„Der 19. Juni des Jahres 64 war ein heißer Tag. Tausende erreichen die nördlichen und östlichen Tore, drängen hysterisch durch die Engpasse, Fallende werden zertrampelt. Die anderen rennen weiter, kommen aufs freie Feld, werfen sich erschöpft zu Boden, außer Atem, ratlos, was sie tun oder lassen sollen. Sie sind dem Hades entronnen. Doch plötzlich wird ihnen bewusst, was geschehen, dass sie alles verloren, wofür sie hart gearbeitet oder was sie vom Vater ererbten. Es wird behauptet, etliche gingen nach dem Verlust ihrer ganzen Habe, andere aus Liebe zu ihren Angehörigen, die sie nicht hatten retten können, freiwillig in den Tod, sei es, dass sie Hand an sich legten oder zurückkehrten und sich in die Flammen warfen.
Und anderes, gefährlich Zweideutiges steht in den Quellen, dass niemand wagte, dem Feuer zu wehren! Es seien welche gewesen, die mit drohenden Worten das Löschen hätten verhindert; und andere, die, im Einvernehmen mit diesen, brennende Fackeln geschleudert und behauptet hätten, im Auftrag zu handeln. Ja, es heißt: Sie wollten so größere Freiheit zum Plündern gewinnen. Oder: Sie handelten wirklich auf Befehl.
Und obwohl doch alle mit Rennen, Retten und Löschen beschäftigt, fanden manche im Zorn über das rasende Element doch die Zeit, den Ursachen nachzuspüren, zumal sich verdächtige Reden von Fackeln, ja vom Schüren des Brandes häuften.
Besonders jene, die alles verloren, fanden als erste zu nüchternem Wägen zurück, denn sie hatten ja nichts mehr zu bergen. Sie blickten auf das Chaos und zogen ihre eigenen Schlüsse aus dem, was sie sahen und hörten: dass nicht nur Fackeln geworfen und zwielichtiges Gesindel zielstrebig das Löschen verhindert, dass vielmehr das Feuer am Aemilischen Grundstück des Tigellinus beim Marsfeld, weitab vom Ursprung, aufs neue entflammte. Dies alles rief unter den dortigen Bewohnern Empörung hervor. Nero, so hieß es, suche den Ruhm, die ganze Stadt neu zu gründen und nach seinem Namen zu nennen. Und damit dies gelänge, habe er sie erst von Grund auf vernichten müssen.
Was nutzte es, wenn die Zweifler das Gerücht als böswillige Verleumdung des Kaisers abtaten, wussten doch plötzlich Freunde und Freundesfreunde zu berichten, Nero habe, genau zum Zeitpunkt des Brandes, seine Hausbühne zu Antium betreten und in tragischen Versen den Untergang Trojas besungen, wobei er die gegenwärtige Not dem alten Unglück habe verglichen.
Dies und andere Gerüchte kursierten in der ganzen Stadt, und viel von der Fama blieb haften. Endlich raffte sich der Kaiser auf und erreichte die brennende Stadt. ... Sechs Tage hatte das Feuer gewütet. Mancherorts hielt es sich länger, bot darum neuen Gerüchten Nahrung. Wie lange der Feuersturm über Rom hinzog, wurde nicht überliefert. Möglicherweise zehn Tage, bis die letzte Glut allerorten gelöscht war. ... Von den vierzehn Regionen, in die Augustus die Urbs einteilte, blieben nur vier unversehrt. Drei waren dem Erdboden gleichgemacht, in den übrigen sieben standen nur rauchgeschwärzte Ruinen zerfetzter, halbverbrannter Häuser.“ (Stöver H. D., Christenverfolgung im Römischen Reich, Düsseldorf 1982, p. 15, 19-21).
Nero, der römische Kaiser, stellt sich als großer Künstler vor, der auf einer Harfe (?) spielt. Er ist auch der Pontifex Maximus des Römischen Reiches war. Das heißt, der Hohepriester und das Haupt der römischen Staatsreligion. Jetzt trägt der Papst in Rom diesen heidnischen Titel. Er stammt direkt aus der heidnischen Religion des alten Rom. Als einer der letzten römischen Kaiser diesen heidnischen Titel ablehnte, übernahm ihn der Bischof der römisch-katholischen Kirche in Rom.
Nero sucht einen Schuldigen für den Brand
Poppaea Sabina, gerade Anfang Dreißig, war eine ebenso schöne wie berechnende Frau. Sie war rotblond. Bald nach der Heirat mit Nero gebar sie Anfang 63 eine Tochter, die aber bald nach vier Wochen starb. Besonders zugetan war sie dem jüdischen Establischment. Wiederholt setzte sie sich für dessen Belange beim Kaiser ein... So setzte sie es auch Ende dieses Jahres 63 bei Nero durch, ihren eigenen Kandidaten als Statthalter nach Palästina zu schicken, den Gessius Florus, über dessen Gattin Kleopatra es heißt, dass sie als Freundin eine an Gottlosigkeit ebenbürtige Genossin von Neros Gemahlin Poppaea gewesen sei und ihm über die Kaiserin das Amt verschafft habe.
„Etwa zur gleichen Zeit errichtete König Agrippa, Herrscher von Roms Gnaden, ein weitläufiges Gebäude auf dem Gelände der Königsburg Antonia zu Jerusalem. Diese Anlage lag in bedeutender Höhe und bot daher einen herrlichen Ausblick auf die Stadt. Der König hatte seine Freude daran, zumal er, wenn er auf einem Polster lag, alle Ereignisse im Tempel übersehen konnte.
„Als dies die Vornehmen von Jerusalem gewahrten, wurden sie sehr unruhig, weil es durchaus ungebräuchlich und ungesetzlich war, die Vorgänge im Tempel, besonders während der heiligen Handlungen, zu beobachten. Deshalb ließen sie oberhalb der Halle, welche im Inneren des Heiligtums gegen Westen lag, eine hohe Mauer errichten, die dem König von seinem Ruheplatz aus den Ausblick versperrte.
„Nicht nur Agrippa, sondern in noch höherem Grade empörte sich der noch amtierende Landpfleger Festus darüber und gab Befehl, die Mauer niederzureißen. Die Juden jedoch baten um Erlaubnis, in dieser Angelegenheit Abgeordnete an Nero schicken zu dürfen: Sie wollten lieber sterben als einen Teil ihres Tempels zerstört zu sehen.
„Festus stimmte zu, und darauf wählten sie zehn vornehme Bürger aus ihrer Mitte, darüber auch den Chronisten Josephus sowie den Hohepriester Ismael und den Tempelschatzmeister Helkias, und ordneten die Gesandtschaft an den Caesar ab.
„Bevor aber diese Männer bei Nero vorsprachen, hat offensichtlich Poppaea sie empfangen, gehört und ihnen zugesagt, in ihrem Sinne beim Kaiser vorstellig zu werden; denn Nero erteilte ihnen Audienz, verzieh ihnen nicht nur das Geschehene, sondern gestattete auch, dass das Bauwerk, die Mauer, stehen blieb. "Und zwar", hängt Josephus an, "tat er das seiner Gemahlin Poppaea zu Gefallen, die sich für die Juden ins Mittel legte." (Flavius Josephus, Jüd. Altertümer 20, 8, 11). Im übrigen regelte sie (Neros Frau) gleichzeitig die inneren Angelegenheiten und ließ die Spitzen der Jerusalemer Priesterschaft neu besetzen.“ (H. D. Stöver, 1982, 30, 31)
„Poppaea hat aus dem Kreis der Höflinge etwas von Neros Absichten erfahren, die Juden versuchsweise in den Kreis derer zu ziehen, gegen die man vielleicht vorgehen könne. Dies konnte sie auf keinen Fall hinnehmen, zumal sie unmittelbar zuvor vor den Jerusalemer Abgesandten ihr Wohlwollen bekundet hatte.
„Nehmen wir ferner an, dass Nero als später Domitian, an differenzierten theologischen Betrachtungen überhaupt kein Interesse zeigte, so wird es – neben anderen Unbekannten – vor allem Poppaea gewesen sein, die seinen Blick auf eine Gruppe richtete, die man bisher mit den Juden in einen Topf geworfen hatte: die Christen der römischen Gemeinde.
„Poppaea, die mehrfach bezeugte Kontakte zu geistig hochstehenden Juden wie auch zu den residierenden römischen Statthaltern und deren Frauen hatte, dürfte sehr wohl in der Lage gewesen sein, Juden und Christen aufgrund ihres Kultes und Glaubens voneinander zu unterscheiden. Zugleich wird sie die jüdische Version übernommen haben, es handle sich bei diesen Leuten um eine häretische, verblendete Gruppe, die sich vom Judentum abgespalten hat, sozusagen um eine Sekte, die mit allen Mitteln zu bekämpfen sei.
„Obwohl Nero sich kaum dafür interessiert haben dürfte, wird sie ihm, ihrer jüdischen Freunde wegen, in Hauptzügen skizziert haben: Der Stifter dieser Sekte, ein gewisser Chrestus, sei unter der Regierung des Tiberius durch den Prokurator Pilatus in Jerusalem zum Tode am Kreuz verurteilt und durch römische Vollzugsorgane hingerichtet worden. Der Grund: Er habe sich des Majestätsverbrechens schuldig gemacht, denn er habe nach der Königswürde gestrebt, habe außerdem einen großen Gefolgskreis um sich versammelt, um an einem bestimmten Tage loszuschlagen. Dem sei aber die jüdische Exekutive durch kluge Maßnahmen zuvorgekommen, indem sie ihn verhaftete und an Pilatus auslieferte. Freilich hielten ihn seine Anhänger nach seinem Tode für einen Gott, dieser wahnwitzige Irrglaube habe in der Folge Tausende angezogen. Er verbreite sich nicht nur in Iudaea, wo er entstanden sei, sondern nun auch in Rom. Es sei also eine gute Tat, die Anhänger eines hingerichteten Verbrechers, dem alles zuzutrauen sei, zur Verantwortung zu ziehen und ein Exempel zu statuieren.
„So etwa dürfte Poppaeas Argumentation gelautet haben. Und sie war Wasser auf Neros Mühlen. Endlich hatte er das Objekt, das er so lange vergebens suchte. Also schickte er erneut seine Spitzel los, nun mit dem konkreten Auftrag, die Zahl der Sektierer festzustellen und viel, wenn möglich Verwerfliches, über sie, ihre Lehre, ihr Denken und Tun zusammenzutragen.
„Die Ereignisse dieser Aktion gefielen dem Kaiser zunehmend gut, zumal nun auch die Meinung des Volkes seinen Absichten entgegenkam. Das Unwesen dieser Sekte – so der Begriff – wuchert von Tag zu Tag, nicht nur in Rom, sondern über den ganzen Erdkreis hin. Es mehren sich die abscheulichsten Kultstätten dieser gotteslästerlichen Menschen. Verfemen und ausrotten sollte man diese Bande! An geheimen Zeichen und Merkmalen erkennen sie einander und lieben sich schon, fast ehe sie sich noch kennen. Unterschiedslos vollziehen sie miteinander eine Art Ritual der Lüste. Sie nennen einander Brüder und Schwestern, so dass dies die bei ihnen übliche Unzucht durch den Gebrauch eines so heiligen Wortes sogar zum Inzest wird! Man berichtet, dass sie die Genitalien ihres Oberpriesters anbeten, also symbolisch die Zeugungskraft ihres Schöpfers verehren. Das könne zwar ein falscher Verdacht sein, immerhin aber passe es gut zu ihren nächtlichen Geheimriten.
„Und dann noch die Berichte über ihre Initationsriten! Verabscheuungswürdig ist es, doch nur zu bekannt: Um die, welche um Aufnahme in den Kult bitten, zu täuschen, bedeckt man ein Kind mit Teig und legt es dem vor, der in ihre Mysterien eingeweiht wird. Der Neophyt lässt sich durch die Teighülle täuschen, zu Stichen verleiten, bei denen er nichts Arges vermutet, und tötet so das Kind mit Wunden, die dem Auge verborgen bleiben. Das Blut des Kindes – welch furchtbarer Frevel – lecken sie gierig auf und reißen sich noch um die zerstückelten Glieder!
„An Festtagen kommen sie zum Gelage zusammen, mit all ihren Kindern, Schwestern und Müttern, Menschen beiderlei Geschlechts und jeglichen Alters. Dann, nach vielen Gängen, wenn die Gesellschaft erhitzt ist und in der Trunkenheit die Glut intimer Begierde erwacht, wird ein Hund, der an den Leuchter gebunden ist, durch hingeworfene Bissen, die außerhalb des Bereiches fallen, in dem ihn die Leine festhält, zu heftigen Sprüngen angereizt. Ist so das Licht, das alles an den Tag bringen könnte, umgestoßen und ausgelöscht, dann stürzen sie sich, schamlos im Schutz der Dunkelheit, in unerhörter Gier in die Umschlingungen, wie der Zufall es bringt." (Minucius Felix, Octavius 9, 1 ff)
„Nero ist sehr zufrieden; doch ein strafrechtliches Vorgehen müsste, wenn möglich, juristisch gestützt werden. Gemäß seiner Anordnung untersuchen Fachleute die Akten des Staatsarchivs, ob nicht irgendwann schon ähnliches vorgefallen. Trotz gründlicher Arbeit bleiben sie leider im allgemeinen stecken. ...
„Nero schickt seine Häscher los, und sie greifen jene, die als Christen bekannt sind, dann solche, die in Verdacht stehen und die sich spontan zu ihrem Glauben bekennen. Da sie nichtwissen, was ihnen bevorsteht, folgen sie arglos. „Verhör! Name, Beruf, Wohnung usw. ... Seid ihr Christen? – Ja, sie bekennen nochmals. Doch dann: nennt andere! – Spätestens hier muss es einigen aufgegangen sein, dass man Arges gegen sie im Schilde führt. Sie schweigen.
Doch die Knechte: Wollt ihr nicht reden? Nun, wir können’s auch anders! Es folgt, was in Rom und anderswo seit jeher legitimer Brauch ist, um Verdächtigen die Zunge zu lockern: Prügel, Tritte, Brüllen, erneutes Schlagen. – Die Namen! – Sie schweigen. – Prügel! – Pause: Die Namen! – Sie schweigen ... Nun werden die Qualen nach lange geübter Methode allmählich gesteigert, man quetscht die Daumen, hängt die schon gemarterten mit auf den Rücken gebundenen Händen auf, streckt sie, taucht sie in eisiges Wasser. Erneute Schläge. Diese Spezialisten kennen ihr Metier, sie wissen, wann sie aufzuhören haben, denn Tote können nicht reden. Die Namen!
„Die Geschundenen brechen zusammen, sie erzählen alles, wimmernd, flehend und stotternd, alles und mehr, als man hören will. Nennen Glaubensbrüder und solche, die man ihnen in den Mund legt. Schreiber sitzen dabei, füllen sachlich und unbeteiligt ihre Tabellen mit Namen. – Genug! Das Soll ist für heute erfüllt. Man stößt die Halbtoten hinaus, wirft sie in finstere Löcher und, als diese voll sind, in andere, zweckentfremdete Gewölbe. Die noch ihre Sinne beisammen haben, retten sich in Gebete und psalmodieren gemeinsam heilige Gesänge.
„Anhand der Listen werden andere ausfindig gemacht und an Sammelplätzen zusammengetrieben: Verhör! Die Schinder können ihren ganz privaten Hass an diesen und jenen abregieren. Als sie vom Schlagen erschöpft sind, folgt Ablösung. So geht es über Tage. Die Stadt nimmt im übrigen kaum Notiz vom Geschehen. Man sieht nur öfter Gruppen von Leuten, die irgendwo herkommen und irgendwo verschwinden. Auffallend ist höchstens, wie still und in sich gekehrt sie sind.
„Ob nun ein Sondergerichtshof vom Kaiser eingesetzt wurde, ist aus den Quellen nicht zu erkennen, doch darf es angenommen werden. Immerhin wird es sich beim größten Teil der Festgenommenen um römische Bürger gehandelt haben. Doch selbst wenn ein solches Gericht zusammengetreten wäre, kann es nicht mit (ge)rechten Dingen zugegangen sein: die Schuld stand von vorneherein fest. Da Nero Schuldige brauchte. Der kaiserlichen Willkür war gerade in diesen letzten Jahren seiner Regentschaft keine Grenzen gesetzt. Das Volk der Obdachlosen hat er zudem auf seiner Seite.
„Aus der ‚riesigen Menge’ der Festgenommenen, die Tacitus nennt, lässt sich dreierlei schließen (Taticus, Annalen 15, 44):
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