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Zucht:

Da ich recht häufig Anfragen bezüglich der Zucht von Lampyriden zugesandt bekomme, habe ich mich entschlossen an dieser Stelle kurz auf die Möglichkeiten der Zucht unserer heimischen Lampyriden einzugehen und weiterführende Hinweise zu geben...
Zur Zucht anderer Lampyriden gibt es hier nur kleine Verweise.

Nun zunächst einmal sollte klargestellt werden, dass die Zucht von Lampyriden relativ aufwendig und schwierig ist. Von unseren einheimischen Lampyriden hat -meines Wissens- nur Lampyris noctiluca  (erstmals durch Wooton[12] ) den kompletten Lebenszyklus durchgehend unter Zuchtbedingungen verbracht. Lamprohiza splendidula konnte von Schwalb[9] nicht erfolgreich gehalten werden und von Phosphaenus hemipterus liegen keinerlei dokumentierte Zuchtversuche vor (hier dürfte wohl Raphaël De Cock aus Belgien am ehesten über "zuchtrelevantes Wissen" verfügen).
Von Lampyris noctiluca sind ca. seit den Neunziger Jahren des letzten Jahrtausends weitere (relativ) erfolgreiche Zuchten publiziert worden. Aber selbst bei dieser wohl am einfachsten zu haltenden, "robustesten" Spezies der BRD treten bei den -mir bekannten- Zuchten in einer frühhen Phase der Larvalentwicklung recht hohe Verluste auf.
Dies und die Tatsache, dass die Larvalentwicklung sich i.d.R. auf bis zu drei Jahre erstreckt, machen die Zucht von Lampyriden zu einem ungeeigneten Mittel, Imagines (die i.d.R. das auffällig leuchtende Entwicklungsstadium sind) quasi als "leuchtende Heimtiere" zu produzieren.

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Wer also Leuchtkäfer züchten will, um sich an der Schönheit ihres Leuchtens zu erfreuen, wird enttäuscht sein, da er es die meiste Zeit mit gelegentlich schwach glimmenden Larven (die auch noch sehr anspruchsvoll in der Haltung sind und oberflächlich betrachtet Asseln oder Hundertfüßlern ähneln) zu tun haben wird und die auffälligen Imagines nur etwa zwei Wochen leben...

Somit dürfte die Leuchtkäferzucht nur etwas für Leute sein, die ein echtes entomologisches Interesse an diesem Coleopteren-Taxon (oder einfach "Leuchtkäfer-Freaks" sind) haben.

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Wer jetzt immer noch versuchen will, Lampyriden zu züchten, der sollte z.B. den folgenden Literaturhinweisen nachgehen:    

[9] Schwalb, Hans Helmut (1961): Beiträge zur Biologie der einheimischen Lampyriden Lampyris noctiluca GEOFFR. und Phausis splendidula LEC. und experimentelle Analyse ihres Beutefang und Sexualverhaltens. Zoologische Jahrbücher: Abteilung für Systematik, Bd. 88, H. 4, S. 399-550.

[12] Wooton, Anthony u.a. (1976): Rearing the glow worm (Lampyris noctiluca L.). Entomogist’s Record, Bd. 88, S. 64-67

[16] Suhrmann, Robert (1996): Entwicklungsphasen von Lampyris noctiluca (L.) - Terrarienbeobachtungen von Juli 1995 - April 1996 (Coleoptera: Lampyridae). Mitteilungen des Internationalen Entomologischen Vereins. Bd. 21, H. 1/2, S. 73-75

[17] Tyler, John (1997): Rearing the glow-worm Lampyris noctiluca Linnaeus (Lampyridae). The Coleopterist. Bd. 5, H. 3, S. 77-79

[19] Wunsch, Elke (1995): Die Larvalentwicklung von Lampyris noctiluca (l:) im Naturschutzgebiet Federsee (Coleoptera: Lampyridae). Mitteilungen des Internationalen Entomologischen Vereins. Bd. 20, H. 1/2, S. 1-14

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Über die Zucht ausländischer Leuchtkäfer ist mir nichts Näheres bekannt. Lediglich die als Larven im Süßwasser lebenden Arten Luciola cruciata, Luciola lateralis und Lychnuris atripennis werden erfolgreich in einem japanischen Zoo gezüchtet (siehe "Leuchtkäfer aus anderen Teilen der Welt" ).

Einen kleinen Einblick in meine Zucht von sardischern Leuchtkäfern gibt es hier.

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Hier also zunächst eine kurze theoretische "Skizze der Zucht-Bedingungen":

Ausgangsmaterial:
Vor allem bis mehr über günstige Bedingungen zur erfolgreichen Haltung und Vermehrung bekannt ist, muss darauf geachtet werden die (wahrscheinlich ohnehin schon genug bedrohten) Populationen in der Natur nicht zu gefährden! Am besten, man entnimmt nur höchstens ein Gelege pro Population (für den ersten Versuch würde ich es auch bei einem Gelege belassen). Da nach Schwalb[9] und Anderen die Verluste (auch in der Natur) recht hoch sind werden der Population so effektiv nur wenige Imagines genommen (vielleicht um die fünf Tiere).
Gelege erhält man besten, indem man sich zur "Paarungszeit" (siehe "Vorstellung der Arten"
 ) in ein Leuchtkäfer-Habitat begibt und Paare in Kopula aufsammelt und dann das Weibchen die Eier direkt in das Zuchtterrarium ablegen lässt. Werden keine Tiere bei der Paarung "erwischt", konnen die beiden Geschlechter natürlich auch getrennt aufgelesen und im Zuchtbecken zur Paarung gebracht werden (zur Unterscheidung der Arten und Geschlechter siehe "Vorstellung der Arten"). Die Männchen von Lampyris noctiluca und Lamprohiza splendidula kann man gut mit den Weibchen oder auch einer Leuchtdiode (siehe Anleitung des Schweizer Glühwürmchenprojektes) als Köder fangen. Besonders bei dem unauffälligen, nichtleuchtenden Männchen von Lampyris noctiluca ist diese Methode empfehlenswert. Bei Phosphaenus hemipterus dürfte es schwierig werden Paare zusammen zu bringen. Man kann zwar wahrscheinlich die (tagaktiven) Männchen relativ einfach finden aber die Weibchen leben sehr versteckt und werden selten gefunden (de Cock[2]). Hier kann man umgekehrt vorgehen und sich -so aufwändig es klingen mag- "von den Männchen leiten lassen", also dort wo besonders viele Männchen gesichtet werden mögliche Verstecke der Weibchen (unter Steinen, Holz, etc.) untersuchen.
Ältere Larven (für die es verschiedene Fangmethoden gibt) sind zwar einfacher zu halten, aber etwas aufwändiger zu beschaffen. Außerdem ist der Anteil der Exemplare, die es bis ins Adult-Stadium schaffen, bei älteren Larven wohl deutlich höher als bei einem Gelege. Es muss also darauf geachtet werden, dass nicht zu viele Tiere entnommen werden. Wenn unbedingt größere Mengen benötigt werden, sollte man möglichst immer nur wenige Larven aus verschiedenen Habitaten entnehmen und so die Verluste in den einzelnen Populationen gering zu halten. Für Phosphaenus hemipterus könnte es sogar sinnvoll sein, möglichst alte Larven als Ausgangsmaterial zu verwenden und so Paare zu erhalten (vorausgesetzt das Geschlechterverhältnis bei den Larven entspricht nicht dem der Sichtungen der Imagines...).

Terrarium:
Über die Art des Bodengrundes besteht keine Einigkeit. Mit einer 1,5cm starken Gipsschicht, die mit destilliertem Wasser befeuchtet wurde, hatte Schwalb[9] keinen Erfolg. Später benutzte er Sand. Aber auch einfache "Einlagen" wie z.B. feuchtes Löschpapier fanden Verwendung (Wooton[12], Wunsch[19] und Andere). Ich halte sterilisierte feine Laubstreu (z.B. in der Mikrowelle) aus dem jeweiligen Habitat für empfehlenswert. Auch habe ich (bei meiner Nachzucht sardischer Leuchtkäfer) gute Erfahrungen mit Kokos-Faser-Einstreu für Terrarien (wird als komprimierte Briketts verkauft) gemacht. Für weitere Rückzugsmöglichkeiten können (ebenfalls sterilisierte) Baumrindenstücke und gröbere Laubstreu sorgen. Ebenfalls als geeignet hat sich zerknüllte Küchenrolle (oder Vergleichbares) erwiesen. Man sollte allerdings nicht zu viele Verstecke schaffen, da sonst die Übersicht und Kontrollmöglichkeit leidet. Um die Luftfeuchtigkeit ausreichend hoch zu halten und als Trinkmöglichkeit (Flüssigkeitsbedarf wird normalerweise durch die Nahrung gedeckt), kommt in das Terrarium noch ein Stück nasses Küchenpapier oder etwas Vergleichbares (aber keine Watte, die Larven könnten sich verfangen). Da natürlich auch für Belüftung gesorgt werden muss, ist ein Kompromiss zwischen Wahrung der Luftfeuchte und Frischluftzufuhr zu treffen. Normale Zimmer-Temperatur um die 20°C dürfte für die Haltung außerhalb der Winterruhe in Ordnung sein. Schwalb ([9]; S. 452) gibt als Daten für einen normalen Tag/ Nacht Rhythmus eine Lichtperiode von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr bei 500lx (Lampyris noctiluca) bzw. 300lx (Lamprohiza splendidula) an. Wooton[12] meint allerdings beobachtet zu haben, dass die Larven (zumindest von Lampyris noctiluca) besser in permantem "Schummerlicht" bzw. Dunkelheit gedeihen. Obwohl Kannibalismus bei Lampyris noctiluca und Lamprohiza splendidula  nur an toten, zerquetschten Artgenossen vorkommt (Schwalb[9]; S. 456) sollte aus Gründen der Hygiene, der Übersichtlichkeit und um Stress und "Seuchen" durch zu hohe Besatzdichten zu vermeiden der Einzelhaltung (wohl nur durchführbar bei kleinen Zuchtbeständen) oder der Haltung in kleinen Gruppen der Vorzug gegeben werden.
Als laufende Pflegemaßnahmen sind neben der Fütterung und Kontrolle der Luftfeuchte vor allem das rechtzeitige Entfernen von eventuellen Schimmelherden, Nahrungsresten, Exkrementen, abgestreiften Exuvien und abgestorbenen Larven wichtig!

Überwinterung:
Nach Schwalb[9] ist eine mindestens einmonatige Winterruhe bei ca. 5°C dringend erforderlich. Er schließt dies aufgrund von Fehlschlägen beim Versuch einer ganzjährigen Zucht (Schwalb ([9]; S. 447). Bei Lampyris noctiluca kann die Winterruhe durch Fütterungen mehrmals unterbrochen werden, während dies bei Lamprohiza splendidula nicht möglich ist (Schwalb[9]; S. 450). Wunsch[19] gibt an bei ihren Zuchten (Lampyris noctiluca) keine feststellbare Wirkung des Einhaltens oder Nicht-Einhaltens einer Winterpause auf den Zuchterfolg bemerkt zu haben und weist auf eine französischsprachige Arbeit hin, bei deren Zucht auch die Winterruhe mit Erfolg ausgelassen wurde. Sie folgert daraus, dass die Winterpause bei Lampyris noctiluca nicht obligat ist. Suhrmann[16] hielt seine Lampyris noctiluca Larven ebenfalls auch im Winter unter normalen Zuchtbedingungen und erhielt bereits im Jahr nach dem Schlupf der Larven Imagines! Dies könnte u.a. am Auslassen der Winterruhe liegen.
Ich halte es für wahrscheinlich, dass Lampyris noctiluca wegen seiner recht weiten Verbreitung (Schwalb[9]; Tyler[18]) eine gewisse Variabilität bezüglich der Art, wie diese Spezies den Winter verbringt, an den Tag legt. Bei Lamprohiza splendidula sprechen die mir bisher vorliegenden Daten schon eher für eine echte Notwendigkeit einer Winterruhe. Bei Phosphaenus hemipterus sind mir keinerlei Untersuchungen in diese Richtung bekannt.

Nahrung:
Für Lampyris noctiluca und Lamprohiza splendidula dürfte die wohl einfachste Zuchtnahrung aus (Süß-)Wasserschnecken bestehen. Diese haben folgende Vorteile: hohe Vermehrungsrate und einfache Züchtbarkeit (wie mir so mancher geplagter Aquarianer wohl bestätigen kann); sind (wenn in Aquarien kultiviert - wie mir es seit vielen Jahren quasi nebenbei ohne Zutun vor allem mit Planorbarius corneus gelingt) stets (in versch. Größen) verfügbar und in der Nähe und sondern weniger Schleim ab, was eine die Gefahr des Verklebens und Erstickens von jungen Larven, die mit Schneckenstücken gefüttert werden, verringert. Auch bei der Verfütterung lebender Tiere sind sie von Vorteil,  da sie, wie Suhrmann[16] feststellt nicht die Verteididungsmaßnahme des "Aufschäumens" zeigen. Schon Schwalb ([9]; S. 456) gibt an, dass Wasserschnecken sogar gerne genommen werden und Suhrmann[16] hat gezeigt, dass sie sich durchaus als "Hauptfutter" eignen. Landlebende Gehäuse- und Nacktschnecken kommen dann vor allem für spätere Larvenstadien in Betracht. Die Verfütterung von frisch abgetötetem Material ist möglich und zur besseren Kontrolle auch ratsam. So bewirkte der Umstieg auf diese Fütterungsmethode einen beachtlichen Rückgang des verbrauchten Schneckenmaterials bei Wunsch[19]. Nach Schwalb ([9]; S. 456) gehen die Larven (von Lampyris noctiluca und Lamprohiza splendidula ) auch völlig andere Nahrungsquellen wie Regenwürmer, Frosch- und Säugerfleisch (im Gelände fand er sogar einmal Lampyris noctiluca Larven an einer zerquetschten Blindschleiche fressend) an, bevorzugen allerdings stets Schnecken. Hier müsste noch geklärt werden inwiefern derartiges "unnäturliches" Futter als (zumindest zeitweiser?) Ersatz taugt. Um fressunwillige Larven dieser beiden Schneckenjäger zur Aufnahme einer abgelehnten Nahrungsorte zu bringen (falls sich dieses Problem überhaupt ergeben sollte) könnte ich mir denken, dass das Auftragen von Schleim des Vorderendes einer gern genommenen Schneckenart helfen könnte, da dieser nach Schwalb[9] das Ziel für den Angriffsbiss bildet. Bei Phosphaenus hemipterus sind mir als Futterquelle bisher nur Regenwürmer (wahrscheinlich außer Lumbricus terrestris auch andere verwandte Arten) bekannt. Es ist wohl auch hier eine Futterung mit abgetöteten, zerstückelten Tieren möglich.
Allgemein sollte bei der Verwendung von totem Futter dieses z.B. auf einem kleinen Stück Plastik angeboten werden. Die Häufigkeit der Fütterung richtet sich am besten nach dem Verhalten der Larven. Schwalb ([9]; S. 456-457) gibt an,  dass die von ihm untersuchten Larven mehr als 5 Monate Fasten überlebten. Dies dürfte aber absoluter Extremwert angesehen werden. Ich rate dazu in bestimmten Abständen zu testen, ob die Larven schon wieder zur Nahrungsaufnahme bereit sind und danach einen Fütterungsrhythmus zu erstellen.

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Wegen des nötigen nicht unerheblichen Aufwands und der möglichen Gefährdung der "Spenderpopulationen" rate ich eher von Zuchtversuchen ab. Falls doch jemand es wagen will, wäre ich natürlich sehr an den Resultaten interessiert...

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