Zucht:
Da ich recht häufig Anfragen bezüglich der Zucht von
Lampyriden zugesandt bekomme, habe ich mich entschlossen an dieser Stelle kurz
auf die Möglichkeiten der Zucht unserer heimischen Lampyriden einzugehen und
weiterführende Hinweise zu
geben... Nun zunächst einmal
sollte klargestellt werden, dass die Zucht von Lampyriden relativ aufwendig und
schwierig ist. Von unseren einheimischen Lampyriden hat -meines Wissens-
nur Lampyris noctiluca (erstmals durch
Wooton[12] ) den kompletten Lebenszyklus durchgehend unter
Zuchtbedingungen verbracht. Lamprohiza
splendidula
konnte von Schwalb[9] nicht erfolgreich gehalten werden und von
Phosphaenus hemipterus liegen keinerlei dokumentierte Zuchtversuche vor (hier
dürfte wohl Raphaël De Cock aus Belgien am ehesten über "zuchtrelevantes
Wissen" verfügen). _________________________________________________________________________________________________ Wer also Leuchtkäfer züchten will, um sich an der Schönheit
ihres Leuchtens zu erfreuen, wird enttäuscht sein, da er es die meiste Zeit
mit gelegentlich schwach glimmenden Larven (die auch noch sehr anspruchsvoll in
der Haltung sind und oberflächlich betrachtet Asseln oder Hundertfüßlern ähneln)
zu tun haben wird und die auffälligen Imagines nur etwa zwei Wochen
leben... Somit dürfte die
Leuchtkäferzucht nur etwas für Leute sein, die ein echtes entomologisches
Interesse an diesem Coleopteren-Taxon (oder einfach "Leuchtkäfer-Freaks" sind) haben. _________________________________________________________________________________________________ Wer jetzt immer noch
versuchen will, Lampyriden zu züchten, der sollte z.B. den folgenden
Literaturhinweisen nachgehen:
[9] Schwalb, Hans Helmut (1961): Beiträge zur
Biologie der einheimischen Lampyriden Lampyris
noctiluca GEOFFR.
und Phausis
splendidula LEC. und experimentelle Analyse ihres Beutefang und
Sexualverhaltens. Zoologische Jahrbücher: Abteilung für Systematik, Bd.
88, H. 4, S. 399-550. [12] [16] Suhrmann, Robert (1996): Entwicklungsphasen
von Lampyris noctiluca (L.) -
Terrarienbeobachtungen von Juli 1995 - April 1996 (Coleoptera:
Lampyridae). Mitteilungen des Internationalen Entomologischen Vereins. Bd.
21, H. 1/2, S. 73-75 [17] Tyler, John (1997): Rearing the glow-worm
Lampyris noctiluca Linnaeus (Lampyridae). The
Coleopterist. Bd. 5, H. 3, S. 77-79 [19] Wunsch, Elke (1995): Die Larvalentwicklung von
Lampyris noctiluca (l:) im
Naturschutzgebiet Federsee (Coleoptera: Lampyridae). Mitteilungen des
Internationalen Entomologischen Vereins. Bd. 20, H. 1/2, S.
1-14
Zur Zucht anderer Lampyriden gibt es hier nur kleine
Verweise.
Von
Lampyris noctiluca sind ca. seit
den Neunziger Jahren des letzten Jahrtausends weitere (relativ)
erfolgreiche Zuchten publiziert worden. Aber selbst bei dieser wohl am
einfachsten zu haltenden, "robustesten" Spezies der BRD treten bei den
-mir bekannten- Zuchten in einer frühhen Phase der Larvalentwicklung recht
hohe Verluste auf.
Dies und die Tatsache, dass die Larvalentwicklung sich
i.d.R. auf bis zu drei Jahre erstreckt, machen die Zucht von
Lampyriden zu einem ungeeigneten Mittel, Imagines (die i.d.R. das auffällig
leuchtende Entwicklungsstadium sind) quasi als "leuchtende Heimtiere" zu
produzieren.
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Über die Zucht ausländischer Leuchtkäfer ist mir nichts Näheres bekannt. Lediglich die als Larven im Süßwasser lebenden Arten Luciola cruciata, Luciola lateralis und Lychnuris atripennis werden erfolgreich in einem japanischen Zoo gezüchtet (siehe "Leuchtkäfer aus anderen Teilen der Welt"
).Einen kleinen Einblick in meine Zucht von sardischern Leuchtkäfern gibt es hier
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Hier also zunächst eine kurze theoretische "Skizze der Zucht-Bedingungen":
Ausgangsmaterial:
Vor allem bis mehr über
günstige Bedingungen zur erfolgreichen Haltung und Vermehrung bekannt ist, muss
darauf geachtet werden die (wahrscheinlich ohnehin schon genug bedrohten) Populationen
in der Natur nicht zu gefährden! Am besten, man entnimmt nur höchstens
ein Gelege pro Population (für den ersten Versuch würde ich es auch
bei einem Gelege belassen). Da nach Schwalb[9] und Anderen die Verluste (auch in
der Natur) recht hoch sind werden der Population so effektiv nur wenige Imagines genommen
(vielleicht um die fünf Tiere).
Gelege erhält man besten,
indem man sich zur "Paarungszeit" (siehe "Vorstellung der Arten" ) in ein
Leuchtkäfer-Habitat begibt und Paare in Kopula aufsammelt und dann das
Weibchen die Eier direkt in das Zuchtterrarium ablegen lässt. Werden keine Tiere
bei der Paarung "erwischt", konnen die beiden Geschlechter natürlich auch
getrennt aufgelesen und im Zuchtbecken zur Paarung gebracht werden (zur
Unterscheidung der Arten und Geschlechter siehe "Vorstellung der Arten"). Die Männchen von Lampyris
noctiluca und
Lamprohiza splendidula
kann man gut mit den Weibchen
oder auch einer Leuchtdiode (siehe Anleitung des Schweizer
Glühwürmchenprojektes) als Köder fangen. Besonders bei dem
unauffälligen, nichtleuchtenden Männchen von Lampyris
noctiluca ist
diese Methode empfehlenswert. Bei Phosphaenus hemipterus
dürfte es schwierig werden Paare
zusammen zu bringen. Man kann zwar wahrscheinlich die (tagaktiven) Männchen
relativ einfach finden aber die Weibchen leben sehr versteckt und werden
selten gefunden (de Cock[2]). Hier kann man umgekehrt vorgehen und sich -so
aufwändig es klingen mag- "von den Männchen leiten lassen", also dort wo
besonders viele Männchen gesichtet werden mögliche Verstecke der Weibchen (unter
Steinen, Holz, etc.) untersuchen.
Ältere Larven (für die
es verschiedene Fangmethoden gibt) sind zwar einfacher zu halten, aber etwas
aufwändiger zu beschaffen. Außerdem ist der Anteil der Exemplare, die es bis ins
Adult-Stadium schaffen, bei älteren Larven wohl deutlich höher als bei einem
Gelege. Es muss also darauf geachtet werden, dass nicht zu viele Tiere entnommen
werden. Wenn unbedingt größere Mengen benötigt werden, sollte man möglichst
immer nur wenige Larven aus verschiedenen Habitaten entnehmen und so die
Verluste in den einzelnen Populationen gering zu halten. Für
Phosphaenus hemipterus könnte es sogar sinnvoll sein,
möglichst alte Larven als Ausgangsmaterial zu verwenden und so Paare zu erhalten
(vorausgesetzt das Geschlechterverhältnis bei den Larven entspricht nicht dem
der Sichtungen der Imagines...).
Terrarium:
Über die Art des Bodengrundes besteht keine Einigkeit. Mit
einer 1,5cm starken Gipsschicht, die mit destilliertem Wasser befeuchtet
wurde, hatte Schwalb[9] keinen Erfolg. Später benutzte er Sand. Aber
auch einfache "Einlagen" wie z.B. feuchtes Löschpapier fanden Verwendung
(Wooton[12], Wunsch[19] und Andere). Ich halte sterilisierte feine
Laubstreu (z.B. in der Mikrowelle) aus dem jeweiligen Habitat für
empfehlenswert. Auch habe ich (bei meiner Nachzucht sardischer
Leuchtkäfer) gute Erfahrungen
mit Kokos-Faser-Einstreu für Terrarien (wird als komprimierte Briketts
verkauft)
gemacht. Für weitere Rückzugsmöglichkeiten können (ebenfalls sterilisierte) Baumrindenstücke
und gröbere Laubstreu sorgen. Ebenfalls als
geeignet hat sich zerknüllte Küchenrolle (oder Vergleichbares) erwiesen. Man sollte allerdings nicht zu
viele Verstecke schaffen, da sonst die Übersicht und Kontrollmöglichkeit
leidet. Um die Luftfeuchtigkeit ausreichend hoch zu halten und als
Trinkmöglichkeit (Flüssigkeitsbedarf wird normalerweise durch die Nahrung
gedeckt), kommt in das Terrarium noch ein Stück nasses Küchenpapier oder
etwas Vergleichbares (aber keine Watte, die Larven könnten sich verfangen). Da
natürlich auch für Belüftung gesorgt werden muss, ist ein Kompromiss
zwischen Wahrung der Luftfeuchte und Frischluftzufuhr zu treffen. Normale
Zimmer-Temperatur um die 20°C dürfte für die Haltung außerhalb der Winterruhe in
Ordnung sein. Schwalb ([9]; S. 452) gibt als Daten für einen normalen Tag/ Nacht
Rhythmus eine Lichtperiode von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr bei 500lx (Lampyris noctiluca) bzw. 300lx (Lamprohiza splendidula) an. Wooton[12]
meint allerdings beobachtet zu haben, dass die Larven (zumindest von
Lampyris noctiluca) besser in permantem "Schummerlicht" bzw.
Dunkelheit gedeihen. Obwohl Kannibalismus bei Lampyris noctiluca und Lamprohiza splendidula
nur an toten, zerquetschten
Artgenossen vorkommt (Schwalb[9]; S. 456) sollte aus Gründen der Hygiene,
der Übersichtlichkeit und um Stress und "Seuchen" durch zu hohe
Besatzdichten zu vermeiden der Einzelhaltung (wohl nur durchführbar
bei kleinen Zuchtbeständen) oder der Haltung in kleinen Gruppen der
Vorzug gegeben werden.
Als laufende Pflegemaßnahmen
sind neben der Fütterung und Kontrolle der Luftfeuchte vor allem das
rechtzeitige Entfernen von eventuellen Schimmelherden, Nahrungsresten,
Exkrementen, abgestreiften Exuvien und abgestorbenen Larven
wichtig!
Überwinterung:
Nach Schwalb[9] ist eine mindestens einmonatige Winterruhe
bei ca. 5°C dringend erforderlich. Er schließt dies aufgrund von Fehlschlägen
beim Versuch einer ganzjährigen Zucht (Schwalb ([9]; S. 447). Bei Lampyris noctiluca kann die Winterruhe durch Fütterungen mehrmals unterbrochen
werden, während dies bei Lamprohiza splendidula nicht möglich
ist (Schwalb[9]; S. 450). Wunsch[19] gibt an bei ihren Zuchten
(Lampyris noctiluca) keine feststellbare Wirkung des Einhaltens
oder Nicht-Einhaltens einer Winterpause auf den Zuchterfolg bemerkt zu haben und
weist auf eine französischsprachige Arbeit hin, bei deren Zucht auch die
Winterruhe mit Erfolg ausgelassen wurde. Sie folgert daraus, dass die
Winterpause bei Lampyris
noctiluca nicht obligat ist. Suhrmann[16]
hielt seine Lampyris noctiluca
Larven ebenfalls auch im Winter unter normalen Zuchtbedingungen und
erhielt bereits im Jahr nach dem Schlupf der Larven Imagines! Dies könnte u.a.
am Auslassen der Winterruhe liegen.
Ich halte es für wahrscheinlich, dass Lampyris noctiluca
wegen seiner recht weiten Verbreitung (Schwalb[9]; Tyler[18]) eine gewisse
Variabilität bezüglich der Art, wie diese Spezies den Winter verbringt, an den
Tag legt. Bei Lamprohiza splendidula sprechen die mir bisher
vorliegenden Daten schon eher für eine echte Notwendigkeit einer Winterruhe. Bei
Phosphaenus hemipterus sind mir
keinerlei Untersuchungen in diese Richtung bekannt.
Nahrung:
Für Lampyris noctiluca und Lamprohiza splendidula dürfte die wohl einfachste Zuchtnahrung aus
(Süß-)Wasserschnecken bestehen. Diese haben folgende Vorteile: hohe
Vermehrungsrate und einfache Züchtbarkeit (wie mir so mancher geplagter
Aquarianer wohl bestätigen kann); sind (wenn in Aquarien kultiviert - wie mir es
seit vielen Jahren quasi nebenbei ohne Zutun vor allem mit Planorbarius corneus gelingt) stets (in versch. Größen) verfügbar und in der Nähe und
sondern weniger Schleim ab, was eine die Gefahr des Verklebens und Erstickens
von jungen Larven, die mit Schneckenstücken gefüttert werden, verringert. Auch
bei der Verfütterung lebender Tiere sind sie von Vorteil, da sie, wie
Suhrmann[16] feststellt nicht die Verteididungsmaßnahme des "Aufschäumens"
zeigen. Schon Schwalb ([9]; S. 456) gibt an, dass Wasserschnecken sogar gerne
genommen werden und Suhrmann[16] hat gezeigt, dass sie sich durchaus als
"Hauptfutter" eignen. Landlebende Gehäuse- und Nacktschnecken kommen dann vor
allem für spätere Larvenstadien in Betracht. Die Verfütterung von
frisch abgetötetem Material ist möglich und zur besseren Kontrolle auch
ratsam. So bewirkte der Umstieg auf diese Fütterungsmethode einen beachtlichen
Rückgang des verbrauchten Schneckenmaterials bei Wunsch[19]. Nach Schwalb ([9];
S. 456) gehen die Larven (von Lampyris noctiluca und Lamprohiza splendidula ) auch völlig andere Nahrungsquellen wie Regenwürmer,
Frosch- und Säugerfleisch (im Gelände fand er sogar einmal Lampyris noctiluca Larven
an einer zerquetschten Blindschleiche fressend) an, bevorzugen allerdings
stets Schnecken. Hier müsste noch geklärt werden inwiefern derartiges
"unnäturliches" Futter als (zumindest zeitweiser?) Ersatz taugt. Um
fressunwillige Larven dieser beiden Schneckenjäger zur Aufnahme einer
abgelehnten Nahrungsorte zu bringen (falls sich dieses Problem überhaupt ergeben
sollte) könnte ich mir denken, dass das Auftragen von Schleim des Vorderendes
einer gern genommenen Schneckenart helfen könnte, da dieser nach Schwalb[9] das
Ziel für den Angriffsbiss bildet. Bei Phosphaenus hemipterus sind mir
als Futterquelle bisher nur Regenwürmer (wahrscheinlich außer Lumbricus
terrestris
auch andere verwandte Arten) bekannt. Es ist wohl auch hier eine
Futterung mit abgetöteten, zerstückelten Tieren möglich.
Allgemein sollte bei der Verwendung von totem Futter dieses
z.B. auf einem kleinen Stück Plastik angeboten werden. Die Häufigkeit der
Fütterung richtet sich am besten nach dem Verhalten der Larven. Schwalb
([9]; S. 456-457) gibt an, dass die von ihm untersuchten Larven mehr als 5
Monate Fasten überlebten. Dies dürfte aber absoluter Extremwert angesehen
werden. Ich rate dazu in bestimmten Abständen zu testen, ob die Larven schon
wieder zur Nahrungsaufnahme bereit sind und danach einen Fütterungsrhythmus zu
erstellen.
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Wegen des nötigen nicht unerheblichen Aufwands und der möglichen Gefährdung der "Spenderpopulationen" rate ich eher von Zuchtversuchen ab. Falls doch jemand es wagen will, wäre ich natürlich sehr an den Resultaten interessiert...
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