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Claudia Flunkert und der Sportkommentator



Daniel Roy, Bruehl, Deutschland
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland

Holla, ihr Rübennasen!

Ich bin's, Claudia Flunkert. Simon Flunkerts kleine, schlaue, wunderschöne und vor allem auch mordsmäßig sportliche Schwester.

Spaß beiseite, wenn ich manchmal ein bisschen angebe, ist das natürlich nur ein Ulk. Aber eigentlich bin ich wirklich ziemlich sportlich und habe schon viele Sportarten selbst ausprobiert. Manchmal allerdings gehe ich auch zum Sportplatz, wenn ich zugucken will, wie sich andere anstrengen. So auch neulich, als es in unserem Sehnder Vorort Hannover ein großes Fußballspiel gab.

Die stärkste Fußballmannschaft der Stadt, nämlich Hannover 97 v. Chr., hatte ein wichtiges Pokalspiel gegen die Stars vom FC Bayrisch Leberknödeln. Unheimlich viele Zuschauer zog es zu diesem Matsch ... äh, Match ins Bieder-Sachsen-Stadion, in dem Hannover 97 v. Chr. schon in der Antike seine Heimspiele ausgetragen hat. Simon wollte nicht mitkommen, aber es begleiteten mich ... also, mit mir kamen mein Vater und meine Freundinnen Griseldis Gedönsrat und Uschi Überschwang. Vor allem Uschi Überschwang war ganz aus dem Häuschen, als wir vier ins Stadion strömten: "Ooooh, herrlich! Heute erleben wir ein Stück Fußball-Geschichte. UNSERE Spieler, die glorreichen Helden von Hannover 97 v. Chr., treten gegen die vielleicht beste Fußballmannschaft der Welt an, den FC Bayrisch Leberknödeln! Der FC Bayrisch Leberknödeln! Für die einen sind es nur Fußballspieler, für die anderen die athletischsten Leberknödeln der Welt!" Und ich, ich war auch ganz schön aufgeregt. Ehrlich!

Ehe wir auf die Zuschauertribüne gingen, kamen wir an einem Stand vorbei. Dort wurde eine Tombola für Kinder veranstaltet. Wir drei Mädchen kauften jedes ein Los. Ute Überschwang machte ihr Los auf, guckte drauf und jubelte: "Oooooh, wunderbar! Ich habe eine Niete gewonnen!" Wundert euch nicht, die ist echt immer so drauf. Griseldis Gedönsrat checkte ihr Los und meinte: "Na, immerhin. Ich hab' 'ne Wärmflasche gewonnen!" Ich öffnete mein Los als letzte. Auf dem Los stand: "Hauptgewinn!" Oh, cooool! Was mochte bloß der Hauptgewinn sein? Ein Pferd? Ein DVD-Spieler? Eine Reise für 16 Personen nach Teneriffifi oder Floridida? Keine Ahnung. Papa und ich gingen zum Losverkäufer zurück, und Papa sagte. "Meine Tochter Claudia hat den Hauptgewinn gezogen!" Der Losverkäufer strahlte über beide Backen bis zur Pofalte und gratulierte mir: "Herzlichen Glückwunsch, junges Fräulein! Der 1. Preis bedeutet, du darfst das Spiel heute in der Kommentatorenbox mit dem Sportreporter verbringen, der das Spiel für's Fernsehen live kommentieren wird!" Aha. Ach so. "Ist das 'was Gutes?" fragte ich Papa. Der meinte: "Na, klar doch! Überlege mal, du sitzt direktemang neben dem berühmten Gerd Rübensauer, wenn ihn gleichzeitig Hunderte von Tausenden von Millionen von Milliarden Fernsehzuschauern hören. Das ist etwas Einmaliges!" Na, wenn das so war, beschloss ich, mich zu freuen: "Ah ja, juhu, jippi!"

Eine gewisse Frau Knastkick von der Tombola-Gesellschaft führte mich durch das ganze Stadion zur Kommentatorenkabine von Herrn Rübensauer. Auf dem Weg begegnete ich sogar der Mannschaft von Hannover 97 v. Chr., wie sie sich auf das Spiel vorbereitete. Der Kapitän, der berühmte Walter Möppich, heizte seinen Mannschaftskameraden gerade ein: "So, Männer! Wir gehen jetzt auf den Platz und zeigen denen mal, wie man Granaten hämmert! Wir machen heute keine Gefangenen!" Dann öffnete die Frau Knastkick die Tür zur Kabine, und in der Kabine saß bereits der Herr Rübensauer, der das Spiel für's Fernsehen kommentieren sollte. Er begrüßte mich etwas komisch: "Aha. Lass mich raten - du hast das verwünschte Los mit dem blöden Hauptgewinn in dieser bis in alle Ewigkeit verflücherten Kindertombola gewonnen. Stimmt's?" - "Ääääh - ja. Entschuldigung", piepste ich eingeschüchtert. Er meinte: "Na, da kann man wohl nichts machen. Komm rein und quetsch deinen Hintern in diesen engen Stuhl hier zu meiner Linken."

Das tat ich dann auch. Was hätte ich auch anderes machen sollen? Als ich also meinen Hintern gequetscht hatte, schien er freundlicher zu werden: "Möchtest du etwas essen?" fragte er mich. "Oh ja - gerne!", freute ich mich. Er holte aus einer verbeulten alten Aktentasche eine blecherne Brotbüchse. Die öffnete er, dann rümpfte er die Nase und holte eine Klappschnitte heraus: "Die ist von meiner Frau. Sie schmiert die trockensten Mettwurststullen der Welt. Wenn du das hier wegmampfst, muss ich es nicht essen." Ich bedankte mich artig, biss etwas lustlos in das Brot, und er feixte: "Dann hat sich die Tombola für mich ja doch gelohnt!"

Kurz bevor das Spiel begann, gingen wir auf Sendung. Der Herr Rübensauer begrüßte das Fernsehpublikum: "Guten Tag und herzlich willkommen, liebe Fernsehzuschauer, wenn auch nur zu neunzig Minuten Gekicke auf dem Bolzplatz im Bieder-Sachsen-Stadion zu Hannover. Hannover - die graue Stadt an der Leine, aber wenigstens regnet es heute ausnahmsweise mal nicht. Und wenn Sie schon mal da sind, meine Damen und Herren an den Fernsehschirmen, können Sie auch ruhig dran bleiben. Die anderen Fernsehsender zeigen auch nichts Interessantes." Ich dachte, das hätte er nur im Scherz gesagt und wir doch noch nicht auf Sendung seien. Aber auf seinem Pult leuchtete ein rotes Licht, also hatten wohl das, was er da gerade ausgeko... ausgesprochen hatte, die Fernsehzuschauer genau gehört.

Anschließend sagte er ein paar normale Sätze, und dann begann das Spiel. Der Kommentator meinte: "Am Anstoßkreis sehen wir den neuen österreichischen Stürmerstar von Bayrisch Leberknödeln: Hermann Deppmeier, genannt: der Elfmetator. Er bestreitet heute sein erstes Spiel für die Leberknödeln. Bis dato spielte er für die Steiermark Hurricanes, die ihre Heimspiele im Grazer Arnold-Schwarzenegger-Stadion austragen. Ihm zu Ehren ist heute auch extra der Bundeskanzler im Stadion. Wohlgemerkt nicht der richtige Bundeskanzler, sondern nur der österreichische Bundeskanzler. So, der Parteiische mit der Pfeife, Felix van Tast aus Vaterstetten, hat das Spiel angepfiffen, und vierundvierzig gutbezahlte Senk- beziehungsweise Spreizfüße setzen sich so gut es eben geht in Bewegung." Auweia!

Das Spiel lief also, und ich fand es wirklich sehr flott. Beide Mannschaften wirbelten ordentlich herum. Herr Rübensauer sah das allerdings etwas anders als ich: "So, jetzt hat Hannover auch mal den Ball. Pellerinho, der Quotenbrasilianer der Niedersachsen - seine Fans nennen ihn den brasilianischen Bauchspeck, und wie ihn seine Kritiker nennen, möchte ich gar nicht wissen - konnte dem Fehlpass von Leberknödelspieler Jens Jucknies beim besten Willen nicht mehr ausweichen. Elegant wie ein Elefant bewegt er sich in Richtung gegnerischer Strafraum, und die Gegenspieler, die von ihm nicht tot getrampelt werden wollen, weichen ihm zielsicher aus. Nun bewegt sich die Dampfwalze in den Elfmeterraum - das gibt's doch nicht - ihm geht die Puste aus, er fällt um wie ein nasser Sack, und die Pfeife mit der Pfeife zeigt auf den Elfmeterpunkt. Der Pfeifenmann ist tatsächlich auf die Schwalbe dieses Nilpferdes hereingefallen! Ein Skandal, meine Herren und Damen!" Also, ich hätte die Szene etwas anders geschildert. Der geschmeidige Pellerinho hatte den Ball seinem Gegenspieler gekonnt abgejagt, stürmte wieselflink in den Strafraum von Leberknödeln, und der Verteidiger Lodaa Maddäus hatte ihn wie ein Rugbyspieler umklammert und umgerissen. Klare Sache!

Dann legte sich der tschechische Mittelstürmer von Hannover 97 v. Chr. den Ball auf dem Elfmeterpunkt zurecht, nahm Anlauf und schoss hervorragend. Obwohl der Torwart die richtige Ecke ahnte und den Ball fast noch erreicht hätte, zappelte der Ball im Netz. 1:0 für Hannover! Der Herr Rübensauer schilderte den Elfmeter etwas anders als ich: "Watzlaff Quatschnitschka legt sich bedächtig den Ball zurecht. Ich habe mir sagen lassen, dass er in seiner Jugendzeit bei Dukla Dubnitschek tatsächlich mal einen Strafstoß verwandelt haben soll. Na ja ... blindes Huhn, Sie wissen schon. Er gibt dem Ball einen Schubs ... das ist doch nicht zum Aushalten ... Oliver Lastkahn, immerhin Deutschlands Nationaltürsteher Nummer 1, kann diesen Trullerball tatsächlich nicht halten. Geh doch endlich auf Rente, alter Mann!"

Das Spiel war auch danach immer noch hervorragend, aber der Kommentar vom Herrn Rübensauer wurde nicht besser. Zum Beispiel stockte dem ganzen Publikum der Atem, als der Kapitän von Bayrisch Leberknödeln, Stoffhahn Pfefferberg, den Ball so hart an die Torlatte von Hannover knallte, dass das Tor wackelte. Doch schimpfte der Herr Rübensauer: "Unfassbar! Wenn der Pfeffersack nicht mehr richtig gucken kann, soll er zum Augenarzt gehen oder besser gleich Schiedsrichter werden! Es ist doch wirklich ein Skandal, was diese 22 vollgefressenen Profis, die einfach satt sind, meine Männer und Frauen vor der Mattscheibe, die also wirklich zu satt sind, um mit ihren fetten Är..."

In diesem Moment ging die Kabinentür auf, und zwei Männer kamen herein. Die kannte ich auch aus dem Fernsehen: Es waren die Manager beider Mannschaften. Der eine schimpfte: "Gerd, das kann doch wohl nicht wahr sein, dass unsere Jungs auf dem Platz das Spiel ihres Lebens machen und du sie hier vor der ganzen Nation schlechtmachst." Und der andere warf ihm vor: "Du benimmst dich hier wie ein schwäbischer Pauschaltourist auf einer Kaffeefahrt." Herr Rübensauer reagierte: "Schiebt gefälligst eure Kadaver aus meinem Dunstkreis, ihr Ohrfeigengesichter. Ihr schränkt meine Pressefreiheit ein!" Dann brüllten sie sich an, anschließend ohrfeigten sie sich, dann versetzten sie sich Kinnhaken, und bums war der Streit da. Ich nutzte die Gelegenheit, um das angefressene Wurstbrot zurück in die Brotdose zu tun, und sah mir dann in Ruhe das Spiel an. Die Schlägerei hinter meinem Stuhl störte mich weniger als vorher das Gemotze vom Herrn Rübensauer. Das Spiel gewannen die Hannoveraner übrigens mit 7:6 ohne Verlängerung. War wirklich gut!

Abends hieß es in der Tagesschau: "... sahen siebzigtausend Zuschauer im ausverkauften Bieder-Sachsen-Stadion das möglicherweise beste Pokalspiel seit Jahren. Allerdings wurde die glanzvolle Partie von schweren Ausschreitungen in der Kommentatorenkabine überschattet."

Vielleicht werde ich ja später mal Fußballkommentatorin.

Mit ungefoulten Grüßen

Eure CLAUDIA FLUNKERT


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