassung). Außerdem haben auch sie einen schwach entwickelten Sehsinn (siehe Kurzreferenzen der Arten).
Diese Thesen halte ich für nähere Untersuchungen lohnend:
2.), da Larven des öfteren in der Natur beobachtet worden, wie mehrere an einem Beutetier fraßen. Dagegen würde der schwache Sehsinn der Tiere sprechen. Vielleicht ist dieses Phänomen auch durch Duftstoffe hervorgerufen oder eine Zufallserscheinung.
3.), aber hier sind Untersuchungen schwierig.
6.) siehe – 2.). Für einen „territorialen Aspekt“ gibt es noch keine Belege und er könnte ebenfalls chemisch bedingt sein. Wieder muss auch der schwache Sehsinn der Larven beachtet werden.
7.), da es zahlreiche Belege und Gegenbelege für Abwehr von Beutegreifern gibt, sind Untersuchungen mit näherem Blick auf die Biologie der jeweiligen Fressfeinde zu empfehlen.
8.) siehe auch – 7.). Weiterhin sprächen Versuche mit Mäusen in den USA dafür. Hier fraßen Mäuse keine leuchtenden Glühwürmer und später auch keine leuchtenden Reiskörner (Underwood [11]). Versuche mit Kröten aus Leuchtkäfer-Habitaten und Staren von De Cock[13]bzw.[21] bestätigen diese These ebenfalls. Dass Leuchtkäfer offensichtlich abstoßende Stoffe enthalten, kann man an einem Versuch von Schwalb ([9]; S.542) ersehen, in welchem einer hungrigen Fledermaus nichtleuchtende Leuchtkäfer angeboten wurden, die sie verschmähte. Wenn die Käfer zusammen mit Mehlwürmern anbot wurden die gelegentlich (scheinbar versehentlich) angenommenen Leuchtkäfer wieder ausgespuckt. Auch für Menschen scheinen (zumindest Lampyris noctiluca -Larven) absolut ungenießbar zu sein (Tyler[17]). In der "Weichkäfer-Verwandschaft" (Cantharoidea) ist das Vorkommen von Toxinen nicht ungewöhnlich. Bei nordamerikanischen Lampyriden sind derartige Befunde zahlreich (vgl. Literaturliste von Tyler[23]). Für die Larven von Lampyris noctiluca vermuten Tyler[17] und De Cock[21], dass bei Tage die gelben Punkte auf dem Rücken die warnende Wirkung übernehmen. Eine direkte chemische Verteidigung gegen bestimmte Feinde, scheint sehr wahrscheinlich, da Tyler[17] im Kontakt mit Ameisen das Vorstülpen bestimmter Organe, die wohl homolog zu den chemischen Verteidigungsorganen anderer Lampyriden (Luciola cruciata und Luciola lateralis Leuchtkäfer aus anderen Teilen der Welt) sind bei Larven und Weibchen von Lampyris noctiluca beobachten konnten, wobei die Ameisen nicht angriffen (siehe auch Trice et al.[22] ). Vielleicht ist dies der "Warnmodus" für weniger optisch orientierte Feinde.
Auch ohne weitere Untersuchungen lassen sich anhand der theoretischen Daten über die Art des larvalen Leuchtens von Lampyris noctiluca und Lamprohiza splendidula schon Vermutungen über das Zutreffen der Hypothesen 7.) und 8.) machen.
Wenn Lampyris noctiluca Larven bei Störungen tatsächlich nicht nur nicht aufleuchten sondern sogar aufhören zu leuchten, kann man eine Schutzfunktion des Leuchtens im Larvenstadium als nicht wahrscheinlich bezeichnen.
Lamprohiza splendidula hingegen leuchtet bei Störungen verschiedener Art auf und deshalb könnten die Hypothesen stimmen.
Bei
Phosphaenus hemipterus fehlen solche Daten
noch.
Abschließend noch ein Kommentar zur Beobachtung des kontinuierlichen Leuchtens bei ausgereiften Larven und dem Leuchten der Puppenstadien.
Sowohl Lampyris noctiluca als auch Lamprohiza splendidula leuchten laut Schwalb ([9]; S. 446) im Puppenstadium bei Störungen intensiv auf. Dies führte seiner Meinung nach zu der fälschlichen Beobachtung von „ununterbrochen leuchtenden Puppen“, da allein schon der Atem der beobachtenden Person einen Reiz darstellt. Anders als bei den jungen Larven von Lamprohiza splendidula tritt hier keine Gewöhnung an einen wiederholt auftretenden Reiz ein.
Ich vermute also,
dass jene Larven sich bereits auf das Puppenstadium einstellen und deshalb schon
dieses Leuchtverhalten der Puppen annehmen. Somit können lange leuchtende Larven
bei Dauerreiz beobachtet werden. Auch ist möglich, dass in der Übergangsphase
zwischen den zwei Verhaltensweisen wirklich kontinuierliches Leuchten vorkommt.
Untersuchungen in möglichst störungsfreier Umgebung könnten hierzu hilfreich sein.
Aus dem Leuchtverhalten der Puppen von Lampyris noctiluca und Lamprohiza splendidula ergibt sich die Vermutung, dass hier die abschreckende Funktion des Leuchtens auf Fressfeinde/ "Störenfriede" auch zutreffen könnte. Insbesondere halte ich das bei Lamprohiza splendidula für möglich, da die Larven eine Verpuppungshöhle bauen, die der von Photuris Larven (Gattung von amerikanischen Leuchtkäfern siehe Leuchtkäfer aus anderen Teilen der Welt) ähnelt. Für diese wurde von J.E. Lloyd ([8]; S. 14) und Larry Buschman die Theorie aufgestellt, dass die in diese Höhlen leicht eindringenden Untergrundbewohner besonders negativ auf Licht reagieren, da sie auf ein Leben in relativer Dunkelheit eingestellt sind. Deshalb würden die Puppen sich durch ihr Leuchten besonders gut während der Metamorphose schützen.
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Abschließend sei noch gesagt, dass es
möglich oder sogar wahrscheinlich ist, dass das larvale Leuchten unserer
Lampyriden mehrere Funktionen hat und auch vom jeweils verwendeten "Leuchtmodus"
abhängen kann...