Nero und der Brand von Rom

von Janina Lücke, Hameln

1. Einleitung

Nero ist eine der bekanntesten Personen, die es je gegeben hat. Noch Jahre nach seinem Tod beschäftigen sich viele Historiker und Forscher mit seinem Leben und seinen Taten. Da wäre z.B. der berühmte Muttermord oder der Mord an seinen Stiefbruder Britannicus. Ein weitere Sache, mit der man Nero in Verbindung bringt, ist der Brand Roms im Jahre 64 n.Chr. Es wurde viel nachgeforscht und viel darüber berichtet, ob und wenn ja, was Nero mit dem Brand zu tun gehabt hat. Jedoch werden dabei sehr viele verschiedene Meinungen an den Tag gelegt.
Om folgenden werde ich mich mit einigen Berichten verschiedener Autoren über den Brand von 64 beschäftigen und untersuchen, was sie über Neros Schuld sagen.
Dabei werde ich neben anderen Berichten auch die Übersetzung von Otto Veh von Cassius Dio, die von Hans Martinet übersetzte Fassung des Sueton und die von Erich Heller übersetzte Auflage des Tacitus verwenden.

2. Wer war Nero ?

Nero hieß eigentlich Claudius Germanicus Caesar. Er war der fünfte Kaiser Roms und gleichzeitig letzter Herrscher des Julisch-Claudischen Hauses.
Nero wurde am 15. Dezember 37 n.Chr. in Antium unter dem Namen Lucius Domitius Ahenobarbus geboren. Sein Vater war der Senator Gnaeus Domitius Ahenobarbus und seine Mutter Agrippina die Jüngere.
Neros Vater war früh gestorben, und Agrippina heiratete den damaligen Kaiser Claudius. Sie brachte ihn dazu, seine Tochter Octavia mit Nero zu verloben. Nero war zu diesem Zeitpunkt erst zwölf Jahre alt.
Claudius` einziger Sohn Britannicus war gesundheitlich sehr schwach, und deshalb ließ sich Claudius dazu überreden, Nero zu adoptieren.
Im Jahr 53 n.Chr. heiratete Nero Octavia.
Als Claudius am 12. Oktober 54, wahrscheinlich durch Vergiftung Agrippinas starb, bestieg Nero einen Tag später den Thron (vgl. ENCARTA 99).
Nero beging viele Verbrechen: Er vergiftete im Jahre 55 seinen Stiefbruder Britannicus und ließ im Jahre 59 seine Mutter umbringen. Von Octavia ließ er sich 62 scheiden um seine Geliebte Poppea Sabina zu heiraten. Als im Jahre 64 der große Brand in Rom ausbrach und man Nero für den Brandstifter hielt, lenkte er die Schuld auf die Christen.
Am 15. Juni 68 beging Nero Selbstmord.

3. Die Brände von Rom

In Rom waren Brände keine Seltenheit, jedoch war das Ausmaß des Brandes von 64 besonders katastrophal. Es passierte leicht, dass ein Feuer entfachte, da man in den Wohnungen offenes Feuer zum Kochen verwendete.
Wenn es erst einmal brannte konnte das Feuer nur schwer gelöscht werden. Denn durch das Holz und den Holzbalken in den Wohnungen konnte es sich leicht verbreiten.
Das Wasser zum Löschen musste erst aus Brunnen geholt werden und auch das dauerte seine Zeit.
Im Jahre 6 n.Chr. - zu dieser Zeit war Augustus Kaiser der Stadt - brannte die Stadt gleich mehrere Male. Daraufhin ließ der Kaiser eine 700 Mann starke Feuerwehr einrichten (vgl. FINI 1994, S.160). Im Jahre 27, unter dem Kaiser Tiberius, brannte das ganze Caeliusviertel und 36, neun Jahre später, das Aventin. 54 unter dem Kaiser Claudius brannte die Bebauung rund um das Marsfeld.
Unter den vielen Bränden im antiken Rom, gibt es zwei besonders wichtige:
1. den Gallischen Brand des Jahres 390 v.Chr.
2. den Neronischen Brand von 64 n.Chr."
Beide beginnen an einem 19. Juli und beide zerstören die Stadt fast völlig.

4. Welche Rolle spielt Nero bei dem Brand von 64?

In der Antike wie auch in der modernen Deutung gibt es viele unterschiedliche Meinungen und Interpretationen darüber, wie der Brand von Rom vonstatten gegangen ist, was die Ursachen des Brandes waren und was Nero damit zu tun hatte.

4.1. Deutung in der Antike

Der Brand brach in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli in einem Laden des Circus Maximus aus. Durch den heftigen Wind angefacht verbreitete er sich sehr schnell im ganzen Circus.

Erst nach sechs Tagen konnte das Feuer eingestellt werden, jedoch brach es an einer anderen Stelle wieder aus und brannte noch drei weitere Tage (vgl. TACITUS Annalen 15, 14,1).

Von den 14 Bezirken Roms blieben bei dem Brand nur vier unversehrt, drei Bezirke wurden völlig zerstört und in den übrigen sieben blieben nur wenige Häuser stehen, jedoch mit Rissen und halbverbrannt (vgl. TACITUS Annalen 15, 40,2).

Insgesamt wurden 4000 Mietshäuser aus Holz und 132 Häuser zerstört (vgl. JAKOB-SONNABEND 1990, S.106).

Laut TACITUS (vgl. Ann. 15, 38,7) wurden die Löscharbeiten durch Drohungen von verschiedenen Leuten behindert. Es gab auch welche die Feuerbrände warfen und dabei schrien, dass es ihnen befohlen wurde so zu handeln.

Bei Tacitus‘ Bericht hat man das Gefühl, dass er an Neros Schuldhaftigkeit zweifelt.

TACITUS betont, dass es nicht feststeht, ob der Brand durch Zufall oder auf Anstiftung des Kaisers ausgebrochen ist. Nero befand sich beim Ausbruch des Brandes in Antium und konnte deshalb unmöglich selber der Brandstifter sein. Auch dass Nero während des Brandes den Untergang Troias besungen haben soll, hält Tacitus nur für ein Gerücht. ,,..., quia pervaserat rumor ipso tempore flagrantis urbis inisse eum domesticam scaenam et cecinisse Troianum excidium,...“(TACITUS Annalen 15, 39,4).

Tacitus beschreibt sehr genau die guten Anordnungen, die Nero nach dem Brand erlassen haben soll. ,,Als Trost für die obdachlose Bevölkerung gab er das Marsfeld, die Bauten des Agrippa und sogar seine eigenen Parkanlagen frei und ließ Behelfsbauten errichten, die die hilflose Menge aufnehmen konnte“ (TACITUS Annalen 15,39).

Des weiteren schaffte er Lebensmittel aus Ostia herbei und senkte den Preis für das Getreide. Als die Stadt wieder aufgebaut wurde geschah das nicht planlos, sondern man traf einige Vorkehrungen, die ein weiteres Feuer dieses Ausmaßes verhindern sollten (vgl. TACITUS Annalen 15,43).

Für Sueton, der ein bis zwei Jahrzehnte nach Tacitus schreibt, steht die Urheberschaft Neros eindeutig fest (vgl. HEINZ 1948, S.43).

(vgl. für den folgenden Abschnitt SUETON 38,1-3).

Nero habe noch zu seinen Lebzeiten den Untergang Roms mitansehen wollen. Er konnte die Schäbigkeit der alten Gebäude und die engen Gassen nicht länger ertragen und ließ deshalb die Stadt in Brand stecken. Seine Kammerdiener wurden von einigen ehemaligen Konsulen mit Pechkränzen und Fackeln gesehen.

Nero ließ einige Speicher mit Kriegsmaschinen zum Einsturz bringen und danach erst anzünden, denn ihre Mauern bestanden aus Stein und er wollte diesen Platz unbedingt für seine neuen Bauten haben.

Es wird erwähnt, dass Nero, während des Brandes, in seinem Bühnenkostüm, vom Palast des Maecenas aus, ein Lied über die Eroberung Troias besungen haben soll. Er ließ die Leichen und den Schutt nach dem Brand kostenlos abtransportieren, um einen möglichst großen Beute- und Gewinnanteil sicher zu haben. Niemand durfte das von seinem Besitz übriggebliebene betreten.

Auch Cassius Dio beschuldigt Nero als den Urheber des Brandes (vgl. HEINZ 1948, S.43).

(vgl. für den folgenden Abschnitt DIO 62,16,1-18,5). Nero habe den stets gehegten Wunsch gehabt, noch zu seinen Lebzeiten die ganze Stadt Rom und das Reich zu vernichten.

Nero habe deshalb heimlich Männer geschickt, die sich als betrunken darstellten. Diese sollen in verschiedenen Stadtteilen Gebäude in Brand gesteckt haben..

Während des Brandes sei Nero auf das Dach seines Palastes gestiegen und habe in dem Gewand eines Kitharaspielers die Einnahme von Troia besungen.

Nach dem Brand hätte Nero sowohl von Privatleuten als auch von ganzen Gemeinden Geldsummen herbeigeholt, teils durch Gewalt, indem er den Brand als Vorwand benutzte, teils durch freiwillige Beträge.

Auch in der Spätantike gibt es verschiedene Meinungen zu dieser Katastrophe.

(vgl. für den folgenden Abschnitt JAKOB-SONNABEND 1990, S.107-114). Die drei Autoren Eutrop, Hieronymus und Aurelius Victor sind sich alle einig, dass Nero der Brandstifter gewesen sei, wobei sie aber alle von einem unterschiedlichen Motiv sprechen.

Eutrop und Hieronymus nennen als Grund, dass sich Nero eine Vorstellung von dem Brand Troias habe machen wollen und deshalb Rom anzündete.

Aurelius Victor gab an, dass Nero die Verschwörungen entdeckt habe und darüber so ärgerlich gewesen sei, dass er Rom und das Volk der Stadt vernichten wollte.

Orosius benutzt Sueton als Vorlage.

Er gibt als Motiv für die Brandstiftung an, ,,der Princeps habe ein ,spectaculum‘ veranstalten wollen“ (JAKOB-SONNABEND 1990, S.111)

Orosius schreibt auch von den Kriegsmaschinen, mit denen man Häuser zerstören ließ.

Und ebenfalls tritt bei ihm die Geschichte vom singenden Nero, während des Brandes, auf. Auch er spricht, genau wie Sueton davon, dass sich Nero nach dem Brand noch an den Trümmern der Gebäude bereichern wollte.

Ein weiterer Autor, der sich mit Nero beschäftigt hat, ist Sulpicius Severus, der, obwohl er den Text von Tacitus als Vorlage hat, davon überzeugt ist, dass Nero den Brand legen ließ (vgl. JAKOB-SONNABEND 1990, S.114).

,,Neben den Motiv für Brandstiftung, nämlich Verschönerung und Wiederaufbau der Stadt nach eigenen Plänen, erscheint bei beiden Autoren die Überleitung zur Christenverfolgung...“(JAKOB-SONNABEND 1990, S.116).

Insgesamt fällt auf, dass die Berichte der antiken Historiker immer genauer, ausführlicher und eindeutiger werden, je weiter das Ereignis zurückliegt (vgl. FINI 1994 S. 151; VANDENBERG ; S.225).

Tacitus stellt die Geschichte nur als Gerücht dar. Für Sueton und Dio steht schon fest, dass Nero der Urheber der ganzen Sache ist (vgl. FINI 1994, S.151; VANDENBERG, S 226).

Doch gerade von den ersten christlichen Schriftstellern wird die Brandstiftung Neros nicht erwähnt, obwohl es eigentlich für sie an Interesse gewesen sein müsste (vgl. FINI 1994, S.152).

Der Bischof Clemens von Rom berichtet einige Jahrzehnte nach Neros Tod über die Christenverfolgung, erwähnt aber mit keinem Wort die Brandstiftungstheorie.

Auch Tertullian und Lactantius, die beide nach Tacitus schreiben, beschäftigten sich ausgiebig mit Neros Regierungszeit, bringen aber ebenfalls die angebliche Brandstiftung Neros nicht zur Sprache (vgl. FINI 1994, S.152).

Auch alle zeitgenössischen Autoren, selbst so kritisch eingestellte Autoren, wie Cluvius Rufus, Flavius Josephus und Martial halten Nero für völlig unschuldig (vgl. FINI 1994, S. 151).

Betrachtet man die gesamten Erzählungen und Berichte über Nero, wird deutlich, dass von keinem antiken Autor behauptet wird, Nero hätte Rom selber in Brand gesteckt, sondern höchstens habe er Brandstifter geschickt. Die Meinungen über die angebliche Brandstiftung Neros gehen in den Berichten der Autoren sehr auseinander. Die meisten antiken und auch spätantiken Autoren halten Nero für den Brandstifter, dabei geben die Historiker verschiedene Motive für die Brandstiftung an.

Der antike Autor Tacitus jedoch zweifelt sehr stark an der ganzen Sache und schildert in seinem Bericht Dinge, die gegen eine Brandstiftung Neros sprechen.

Auch bei allen zeitgenössischen Autoren gilt Nero als unschuldig. Von den ersten christlichen Autoren wird die angebliche Brandstiftung nicht einmal erwähnt. Der erste christliche Historiker, der Nero der Brandstiftung beschuldigt hat, war Sulpicius Severus.

4.2. Moderne Deutung

Auch heute gibt es Schriftsteller, die sich mit Nero beschäftigen, wie z.B. Jürgen Malitz. Er hat sich bei seinem Bericht sehr eng an die Geschichte von Tacitus gehalten.

(vgl. für den folgenden Abschnitt MALITZ S.69-74). Nero hielt sich beim Ausbruch des Brandes in Antium auf und kehrte nicht sofort nach Rom zurück, als er von dem Brand erfuhr. Malitz schiebt jedoch ein, dass es sein könnte, dass spätere Berichterstatter die Verspätung seiner Ankunft bewusst übertrieben haben.

Es wurden Gerüchte von einigen Bürgern in die Welt gesetzt, wie z.B. der Auftritt von Nero im Sängerkostüm oder die Brandstiftung Neros zugunsten eigener Baupläne. Man war sich sogar sicher dunkle Gestalten gesehen zu haben, die die Stadt angezündet hätten.

Aufgrund dieser Gerüchte setzte sich die Vorstellung fest, der Kaiser selbst und seine Helfer hätten den Brand ausgelöst.

Bei Malitz Bericht wird nicht direkt deutlich, ob er Nero für den Brandstifter hält oder nicht.

Ein weiterer Schriftsteller, der sich mit Nero befasst hat, ist Vandenberg.

(vgl. für den folgenden Abschnitt VANDENBERG)

Vandenberg untersucht das Gerücht, Nero habe während des Brandes gesungen, doch hält dabei keine der von den Schriftstellern erzählten Schilderungen seiner Prüfung stand.

Also basiert für ihn diese Szene, die von den Schriftstellern in verschiedenen Versionen auftaucht, nur auf einer Legende.

Vandenberg sieht die ganze Sache sehr kritisch und es hat den Anschein, als ob er dem Gerücht, dass Nero der Brandstifter sei, keinen Glauben schenkt.

Ihm erscheint nach untersuchen der Fakten die Brandstiftungstheorie als widersinnig. Selbst wenn Nero die Stadt hätte anzünden wollen, um sie nach seinen Plänen wieder aufzubauen, hätte er sicherlich nicht den Circus Maximus und seinen eigenen Palast angezündet.

Wenn man die ganze Sache genau betrachtet, ist Nero, laut Vandenberg, eigentlich der Hauptgeschädigte des Unglücks.

Auch Massimo Fini beschäftigt sich mit Nero.

 (vgl. für den folgenden Abschnitt FINI S.152-154). Es wird im Verlauf des Berichts deutlich, dass Fini eine Beteiligung Neros bei der Brandstiftung ausschließt. Er führt einige Argumente zu seiner Entlastung auf.

1.      Wenn Nero für seinen neuen Palast hätte Platz schaffen wollen, hätte er als Kaiser auch andere Möglichkeiten gehabt um dieses zu erreichen.

2.      Nero hat sich an den Löscharbeiten beteiligt und hat sich mit Rettungsaktionen für die Opfer engagiert.

3.      Der kaiserliche Palast, der gerade erst nach Neros Wünschen umgestaltet worden ist, wurde bei dem Brand ebenfalls zerstört, und mit ihm die dort befindliche einzigartige Sammlung griechischer und römischer Kunstschätze. Diese hätte er dann wohl, bevor er das Feuer gelegt hätte, in Sicherheit gebracht.

4.      In der Nacht des Unglücks war Vollmond und man hätte beim Legen des Brandes leicht gesehen werden können.

5.      Alle Beteiligten der Pisonischen Verschwörung waren daran interessiert das Gerücht zu verbreiten, Nero habe Rom angezündet.

6.      Nero wäre der letzte gewesen, der an einer derartigen Katastrophe interessiert gewesen wäre. Nero war für das Volk eine Art Schutzgott, dem alles Gute, aber auch Schlechte, zugeschrieben wurde. Er wusste sehr genau, dass man ihn auf jeden Fall für den Brand verantwortlich machen würde. Doch Nero konnte sich zu dieser Zeit nur noch auf die Gunst des Volkes stützen, nachdem er bereits mit dem Senat und dem Adel in Konflikt geraten war. Diese Gunst einfach so aufs Spiel zu setzen, hätte ihm einige Probleme bereitet.

Massimo Fini hält auch die Geschichte vom singenden Nero als lächerlich übertrieben.

Fini beschreibt das Unglück als eine Katastrophe für Nero, da es ihm das wahrscheinlich erfolgreichste Jahr seiner Regierung verdarb.

Massimo Fini macht in seinem Text sehr deutlich, dass er nicht der Meinung ist, Nero hätte irgendetwas mit dem Brand zu tun.

Er ist eher der Meinung, der Brand sei durch Fahrlässigkeit entstanden. Es war Hochsommer und man hantierte meist leichtfertig mit Öfen, Fackeln usw. Der kleinste Funke hätte genügt, um die Holzbaracken in Brand zu setzen.

Überlegt man sich, dass es doch Brandstiftung war, so müsste jemand dahinterstecken, der von dem Brand hätte profitieren können. Wollte man Neros Ansehen schaden, so hätte sich der Brand zu diesem Zweck geeignet.

Ein weiterer Historiker, der sich mit Nero beschäftigt, ist Caiati. Er führt in seinem Buch ,,L`incendio di Roma e la congiura di Pisone“ Argumente auf, die die These unterstützen, man hätte den Brand gelegt um Neros Ansehen zu schaden (vgl. FINI 1994 S.161).

,,Einen Beweis dafür, dass die Brandstiftung sich gegen den Kaiser richtete, sieht Caiati in der Tatsache, dass das erste Feuer am Palatin ausbrach, wo sich Neros Palast befand und das zweite in den Aemilianischen Gärten, die Tigellinus gehörten. Hätte man mit der Brandstiftung wirklich den Zweck verfolgt, den Verdacht auf Nero zu lenken, dann hätte man dadurch gerade das Gegenteil bewirkt, wenn dagegen beabsichtigt war, ihn in den Flammen umkommen zu lassen, dann war das Ganze ohnehin ein Fehlschlag, weil Nero sich zu diesem Zeitpunkt in Antium aufhielt“(FINI 1994 S.161-162).

Betrachtet man die Berichte moderner Schriftsteller, so stellt man fest, dass die meisten Autoren Nero nicht für den Brandstifter halten.

Vandenberg und Fini z.B. sehen die Sache sehr kritisch und beide führen in ihrem Bericht eher Argumente auf, die gegen eine Brandstiftung Neros sprechen.

Im großen und ganzen halten nur einige wenige Tacitusinterpreten Nero für den Brandstifter. Es verbreitete sich mehr und mehr die Ansicht, der Brand sei zufällig ausgebrochen (vgl. BAUDY 1991 S.10).

,,Wir können heute davon ausgehen, dass die Brandstiftertheorie von Sueton in die Welt gesetzt wurde, einem Autor, der nicht Geschichte aufzeichnete, sondern Geschichten und mitunter unkritisch Gerüchte und Anekdoten kolpotierte, die ihm zu Ohren kamen. Die ersten frühchristlichen Autoren hätten gute Gründe gehabt, die Brandstiftung durch Nero zu erwähnen, aber offensichtlich waren selbst sie nicht von Suetons Darstellung überzeugt“ (VANDENBERG S.230).

5. Die Christenverfolgung

Eine weitere Sache, mit der Nero auf sich aufmerksam machte, war die Christenverfolgung.

Aber auch hierbei sind sich die Historiker und Verfasser nicht über die Ursache einig.

Tacitus und Sulpicius Severus z.B. sehen bei dem Brand und der Christenverfolgung einen Zusammenhang. Andere Autoren hingegen sind der Meinung, Nero hätte die Christen aufgrund ihrer Religion verurteilt (vgl. JAKOB-SONNABEND 1990 S.124).

(vgl. für den folgenden Abschnitt TACITUS Annalen 15,44). Nero konnte dem Gerücht nicht entgehen, dass der Brand von ihm befohlen worden war. Um diesem Gerücht ein Ende zu machen, suchte sich Nero andere Schuldige, denen er den Brand unterschob. Es waren die Christen, die er mit sehr harten Maßnahmen bestrafte.

Man verhaftete zuerst diejenigen, die ein Geständnis ablegten. Sie erlitten einen schrecklichen Tod, und wurden auch noch zum Gespött der Leute gemacht. Sie wurden in die Felle wilder Tiere gehüllt und von Hunden zerfleischt oder sie wurden ans Kreuz geschlagen und zum Feuertod bestimmt. Nero stellte für dieses Schauspiel sogar seinen Park zur Verfügung.

Auch bei Sulpicius Severus tauchen die von Tacitus geschilderten Bestrafungsmaßnahmen auf (vgl. JAKOB-SONNABEND 1990, S.116).

(vgl. für den folgenden Abschnitt VANDENBERG S.229). Der christliche Rhetorikprofessor Lactantius hingegen nennt als Ursache für die Christenverfolgung unter Nero nicht die Brandstiftung, sondern begründet sie mit dem Erscheinen des heiligen Petrus in Rom. Petrus konnte mit der Hilfe Gottes Wunder ausführen und dadurch viele Menschen vom christlichen Glauben überzeugen. Als Nero das erfuhr und bemerkte, dass mehr und mehr Menschen dem alten Glauben entsagten und zum neuen Glauben übergingen, war er sehr entzürnt und wollte den christlichen Glauben vernichten.

Auch Laktanz gibt als Ursache für die Christenverfolgung die Anwesenheit und Wundertätigkeit des Petrus in Rom und die daraus resultierende Bekehrung der Heiden an. Nachdem Nero erfahren hat, dass sich viele Menschen dem Christentum zuwandten, war er so ärgerlich, dass er die Christen verfolgte, Petrus kreuzigen und Paulus hinrichten ließ (vgl. JAKOB-SONNABEND 1990, S.125).

Eusebius, ein Zeitgenosse von Laktanz, sieht die Ursache der Christenverfolgung nicht in der Kontroverse zwischen Heiden und Christen, sondern in dem verbrecherischen Charakter des Kaisers (vgl. JAKOB-SONNABEND 1990, S.126).

Auch Huf beschreibt, dass Nero die Schuld auf die Christen schob. Sie waren einfach die naheliegendsten Täter und es wurde damals nach Schuldigen verlangt.

Huf ist der Meinung, dass Nero die Christen nicht aufgrund ihres Glaubens, sondern wegen einer Straftat, also der Brandlegung, verurteilt hat.

Es findet also keine generelle Christenverfolgung statt, sondern Nero sucht nach den Brandstiftern. Von den 3000 Christen in Rom wurden 200-300 verurteilt. Die meisten wurden lebendig verbrannt. Dieses war eine typische Bestrafung für Brandstifter im alten Rom (vgl. HUF S. 204-206).

Fini stellt sich die Frage, ob es sein könnte, dass die Christen wirklich den Brand gelegt hätten und er kommt zu dem Entschluss, dass man es nicht ausschließen kann. Die ersten Christen nämlich sehnten sich nach einem Ende der Welt, denn die Welt, in der sie lebten, war ihnen von der christlichen Lehre zu weit entfernt. Der Untergang der Welt bedeutete für sie Bestrafung der Bösen und Belohnung der Guten und Armen.

Es wird von Tacitus berichtet, dass die ersten Verhörten nicht nur Geständnisse ablegten, sondern sogar schon vor ihrer Verhaftung die Tat gestanden.

Fini hält es dabei für möglich, dass sogar Unschuldige die Schuld des Brandes auf sich nahmen, weil sie ihn als Zeichen für das Ende der Welt sahen.

Es könnte natürlich genausogut sein, dass diese Leute ihre Schuld gestanden, weil sie das Verbrechen tatsächlich begangen hatten.

Selbst wenn die Christen nicht den Brand gelegt hatten, taten sie alles um ihn in Gang zu halten und die Löscharbeiten zu behindern. Auch machten sie keinen Hehl aus ihrer Zufriedenheit und stimmten Triumphgeschreie an, als Rom brannte(vgl. FINI S. 164-166).

Finis Meinung nach gilt Nero zu Unrecht als Christenverfolger. Er verurteilte die Christen nicht, weil sie Christen waren, sondern aufgrund ihrer begangenen Straftat. Da die Straftat in Rom stattfand, wurden auch nur Christen aus Rom verurteilt, alle anderen in Frieden gelassen. Aber selbst in Rom wurden nur die verfolgt, die man der Brandstiftung verdächtigte.

Alles in allem kann man also nicht genau sagen, ob Nero die Christen zu Recht wegen der Brandlegung verurteilte oder aufgrund ihres Glaubens. Eine weitere Möglichkeit, die von Autoren erwähnt wird, ist, dass er nur die Schuld von sich schieben wollte und dafür die Christen als Sündenböcke gebrauchte.

6. Fazit

Nachdem ich verschiedene Berichte über Nero gelesen habe und mir ein Bild von ihm machen konnte, bin ich trotzdem zu keinem richtigen Entschluss gekommen.

Nero hat einige Verbrechen, wie z.B. den Mord an seiner Mutter, begangen. Wenn man  seinem Charakter betrachtet, wäre es meiner Meinung nach denkbar, dass er den Brand angestiftet hat. Er selber hat ihn auf jeden Fall laut Aussage aller Schriftsteller nicht gelegt, denn er befand sich beim Ausbruch des Brandes in Antium.

Ich finde es seltsam, dass die Berichte der Historiker immer genauer und ausführlicher werden, je länger sie nach dem Ereignis schreiben. Dabei könnte es passiert sein, dass teilweise Dinge von Autoren hinzugedichtet oder verfälscht wurden. Vielleicht haben sie auch einige Sachen übertrieben.

Weiterhin halte ich es für komisch, dass gerade die frühchristlichen Schriftsteller das Ereignis gar nicht erwähnen, obwohl es vielleicht für sie von Interesse hätte sein müssen.

Nero hätte meiner Meinung nach jedoch keine Vorteile von dem Brand gehabt.

Er leitete gleich danach Hilfsmaßnahmen ein und baute die Stadt mit eigenen Mitteln wieder auf, wobei er sehr viel seines Vermögens investieren musste.

Im Großen und Ganzen kann ich mir aus den vorliegenden Berichten kein genaues Urteil darüber bilden, was Nero nun wirklich mit dem Brand zu tun gehabt hat. Dazu gehen die Meinungen der Autoren, dessen Berichte ich untersucht habe, zu weit auseinander und es werden viele verschiedene Motive geliefert.

Ich denke, man wird niemals herausbekommen, was nun damals wirklich geschehen ist.

 

Primärliteratur

1.HELLER, Erich: P. Cornelius Tacitus, Annalen, Lateinisch-Deutsch. 3.Auflage, Düsseldorf/Zürich 1997.

2.MARTINET, Hans: C. Suetonius Tranquillus, Lateinisch-Deutsch. Düsseldorf/Zürich 1997.

3.VEH, Otto: Cassius Dio-Römische Geschichte. Zürich/München o.J.

 

Sekundärliteratur

1.BAUDY, Gerhard J.: Die Brände Roms. Hildesheim/Zürich 1991.

2.FINI, Massimo: Nero-Zweitausend Jahre Verleumdung. Bergisch-Gladbach 1997.

3.HEINZ, Kurt: Das Bild Kaiser Neros bei Seneca, Tacitus, Sueton und Cassius Dio. o.O. 1948.

4.HUF, Hans-Christian: Sphinx 3-Geheimnisse der Geschichte. o.O. o.J.

5.JAKOB-SONNABEND, Waltraud: Altertumswissenschaftliche Texte und Studien-Untersuchungen zum Nero-Bild der Spätantike. Hildesheim/Zürich 1990.

6.MALITZ, Jürgen: Nero. München 1999.

7.VANDENBERG; Philipp: Nero-Kaiser und Gott, Künstler und Narr. 1.Auflage Bergisch-Gladbach 2000.

 


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