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Claudia und der Papagei

Claudia and the Parrot

Als Claudia Flunkert noch klein war, wollte sie einmal einem Papagei das Sprechen beibringen. Es klappte nicht ganz so wie geplant.

When Claudia Flunkert was a little kid, she once tried to teach a parrot to talk. It didn't work as she she had planned it would.


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland/Germany
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australia/Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland/Germany

Hallo, Rübennasen!

Vor ein paar Tagen, war ich - die Claudia Flunkert, falls ihr mich noch nicht erkannt habt - wieder mal bei Zack Zatzicki zu Besuch. Dabei hat er mir seinen blau-weißen Papagei Edmund vorgestellt.

"Kann Edmund denn auch sprechen?" fragte ich Zack. "Ja, schon", sagte Zack. "Aber nur Unsinn. He, Edmund, zeig der Claudia mal, was für einen Quatsch du redest." Und Edmund quäkte so Sachen wie: "Ich bin komkomkompetetetent" oder "Bayern ist schön" und "Edmund ist der Klügste" und so. Lauter Schwachsinn halt.

Als ich abends nach Hause ging, musste ich an etwas denken, was ich vier Jahre vorher erlebt hatte.

Dies ist also eine sogenannte Rückblende. Wenn dies kein geschriebener Text, sondern ein Film wäre, würde jetzt das Bild verschwimmen, und dann würdet ihr mich sehen, als ich gerade erst zehn Jahre alt geworden war.

Damals hatte ich eine Freundin mit Namen Feodora von Schniepenschnabel. Die von Schniepenschnabels hatten sich gerade erst einen jungen Papagei zugelegt. Genauer gesagt, war es eine Papageiin - also ein Papageienweibchen - und dieser weibliche Papagei hieß Lora. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber aus irgendeinem Grund, den ich nicht kenne, scheinen so ziemlich alle Papageienweibchen wirklich Lora zu heißen.

Eines Tages fragte mich Feodora: "Könntest du für eine Woche auf unsere Lora aufpassen? Mein Vater hat nämlich eine berufliche Fortbildung auf Sylt." Hä? Das war mir irgendwie nicht klar. Warum braucht die Familie von Schniepenschnabel denn einen Babysitter für ihr Haustier, nur weil Herr von Schniepenschnabel zu einer Fortbildung muss? Das fragte ich natürlich auch Feodora, und Feodora erklärte mir: "Weißt du, mein Vater ist Techniker bei der Deutschen Telekommtnich. Und immer, wenn ein Angestellter der Deutschen Telekommtnich auf Dienstreise geht, darf seine ganze Familie umsonst mitfahren, damit er nicht so allein ist. Das hat bei der Deutschen Telekommtnich Tradition, weißt du?"

Gut, ich ließ mich gar nicht lange bitten. Zwar hätte ich lieber ein Pferd in Pflege genommen, aber ein Papagei ist auch in Ordnung. Ich fragte natürlich meine Eltern um Erlaubnis, denn als ich zehn war, war mir die Meinung meiner Eltern noch wichtig.

Bald darauf brachten die von Schniepenschnabels Lora zu mir nach Hause. "Du kannst unserer Lora ja das Sprechen beibringen", schlug mir Frau von Schniepenschnabel vor. "Das kann sie nämlich noch nicht." - "Na, das mache ich doch glatt", willigte ich begeistert ein. Wisst ihr, als ich NOCH jünger gewesen war, nämlich erst acht, da wollte ich sogar ernsthaft mal Sprachtherapeutin für Tiere werden. "Ich wette eine Dose Grünkohl, dass ich das schaffe", sagte ich tollkühn. "Die Wette gilt. Ich setze eine Dose Brägenwurst dagegen", dröhnte Frédérique von Schniepenschnabel, Feodoras großer Bruder. "Bisher haben WIR das nämlich alle nicht geschafft." - "Na logo. Ihr habt euch ja auch noch nie mit Veterinärlogopädie beschäftigt", schnitt ich auf.

Gleich am ersten Abend setzte ich mich zu Lora und sprach mit ihr: "Hallo, Lora. Ich bin die Claudia, und ich bringe dir jetzt das Sprechen bei. Sag mal Guten Tag ... Guten Tag ... Guten Tag ...." Ich wiederholte dieses Guten Tag ungefähr fünftausendmal, aber Lora sagte nichts, sondern guckte mich nur fröhlich an. "Na gut, Lora. Guten Tag können wir immer noch üben. Sag doch statt dessen mal Gib Küsschen ... Gib Küsschen ... Gib Küsschen ...". Wie oft ich Lora Gib Küsschen vorsprach, habe ich nicht mitgezählt, aber Lora sprach NICHT. Auch mit Hallo, Liebling hatte ich keinen Erfolg.

Ich übte mit ihr immer wieder Guten Tag, Gib Küsschen und Hallo, Liebling. Stunde um Stunde. Tag um Tag. Der Vogel hatte einfach keinen Bock aufs Sprechen.

Heute bin ich ja so gut wie erwachsen und hätte mir gesagt: "Okay, es klappt halt nicht. Das kostet mich zwar eine Dose Grünkohl, aber es gibt Schlimmeres." Damals war ich aber noch nicht so locker und zweitens ziemlich ungeduldig. Am vierten Abend - ich hatte so oft Guten Tag, Gib Küsschen und Hallo, Liebling gesagt, dass es mir zu den Ohren rauskam - verlor ich die Geduld, und ich begann, Lora anzubrüllen: "Du blödes Huhn! Du bist echt zu doof zum Sprechen! Du Dummvogel! Dussel! Trottel! Mistvieh! Du Kackfrosch!"

Na ja, und das war vielleicht ein Fehler. Als ich am nächsten Morgen aufstand, begrüßte mich Lora freudig laut krächzend: "Du blödes Huhn!" Ich glaubte, ich hörte nicht richtig. "Was hast du da eben gesagt?" fragte ich sie ganz baff. Die Antwort kam prompt: "Du blödes Huhn!" Und sie setzte noch ein paar drauf: "Du Kackfrosch! Du bist echt zu doof! Trottel!"

Einige von euch meinen vielleicht, ich hätte mich darüber freuen sollen, weil ich die Wette gewinnen würde. Tat ich aber nicht. Ich habe mich gemein geärgert. Ich spreche doch Lora nicht Tag und Nacht Worte vor, die sie sagen soll, damit sie dann ausgerechnet das sagt, was sie nicht sagen soll! Außerdem wäre ich total blamiert, wenn die von Schniepenschnabels herausbekommen würden, was Lora bei mir gelernt hat.

Und so machte der Papagei die nächsten Tage weiter. Immer wenn ich ins Zimmer kam, wurde ich sofort von Lora beleidigt: "Dussel! Trottel! Mistvieh! Du Kackfrosch!" Ganz ehrlich - ich dachte ernsthaft über eine Notschlachtung nach. Irgendwann sagte dann Lora zu mir sogar: "Du altes Ferkel." Ich war fertig mit den Nerven: "Du altes Ferkel habe ich niemals zu dir gesagt! Glaube ich jedenfalls." Ich rannte zu meiner Familie, die noch beim Abendbrot war, und fragte böse: "Wer von euch war heimlich in meinem Zimmer und hat Lora Du altes Ferkel beigebracht?" Keiner sagte etwas - nur mein Vater wurde etwas rot. Ich vertiefte das Thema nicht weiter.

Dann am nächsten Tag klopfte es an meiner Zimmertür. Es waren Feodora und Frédérique von Schniepenschnabel, die ihre Lora wieder abholen wollten. Zwei Stunden früher als vereinbart. "Tach ... äh ... ich glaube, ich muss euch etwas erklären. Also ..." Aber ich kam nicht weiter. Lora krächzte: "Guten Tag. Gib Küsschen. Hallo, Liebling." Feodora war begeistert: "Cool!" Und Frédérique sagte anerkennend: "Respekt! Ich hätte echt nicht gedacht, dass du das schaffst. Herzlichen Glückwunsch, Claudia, hier ist deine Brägenwurst." Glücklich nahmen sie ihren Vogel mit nach Hause. Ich hatte noch Angst, dass er bei ihnen dann zu Hause "Du Kackfrosch" und so sagen würde. Aber Feodora hat sich nie bei mir beschwert. Also hat Lora wohl keine Beleidigungen mehr abgelassen.

Tja, da war ich aus der Sache wohl sauber rausgekommen. Aber das nächste Mal nehme ich lieber ein Pferd in Pflege.

Es grüßt euch tierisch

Eure CLAUDIA FLUNKERT

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