Joe Biden hat den Krieg schon verloren

Drei - unangenehme - Wahrheiten

von Wolfram Weimer (n-tv, 22. März 2022)

leicht gekürzt* von Nikolas Dikigoros

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Drittens wirkt Biden im geostrategischen Konflikt der Weltmächte geschwächt. Es ist den USA im Ukraine-Konflikt bislang nicht gelungen, China und Indien auf die Seite des Westens zu ziehen. Die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt sind Schlüsselmächte für die künftige Weltordnung - und beide stärken (zum Entsetzen der Europäer) Russland derzeit den Rücken. Beide haben nicht einmal der förmlichen Verurteilung des Angriffskriegs bei der UN-Vollversammlung zugestimmt. Indien will seinen wichtigsten Rüstungslieferanten nicht verärgern und schielt auf billige Ölimporte. China wiederum sieht den Ukraine-Krieg als eine Gelegenheit, die USA und das westliche Staatenbündnis zu schwächen und seine eigenen Interessen - gerade mit Blick auf Taiwan - zu verfolgen. Zwischen Peking und Moskau formiert sich unverhohlen eine "Drachen-Bär-Allianz" gegen den Westen. Sollten sich China und Russland durch den Ukraine-Krieg noch tiefer verbünden, entsteht ein Bedrohungsmultiplikator, nicht nur militärisch und wirtschaftlich. Auch im gesellschaftlichen Systemwettbewerb wirken die liberalen Demokratien plötzlich in der machtpolitischen Defensive. 30 Jahre nach Ende des Kalten Krieges droht eine neue Teilung der Welt. Russland und China formieren sich als Achse der Despotien ganz offen gegen die USA und Europa. Das globale Kräftegleichgewicht droht zum Nachteil des Westens zu kippen.

Bidens Handlungsoptionen dagegen sind beschränkt. Er wird mit seiner Europareise die NATO demonstrativ stärken, den Osteuropäern Solidarität versichern und die Europäer gewiss zu mehr Verteidigungsanstrengungen bewegen können. Und doch wirkt er 2022 wie ein Verlierer auf der Weltbühne. Im Ukraine-Krieg wird die militärische Niederlage Kiews - trotz der tapferen Ukrainer und trotz der militärischen Unterstützung aus Washington - kaum abzuwenden sein. Am Ende des Krieges steht im besten Fall eine dezimierte, schwer geschwächte und neutralisierte Ukraine - und die USA werden das vor den Augen der Weltöffentlichkeit nicht verhindert haben können.

Bidens Sanktionspolitik droht zudem ins Leere zu laufen, weil China und Indien sie hintergehen. Schlimmer noch. Die Sanktionen, die die USA und ihre Verbündeten verhängt haben, werden wahrscheinlich zu größeren Problemen mit Inflation und Lieferketten im Westen selbst führen. Dies belastet Bidens Präsidentschaft bereits jetzt. Die Europareise des US-Präsidenten wirkt wie ein taumelnder Truppenbesuch bei verängstigten Partnern in Anbetracht eines Krieges, den man verlieren wird.


*Na ja, eher stark gekürzt, nämlich um die beiden ersten "Wahrheiten", die Dikigoros für ebenso banal wie unerheblich hält. Sie wurden wohl nur geschrieben, damit dieser Artikel durch die Zensur rutschen konnte - der Zensor war sicher zu faul, um bis zum Ende weiter zu lesen.


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