Antoine de Saint-Exupéry

(29.6.1900 - 31.7.1944)

[Antoine de Saint-Exupéry - die Fratze des Mörders]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1900
29. Juni: Antoine Marie Roger Vicomte de Saint-Exupéry wird als drittes von fünf Kindern des Funktionärs Jean de Saint-Exupéry und seiner Ehefrau Marie, geb. Boyer de Fonscolombe, in Lyon geboren.

ab 1904
Nach dem Tode seines Vaters wächst Saint-Exupéry bei seiner Großmutter und einer Tante auf.

1909
Die Familie zieht nach Le Mans. Saint-Exupéry besucht das Jesuiten-Kolleg Notre-Dame de Sainte-Croix.

1914
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs zieht die Familie nach Ambérieu-en-Bugey. Saint-Exupéry besucht das Jesuiten-Kolleg Notre-Dame de Mongré in Villefranche-sur-Saône.

1915-1917
Saint-Exupéry besucht das Marianisten-Kolleg Villa Saint-Jean in Fribourg (Schweiz), wo er das Baccalauréat [Abitur] ablegt.

1917-1919
Saint-Exupéry besucht die Lycée Saint-Louis in Paris, eine Vorbereitungsschule für die Marine-Akademie.

1919
Saint-Exupéry scheitert an der Aufnahmeprüfung zur Marine-Akademie (angeblich wegen mangelhafter Leistungen im Fach Literatur trotz guter Leistungen in den naturwissenschaftlichen Fächern).

1919-1921
Saint-Exupéry besucht als Gasthörer Architektur-Vorlesungen an der Hochschule für Schöne Künste. Nebenbei versucht er sich als Schauspieler, Dichter und Zeichner.

1921-1923
Saint-Exupéry absolviert seinen Wehrdienst in der Luftwaffe in Straßburg, Casablanca und Le Bourget; er läßt sich zum Piloten ausbilden und wird Reserveoffizier - zuletzt im Range eines Sous-Lieutenant [Leutnant].

1923
März: Bei einem Flugzeugabsturz erleidet Saint-Exupéry einen Schädelbruch und wird als dienstuntauglich vorzeitig entlassen*.

1923-1926
Saint-Exupéry arbeitet als Controller und Vertreter.

1926
Saint-Exupéry veröffentlicht den Roman "L'aviateur [Der Flieger]" in der Zeitschrift "Le navire d'argeant [Das silberne Schiff]". Daraufhin stellt ihn die Firma Aéropostale in Toulouse als Postflieger ein.

1927
Saint-Exupéry wird in die französische Kolonie Marokko versetzt.


1928
Dezember: Saint-Exupéry veröffentlicht den autobiografischen** Roman "Courrier sud", der kaum beachtet wird. (Eine deutsche Übersetzung erscheint 1949 unter dem Titel "Südkurier").


1929
Saint-Exupéry wird nach Argentinien versetzt, um ein Flugpostnetz für Patagonien aufzubauen.

1931
Dezember: Saint-Exupéry veröffentlicht den autobiografischen Roman "Vol de nuit", der seinen Ruhm als Schriftsteller begründet.*** (Eine deutsche Übersetzung erscheint 1960 unter dem Titel "Nachtflug".)


Saint-Exupéry heiratet die salvadoreanische Schriftstellerin Consuelo Suncín Sandoval de Gómez. (Die Ehe bleibt kinderlos.)

1932
Aéropostale wird von Airfrance übernommen, Saint-Exupéry - der als Pilot einen weniger guten Ruf genießt denn als Schriftsteller - nicht.

1932-1939
Saint-Exupéry versucht sich als Reporter; er schreibt u.a. für Paris-Soir und L'intransegeant.

1935
Nachdem Frankreich und die Sowjet-Union ein Kriegsbündnis gegen Deutschland geschlossen haben, reist Saint-Exupéry auf Einladung Stalins nach Moskau und verfaßt anschließend eine peinliche Lobhudelei auf dessen Regime ("Moscou").
Dezember: Beim Versuch, einen neuen Streckenrekord zwischen Paris und Saigon - Hauptstadt der französischen Kolonie Indochina - aufzustellen, legt Saint-Exupéry eine Bruchlandung in der nordafrikanischen Wüste hin. Er macht das Beste daraus, nämlich eine Reportage für L'intransegeant ("Le vol brisé. Prison de sable"); aber sein Ruf als Pilot ist endgültig ruiniert.

1936
August: Nach Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs besucht Saint-Exupéry die von Frankreich unterstützte kommunistische Regierung in Madrid und verfaßt anschließend einen einseitig gefärbten Bericht ("L'Espagne ensanglantée").

1937
August: Nach einem neuerlichen Besuch bei den spanischen "Rojos" verfaßt Saint-Exupéry die Reportage "Madrid".

1938
Februar: Beim Versuch eines Rekordfluges von New York City nach Feuerland stürzt Saint-Exupéry über Guatemala erneut ab und erleidet wiederum schwere Verletzungen.

1939
Januar: Saint-Exupéry veröffentlicht "Terre des hommes". Das Buch wird von der Académie française mit dem "Grand prix du roman" ausgezeichnet und nach "Vol de nuit" sein zweiter Bestseller. (Eine englische Übersetzung erscheint im selben Jahr unter dem Titel "Wind, Sand, and Stars", eine deutsche 1940 unter dem Titel "Wind, Sand und Sterne". 1959 benennt der Schweizer Edmond Kaiser ein "Kinderhilfswerk" für die "Dritte Welt" nach dem Buchtitel.)


September: Nachdem Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg erklärt hat, wird Saint-Exupéry als Reservist einberufen. Während des Sitzkrieges ("Drôle de guerre") beschränkt sich seine Tätigkeit - wie die anderer Soldaten auch - zunächst auf Blümchenpflücken.


1940
Mai-Juni: Während des Frankreich-Feldzugs fliegt Saint-Exupéry nur einen einzigen nachweisbaren Einsatz, nämlich nach Arras. Als er sieht, daß dort bereits deutsche Truppen eingerückt sind, kehrt er wieder um.


Nach dem Waffenstillstand emigriert Saint-Exupéry in die - offiziell noch neutralen - USA.

1941
Saint-Exupéry veröffentlicht "Lettre à un otage". (Deutsche Übersetzungen erscheinen 1948 unter dem Titel "Brief an einen Ausgelieferten" und 1953 unter dem Titel "Bekenntnis einer Freundschaft".)

1942
Saint-Exupéry veröffentlicht "Pilote de guerre". (Eine deutsche Übersetzung erscheint im selben Jahr unter dem Titel "Flug nach Arras".)


(Anders als die gut-demokratischen Alliierten, die im und nach dem 2. Weltkrieg grundsätzlich alle Memoiren- oder sonstigen Werke deutscher Militärs verboten, ließen die bösen Nazi-Deutschen derartige Werke der Feindmächte nicht nur übersetzen, sondern trotz Papiermangels sogar in z.T. beträchtlicher Auflage drucken. Wer nach dem Krieg von den Besatzern eine Verlagslizenz erhalten wollte, mußte solche Bücher natürlich bevorzugt in sein Programm aufnehmen - zumal wenn er gleichzeitig die Werke eines derart verfänglichen Schriftstellers wie Ernst von Salomon zu veröffentlichen gedachte, wie Rowohlt.)

1943
Saint-Exupéry veröffentlicht in New York "Le petit prince [Der kleine Prinz]". Zweifellos sein schwächstes Werk - und als einziges nicht "autobiografisch" angehaucht, sondern eine Art Vorläufer von "E.T." - entwickelt es sich im Laufe der Jahre gleichwohl zu seinem größten Erfolg, da seine Verleger es mit großem Geschick als "letztes Werk eines Kriegshelden" auf den Markt bringen.


April: Nachdem sich die Niederlage der Achsenmächte in Nordafrika abzeichnet, meldet sich Saint-Exupéry wieder zum aktiven Militärdienst. Er ist bald als hoffnungsloser Bruchpilot berüchtigt, der mit den modernen Maschinen nicht umgehen kann, und wird mehrmals zwischen Tunesien, Algerien und Marokko hin und her versetzt; wegen seiner Popularität läßt man ihn jedoch weiter fliegen, um ihn nicht als Propagandaträger zu verlieren.****


1944
Nachdem Saint-Exupéry auch auf Sardinien durch mehrere Bruchlandungen von sich reden gemacht hat, wird er nach Korsika "weg gelobt".
31. Juli: Saint-Exupéry kehrt von einem Feindflug nach Südfrankreich nicht zurück und gilt seitdem als verschollen. Um sein Ende ranken sich bald die absurdesten Gerüchte.*****


1948
Saint-Exupérys Romanfragment "Citadelle" wird von seiner Schwester Simone veröffentlicht. (Eine deutsche Übersetzung erscheint 1951 unter dem Titel "Die Stadt in der Wüste".)


1950
12. März: Saint-Exupéry wird offiziell für tot erklärt; er sei den "Heldentod [mort glorieuse]" auf einem "Aufklärungsflug" gestorben.******

1953-1955
In mehreren Ausgaben werden Saint-Exupérys Briefe und Tagebücher veröffentlicht; der Verkaufserfolg hält sich in Grenzen.

1994
Zu Saint-Exupérys 50. Todestag gibt Frankreich eine Banknote zu 50 Francs heraus. (Der Schein wird 2002 bei Einführung des TeuroEuro aus dem Verkehr gezogen.)


1997
Der Spielfilm "Saint-Ex" von Anand Tucker (mit Hitler-Darsteller Bruno Ganz als Saint-Exupéry und Blackadder-"Queenie" Miranda Richardson als seine Ehefrau Consuelo) kommt in die Kinos; der Erfolg hält sich in Grenzen.

[Kinoplakat]

1998
Nathalie des Vallières veröffentlicht "Saint-Exupéry - der Erzengel und der Schriftsteller".


2000
Der Flughafen von Lyon wird nach Saint-Exupéry benannt.
Die Saint-Exupéry-Biografie von Emmanuel Chadeau erscheint.


2004
Oktober: Im Rahmen der Serie "Unsere Besten" wählen die Zuschauer des Staatssenders ZDF "Der kleine Prinz" zu einem der zehn "deutschen Lieblingsbücher".


2008
März: In der BRDDR - der die "Kriegsverbrecher" allmählich auszugehen drohen - beginnen linke Medien - allen voran die Berliner Zeitung - indirekt nach der Todesstrafe für den mutmaßlichen deutschen "Mörder" des braven ErzengelsFriedensengels Saint-Exupéry zu rufen.*******


*In den meisten Biografien sowie auf seiner "offiziellen Webseite" (man fragt sich, wie ein Toter eine "offizielle" Webseite haben kann :-) wird behauptet, daß Saint-Exupéry Berufsoffizier hätte werden können und wollen, darauf jedoch wegen Bedenken seiner Verlobten Louise de Vilmorin bzw. deren Familie verzichtet habe. Dies ist indes wenig glaubhaft. Von seiner schweren Verletzung ganz abgesehen, hatte Saint-Exupéry bereits in jungen Jahren ausgiebig unter Beweis gestellt, daß er als Pilot nichts taugte - was auch seinen Vorgesetzten schwerlich entgangen sein dürfte. Man wird ihm wohl am ehesten gerecht, wenn man ihn als Mischung aus Gabriele d'Annunzio und Felix Graf Luckner betrachtet, d.h. einen fantasiebegabten Schriftsteller, der sich auch als Soldat versuchte bzw. einen Soldaten, der seine Heldentaten mehr mit der Feder als mit der Waffe in der Hand vollbrachte. Nur äußerlich ähnelte er Ernst Udet, der ganz im Gegensatz zu ihm ein ausgezeichneter Pilot, aber am Schreibtisch ein völliger Versager war. Die Verlobung mit Louise de Vilmorin ging noch im selben Jahr in die Brüche, hätte ihn also an einer Karriere als Berufsoffizier nicht gehindert.

**Hinter "Jacques" verbirgt sich Saint-Exupéry selber, hinter "Geneviève" seine Ex-Verlobte Louise de Vilmorin.

***Saint-Exupéry ist in dieser Hinsicht kein Einzelfall. In der Zwischenkriegszeit gelten Flugzeugpiloten als die zivilen Helden schlechthin. Auch die Erinnerungen von Gunther Plüschow, Charles Lindbergh und Hermann Köhl werden Bestseller.

****Gewisse Kreise in Großbritannien und den USA spielen damals mit dem Gedanken, Saint-Exupéry anstelle des wegen seiner Selbstherrlichkeit unbeliebten Charles de Gaulle zur Gaullions-Galions-Figur des "freien Frankreichs" aufzubauen.

*****Nach dem Krieg behaupteten diverse deutsche Wichtigtuer, sie hätten Saint-Exupéry über dem Mittelmeer abgeschossen, zuletzt im März 2008 der Ex-Sportreporter Horst Rippert, der ferner behauptete, er hätte dies selbstverständlich nicht getan, wenn er gewußt hätte, daß sein "Lieblingsautor" in jenem Flugzeug mit französischen Hoheitszeichen saß. Rippert wußte freilich auch nicht, daß Saint-Exupéry damals in einem Flugzeug mit US-amerikanischen Hoheitszeichen saß - und seine später diesbezüglich "korrigierte" Aussage ist schlicht unglaubhaft. Das Wrack jenes Flugzeugs wurde im September 2003 entdeckt und im Folgemonat geborgen. Nach dem offiziellen Untersuchungsbericht vom April 2004 wies es keine Spuren von Feindeinwirkung auf, was wiederum zu der These Anlaß gab, Saint-Exupéry habe Selbstmord begangen. Auch das ist indes unglaubhaft, da es dafür keinerlei Motiv gab. Es gibt nur eine schlüssige Erklärung, nämlich die, daß der Bruchpilot Saint-Exupéry wie schon so oft durch eigenes Verschulden abstürzte - diesmal mit für ihn tödlichen Folgen. Freilich paßt diese simple Wahrheit nicht in die posthume Heldenverehrung und wird deshalb, soweit ersichtlich, nirgends offen vertreten. Man darf allerdings fragen, warum die US-Amerikaner dem als Pilot bekanntermaßen völlig unfähigen Saint-Exupéry ausgerechnet ein Modell anvertrauten, das als besonders schwierig zu fliegen galt, daher für den ernsthaften Kampfeinsatz längst ausrangiert worden war und nur noch für Terror-Angriffe auf Zivilisten, von denen keine Gegenwehr zu befürchten war, verwendet wurde.

******Das Modell Lockheed P-38 "Lightning" war zu Beginn des Zweiten Weltkriegs einer der besten Abfangjäger und als "Gabelschwanzteufel" bzw. "flüsternder Tod" bei Deutschen und Japanern gleichermaßen gefürchtet - allerdings auch bei den eigenen Piloten, an deren fliegerisches Können er relativ hohe Anforderungen stellte. Später wurde er als Jagdbomber eingesetzt, schließlich nur noch als Tiefflieger für Angriffe auf einzelne unbewaffnete Zivilisten, vor allem Frauen und Kinder - ein bei den alliierten Piloten besonders beliebter "Sport"; die Achsenmächte, deren Luftwaffen denen der Alliierten zahlenmäßig mehr als 1:100 unterlegen waren, mußten dem Morden machtlos zusehen. Die Alliierten begannen damit im Sommer 1944 von Korsika aus, wobei ihre ersten Ziele in Norditalien und Südfrankreich lagen. Dafür eingesetzt wurde auch die so genannte "Aufklärungsvariante" der P-38, wie Saint-Exupéry sie flog, die zwar keine Bomben mit sich führte, aber über eine für diesen Zweck mehr als ausreichende Bordbewaffnung verfügte, nämlich eine 3,7-cm-Kanone und 4 Maschinengewehre. Daß man den als völlig unfähigen Piloten bekannten Saint-Exupéry "Aufklärungsflüge" durchführen ließ, ist äußerst unwahrscheinlich; man dürfte ihm gerade noch zugetraut haben, Jagd auf wehrlose Frauen und Kinder zu machen. Auch dies paßt freilich nicht in die amtlich verordnete Heldenverehrung und ist daher offiziell tabu.

[die traurige Wahrheit...] [... und die amtliche Heldenverehrung]

*******Nach der höchstrichterlichen Billigung des Satzes "Soldaten sind Mörder" würde dann endlich damit ernst gemacht, jeden militärischen Einsatz eines deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg - auch (und gerade?) den gegen feindliche Tiefflieger, die unbewaffnete Zivilisten ermordenvon ihrem Nazi-Leben befreien - als "Mord" strafrechtlich zu verfolgen, möglichst unter Wiedereinführung der Todesstrafe. (Originalzitat Cornelia Geissler, BZ vom 17.03.2008: "(...) was bedeutet, daß sein Mörder auch tot sein müßte. Diese gerechte Variante (...) ist (...) gewiß erträglicher."


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