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At last:
Daniel Roy’s first Simon Flunkert book is available!!!

Endlich:
Daniel Roys erstes Simon-Flunkert-Buch kann gekauft (und GELESEN!!!) werden!!!

Daniel Roy, Hi, Mitkids!
Simon Flunkerts Abenteuer in der Brägenwurstzone,
Norderstedt: BOD, 2005,
240 Seiten, ISBN: 3-8334-2907-0.

Mehr Informationen gibt es hier!


Claudia auf der falschen Seite der Straße

Claudia on the Wrong Side of the Road


Claudia Flunkert begleitet ihre Eltern auf eine Gartenparty und langweilt sich tierisch. Das einzige Interessante sind die umfallenden Betrunkenen. Allerdings kommt auch Onkel Ole zur Party. Der ist völlig nüchtern, und er erzählt Claudia davon, wie er im Sommer wieder mit dem Auto nach England fahren muss. Allerdings habe er Probleme mit dem Linksverkehr und hat sich daher etwas ausgedacht ...

Claudia Flunkert goes to a garden party with her parents and is terribly bored. The only interesting thing about the event are the drunk adults collapsing. However, Uncle Ole turns up at the party, too. Uncle Ole is perfectly sober, and he tells Claudia about his planned business trip to the United Kingdom. As a matter of fact, Uncle Ole intends to go there by car but he has probs with driving on the left when using his standard car. He has had a glorious idea though and got a second steering wheel attached to his car. And a second accelerator, and a second brake ... All on the actual passenger's side. Great idea! But I wonder whether it was wise to practise driving on the left side of the road on GERMAN roads.


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland


Hallo, Rübennasen!

Heute bin wieder mal ICH mit Erzählen an der Reihe: Eure Claudia Flunkert. Mein "großer" Bruder Simon hat dieses komische Abenteuer auch gar nicht miterlebt. Er hat sich nämlich gedrückt.

Wie jedes Jahr im Mai hatte hier in Sehnde das Ehepaar Göbelmeier-Reierhausen seine Bekannten zur Gartenparty eingeladen. Mein Vater war mit Herrn Göbelmeier-Reierhausen in derselben Klasse, und deshalb werden auch meine Eltern jedes Jahr eingeladen. Diesmal hatten die Göbelmeier-Reierhausens ihren Gästen ausdrücklich gesagt: "Ooooch, bringt doch auch alle eure Kinderchen mit", und ich dachte mir, wenn da auch noch andere Teenies hingehen, warum nicht auch ich?

Mein Bruder Simon wollte allerdings nicht mit: "Warum eigentlich nicht?", fragte ich ihn, während ich mir meine schwarzen Sommerstiefel aus nachgemachtem Kunstlederimitat anzog und meine Eltern bereits im Auto auf mich warteten und nervös hupten. Simon nahm kurz seinen Walkman ab (wahrscheinlich hörte er wieder mal Bonn Tschowi) und lachte hämisch: "Nicht mal für Geld, Schwesterchen! Ich war da doch im vorletzten Jahr schon mit. Außer mir war da keiner unter dreißig, und alle ÜBER dreißig waren schon nach einer halben Stunde so monstermäßig besoffen, dass ich mir vorkam wie bei der Addams Family. Aber ich wünsche dir natürlich viel Vergnügen, kleines Schwesterherz. Nimm dich nur vor umherfliegenden Kotzbrocken in Acht!" - "Dann bleibste eben hier und versauerst, altes Brudergesicht!", verabschiedete ich mich von ihm und stiefelte los.

Obwohl die Göbelmeier-Reierhausens nur zwei Straßen weiter wohnten, fuhren wir mit dem Auto dorthin, damit die anderen Gäste nicht auf die Idee kamen, wir hätten keines. "Ich hoffe, du benimmst dich auch anständig, Claudia", sagte Mama zu mir während der Fahrt - aber Papa lachte: "Als ob das heute einen Unterschied machen würde ..." Hää?

Wir waren wohl wirklich spät dran, denn als wir ankamen, standen schon ziemlich viele andere Autos vor dem Haus der Göbelmeier-Reierhausens. Dennoch ließ es sich Frau Göbelmeier-Reierhausen nicht nehmen, gleich selbst und auch persönlich meine Eltern zu begrüßen: "Oooooch, schön dass ihr auch gekommen seid. Und die kleine Claudia ist ja auch mit dabei ..." Die KLEINE Claudia! Ich bin dreizehn Jahre alt und längst größer als diese olle Kräuterhexe.

Während Frau Göbelmeier-Reierhausen mit meiner Mutter noch am Auto ein Fachgespräch über Antifaltenkrem provozierte, gingen Papa und ich bereits vor. Kurz vor dem Hauseingang stand eine Frau und rauchte und trank ein Glas Wein. "Iiiiih", sagte Papa heimlich zu mir. "Das ist Simone Baronin von Zauselhausen. Die war auch in meiner Klasse. Dumm wie eine Kartoffel, aber hält sich trotzdem für etwas Besseres - wegen ihres Adelstitels." Wir wollten uns an ihr vorbei ins Haus schleichen, aber sie hatte uns natürlich bemerkt. "Hallo, Sebastian - wie geht's denn so?" Papa wollte natürlich höflich bleiben und antwortete ihr: "Danke, sehr gut, Simone. Und selbst?" Auf diese Gegenfrage schien Frau Baronin von Zauselhausen nur gewartet haben: "Ach, exzellent! Ich bin jetzt Team Member im Facility Cleaning Department eines großen Automobilkonzerns, und neuerdings residiere in einem Loft Apartment." Während Papa der Mund offenstand, übersetzte ich das, was die Baronin gerade gesagt hatte, für mich ins Deutsche und fragte dann bei ihr nach: "Ach so - Sie meinen, Sie arbeiten jetzt als Putzfrau bei VW und wohnen in einer Dachkammer?" - "Ääääöh ... ja", antwortete die Zauselhausen, und jetzt war es ihr Mund, der offenstand.

Papa lachte etwas verlegen, und wir zwei betraten das Haus. Dort war schon einiges los. Der Herr Göbelmeier-Reierhausen stand hinter einer Art Theke und verteilte Freibier, Freiwein, Freischnaps, und die Leute standen bereits Schlange. Papa stellte sich gleich dazu. Einige von den Leuten schienen schon ein paar mal zuvor angestanden zu haben, denn sie taumelten bereits etwas, und einer sang sogar: "Einer geht noch, einer geht noch rein ..." Also, Menschen in meinem Alter sah ich überhaupt noch nicht. Möglicherweise hatte mein Bruder Recht gehabt.

Ich schnappte mir klammheimlich eine ganze Flasche O-Saft und ein Glas und ging damit in den Garten. Ich suchte mir ein gemütliches einsames Plätzchen auf der Gartenmauer. Erstens war schönes Wetter, und zweitens konnte ich von hier sehr gut die Erwachsenen beobachten. Die saßen nämlich an langen Tischen auf Holzbänken und unterhielten sich - oder taten das, was sie für Sitzen und Unterhalten hielten.

Habt ihr schon mal die Leute beobachtet, wenn sie sich einen hinter die Binde gießen? Das ist wirklich interessant. Am Anfang merkt man ihnen ja meistens noch gar nichts an. Dann nach dem einen oder anderen Glas bekommen sie eine komische Gesichtsfarbe und einen noch komischeren Gesichtsausdruck. Interessant ist auch, wie sie sprechen: Ihre Muttersprache wird für sie dann nämlich zu einer Fremdsprache.
Am spaßigsten ist aber, WAS sie dann sagen. Ihr kennt doch bestimmt den Spruch: "Im Wein liegt die Wahrheit." Irgendwie stimmt das sogar. Wenn die Leute nämlich einen im Tee haben, erzählen sie plötzlich den größten Scheiß, den sie eigentlich immer schon erzählen wollten, wozu sie bisher aber noch nie den Mut hatten.

So auch an diesem Abend. Der Herr Kobold, ein Kollege von meinem Vater, zum Beispiel - der hat nämlich bei seinem Besäufnis ausgerechnet neben seinem Chef gesessen, und den hat er direkt in den Arm genommen und ihn angelallt: "D-duuu biss ein wwwahrer Fffreuheund ... jaaaa, wwwwirklich ... d-d-du biss meeeein alllaalalabesser Ffffreuheuheheu ... Ffffreuheuheuheund." Zu diesem Zeitpunkt hatte auch mein Vater schon einen im Tee. Ich hörte, wie er sich wunderte: "Nnnnanu, wasdasdenn? Tequila? Nnna ja, wenisstens issen Wurm drin."

Plötzlich sprach mich jemand an. Es war die Frau Regenwald, und sie wollte von mir wissen: "Sachmaa, Mämämädchen, wweißt du, wo der T-t-teller mit den Kamuffelfips geblibben iss?" - "Hääää? Was für'n Teller?" fragte ich verwundert. "Bsss .... nneee ... das heiss anners ... ich meinte ... d-der Teller mit den Pantoffelschlips ..." Ich überlegte kurz: "Ach sooo. Sie meinen bestimmt Kartoffelchips." - "Bssss .... jenau ..Watussifix." Ich wollte ihr noch sagen, dass ich keine Ahnung hatte, wo der blöde Teller mit dem bescheuerten Kartoffelchips geblieben war, da fiel sie auch schon um. Mist! "Muss ich die jetzt etwa wiederbeleben?" überlegte ich. "Etwa mit Mund-zu-Mund-Beatmung? Iiiih - bei der Schnapsfahne! Vielleicht reicht es ja, wenn ich ihr vorsichtig in die Rippen trete ..." Ich wollte das tatsächlich gerade ausprobieren, aber jemand hielt mich davon ab: "Lass nur, Claudia. Die Moni fällt immer um, wenn sie genug gehabt hat. Im Gegensatz zu den anderen, die nicht wissen, wann sie mit dem Saufen aufhören sollen. Ha ha." Nanu - die Stimme klang erstens völlig nüchtern, und zweitens kam sie mir so bekannt vor. Ich schaute hoch - aaaah! Es war Onkel Ole.

Vielleicht kennt ihr Onkel Ole. Früher hatte er ja immer nur Gelegenheitsjobs, von denen er mehr recht als schlecht lebte. Dann wurde sein Talent für den Golfsport entdeckt, als er gerade bei einem Golfverein als männliche Klofrau arbeitete, und seitdem verdient er gutes Geld als Berufsgolfer. Er nimmt sogar an großen internationalen Turnieren teil. "Onkel Ole - du auch hier?" fragte ich ihn. Eine blöde Frage, ich weiß. Er hätte wohl kaum ernsthaft mit "Nein" antworten können. Er lachte aber und sagte: "Ja, witzig, 'ne? Bevor ich Golfprofi wurde, hat mich nie jemand eingeladen. Und jetzt bekomme ich ständig Einladungen von Leuten, die mir sagen, wir seien alte Freunde - ohne dass ich das vorher jemals gemerkt hätte."

Onkel Ole setzte sich zu mir auf die Mauer. Er hatte ein Glas dabei und eine Flasche mit klarer Flüssigkeit. "Was trinkst du denn da?" fragte ich ihn besorgt. Er grinste und sagte: "Einen sogenannten Klaren." Er drehte die Flasche so, dass ich das Etikett lesen konnte: "Bad Zischmonter - Tafelwasser". Ach soooo. Es war gar kein Schnaps, sondern Mineralwasser. Onkel Ole wusste, warum ich fragte, und erzählte mir: "Seit fast vier Jahren habe ich keinen Alkohol mehr getrunken. Und das, obwohl ich früher wirklich schlimm gezecht habe. Ha ha - es war so schlimm, dass ich in der Kneipe ZUM NACHTTOPF regelmäßig unter den Tisch gefallen bin. Dort habe ich dann immer meine Briefe gefunden, weil der Postbote schon wusste, wo ich meine Freizeit verbringe."

Wir machten uns den Spaß und guckten uns zusammen die Besoffenen an und Onkel Ole lästerte: "Hast du das gesehen? Oh ja, der alte Herr Blauhuber - keiner kotzt so zielsicher wie er. Ha ha!" Und dann war da auch noch der Herr Weingeist, der in diesem Moment einfach so mal eben in den Ententeich pinkelte.

"Und DU trinkst sowas wirklich nicht mehr?" fragte ich Onkel Ole misstrauisch, und er sagte ernsthaft: "Nein. Heute weiß ich nämlich, dass ich auch ohne Alkohol verrückte Dinge machen kann - ohne dass ich in Ententeiche lullen muss. Hast du heute Abend schon mein Auto gesehen?" - "Nein. Wieso? Hast du ein Neues?" fragte ich zurück. Er meinte: "Nein, es ist immer noch der Van. Aber ich habe mir eine Besonderheit einbauen lassen."

Wir standen auf und stiegen über einige Partygäste hinweg, die betrunken auf der Wiese lagen. (Meine Schuldirektorin, die Frau Hopfgarten-Schröder, war übrigens auch dabei.) Auf dem Weg zum Parkplatz erklärte mir Onkel Ole: "Weißt du, als Golfprofi bin ich ja ziemlich viel unterwegs. Zu den Turnieren in Europa fahre ich immer mit meinem Auto, und ganz wichtige Turniere finden im Sommer in England, Schottland und Irland statt. In diesen Ländern ist aber Linksverkehr, und wenn ich dort mit meinem Auto fahre und links auf dem Fahrersitz sitze, habe ich manchmal eine ziemlich schlechte Sicht. Wenn ich auf der Landstraße einen Laster überholen will, muss ich ja rechts an ihm vorbei. Das ist echt ein Problem, weil ich vorher den Gegenverkehr nicht einsehen kann. Und beim Rechtsabbiegen an Kreuzungen ist das auch nicht immer ohne Risiko."

Aha. Das mochte ja alles sein, aber ich wusste nicht so richtig, worauf Onkel Ole hinaus wollte. "Da steht er, mein Wagen", sagte er stolz. "Na ja - sieht eigentlich aus wie immer", sagte ich etwas verwundert. "Das schtümmt - auf den ersten Blick und von außen", meinte Onkel Ole und grinste. Er schloss die rechte Vordertür auf und sagte zu mir: "Nu guck!" Ich guckte ins Wageninnere - und ich war in der Tat unglaublich verblüfft: "Möööönsch ... dein Wagen hat ja jetzt das Lenkrad rechts! Aber - Moment mal! Links hat der ja auch noch ein Lenkrad! Dein Auto hat 2 (in Worten: zwei) Lenkräder!" Onkel Ole war stolz, und er deutete auf die Pedale: "Und nicht nur das. Guck mal da unten!" Wie interessant! "Das hat ja auch auf beiden Seiten Pedale."

Onkel Ole gluckste vor Freude und erklärte: "Außerdem hat es auch so ziemlich alle Schalter doppelt. Weißt du, wenn ich jetzt mit dem Auto in England von der Fähre fahre, setze ich mich einfach auf die rechte Seite und fahre den Wagen mit Rechtslenkung. Das macht das Fahren in England wirklich einfacher. Und wenn ich wieder zurück auf dem europäischen Festland bin, wo man ja bekanntlich auf der rechten Straßenseite fährt, setze ich mich wieder ganz normal nach links. Genial, was? Die Werkstatt Busch in Ilten hat mir das eingebaut. Einfach genial, dieser Herr Briegel! Der ist dort der Chefmechaniker."

"Funktioniert das denn überhaupt?" fragte ich neugierig, um Onkel Ole herauszufordern. "Und ob!" jubelte er. "Probefahrt gefällig?" Aber natürlich hatte ich Lust auf 'ne Probefahrt: "Na klar!" Onkel Ole wies mich an: "Setz du dich auf die linke Seite, ich setze mich auf die rechte." Ich lief schnell auf die linke Seite und setzte mich dorthin, wo normalerweise der Fahrer sitzt. Onkel Ole nahm rechts von mir Platz. Er lachte: "Ha ha ha - dass du auf der eigentlichen Fahrerseite sitzt, bedeutet natürlich NICHT, dass du heute fahren darfst - ha ha ha", und steckte auf seiner Seite den Zundschlüssel ins Zündschloss - das war nun nämlich auch doppelt. "Hat das eigentlich der TÜV schon abgenommen?", fragte ich. "Welcher Tüff?", fragte Onkel Ole arglos zurück und fuhr los.

"Ein bisschen ungewohnt ist es ja schon. Aber es funktioniert", sagte er, nachdem er ein paar Meter gefahren war. Wir fuhren über die Landstraße aus Sehnde heraus in Richtung Pattensen. "Coooool - wie in England!" staunte ich, und ich genoss die Fahrt. "Noch nicht ganz so wie in England. Noch fahren wir ja auf der rechten Straßenseite", belehrte mich Onkel Ole und zog mit dem Wagen plötzlich rüber auf die linke Straßenseite, wo er die Fahrt fortsetzte. "Jetzt ist es wirklich wie in England", sagte er und strahlte wie ein frisch geputzter Mülleimer.

Ich allerdings bekam jetzt etwas Schiss: "Du, Onkel Ole - ist das nicht ein bisschen gefährlich? Schließlich sind wir hier nicht wirklich in England." Onkel Ole wollte mich beruhigen: "Jaaaa ... normalerweise schon, wegen des Gegenverkehrs. Aber heute Abend ist hier so wenig Verkehr, da kann so gut wie nichts passieren." Er hatte mich aber nicht wirklich damit beruhigen können: "Onkel Ole, wir sind jetzt so etwas wie Geisterfahrer. Ich würde das sein lassen." Onkel Ole teilte meine Bedenken nicht, und er schien sogar ein wenig sauer zu sein: "Ach, Claudi, du klingst schon fast so wie dein großer Bruder, der olle Spießer."

Aber dann kam, was kommen musste. Hinter einer langgezogenen Linkskurve kam uns plötzlich ein Mopedfahrer entgegen. Onkel Ole und ich, wir schrien beide laut auf. Ich erinnere mich noch, wie ich das Lenkrad auf meiner linken Seite reflexmäßig nach links riss ...

Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass ich mich im Straßengraben wiederfand. Ich rappelte mich auf und sah den Wagen, auch im Straßengraben. Aber ... nanu ... das war nur eine Hälfte vom Wagen. Nämlich die linke! Die rechte Hälfte entdeckte ich im Graben auf der anderen Seite der Straße. Am Straßenrand stand wortlos der Mopedfahrer. Er hätte gar nicht sprechen können, er hatte nämlich den Mund offen stehen. Und mitten auf der Straße saß Onkel Ole.

Benommen holte Onkel Ole sein Handy aus der Hosentasche und telefonierte erst einmal: "Ja, hallo, Herr Briegel von der Werkstatt Busch ... ja, Ole Zupupsen hier ... ja, der umgebaute Wagen funktioniert hervorragend, deswegen rufe ich auch an ... Es hat da nämlich ein klitzekleines Problemchen gegeben ... Wir hatten beim Linksfahrtraining unerwarteten Gegenverkehr. Meine Beifahrerin riss das Lenkrad auf ihrer Seite nach links und ich das auf der rechten Seite nach rechts ... ja, genau, der Wagen ist in der Mitte auseinandergebrochen ... Ja, das wäre schon, wenn Sie uns hier mit dem Abschleppwagen abholen könnten...!" Er erklärte dem Herrn Briegel noch, wo er uns finden würde, und verabschiedete sich: "Jo, bis gleich." Dann kam er zu mir herüber, um auf den Herrn Briegel zu warten. Der Mopedfahrer hatte immer noch den Mund offen. Aber auch Onkel Ole und ich sprachen kein Wort miteinander.

Es dauerte eine Ewigkeit, bis der Herr Briegel eintraf: Genau 7 Minuten und 22 Sekunden. Er staunte nicht schlecht, als er die Bescherung sah, war aber trotzdem erstaunlich gut drauf: "Tä tää ... das ist ja der Hammer! Da muss ich glatt zweimal fahren. Auf einmal kriege ich den Schrott gar nicht weg. Ich schleppe erst einmal die linke Hälfte ab und nehme euch zwei gleich mit. Tä tää!" Er wandte sich zum Mopedfahrer und fragte ihn: "Tä tää - soll ich Sie auch mitnehmen?" Der Mopedfahrer bekam den Mund immer noch nicht zu, schüttelte aber mit dem Kopf. Dann nahm er sein Moped und schob es ... wahrscheinlich bis nach Hause.

Während der Herr Briegel mit uns zurück in die Stadt fuhr, tröstete er Onkel Ole: "Tä tää! Keine Sorge, junger Mann! Das kriege ich schon wieder hin mit dem Wagen." Ich bat den Herrn Briegel, uns am Haus von den Göbelmeier-Reierhausens abzusetzen, wo meine Eltern ja wohl noch waren. "Kein Problem - tä tää", meinte der Herr Briegel.

Als er uns absetzte, sagte er noch zu Onkel Ole: "Schauen Sie mal am Dienstagmittag bei mir in der Werkstatt vorbei. Tä tää! Bis dahin müsste ich die beiden Hälften eigentlich wieder ausgebeult und zusammengeleimt haben. Tä tää." - "Och, so lange dauert das", sagte Onkel Ole betreten. "Na ja, gut." Herr Briegel sagte noch zu ihm: "Tä tää! Ich nehme an, die Polizei muss nicht unbedingt etwas von Ihrem Unfall erfahren." - "Stimmt", bestätigte ihm Onkel Ole.

Auf der grünen Wiese von den Göbelmeier-Reierhausens lagen lauter blaue Erwachsene herum. Auch meine Eltern, die unter einem Tisch Platz genommen hatten, waren gut abgefüllt. "Oooh - ichch glaubaube, Autoaudoaudo wahn kann isch nu nisch mehmehmehr", vermutete Papa. "Isch au nisch", rülpste Mama. Na ja, das war kein Problem. "Gib mir mal von eurer alten Schüssel den Schlüssel", forderte Onkel Ole meinen Vater auf. Das schaffte der noch so gerade eben. Dann hob ich Mama auf und Onkel Ole zog Papa hoch, und mit einiger Mühe führten wir die zwei zu unserem alten Passat, den Papa vor vielen Jahren einem palästinensischen Pizzabäcker aus Peine abgekauft hatte. Wir quetschten die beiden großen Blauen auf die Rückbank und schnallten sie fest wie Kleinkinder. Mein Papa sagte: "Oh is mir üüwel", aber Onkel Ole beruhigte ihn: "Kein Problem, wenn du den Wagen vollkotzt. Ist schließlich deiner." Dann fuhr uns Onkel Ole nach Hause. Ganz gesetzestreu auf der rechten Straßenseite.

"Unn wasss habt ihr heude so erlelelebt?" fragte uns Mama. Onkel Ole antwortete nicht. Aber ich - ich konnte plötzlich nicht anders und fing fürchterlich an zu lachen. Ha ha ha ha ha ha ha!

Und somit grüßt euch von der rechten Straßenseite

Eure CLAUDIA FLUNKERT

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