Mehr als dreißig Jahre Stadtsanierung in Stade - von den ersten Gutachten und Planungsüberlegungen bis zum heutigen Stand der Arbeiten - mag als relativ langer Zeitraum erscheinen. Dabei ist die Altstadtsanierung noch nicht abgeschlossen, sondern sie ist Gegenwarts- und Zukunftsaufgabe zugleich. Stadterneuerung ist ein langwieriger Prozess. Sie muss gründlich und durchgreifend sein, damit sie nicht permanent erforderlich wird.
Der Erfolg der Sanierung in Zahlen sieht im Augenblick so aus. Der Wohnraum wuchs um fast 8.000 auf über 49.000 Quadratmeter und die Zahl der Wohnungen um 246 auf jetzt 736. Die gewerbliche Fläche nahmen um knapp 24.000 auf 54.684 Quadratmeter zu. Den durch Neubauten 56.000 zusätzliche geschaffenen Quadratmetern, steht der Abriss von Gebäuden mit rund 32.000 Quadratmetern gegenüber.
Stade hat gegenwärtig 45.220 Einwohner, davon wohnen etwa 3.600 in der Innenstadt und rund 10.000 in fünf Ortschaften, die erst 1972 eingemeindet wurden. Das gesamte Gebiet der Stadt umfasst seitdem rund 110 Quadratkilometer, das Sanierungsgebiet in der Innenstadt nimmt davon etwa 32 Hektar in Anspruch. Direkt an der Elbe liegt das neu geschaffene Industriegebiet, es ist rund 700 Hektar groß.
Eine der ersten und wichtigsten Aufgaben zu Beginn der Sanierung 1972 war die Entwicklung eines Verkehrskonzeptes. Wo sich früher der Verkehr durch enge Gassen quälte, wird er heute von dem als Voraussetzung für die Verkehrsberuhigung der Innenstadt ausgebauten Altstadtring aufgenommen. Die Innenstadt wird von Norden nach Süden von einer Fußgängerzone durchzogen, die ein Durchqueren der Altstadt mit dem Auto verhindert. Über Erschließungsschleifen können die Wohngebiete erreicht werden.
1987 wurde die Holzstraße mit einem Kostenaufwand von 1,3 Mill. DM zur Fußgängerzone umgebaut. Seit 1346 ist der Name "Holzstraße" bekannt, war sie doch in der Vergangenheit wahrscheinlich mit Holzbohlen belegt. Sie führte direkt auf dem Geestrücken der Altstadt zum südlichen Stadttor, von wo Wege nach Buxtehude/Harburg und nach Harsefeld verliefen. Mit dem Umbau der Holzstraße war die Verkehrsberuhigung in der Innenstadt weitgehend abgeschlossen. Seitdem zieht sich die Fußgängerzone von der Bahnhofstraße im Süden bis zum Alten Hafen im Norden.
Das Fußgängerstraßensystem sollte aber nicht so weit ausgedehnt werden, dass eine mangelnde Erschließung die Folge wäre. Der öffentliche Nahverkehr (End- und Umsteigestation der städtischen Buslinien auf dem Pferdemarkt) und angemessene Parkmöglichkeiten für den Individualverkehr (Parkhaus in der Stockhausstraße und unter dem Platz "Am Sande") müssen sich mit dem Netz der Fußgängerstraßen ergänzen. Wie groß die Unterschiede in Stade im Vergleich zu den frühen 70ern geworden sind, zeigt das völlig veränderte Straßenbild der Kleinen und Großen Schmiedestraße sowie die Zone um den Alten Hafen: Junge und ältere Leute genießen nun dort Freizeit und Sonnenschein in Straßencafes und -restaurants.
Während zunächst die Erneuerung der Innenstadt im Wesentlichen "Neubau nach Abbruch" hieß, trat schon bald die denkmalpflegerische Aufgabe mehr und mehr in den Vordergrund. Es galt der Vergangenheit der Stadt eine Zukunft zu sichern. Vorindustrielle Stadtstrukturen können durchaus ohne grundlegende Veränderungen modernen Ansprüchen angepasst werden. Die unverwechselbare Gestalt der Stadt wird durch die baulichen Zeugen der Geschichte geprägt. Hierzu gehören in Stade vor allem die Ziegel- und Fachwerkbauten. Eines der schönsten Bauwerke aus der Zeit des 17. Jahrhunderts ist das 1667 wieder aufgebaute Rathaus. Nach dem großen Stadtbrand 1659 schuf der Ratszimmermeister neben dem Rathaus 1682 den barocken St. Cosmae-Turmhelm. Dieser wurde während der Stadtsanierung jetzt ebenfalls restauriert und blieb höchstes Wahrzeichen von Stade. Sechs Kirchen waren früher dominierende Elemente der Stadt Stade. Aber nur St. Cosmae und St. Wilhadi blieben erhalten.
Im Rathaus von 1667 sollte weiterhin der Rat der Stadt tagen. Es wurde innen erneuert und in seiner Nachbarschaft wurde durch Abriss und Neubauten bis 1988 die Verwaltung der Stadt auf 4.700 m² zentral untergebracht. Andere öffentliche Einrichtungen, wie die Stadtbibliothek, das Schwedenspeichermuseum, das Kunsthaus für wechselnde Ausstellung und soziale Betreuungsstätten erhielten einen Platz in modernisierten Altstadtbauten. Auch wurde zum Beispiel aus dem historischen Weinspeicher an der Poststraße eine Seniorenbegegnungsstätte mit Altenwohnungen. Im restaurierten Johanniskloster fand u.a. der "Landschaftsverband der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden" ein Domizil.
Das einst unter Karl XII. von Schweden errichtete Zeughaus, das als Arsenal für die schwedische Garnison gebaut wurde, diente auch in hannoverscher und preußischer Zeit der Unterbringung von Waffen und anderem Kriegsmaterial. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Gebäude als Markthalle, Jugendherberge und städtische Lagerhalle genutzt. Seit 1952 war es ein Kino, in dem auch Theateraufführungen stattfanden, und nun sind dort Ärzte, ein Eiscafe und eine Gaststätte untergebracht. Die schöne Architektur des Hauses ist heute Mittelpunkt des neu gestalteten und immer belebten Pferdemarktes.
Zusammenfassung Stadtsanierung:
- Vervollständigung des Altstadtringes als Voraussetzung für die Verkehrsberuhigung der Innenstadt.
- eine Umgehungsstraße (Ostumgehung) zwischen der B 73 und dem Industriegebiet an der Elbe entlastet Einfallstraßen in die Stadt und den Altstadtring
- die "Hansebrücke" über den Burggraben und den Bahnhof hinweg bietet eine zügige Verbindung in Richtung B 73; die Brücke ersetzte 1980 den höhengleichen Bahnübergang beim ehemaligen Gebäude der Bezirksregierung
- Verbesserung der Parkplatzsituation für Kunden und Besucher der Altstadt durch die Anlage neuer Parkmöglichkeiten, neben Parkhäusern auch umfangreiche kostenlose Parkmöglichkeit in der Nähe der Altstadt beim Kulturzentrum "Stadeum"
- Einrichtung von privaten Tiefgaragen für den Bedarf der Grundstückseigentümer in der Altstadt
- Für den öffentlichen Nahverkehr wurde der Busumsteigeplatz mitten in der Stadt am Pferdemarkt beibehalten, damit die Busbenutzer möglichst kurze Wege zu den Einkaufsmöglichkeiten haben
- Bau der ersten Fußgängerzone Hökerstraße (1973). Danach Umbau der Sattelmacherstraße, der Kleinen und Großen Schmiedestraße mit der "Goos" sowie Holzstraße und Breite Straße als Fußgängerzone
- 1981 weitgehende Fertigstellung des Fußgängerbereiches mit Umgestaltung des Pferdemarktes und der Modernisierung des Gebietes am Fischmarkt
Anlässlich des 1000-jährigen Stadtjubiläums 1994 konnte der damalige Stadtdirektor Dr. Schneider zusammenfassend hervorheben:
"87 Millionen DM öffentlicher Förderung und öffentlicher Investitionen ziehen bis 1993 private Investitionen von über 350 Millionen DM nach sich und machen Stades Innenstadt wieder liebens- und lebenswert und lassen den wohl bekanntesten Landeskonservator Deutschlands, Prof. Dr. Gottfried Kiesow, feststellen: Stade war in seiner 1000-jährigen Geschichte noch nie so schön wie jetzt."
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