Chinas perfider Drachen-Bär-Masterplan

Von Wolfram WEIMER (n-tv, 08. März 2022)

Bilder, Links und Anmerkungen: Nikolas Dikigoros

China stärkt Russland mitten im Aggressionskrieg den Rücken. Die Freundschaft stehe "felsenfest". Peking will Kapital aus dem Krieg schlagen und den Westen schwächen. Schließlich hat China ganz eigene Aggressions-Interessen. Für den Westen wird diese Allianz gefährlich - zumal auch Indien mit Moskau flirtet.

Von Kiew über Berlin bis Washington macht sich in den Außenministerien Entsetzen breit. (Anm. Dikigoros: Das war's denn aber auch schon; in allen anderen Außenministerien der Welt überwiegt die [Schaden-]Freude.) Die Hoffnung der Ukraine und der westlichen Demokratien schwindet, dass Russlands Aggressionskrieg weltweit geächtet wird. Wladimir Putin kann bei seinem Feldzug nicht nur auf die Unterstützung von Schurkenstaaten wie Nordkorea, Belarus oder Syrien setzen. [Alle drei Staaten haben bei der UN-Vollversammlung gegen die Verurteilung Russlands gestimmt.] Wichtiger und - in Anbetracht der grauenhaften Nachrichten (Anm. Dikigoros: zu 99% "fake news" aus der Propagandaküche der NATO) aus der Ukraine - schockierend ist: Jetzt stärken mit Indien und China auch zwei Weltgroßmächte (Anm. Dikigoros: Gibt es auch Weltkleinmächte? Wer hat bloß dieses Schwachsinnswort erfunden?), obendrein die beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Erde, Russland demonstrativ den Rücken.

Indien und China haben sich bei der UN-Abstimmung bereits enthalten, zusammen übrigens mit anderen Mittelmächten wie Südafrika, Algerien, Iran, Irak, Pakistan, Bangladesch und Vietnam. Sie haben damit signalisiert, dass sie Russland nicht kritisieren möchten. Der indische Premierminister Narendra Modi telefonierte am Montag mit Putin, um 700 im ukrainischen Sumy festsitzende indische Studenten herauszubringen. Kritik an Russlands Politik gab es auch danach nicht.

Modi hütet sich, den russischen Überfall auf die Ukraine zu verurteilen. Russland ist Indiens größter Waffenlieferant und stellt etwa die Hälfte der indischen Rüstungsimporte, darunter strategisch wichtige Waffen wie das Raketenabwehrsystem S-400. (Anm. Dikigoros: gegen das keine NATO-Rakete durchkommt; dagegen sind die veralteten Abwehrsysteme der NATO gegen die neuen russischen Hyperschall-Waffen machtlos.) Modi pries Putin darum vor kurzem noch als "lieben Freund".

Auch für China ist die Invasion eine "Militär-Operation"

Der chinesische Staatschef Xi Jinping ist noch einen Schritt weiter gegangen und nannte Putin sogar schon mal seinen "besten" und "engsten Freund". Auch angesichts der brutalen Invasion stellt China sich demonstrativ an die Seite Putins. Außenminister Wang Yi erklärt zum Wochenauftakt: Die Freundschaft zu Russland sei "felsenfest", das Verhältnis der beiden Länder sei einer der "wichtigsten bilateralen Beziehungen in der Welt". Wang Yi warnt: Es dürfe "kein Öl ins Feuer" gegossen werden.

Auf der Pressekonferenz aus Anlass der Jahrestagung des chinesischen Volkskongresses betonte Wang sogar: "Egal, wie tückisch der internationale Sturm ist, China und Russland werden ihre strategische Entschlossenheit aufrechterhalten und die umfassende kooperative Partnerschaft in der neuen Ära vorantreiben." Die Zusammenarbeit beider Länder trage "zu Frieden, Stabilität und Entwicklung in der Welt bei." In den staatlich kontrollierten Medien Chinas wird die Sprachregelung Putins von einer "Militär-Operation" übernommen. Das Wort "Invasion" ist nicht erlaubt.

Der Schulterschluss ausgerechnet im Moment des russischen Kriegsfurors wird unter westlichen Diplomaten mit großer Sorge registriert. In Asien beschreiben Analysten die neue globale Allianz zwischen China und Russland seit einigen Monaten bereits als "Dragon-Bear"-Bündnis. Die größte Zeitung Singapurs, "The Straits Times", schrieb schon im vergangenen Sommer, dass der "Drachen-Bär" eine machtpolitische Achse der Zukunft sein könnte. Erste gemeinsame Militärmanöver in der chinesischen Ningxia galten als Vorzeichen der neuen Freundschaft. Die beiden Länder betonen plötzlich regelmäßig ihre 4.000 km lange gemeinsame Grenze.

"Peking und Moskau stellen einen Bedrohungsmultiplikator dar"

Ein Grund für die neue Allianz liegt im wachsenden Handel zwischen beiden Ländern. Das jährliche Handelsvolumen hat inzwischen fast 150 Milliarden Dollar erreicht. China ist der größte Handelspartner Russlands. Nun will China die Sanktionspolitik des Westens gezielt nutzen, um diese Geschäfte deutlich zu vertiefen. Die chinesische Staatsführung verurteilt Sanktionen gegen Russland und bezeichnet sie als "illegal". Peking unterstütze weder die vom Westen gegen Russland verhängten Finanz-Sanktionen noch werde es sich an deren Verhängung beteiligen, betonte Guo Shuqing, Vorsitzender der chinesischen Banken- und Versicherungsaufsichtsbehörde. China wird Russland vielmehr den Weg zum globalen Finanz- und Warensystem offen halten, die westlichen Sanktionen unterlaufen und eigene Geschäfte dabei machen.

Der eigentliche Grund für die Drachen-Bär-Allianz ist allerdings ein ganz anderer. Es sind die Rivalität und die Spannungen mit den USA, die beide Despotien eint. China sieht den Ukraine-Krieg als eine Gelegenheit, die USA und das westliche Staatenbündnis zu schwächen. Die Direktorin des Austria Instituts für Europa- und Sicherheitspolitik (AIES), Velina Tchakarova, warnt schon seit Jahren vor den Gefahren einer Drachen-Bär-Allianz für den Westen: "Für die USA wäre eine Allianz zwischen China und Russland und somit ein Zwei-Fronten-Szenario außerordentlich bedrohlich", sagte sie dem Stern. "Viele Experten zu Russland und China betrachten sie immer noch als getrennte Bedrohungen, dennoch stellt die systemische (Anm. Dikigoros: gemeint ist wohl "systematische") Koordinierung zwischen Peking und Moskau zunehmend einen komplexen Bedrohungsmultiplikator (Anm. Dikigoros: Welch ein Wort - Dummdeutsch für Fortgeschrittene?!?) dar. Der russische Präsident Putin versucht, aus dem aktuellen geopolitischen Wettbewerb mit den USA Kapital zu schlagen."

Putin weiß, dass China ihm auch deswegen zur Seite springt, weil Peking selber über kurz oder lang eine Annexion in Taiwan (Anm. Dikigoros: gemeint ist wohl "Annexion Taiwans") plant. Außenminister Wang Yi sagt in dieser Woche, die Taiwan-Frage könne man nicht mit der Ukraine vergleichen - um das besonders bedrohlich zu begründen: Taiwan sei schon immer ein untrennbarer Teil Chinas gewesen und eine rein interne Angelegenheit. Wang Yi greift in eine ähnliche rhetorische Trickkiste wie Putin im Ukraine-Fall, wenn er behauptet, "einige Kräfte in den USA" unterstützten die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan. Es werde Taiwan in eine "gefährliche Situation stürzen" und der amerikanischen Seite "untragbare Konsequenzen" bescheren. Das klingt bereits nach Vorkriegs-Rhetorik. 30 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges ist ein neuer Kalter (Anm. Dikigoros: gemeint ist wohl Heißer) Krieg nun da. Russland und China formieren sich als Drachen-Bär ganz offen gegen die Vollpfosten-Affen USA und Europa.

[Die Führer der USA und Europas]


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