MUSEUM |
frühere Ausstellung | ||||
home
Wir über uns Standort Ausstellungen Archiv Bibliothek Service Veranstaltungen Publikationen Mitarbeit/ Forschung Mitgliedschaft/ Spenden Geschichte Links Gästebuch |
Max Spohr (1850 – 1905): Verleger in Leipzig Eine Ausstellung vom 7. April 2001 bis 2. Juli 2001 Der Völklinger Kreis – der Bundesverband der Gay Manager – ist ein Zusammenschluss von Selbständigen, Freiberuflern und Führungskräften aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Öffentlicher Dienst. Am 5. April 2001 wird der Völklinger Kreis in Frankfurt/Main erstmalig den Max-Spohr-Management-Preis verleihen. Mit diesem Preis sollen Unternehmer ausgezeichnet werden, die die Vielfalt gesellschaftlichen Lebens schätzen und fördern, die Integration von Minderheiten begrüßen und Schwule und Lesben explizit in Mitarbeiterprogramme einbeziehen, die kurz ausgedrückt, schwulenfreundlich sind. Aus diesem Anlass wird eine vom Centrum Schwule Geschichte (Köln) (i.V.m. Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Berlin) erarbeitete Ausstellung über Max Spohr (1850-1905) erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt. Damit soll an einen Mann erinnert werden, der als Verleger und Privatperson am Beginn der sich konstituierenden Schwulenbewegung vor 100 Jahren mit seinen Publikationen wesentlich zur Emanzipation von Homosexualität beitrug. Der 150. Geburtstag Max Spohrs ist ebenfalls geeigneter Anlass, dieses Verlegers zu gedenken. Max Spohr war selbst nicht homosexuell, soweit wir und seine Zeitgenossen dies beurteilen können, er setzte sich dennoch in überdurchschnittlichem Maße für die Homosexuellen-Bewegung ein. Hirschfeld notierte in seinen Memoiren, dass Spohr von anderweitigen Empfindungen ungetrübt, ein glückliches Familienleben führte und sich nur sehr bedingt von geschäftlichen Gesichtspunkten leiten ließ, vielmehr von der Überzeugung, im Dienste einer großen Idee zu wirken. Dies war der Hintergrund, warum der Völklinger Kreis seine Ehrung für Unternehmen nach Max Spohr benannte. Die Ausstellung möchte den Verleger und sein Werk bekannt machen. Sie führt zurück zu den Anfängen der Schwulenbewegung. Schwule Literatur war zwar auch vorher für das Bildungsbürgertum in Grenzen bekannt und verfügbar; am Ende des 19. Jahrhunderts nahm die Anzahl der Veröffentlichungen über Homosexualität stark zu. Max Spohr blieb über viele Jahre jedoch der einzige Verleger, der diesen Bereich mit seiner Verlagsproduktion systematisch pflegte. Der Verlag, 1881 in Leipzig, im Mittelpunkt der deutschen Buchwelt, gegründet, verlegte ab 1893 schwule Emanzipationsliteratur. Zu seinen ersten Publikationen gehörten Der Urning vor Gericht und Die Enterbten des Liebesglücks (Otto de Joux). Magnus Hirschfeld wurde auf den nunmehr einschlägig bekannten Verlag aufmerksam und fragte nach mehreren Absagen aus anderen Verlagen dort nach, 1896 erschien dann bei Spohr Hirschfelds erste – pseudonym publizierte – Schrift Sappho und Sokrates. Daraus erwuchs eine intensive Zusammenarbeit, viele Bücher über Homosexualität folgten. Insgesamt mehr als 120 Publikationen zum Thema Homosexualität wurden in den darauf folgenden Jahren vertrieben, das ab 1899 erscheinende Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen unter besonderer Berücksichtigung der Homosexualität und die Separatdrucke daraus nicht mitgerechnet. Die Themen reichen von freier Liebe über den § 175 bis zur Verurteilung von Oscar Wilde. Auch lesbische Liebe wurde immer wieder zum Thema gemacht. Im Bereich Belletristik, die aufgrund der geltenden Zensurbestimmungen eher Restriktionen zum Opfer fiel als wissenschaftliche Werke, finden sich mehrere authentisch anmutende Romane über individuelle urnische Lebensschicksale. Aber hier imponiert nicht nur die Bandbreite bzw. Menge der von Max Spohr verlegten Literatur; während andere Verlage das Thema Homosexualität nur andeuteten, waren seine Bücher häufig recht direkt. Wo in anderen Verlagen vieles unter Pseudonym erschien, anderes im Eigenverlag publiziert werden musste, stand Spohr als Verleger stets hinter seinen Autoren und Autorinnen und deren Büchern. Das Thema Homosexualität war jedoch nur ein Teilbereich seiner Verlagsproduktion. Max Spohr widmete sich auch den sonstigen Sexualwissenschaften und den Bereichen Okkultismus/Spiritismus, Lebensreformbewegung, zudem in geringeren Maßen auch der Philosophie und Kulturgeschichte. Drei Bereiche des literarischen Programms lassen sich hervorheben: die Werke, die sich in literarischer Form für die Emanzipation der Homosexuellen einsetzen, die Werke des Symbolismus und die Übersetzungen der Oscar-Wilde-Werke. Einen Teil der Belletristik lagerte Spohr in Zusammenarbeit mit dem Lyriker Franz Evers in das von 1893 bis 1903 bestehende Tochterunternehmen Kreisende Ringe aus. Sein Engagement blieb für Max Spohr nicht ohne Folgen. Hier war es vor allem der Paragraph 184 RStrGB, der sich den Emanzipationsbemühungen des Verlages hinderlich in den Weg stellte. Dieser Paragraph verbot die Verbreitung unzüchtiger Schriften, aufgrund dieses Paragraphen wurde Spohr mehrmals denunziert, angeklagt und verurteilt. Zu den von der Polizei verfolgten Schriften gehörte z.B. Die Enterbten des Liebesglücks von Otto de Joux. Der Streit um dieses Buch wurde 1900 im Börsenblatt des deutschen Buchhandels öffentlich ausgetragen. Während die Auseinandersetzung in diesem Fall keine rechtlichen Konsequenzen nach sich zog, wurde der Verleger in anderen Fällen verurteilt. Neben seiner verlegerischen Tätigkeit
wird aber auch das sonstige Engagement von Max Spohr gewürdigt: Zusammen
mit Magnus Hirschfeld, Eduard Oberg und Franz Joseph von Bülow gründete
er 1897 das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee, die
international erste schwule Emanzipations-Organisation. Spohr leitete das
Leipziger Subkomitee des WhK und beriet Hirschfeld bei der Abfassung der
Petition zur Streichung des § 175.
Begleitend zur Ausstellung wird ein Buch erscheinen, das eine ausführliche Biographie Spohrs und eine Bibliographie des Verlages enthält, das außerdem in Form von Übersichtsartikeln und Kurzbesprechungen Werke des Verlages in ihrer zeitgenössischen Bedeutung vorstellt. |