Vicky Leandros

Die Souvenirs von damals (Audio)

Die Blue Jeans und meine weißen Tennisschuhe*
sind alt und verblichen, die Schulzeit ist schon lange vorbei
Zwei, drei Poster, ein paar Platten von Cliff Richard,
ein Heftchen mit Namen - mehr hab' ich nicht.

Die vielen Freunde aus der Teenagerzeit
sind heute längst in alle Winde verstreut.

(Kehrreim:)
Die Souvenirs von damals, als ich 15 war,
sie sind das Einzige, was blieb
Die Souvenirs von damals sind ganz wertlos, doch,
doch sie sind mir besonders lieb.

Meine Bücher und der alte Plattenspieler,
die Photos aus London, wo's dauernd regnete im April
Mein Transistor und die ersten Liebesbriefe
Im Haus meiner Eltern liegt Alles noch.

Die kleinen Dinge wissen Vieles von mir,
und wenn Du willst komm mit, ich zeige sie Dir.

Die Souvenirs von damals, als ich 15 war,
sind wie ein off'nes Buch für Dich
Die Souvenirs von damals, als ich 15 war,
erzählen Alles über mich.

Instrumental

Kehrreim

Doch sie sind mir besonders lieb.


*Das ist eine Falschübersetzung des französischen "baskets", denn das bedeutet nicht nur nicht "Tennisschuhe", sondern auch nur wörtlich "Basketballschuhe", wird vielmehr, seit es in Gebrauch ist - laut Petit Robert erstmals 1953; aber in meinem Schulwörterbuch kam es noch nicht vor; ich lernte es erst viel später durch den Schlager "La fille aux baskets" von Michel Delpech kennen, dessen Erinnerungen an seine Zeit als 15-jähriger Teenager sich ganz anders anhörten, obwohl er nur 3 Jahre älter war als V.L. und sie nur 4 Jahre früher besang - in der allgemeinen Bedeutung "Turnschuhe" gebraucht. Echte Basketballschuhe - die höher sind, um die Knöchel zu schützen und entsprechend teurer - würde niemand zur Schule anziehen. Überhaupt bezweifle ich, daß damals irgendjemand gewagt hätte, in Turnschuhen zur Schule zu kommen; ich bin ja in etwa so alt wie V.L. - sogar ein wenig jünger (ihr "offizielles" Geburtsjahr 1952 ist getürkt, pardon gedeutscht, denn außerhalb der BRD ist unstrittig, daß sie bereits 1949 geboren wurde ;-) -, und als ich 15 war, wäre jemand in Blue Jeans und weißen Turn-, Tennis- oder Basketballschuhen wahrscheinlich des Unterrichts verwiesen worden. Ich bin auf eine reine Jungenschule gegangen - wir trugen selbstverständlich Anzug und Krawatte; meine Schwester ging auf eine reine Mädchenschule - ich habe sie nie anders als in einem Kleid oder einem Rock zur Schule gehen sehen. [Ich verzichte auf weitere Sternchen und schreibe die Anmerkungen gleich im Fließtext weiter.] Auch meine Schulzeit ist schon lange vorbei; "Souvenirs" im eigentlichen Sinne sind mir keine geblieben, nur ein paar Erinnerungen. Ich muß gestehen, daß ich mit 15 ein schlechter Schüler war, wie unsere ganze Klasse - aber wer will im Ernst von pubertierenden Jungen erwarten, daß sie sich für Mathe, Latein u.ä. interessieren? Mein Vater war kurz davor, mich von der Schule zu nehmen: Wenn du sitzenbleibst ist Schluß mit dem Gymnasium, war seine klare Ansage. Dabei mußte man damals die Oberschule erst verlassen, wenn man zweimal hängengeblieben war - aber es wurde noch wesentlich schärfer "gesiebt" als heute: Wir waren in Sexta drei Parallelklassen mit insgesamt 120 Schülern; davon kamen sage und schreibe 15 (fünfzehn!) ohne "Ehrenrunde" durch bis zum Abi! Mit meinen Schulfreunden trieb ich damals nur Unfug: Kartenspielen, Schallplattenhören.... Das war zwar alles recht harmlos verglichen mit dem, was die Kids heutzutage treiben, aber Unsinn war es trotzdem. Erst als wir mit 16 allmählich erwachsen wurden und begriffen, daß es so nicht weiterging, beschlossen drei von uns, statt Skat lieber Schach zu spielen** - Porz war auf dem Weg, eine Schachhochburg zu werden - und uns auch in der Schule endlich mal am Riemen zu reißen. Es ging überraschend leicht und schnell, wenn man nur wollte. Zwei von uns wurden sogar so gut, daß sie die Unterprima überspringen konnten - Gerd ging ein Jahr nach England, Klaus ein Jahr nach Frankreich. Wäre ich auch gerne; aber das klappte schon aus finanziellen Gründen nicht - die beiden stammten aus begütertem Hause, ich nicht. Also blieb ich daheim und verbrachte meine Nachmittage mit zusätzlichen Unterrichtsveranstaltungen in weiteren Fremdsprachen, die mich stets fasziniert haben - wohlgemerkt lebende Fremdsprachen, keine toten wie Lateinisch oder Altgriechisch -, weil ich nicht nur die Texte deutscher Schlager verstehen wollte, sondern auch die fremdsprachigen Lieder, die mir viel besser gefielen... Ich habe dann doch noch ein gutes Abitur gebaut - das ist wörtlich zu nehmen, und damals wurde einem ein Gut nicht so einfach hinterhergeworfen wie heute, ein Sehr gut gleich garnicht. [In Musik und den ZUVs hatte ich natürlich Sehr guts - letztere kamen mit auf's "Reifezeugnis", zählten aber nicht mit für den offiziellen Notendurchschnitt -, nur in Mathe ein "mangelhaft"; darüber schreibe ich hier etwas mehr.] Mein Vater war sehr stolz und schrieb das seinen rigorosen Erziehungsmethoden zu: Taschengeld bekam ich bis zuletzt nur 5.- DM im Monat; aber für jede "sehr gute" Klassenarbeit bekam ich 1.- DM, für jede "gute" immerhin 50 Pf. Na ja, direkt arm wurde er dabei nicht, aber für mich war es doch ab und zu ein schönes Zubrot. Das funktionierte jedoch nicht immer: Meinem Mitschüler Gunter hatte seine Oma sage und schreibe 5.- DM für jedes "sehr gut" in einer lateinischen Klassenarbeit ausgelobt; aber sie kam nie in die Verlegenheit, sie zahlen zu müssen; G. verließ uns nach der Untersekunda, und mit ihm Frank, Horst und Uwe - allesamt brillante Kartenspieler und Schiffeversenker. Das war übrigens ein Schlüsselerlebnis für unsere "Bekehrung": Kurz vor Ende des Schuljahrs kamen zwei Werber von der Bundeswehr und hielten uns einen 45-minütigen Vortrag, der kurz zusammengefaßt wie folgt lautete: "Einige von Ihnen sind ja schon ein Jahr älter und haben erneut Probleme mit der Versetzung. Wir machen Ihnen, in Absprache mit der Schulleitung, folgendes Angebot: Wenn Sie freiwillig abgehen und sich für 12 Jahre als Soldat auf Zeit verpflichten, dann erhalten Sie ohne weitere Prüfung die Mittlere Reife zuerkannt,*** werden bei uns als Unteroffiziersanwärter eingestellt und erhalten eine solide Ausbildung in einem handwerklichen oder technischen Beruf Ihrer Wahl. Und nach Ablauf Ihrer Militärzeit bekommen Sie, ebenfalls nach Ihrer Wahl, entweder eine schöne Abfindung, mit der Sie sich selbständig machen können, oder Sie können sich als Beamte auf Lebenszeit in den Öffentlichen Dienst übernehmen lassen."
Poster hatte ich nie - wo hätte ich die aufhängen sollen? Platten von Cliff Richard auch nicht - den fand ich immer langweilig -; dennoch muß ich zu diesem Punkt noch etwas schreiben: In der französischen Fassung hat V.L. nämlich statt dessen eine Platte von Wilson Pickett - und damit kann nur "In the midnight hour" gemeint sein, sein einziger Hit; und der kam heraus, als sie 15 war; aber in Frankreich war das ja kein Problem, denn da hat sie ihr wahres Geburtsjahr 1949 nie verleugnet; nur in Deutschland mußte das halt geändert werden... Später sind wir tatsächlich in alle Winde verstreut worden - ich ja auch -, und Einige sind inzwischen auch schon verstorben. Schulbücher von damals habe ich keine aufgehoben - nur den alten Schulatlas von Diercke, aus Nostalgie und um zu sehen, wie sich die Welt verändert hat, und ein paar alte Wörterbucher, um zu sehen, wie sich die Sprachen verändert haben. Photos? Nein, ich hatte als 15-jähriger Schüler kein so kostspieliges Gerät, wie es eine Kamera damals war. Doch, eines mit dem Schulchor, schwarz-weiß, von irgendeinem Auftritt, ich weiß nicht mehr genau wo und wann, und ich bin auch halb verdeckt, so daß ich mich selber kaum wiederfinde.
London im April? Habe ich nie gesehen; aber meine Eltern spendierten mir, als kleines Trostpflaster für das Auslandsschuljahr, das sie mir nicht ermöglichen konnten, 4 Wochen Sommerferienschule in Frankreich - das war sehr schön - und ein Jahr später, als meine Schwester auf Gleichbehandlung pochte und sich 4 Wochen Sommerferienschule in England spendieren ließ, durfte ich auch nochmal mit (schon um auf sie aufzupassen ;-). Natürlich nicht in London, sondern in einem kleinen Kaff an der Südküste; aber es gab einen Tagesausflug nach London - im August, und es regnete nicht! -, das damals noch eine ganz tolle Stadt war. Allerdings nicht ganz billig; ich weiß noch, daß wir Mittags beim Chinesen gegessen haben - das war für uns etwas ganz Exotisches, denn in Deutschland gab es damals noch kaum italienische Pizzarien, geschweige denn China-Restaurants.
Das sind also meine Erinnerungen an die Schulzeit. Enttäuscht? Tut mir leid, aber ich werde langsam alt, mein Gedächtnis läßt nach, und ich will nichts dazuerfinden.

**Im Rückblick sehe ich das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Gewiß, Schach war und ist Kartenspielen wie Skat und/oder Doppelkopf haushoch überlegen. Aber ich traf mich ja auch einmal pro Woche mit Klaus, um "L'attaque" zu spielen (die Urform von "Stratego"). Und verglichen damit konnte und kann Schach doch einpacken - nicht nur, weil es die Computerprogramme (die es damals noch nicht gab) heute kaputt gemacht haben (ein Bulgare wurde mal Weltmeister, indem er alle paar Züge zur Toilette rannte und dort seinen Schachcomputer die Stellung analysieren ließ) oder weil es ein paar Felder und Figuren weniger hat. Nein, es ist doch auch ganz unrealistisch! Im Ernst, welcher Feldherr ist schon so blöd und stellt seine Truppen exakt spiegelbildlich auf wie sein Gegner, und dazu noch so offen, daß der das genau sieht? Nein, das Geheimnis der "strategischen" Feldherrnkunst liegt doch gerade im verdeckten Aufmarsch und überraschenden Angriff - deshalb endet L'attaque im Gegensatz zu Schach auch fast nie mit einem langweiligen Remis!

***Das war eigentlich Betrug - in der Regel bemerkten die Betroffenen davon freilich nichts, und sie wurden auch nicht wirklich geschädigt. Gymnasien durften damals noch keine echte Mittlere Reife vergeben; wer also in Untersekunda abging - egal mit welchen Noten - hatte also überhaupt keinen Schulabschluß! Aber da damals die Oberschulen noch nicht städtisch waren, sondern staatlich, und da das Vaterland dringend Soldaten brauchte - vor allem längerdienende - konnte man die Schulen ja schon mal "überreden", bei "Wackelkandidaten" mindestens ein Auge (oft auch zwei ;-) zuzudrücken und ihnen ein "ausreichendes" Abschlußzeugnis der 10. Klasse mitzugeben - vorausgesetzt, sie nahmen es mit zur Bundeswehr. Dort wurden sie dann in der Tat so behandelt, als hätten sie die Mittlere Reife, d.h. sie durften auch Berufe erlernen, bei denen sie "draußen" eine echte Mittlere Reife benötigt hätten. Das war gewiß nicht zu ihrem Nachteil - zumal sie auch noch erheblich mehr Geld bekamen als ein "ziviler" Lehrling im selben Beruf. Schließlich blieb ihnen auch die berüchtigte "Bildungsprüfung II" erspart - über die ich ebenfalls in der oben verlinkten Datei etwas mehr schreibe -; der Aufstieg zum Portepee-Unteroffzier war ihnen also so gut wie sicher. (Um Uffz oder StUffz zu werden, genügte damals Volksschule + abgeschlossene Berufsausbildung; um Feldwebel oder mehr zu werden, brauchte man dagegen - wenn man diese Vergünstigung nicht hatte - entweder eine echte Mittlere Reife, oder man mußte die BP II bestehen; und einige meiner Mitschüler, die damals abgingen, hätten das womöglich nicht geschafft.) Auffliegen konnte der Betrug Schwindel nur, wenn jemand nach 12 Jahren auf die Schnapsidee kam, "draußen" eine weitere Lehre zu machen, für die man Mittlere Reife benötigte oder etwa noch sein Abitur nachzumachen - aber diese Fälle waren rein hypothetisch; jedenfalls habe ich nie von einem gehört.

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