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Claudias Rieseneifersucht

Claudia's Huge Jealousy

Claudia Flunkert hat zwei Probleme: Erstens sind die Ferien zu Ende. Aber das zweite ist viel schlimmer: Ihr Freund Bo hat eine andere! Ausgerechnet Elisabeth Bratenmett! Mit Hilfe des Nachbarsjungen Zack, einem echten Verwandlungskünstler, versucht Claudia, ihren Bo zurückzugewinnen - allerdings mit einer ziemlich üblen Methode.

Claudia Flunkert has two problems. First of all, the new school year has begun. Secondly (and even worse), her boyfriend Bo has fallen in love with another girl! Elizabeth Mincemeat! Helped by Zack, a boy from her neighbourhood, who is a real quick-change artist, she tries to get Bo back for herself. But her method is dubious.


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland/Germany
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australia/Australien
Ki.Ka, Erfurt, Thüringen/Thuringia

Hallo, Rübennasen!

In den vergangenen Wochen haben euch mein "großer" Bruder Simon und ich von unseren Sommerferien in England erzählt.

Aber logischerweise mussten wir auch irgendwann wieder zurück. Und natürlich begann auch wieder die Schule. Nicht dass ich wild auf die Schule wäre, aber an sich gab es etwas, weshalb ich mich freute, wieder zur Schule zu gehen. Genauer gesagt war es nicht ein "etwas", sondern ein "jemand", und zwar: Bo Friesenkuß.

Einige von euch werden sich vielleicht noch daran erinnern, dass Bo und ich schon über 1 Jahr (!) zusammen waren. Sicher, wir hatten zwischendurch auch mal Stress, aber wir haben uns auch immer wieder vertragen. Und wir fanden uns immer noch cool - dachte ich. Aber vielleicht hätte ich ihn zwischendurch mal daran erinnern sollen.

Aber ich bin etwas zu voreilig. Also: Es war der erste Schultag, und ich traf Bo morgens um viertel vor acht vor der Schule. "Hi Bo - alles Haribo?" fragte ich ihn und wollte ihn drücken. Aber er wehrte ab und sagte kühl, aber nicht cool: "Wie waren deine Ferien in England?" - "Lovely", sagte ich. "Schade, dass du nicht dabei warst. Du musstest ja mit deinen Eltern Urlaub in Bayern machen." Er grinste nicht mal, sondern sagte: "Herzlichen Dank übrigens für die Postkarte!" Ich wunderte mich: "Wieso? Postkarte - ich habe dir doch gar keine Postkarte geschickt. Oh - ach so - äh, ich verstehe. Tut mir schrecklich traurig, aber wir hatten in England so viel zu tun, und da ... äh ..." - "Schon gut, ist ja auch egal", würgte er mich ab.

Und da passierte es! Plötzlich erschien unsere Klassenkameradin Elisabeth Bratenmett. Sie schleuderte ein überkandideltes "Hallo" in meine Richtung - und dann knutschte sie Bo - MEINEN Bo - auf die Backe ... äh, auf die Wange. "Hallo, Bo! Bo, was bin ich froh, auch du bist wieder do ... äh, da." Und statt dass er "Pfui buäh" sagte, schleimte er: "Ja, ich freu mich auch, Betti. Vielen Dank für deine Karten aus Tunesien." Sie schleimte zurück: "Ja, ich hatte dir versprochen, dass ich dir jeden Tag eine Karte schicken würde, und was ich verspreche, halte ich auch!"

Bah - so viel Schleim, ich hätte mich fast übergeben!!! So war das also! Kaum fährt frau mal ein paar Tage nichtsahnend nach England, schon spannt einem so'ne Kuh den Lover ... äh, Freund aus. Was dann im Klassenraum passierte, wunderte mich nicht mehr. Ich setzte mich auf meinen alten Platz, aber Bo setzte sich nun nicht mehr neben mich, sondern eine Reihe hinter mir direkt neben diese Schleimschnecke. Oh, und wie sie herumgeturtelt haben! Ich hätte ihnen am liebsten eine reingehau ... na, jedenfalls fand ich das nicht gerade gut.

In der großen Pause knöpfte ich mir Bo vor. Ich griff ihn mir heraus, drückte ihn sanft mit dem Rücken gegen die Wand und fragte ihn ernst und entschlossen: "Was hat sie, was ich nicht habe, hä?" Er guckte mich verwundert an und grinste dann böse: "Gegenfrage - Willst du das wirklich wissen?" fragte er mich. Damit hatte er mich kalt erwischt. Ich dachte kurz nach - und musste dann zugeben: "Nein. Nein, eigentlich nicht. Nicht wirklich." Ich ließ ihn gehen, und für den Rest des Schultages beachtete ich ihn nicht mehr.

Auch an den nächsten Tag sprach ich nicht mit ihm. Ich tat sogar so, als gäbe es ihn und diese Elisabeth Bratenmett gar nicht und gab mich ganz kühl. Aber innerlich ließ mich das natürlich überhaupt nicht kalt. Ich war sauer, ich war enttäuscht, und ich konnte nicht mehr richtig schlafen. Nicht mal bei Mathe!

Ich erzählte Simon von der Sache. Schließlich hat er so etwas auch schon miterlebt. Er meinte: "Okay, lass uns die Angelegenheit mal sachlich angehen, kleine Schwester. Bist du sicher, dass die beiden wirklich etwas miteinander haben? Im letzten Jahr hat Sirpa mit mir Schluss machen wollen, weil sie dachte, ich hätte was mit Griseldis-Godzilla Grätenquetscher. Was ja schließlich überhaupt nicht stimmte." Ich wehrte ab: "Das war etwas Anderes. Sirpa kam ins Zimmer, als sich Gruseldis-Godzilla gerade auf dich geworfen hatte. Sirpa hat dich nicht mal zu Wort kommen lassen. Bo ist da ganz anders. Er genießt es sogar, wenn ich ihn mit seiner neuen Freundin beobachte." Simon zuckte mit den Achseln: "Na, dann kann man wohl nichts machen. Du solltest dich damit abfinden." Das fand ich überhaupt nicht toll: "Ich kann nicht glauben, dass du das sagst! Bo ist MEIN Freund! Da muss frau doch etwas unternehmen!" Simon zuckte immer noch mit den Achseln: "So ist das Leben. Manchmal passiert so was. Das muss man eben hinnehmen. Und frau übrigens auch." Ich war stinkig: "Das tue ich aber nicht! Du musst mir helfen!" Simon hörte gar nicht mehr auf mit Achselzucken: "Wie denn, Schwester Furie?" Die "Furie" habe ich zu seinem Glück überhört. Ich dachte kurz nach, und dann glaubte ich, die Lösung zu haben: "Ich weiß. Du gehst einfach zu Bo und sagst, Elisabeth Bratenmett sei deine Freundin, er soll sie gefälligst in Ruhe lassen."

Simon zuckte nicht mehr mit den Achseln. Er guckte mich an, dachte dabei nach, und sagte dann: "Du bist wohl wahnsinnig geblieben. Das mache ich ganz sicher NICHT!" Das meinte er auch so, und er ließ sich da auch auf keine Diskussion mehr ein.

Brüderchen wollte mir also nicht helfen. Ich brauchte einen anderen Helfer. Und ich wusste auch schon wen: Zack! Zack Zatzicki!

Ihr könnt Zack noch nicht kennen. Er war nämlich erst vor Kurzem mit seinen Eltern, seinen unzähligen Geschwistern und Haustieren in unsere Straße gezogen. Er war erst neun Jahre alt, aber ein prima Kumpel. Sozusagen der kleine Bruder, den ich nie hatte.

Ich erzählte Zack von meinem Problem, und ehe er etwas sagen konnte, bat ich ihn: "Geh du zu Bo, diesem Riesenross! Sag ihm, Elisabeth sei deine Freundin, er soll seine fetten Wurstfinger von ihm lassen, sonst würdest du Königsberger Klopse aus ihm machen." Zack wartete, bis ich mich wieder beruhigt hatte, und sagte dann: "Wenn diese Elisabeth in eurer Klasse ist, ist sie doch wahrscheinlich ungefähr so alt wie ihr, oder?" Ich nickte: "Ja klar. Dreizehn, fast vierzehn!" Zack meinte: "Siehst du. Ich bin erst neun und leider nicht so groß. Wenn ich Bo verklickere, ich sei Elisabeths Freund, und ihm drohe, was meinst du, was dann passiert? Der lacht mich aus. Oder ER macht Königsberger Klopse aus MIR." Na ja, ich musste zugeben, was er da sagte, machte leider sehr viel Sinn.

"Aber was soll ich denn sonst machen?" jammerte ich. Aber Zack zuckte NICHT mit den Achseln, sondern er sagte: "Dein Plan ist eigentlich gar nicht so ganz verkehrt. Aber den Freund spiele nicht ich, den spielst DU." Jetzt war ich ganz baff: "Ich? Spinnst du? Erstens bin ich ein Mädchen, und zweitens kennt mich Bo schließlich! Logischerweise." - "Nicht wenn ich mit dir fertig bin", kicherte Zack und erinnerte mich: "Du weißt doch, meine Mama ist Maskenbildnerin beim Fernsehen und mein Vater Schauspieler am Theater. Die haben mir so manchen Trick gezeigt." Ach so meinte er das. Und er meinte: "Es nützt auch nichts, wenn du Bo einfach nur drohst. Ich hab' da eine bessere Idee."

Und das war sein Plan: Er wollte aus mir einen Jungen machen. Er besorgte sich allerhand Schminke und Klamotten aus dem Müllcontainer des Senders, bei dem seine Mutter als Maskenbildnerin arbeitet.

An einem Samstagvormittag machten wir uns an die Arbeit. Genauer gesagt, ER machte sich an die Arbeit, und ich musste still halten. Zunächst einmal tönte er mir meine schönen roten Haare straßenköterblond. Meinen Pferdeschwanz versteckte er unter einer hiphoppigen Pudelmütze. Dazu zog ich mir eine passende Jacke, eine passende Hose und passende Springerstiefel an - alles wie aus der Altkleidersammlung. Mein Gesicht und meine Hände schminkte mir Zack leicht blässlich, und dann klebte er mir künstliche Pickel ins Gesicht, und ich musste auf meine strahlend weißen Zähne Gummikotze auftragen.

Als ich mich vor den Spiegel stellte, kam ich aus dem Staunen nicht heraus: "Ich sehe so Kacke aus, wie nur männliche Teenager aussehen. Das wirkt total echt! Cool!" Auch Zack war mit dem Ergebnis zufrieden. Er sagte: "So, das wäre das Äußerliche. Du musst nun noch ein paar Dinge einstudieren, damit dich Bo nicht erkennt."

Zunächst musste ich lernen, meine Stimme zu verstellen. Zack schlug vor: "Am leichtesten ist es vielleicht, wenn du so tust, als wärste im Stimmbruch. Du musst kieksen. Also mal tief sprechen, und dann den nächsten Ton plötzlich ganz hoch, und dann wieder tief, und so weiter. Das klingt furchtbar, aber da muss jeder Junge mal durch, wenn er ein Mann werden will." Nun ja - so einfach war das nicht. Ich übte eine gute halbe Stunde, bis ich das mit dem Kieksen richtig drauf hatte.

Und dann meinte Zack: "So, und jetzt noch ein paar unangenehme Sachen. Rotz mal durch die Gegend." Ich war entsetzt: "Wie bitte?". Er erklärte: "Ja, spuck irgendwo hin. Ist wderlich, ich weiß, aber es soll doch echt wirken. Authentisch, wie meine Eltern immer sagen." Na gut - ich spuckte ein paar Mal auf den Boden, um also möglichst autistisch zu wirken. Zack war zufrieden: "Sehr schön ausgeführt. Eine 5,5 in der A-Note, und für den künstlerischen Eindruck sogar eine 5,7 in der B-Note. Und jetzt: Rülpse mal. Ist auch eklig, weiß ich, aber Rülpsen ist für einen dreizehnjährigen Jungen die zweite Muttersprache." Ich kam mir wirklich etwas seltsam vor, aber Zack hatte irgendwie Recht. Ich trainierte also das Rülpsen: "Börps ... börps ... böööööörps ...". Offenbar war ich sehr überzeugend, denn Zack jubelte: "Hervorragend! Als hättest du im Leben nie etwas anderes gemacht. Und jetzt musste noch pupsen." Ich war empört: "Also, das geht jetzt wirklich etwas zu weit!" Zack beruhigte mich: "Ja, kann ich verstehen, dass dich das ankotzt, aber dreizehnjährige Jungen furzen rund um die Uhr. Aber es reicht ja, wenn du das Pupsen mit dem Mund machst. Auf den Geruch verzichten wir mal." Okay, also machte ich mit dem Mund: "Pfffft .... pfffft ..... pfffffffft ..." Zack war begeistert: "Super! Als wärste nie ein Mädchen gewesen!"

Den Text für meine Rolle arbeiteten wir gemeinsam aus.

Und dann - am Nachmittag - war es so weit. Ich latschte zu Bos Haus. Möglichst breitbeinig, wie es mir Zack vorgemacht hatte.

Ich hatte nämlich gehört, dass Elisabeth Bratenmett mit ihren Eltern zur Einäscherung ihrer Großmutter musste und Bo zu dieser Zeit vor dem Haus allein sein Fahrrad flicken würde.

Und so war es auch. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich ziemlich nervös war. Mir war, als hätte ich einen ekligen bayrischen Semmelknödel im Hals. Aber ich hatte eine Mission zu erfüllen, und deswegen nahm ich all meinen Mut zusammen. Zur Einstimmung spuckte, rülpste und pupste ich jeweils einmal, und dann kiekste ich ihn an: "He - bist du der Junge, der jetzt mit Elisabeth Bratenmett zusammen ist?" Bo wirkte ziemlich überrascht. Er stand auf - musterte mich - und fragte übellaunisch: "Wer will das wissen?"

Das Gefecht war eröffnet, und ich musste weiterkieksen: "Na, ich. Börps ... ich heiße Claudi .... äh ... rotz ... Klaus-Peter. Ich war auch mal mit Elisabeth zusammen. Pffft." Ich schien Bo zu interessieren. "Aha - und jetzt nicht mehr?" fragte er. "Nee ... pffft ... ich hab' mit ihr Schluss gemacht." Bo wurde sichtlich immer neugieriger: "So so. Und was war der Grund?"

Auf diese Frage hatte ich natürlich gehofft und legte los: "Börps ... rotz ... pffft ... na ja, am Anfang fand ich die Schnecke ja ganz süß. Aber dann fing sie an, mir mit ihren widerlichen Angewohnheiten auf die Nerven zu gehen ... pffft." Logisch, dass Bo sofort fragte: "Welche denn zum Beispiel?"

Das hatte ich mir natürlich schon zurecht gelegt. Ich erzählte: "Na ja, zuerst mal ihr Fingernägelgekaue ... börps ..." Zu meiner Verwunderung nickte Bo und meinte: "Ja, das hat mich auch schon gestört. Aber diese Angewohnheit haben ja viele." Wie? Was? Das war mir eigentlich gar nicht aufgefallen, dass Elisabeth wirklich an ihren Nägeln herumbiss. Aber ich setzte noch eins drauf: "Tja ja, aber Elisabeth ist ja auch noch Wiederkäuerin." - "Wie - Wiederkäuerin?" wollte er verwundert wissen. Ich erklärte: "Das bedeutet, dass sie ihre aufgefressenen Fingernägel hinterher immer noch mal hochwürgt und ein zweites mal kaut." Ich genoss Bos Gesichtsausdruck. Er ekelte sich eindeutig. Bevor ihm das Ekeln verging, machte ich weiter: "Mit ihrem Musikgeschmack kam ich auch nicht klar. Volksmusik und Schlager! Marianne Dosenzwerg, Schleimo, Katja Schleppstein, Wildecker Herzfehler, Wolfgang Pisstry, Troy Schreck, Regensburger Domkrähen, Wiener Sängerkastraten, Nino de Angeloch, Dreck Stop, Stefan Mrotz und Stefanie Ferkel ..." Ich sah, wie Bo langsam das Mittagessen hochkam. Aber ich machte weiter: "Und dann ihr Pferdehobby. Dass sie Pferde liebt, okay ... aber dass sie Pferdeäpfel sammelt und in Essig einlegt, also, nee ..."

Bo hatte genug gehört. Und er sagte - zu meiner Verwunderung: "Also, wenn das so ist, kann ich ja heilfroh sein, dass Elisabeth gestern mit mir Schluss gemacht." Wie? Was? Die beiden waren gar nicht mehr zusammen? Und ich zieh so 'ne Show ab?! Oh nein! Ich versuchte, Land zu gewinnen: "Pffft ... börps ... rotz ... ich pfeif jetzt durch die Socken. Hau rein, Alter!" Und weg war ich.

Aber die Sache hatte auch ihr Gutes. Ich wusste, dass ich Bo nun zurückbekommen würde. Hi hi hi hi.

Am Montagmorgen (ich hatte mich natürlich inzwischen wieder "zurückverwandelt") in der Klasse setzte sich dann Bo auch tätsächlich nicht mehr neben Elisabeth. Er setzte sich allerdings auch nicht wieder neben mich. Statt dessen setzte er sich alleine in die ansonsten leere erste Reihe. Traurig.

Deswegen sagte ich ihm in der ersten großen Pause: "Bo, ich weiß zwar nicht, was los ist [heuchel heuchel heuchel], aber wenn du willst, kannst du gerne wieder neben mir sitzen. Ich bin nicht nachtragend." Bo guckte mich traurig an und sagte dann. "Das würde aber bedeuten, dass ich dir Nummer verzeihe, die du am Samstag bei mir abgezogen hast."

Auweia! Er hatte mich doch erkannt. Hätte ich besser gar nichts gemacht.

Na, was soll's? Ich bin noch jung, und Jungs hat's den ganzen Planeten voll.

Es grüßt euch

Eure Claudia Flunkert

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