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Simons Neujahrseinsatz


Am Neujahrstag 2002 war Simon Flunkert mit dem jungen Wachtmeister Felix Pfeifenfried unterwegs. Und ihr glaubt ja nicht, wie viel Phantasie manche Autofahrer haben.

On New Year's Day 2002 Simon accompanied young Constable Felix Pfeifenfried. You wouldn't believe how imaginative some drunken drivers are.


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland / Germany
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australia / Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland / Germany

Hi, Mitkids!

Also, eigentlich bin ich ja inzwischen schon viel zu alt, um euch so anzusprechen. Aber irgendwie ist es zur Gewohnheit geworden. Egal, hier ist jedenfalls Simon Flunkert, und ich möchte euch erzählen, was ich Neujahr 2002 erlebt habe. Ich habe extra ein Jahr damit gewartet, weil ich mir dachte, dass es dann besser passt.

Es war Neujahr 2002 und acht Uhr morgens. Meine Eltern und meine Schwester Claudia schliefen noch fest, aber ich ging los, um zu sehen, ob ich in den Straßen von Sehnde irgendwelche Verletzten finden würde, die versorgt werden mussten.

Ich war noch nicht weit, da traf ich Felix Pfeifenfried, der sich gerade auf den Weg zur Arbeit machte. Felix kennt ihr noch nicht, aber einige von euch können sich bestimmt noch an seine ältere Schwester Felicitas erinnern, die an der Universität Hannover Computerbotanik und Emanzipatorische Mathematik studiert und nebenbei in der Telefonauskunft gearbeitet hat, und die sich mal einen alten Trabi andrehen ließ, weil sie dachte, das sei ein Auto.

Felix war also auf dem Weg zur Arbeit. Das war nicht schwer zu erkennen, denn er trug Uniform. Felix hatte nämlich nach der Schule eine Ausbildung zum Schutzpolizisten gemacht und fuhr nun schon seit einigen Monaten Streife in Sehnde. "Hallo, Felix! Frohen neuen Dienstag! Hast du für heute kein frei bekommen?" begrüßte ich ihn. Er lächelte sauer: "Nee. Wenn du selbst mal arbeitest, wirst du's merken, dass an den interessanten Tagen nur die Kollegen Urlaub bekommen, die verheiratet sind und Kinder haben. Als Single darfst du Urlaub im Februar und November machen." Und er meinte: "Ich muss heute Morgen sogar alleine Streife fahren. Mein Kollege, mit dem ich mitfahren sollte, hat angerufen und gesagt, er kann heute nicht, weil er Kopfschmerzen hat." Aha. Ich dachte einen Moment lang nach und hatte dann eine Idee: "Ich kann ja mit dir mitfahren. Vielleicht brauchst du ja Hilfe, wenn du ein paar Schnapsleichen wegtragen musst." Felix runzelte die Stirn und meinte dann: "Ich fürchte, das ist nicht gestattet. Aber komm ruhig mit. Wir dürfen uns halt nicht zusammen erwischen lassen."

Wir fuhren zuerst mit Felix' schwarz-gelber Ente zur Polizeidienststelle. Dort schauten wir uns vorsichtig um und stiegen dann in den grün-weißen Streifenwagen, mit dem wir durch die Straßen patrouillieren würden. Ich durfte vorne sitzen, und das in einem Polizeiauto - cool! Felix fuhr auf die Hauptstraße, und die befuhren wir dann in östlicher Richtung und anschließend zurück in westlicher Richtung. Felix vermutete: "Wahrscheinlich wird heute alles ruhig bleiben. Die bösen Buben sind alle blau und schlafen ihren Rausch aus. Übrigens solltest du dich anschnallen, Simon." Das tat ich natürlich auch. Ich fragte Felix: "Darf ich auch mal ans Steuer?" - "Also, das geht nun wirklich nicht!" erklärte er. Na ja, versuchen konnte man's ja mal.

Nachdem wir die Ost-West-Hauptstraße sechzehnmal entlang gefahren waren, hatte Felix Lust, auch mal die Nord-Süd-Hauptstraße abzufahren. Und dabei passierte es: In einem Affenzahn überholte uns ein silbergrauer OMW. Er setzte sich vor uns und fuhr wild im Zickzack. "Schade! Arbeit!" seufzte Felix. Er drückte das Gaspedal durch, überholte den OWM auf dem rechten Bürgersteig (auf die Mülltonnen konnte Felix dabei keine Rücksicht nehmen), setzte sich vor den Wagen und zwang ihn so zum Anhalten.

Felix nahm eine kleine durchsichtige Tüte aus dem Handschuhfach und sagte: "Die ist wohl nur Formsache. Der Fahrer dürfte so blau sein wie unser Licht auf dem Dach." Wir stiegen beide aus. Ich blieb natürlich in einiger Entfernung vom gestellten Wagen stehen, aber immerhin so, dass ich alles mitbekam. Außer dem Fahrer saß in dem OMW niemand. Felix machte die Wagentür auf und sagte zum Fahrer: "Prosit Neujahr! Ich muss Sie auffordern, mal in diese Tüte zu blasen." Der Fahrer hatte einen hochroten Kopf, konnte aber noch relativ gut sprechen. Er sagte: "Oh, tut mir leid, das geht nicht. Ich bin nämlich betrunken, und das würden Sie dann ja merken." Felix war verwundert, aber durchaus Herr der Lage: "Nun gut, dann wird Ihnen der Arzt auf der Wache später ein bisschen Blut abzapfen müssen. Zeigen sie mir jetzt erst einmal Ihren Führerschein sowie den Fahrzeugschein! Und bitte auch den Personalausweis!" Der Fahrer entschuldigte sich: "Ach, das ist jetzt ein Problem. Ich habe schon zwei Jahre keinen Führerschein mehr, und den Wagen habe ich heute Nacht gestohlen. Und wenn ich Ihnen meinen Personalausweis zeigen würde, könnten Sie herausfinden, dass ich per Haftbefehl gesucht werde, und das möchte ich natürlich nicht." Ich war total erstaunt, und auch Felix war ziemlich verwirrt. Wahrscheinlich um irgendetwas zu tun, sagte Felix: "Dann öffnen Sie bitte wenigstens Ihren Kofferraum!" Der Fahrer meinte: "Oh ha, besser nicht! Da liegt die Leiche des Mannes drin, den ich heute Nacht erschlagen habe. Das ist kein schöner Anblick." Felix zückte seine Pistole und forderte den Mann auf: "Steigen Sie aus! Ich muss Sie nach Waffen durchsuchen." Der Mann wiegelte ab: "Das ist nicht nötig. Ich habe einen geladenen Revolver in meiner linken Brusttasche und eine Handgranate in der rechten Hosentasche."

Felix war mit der Situation offensichtlich ziemlich überfordert. Er rannte zu seinem Streifenwagen, griff nach dem Funkgerät und forderte Hilfe an: " ... Ich habe hier einen Notfall!" Er berichtete, was er erlebt hatte, und forderte ein rollendes Einsatzkommando an.

Bis seine Verstärkung eintraf, hielt Felix den Fahrer des OMW mit seiner Dienstwaffe in Schach. Das war weiter kein Problem, denn der Mann versuchte weder zu flüchten noch leistete er Widerstand. Dann traf plötzlich gleich ein Dutzend Polizeiautos ein, schwerbewaffnete Polizisten sprangen heraus und gingen sofort in Deckung, und ein Polizist, der sich als "Kommissar Rudelsturm, Einsatzleiter" vorstellte, schritt energisch auf den Fahrer des OMW zu. "Aussteigen! Umdrehen! Beine auseinander und Hände aufs Wagendach!" befahl er. Dann durchsuchte er den Mann nach den Waffen, die er angeblich bei sich hatte. Er fand aber keine! Statt dessen fand er seine Brieftasche mit den Papieren. Er kontrollierte sie und stellte fest: "Das ist also Herr Karl-Heinz Wuselschulze. Der Führerschein ist völlig in Ordnung. Der Fahrzeugschein auch - der Wagen ist anscheinend nicht gestohlen, denn er ist auf seinen Namen zugelassen. Und der Personalausweis ist offensichtlich auch in Ordnung." Ich war verblüfft, und Felix auch! Dann ging ein anderer Polizist mit dem Personalausweis in einen Polizeitransporter, um die Polizeidatenbank zu befragen. Einen Augenblick später kam er wieder heraus und stellte fest: "Es liegt kein Haftbefehl gegen Herrn Wuselschulze vor." Dann forderte Einsatzleiter Rudelsturm den Autofahrer - also Herrn Wuselschulze - auf, den Kofferraum zu öffnen. "Gerne", sagte Herr Wuselschulze. Er öffnete den Kofferraum - und darin fanden die Polizisten ein Reserverad, ein Warndreieck, einen Verbands- und einen Werkzeugkasten - aber keine Spur von einer Leiche.

Einsatzleiter Rudelsturm war wirklich sauer und motzte Felix an: "Wachtmeister Pfeifenfried! Was haben Sie uns da erzählt? Der Mann hat keine Waffen bei sich, im Kofferraum liegt auch keine Leiche, seine Papiere sind völlig in Ordnung, und ein Haftbefehl gegen ihn liegt auch nicht vor." Felix war völlig irritiert, und er stammelte: "Ja, aber das hat er mir doch alles selbst erzählt. Und außerdem ist er betrunken in Schlangenlinien durch die Stadt gerast." Jetzt meldete sich der Herr Wuselschulze selbst zu Wort: "Herr Kommissar! Derselbe Wachtmeister, der behauptet, ich hätte keinen Führerschein, ich würde per Haftbefehl gesucht, ich hätte dieses Auto gestohlen und einen von mir erschlagenen Menschen im Kofferraum versteckt, behauptet nun auch, ich sei volltrunken im Zickzack durch Sehnde gerast. Was meinen Sie dazu?"

Einsatzleiter Rudelsturm schaute zu Boden, er schaute gen Himmel, er guckte nach rechts und nach links, und dann sagte er: "Alles klar. Fahren Sie weiter, Herr Wuselschulze, und vergessen Sie die ganze Angelegenheit." Herr Wuselschulze stieg in seinen Wagen und fuhr in gemächlichem Tempo und kerzengerade nach Hause. Und Felix musste sich vom Einsatzleiter zur Schnecke machen lassen.

Auf der Rückfahrt sagte Felix zu mir: "Das war das letzte Mal, dass mich einer so veräppelt hat."

Es grüßt euch ganz ohne Hohn und Spott

Euer Simon Flunkert

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