Fala (Audio*)

Za vsaku dobru reč,
kaj reći si mi znala,
za vsaki pogled tvoj,
za vsaki smeh tvoj fala.

$
Tak malo dobrega
v živlenju tu se najde,
i če je sunce čas,
za oblak taki zajde.

|: A ti si srcu mi
tak puno sunca dala
Kaj morem ti neg' reć:
Od vseg ti srca fala :|

Instrumental

dal $egno al fine


*Das ist weder die älteste noch die schönste noch die erfolgreichste Fassung; offen gestanden habe ich mich in erster Linie davon leiten lassen, welches Arrangement dem der deutschen Coverversion am nächsten kommt, um einen möglichst hohen Wiedererkennungseffekt zu erzielen.

Dieses Lied ist so etwas wie die heimliche Nationalhymne Kroatiens; es wäre vielleicht auch die offizielle geworden, wenn nicht... Darf ich etwas weiter ausholen? Der Text ist nicht im heutigen Standard-Kroatisch geschrieben, sondern auf Kajkavisch - einem von drei Dialekten, die zu seiner Entstehungszeit in Kroatien gesprochen wurden, genauer gesagt in Agram [heute "Zagreb"], der wichtigsten Stadt Kroatiens. Es ist ja oft so, daß bei der Neugründung eines Staates die Mundart seiner Hauptstadt zur Standardsprache erklärt wird - egal, wieviel oder wie wenig dafür oder dagegen spricht. Eine kleine Auswahl gefällig? Bitte sehr: Als das moderne Italien gegründet wurde, gehörte Rom noch zum Vatikanstaat, so daß erstmal Florenz zur Hauptstadt erklärt wurde - und das Fiorentische (das sich von allen anderen italienischen Mundarten stärker unterscheidet als diese untereinander) zur Standardsprache. Dafür sprach, daß es die älteste literarische Tradition hatte - sie bestand schon seit Dante -, freilich nicht die älteste musikalische Tradition - die bestand und besteht im Süden, in Neapel. (Bis heute singen auch Norditaliener, die sonst nichts mit dem "Mezzogiorno" zu tun haben wollen, gerne im "napolitanischen" Dialekt, der ihrem eigenen viel näher steht als Hoch-Italienisch ;-) Als Indien 1947 unabhängig wurde, ernannte man die Mundart Delhis, Kari Boli, zum Standard-Hindi - obwohl es der Hindustani-Dialekt mit der geringsten literarischen Tradition war, etwa verglichen mit Braj, von ost- oder südindischen Sprachen wie Bengalisch oder Mahratti ganz zu schweigen. (Das war gewiß ein Fehlgriff; aber man glaubte ja damals noch an eine Wiedervereinigung mit Pakistan; und K.B. kam dem dort gesprochenen Urdu am nächsten.) Und als Indonesien 1949 unabhängig wurde, erklärte es den "Omong Djakarta" zur "Bahasa Indonesia", obwohl die Bevölkerungsmehrheit das stark abweichende Javanisch sprach, das auch eine viel reichere literarische Tradition aufzuweisen hatte. Trotzdem war das vernünftig, denn das war die Lingua franca Südostasiens - und man plante ja damals noch, auch Malaysia und womöglich sogar die Philippinen in ein einziges, großes Inselreich einzubeziehen.

Und Kroatien? 1848 war in fast ganz Europa Revolution, auch im Habsburgerreich. In den Schulbüchern steht - und in den Hinterköpfen der meisten Österreicher hat sich festgesetzt -, daß es der böhmische General Radetzky gewesen sei, der jenes Reich durch sein militärisches Genie damals vor dem Auseinanderbrechen gerettet habe. (Hätte der große Komponist Johann Strauß ihm sonst seinen berühmten "Radetzkymarsch" gewidmet? ;-) Aber das ist mit Verlaub ein Märchen: Der gute Radetzky hatte seine große Zeit in den Napoleonischen Kriegen; 1848 war er weit über 80 und nur noch nominell Oberbefehlshaber. Tatsächlich war es der kroatische General Jelačić, der damals die Habsburger rettete, indem er die Aufstände, die überall im Reiche aufflackerten, niederschlug, vor allem den der Ungarn. Natürlich tat er das nicht ganz aus uneigennütziger Loyalität; vielmehr erwartete er, daß Kroatien zur Belohnung die Autonomie von Ungarn erhielt, dem es bisher unterstellt war, zusammen mit Slowenien und Dalmatien. Er trat vertrauensvoll in Vorleistung - und mußte feststellen, daß Undank der Welt Lohn ist: Weder Österreicher noch Ungarn waren bereit, ihren Zugang zum [Mittel-]Meer aufzugeben, und nachdem der Mohr seine Schuldigkeit getan hatte, wurde er mit dem hohlen Titel eines Feldmarschalls abgespeist; ansonsten blieb alles beim Alten.

Das war schäbig, aber so war Kaiser Franz-Joseph nun mal - er war nicht der sympathische junge Mann, als der er den deutschen Kinogängern in den "Sissi"-Filmen vorgespielt wurde, sondern ein dummer, beratungsresistenter Alleinherrscher mit der unheilvollen Neigung, stets die falschen Entscheidungen zu treffen; zudem unterlag er den Einflüsterungen seiner Ehefrau, die stets die Partei der Ungarn ergriff. Die kroatische Intelligentsia reagierte prompt: Bereits 1850 setzten sich (nicht nur) Sprachwissenschaftler aus Kroatien und Serbien zusammen - über politische und religiöse Grenzen hinweg! - und einigten sich auf eine künftige gemeinsame Standardsprache; und da der schtokavische Dialekt näher am Serbischen (und am Russischen - den Panslawisten zum Gefallen ;-) lag, fiel das Kajkavische hinten 'runter - so früh wurde die unheilvolle Saat gelegt, die nach 1918 aufging!

Aber erstmal sah das ganz vernünftig aus, zumal Ungarn, als es 1867 die Autonomie erhielt (tatsächlich war es mit Österreich seitdem durch kaum mehr als eine Personalunion verbunden), erst recht nicht mehr daran dachte, Kroatien etwas Ähnliches zuzugestehen, ganz im Gegenteil: Kultur und Sprache der Minderheitsvölker - vor allem der Kroaten, Slowaken und Rumänen, aber auch der Deutsch-Österreicher, wurden brutal unterdrückt. (Mein eigener Großvater - Deutsch-Österreicher - verließ angesichts dessen das bis Mitte des 19. Jahrhunderts noch überwiegend deutsch geprägte Ofen [das heutige Budapest] und zog gen Westen; und meine Großmutter, wiewohl Ungarin - er war also kein engstirniger Nationalist, sonst hätte er sie wohl schwerlich geheiratet - folgte ihm ohne Murren.) War es den Kroaten da zu verdenken, daß sie "Österreich-Ungarn" innerlich den Gehorsam aufkündigten und statt dessen eine gemeinsame Zukunft mit ihren slawischen Brüdern Vettern Volksgenossen Verwandten im Südosten planten?

Als dann das Habsburgerreich am Ende des 1. Weltkriegs zerbrach und das "Königreich der Serben, Slowenen und Kroaten" gegründet wurde, war also alles bereit - einschließlich der "jugoslawischen" [südslawischen] Sprache. Freilich mußten die Kroaten bald feststellen, daß sie vom Regen in die Traufe geraten waren; und so entstand wieder eine Gegenbewegung, die sich auf die Idee stützte, ein unabhängiges Kroatien mit einer möglichst weit vom Serbischen entfernten Sprache zu gründen. Da traf es sich gut, daß es die Werke des Hobby-Poeten (im Hauptberuf war er Jurist ;-) Dragutin Domjanić gab, der in Agram - nunmehr "Zagreb" - lebte und auf Kajkavisch schrieb, u.a. das Gedicht "Fala". Ein anderer kroatischer Patriot, der Musiklehrer Vlaho Paljetak, schrieb dazu eine Melodie; und bald entwickelte sich das Lied zur heimlichen Nationalhymne des nichtexistenten kroatischen Staates. Als Kroatien 1941 vorübergehend unabhängig wurde, hatte es freilich das Glück, nicht zur offiziellen Staatshymne erklärt zu werden - sonst wäre es wohl bis heute verboten. So aber blieb es auch nach 1945, als es mit der kroatischen Unabhängigkeit erstmal wieder vorbei war, ein vielgeliebtes und -gesungenes Lied; und Tito - der ja selber Kroate war - duldete seine Verbreitung auch über die Grenzen des "jugoslavischen" Bundeslandes Kroatien hinaus.

Als Kroatien 1991 erneut seine Unabhängigkeit erklärte, widerstand man wiederum der Versuchung, es zur offiziellen Hymne zu erklären - und das war auch gut so; denn schöne Lieder sollte man nicht dem politischen Kalkül unterwerfen, sonst laufen sie Gefahr, irgendwann einmal mit ihren politischen Trägern unterzugehen, und das wäre doch in diesem Fall besonders schade!

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