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At last:
Daniel Roy’s first Simon Flunkert book is available!!!

Endlich:
Daniel Roys erstes Simon-Flunkert-Buch kann gekauft (und GELESEN!!!) werden!!!

Daniel Roy, Hi, Mitkids!
Simon Flunkerts Abenteuer in der Brägenwurstzone,
Norderstedt: BOD, 2005,
240 Seiten, ISBN: 3-8334-2907-0.

Mehr Informationen gibt es hier!


Das Interview mit dem Tontaubenzüchter


Als Moderator von Radio Rübe soll Simon Flunkert einen Gast interviewen. Der Gast ist Herr Georg Galgenvogel, der gerade eine wichtige Wahl gewonnen hat. Allerdings kann Simon Herrn Galgenvogel nicht ausstehen, und das Interview wird ziemlich interessant.

Simon is a radio host with Radio Turnip, and he is about to interview a guest. This guest is Mister Georg Galgenvogel, who has just won an important election. But Simon can't stand Mr Galgenvogel, and the interview will be a very interesting one.
Those of you who have seen BBC presenter Jeremy Paxman interviewing Mister George Galloway might have a déjà vu (as the Frenchmen say).


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland

Hallo, ihr!

Ich bin Zack Zatzicki, der Nachbarjunge von den Flunkerts, und ich werde euch heute eine Geschichte erzählen, die Simon eigentlich selbst erzählen müsste. Er war nämlich einer der beiden "Helden" in dieser Geschichte. Er hat allerdings keine Lust, die Geschichte selbst zu erzählen. Er möchte eigentlich noch nicht einmal daran erinnert werden. Deswegen nehme ich ihm das Erzählen mal ab.

Simon arbeitet an den Wochenenden nämlich manchmal als Moderator bei unserem örtlichen Sehnder Radiosender, der "Radio Rübe" heißt. Simon moderiert da die Hitparade (die "Grünkohl-und-Brägenwurst-Charts") und ab und zu auch die Talkshow "Gelaber am Wochenende". Und um die geht es heute.

Ich durfte an einem Sonntagnachmittag im Mai nämlich mitkommen, um mir einmal anzusehen, wie so ein Live-Radioprogramm gemacht wird. Vielleicht will ich so etwas ja später auch mal machen.

Als wir hingingen, hatte Simon noch keine Ahnung, wen er in der Sendung diesmal interviewen würde. Erst als wir dort waren, sagte ihm der zuständige Redakteur Niko Tien: "Simon, du interviewst heute Georg Galgenvogel. Du weißt, wer das ist?" Simon wurde rot. Ein schlechtes Zeichen. "Und ob ich den kenne", sagte er, und dann sagte er erst einmal kein Wort.

Kurz vor der Sendung kam dann dieser Herr Galgenvogel, und Simon begrüßte ihn höflich, aber nicht unbedingt freundlich. Dieser Herr Galgenvogel war offensichtlich einer von diesen Menschen, die immerzu lächeln, weil sie sich selber so cool finden.

Dann ging die Sendung los. Am besten wäre es, ihr könntet das Interview hören. Ich hab's nämlich auf Kassette aufgenommen. Das geht hier aber leider nicht, deswegen werde ich sie mir jetzt selbst noch mal anhören und dann für euch aufschreiben, was die beiden gesagt haben. Soweit ich mich noch erinnern kann, werde ich dann auch dazu schreiben, wie die beiden geguckt oder was sie gemacht haben.

SIMON (guckt ernst): .... Heute begrüßen wir in unserer Sendung Herrn Georg Galgenvogel aus Sehnde-Ilten. Guten Tag, Herr Galgenvogel.

HERR GALGENVOGEL (lächelt): Guten Tag, Simon Flunkert.

SIMON: Herr Galgenvogel hat am Freitagabend überraschend die Wahl zum 1. Vorsitzenden des Iltener Tontaubenzüchtervereins gewonnen.

HERR GALGENVOGEL (lächelt stolz): Das ist richtig.

SIMON: Bei dieser Wahl setzte er sich überraschend gegen Herrn Josef Lieblich durch, der bereits 78 Jahre alt ist und dem Iltener Tontaubenzüchterverein schon 53 Jahre als Vorsitzender gedient hatte. Herr Lieblich hatte den Verein selbst gegründet und bezeichnete ihn immer als "sein Ein und Alles". Nach der verlorenen Wahl sagte Herr Lieblich, dass diese Niederlage für ihn die größte Katastrophe seines Lebens sei und sein Leben damit nun keinen Sinn mehr habe.

HERR GALGENVOGEL (hat aufgehört mit dem Lächeln): Äääääh ...

SIMON: Herr Galgenvogel, sind Sie eigentlich stolz darauf, den Lebensabend eines alten Mannes zerstört zu haben?

HERR GALGENVOGEL (unangenehm überrascht): Also, diese Frage kann man so nicht stellen. Ich finde es sogar ziemlich frech von dir, dass du sie mir stellst. Stell mir besser eine andere Frage!

SIMON (denkt kurz nach, guckt sehr sehr ernst): Herr Galgenvogel, sind Sie eigentlich stolz darauf, den Lebensabend eines alten Mannes zerstört zu haben?

HERR GALGENVOGEL (angesäuert): Das finde ich jetzt wirklich penetrant. Die Frage ist völlig unberechtigt. Ich habe in der sehr wichtigen Wahl zum Vorsitzenden des Iltener Tontaubenzüchtervereins am Freitag einen der sensationellsten Wahlerfolge in der deutschen Nachkriegsgeschichte errungen, und anstatt mir zu gratulieren, fragst du junger Spund mich einfach ...

SIMON: Herr Galgenvogel, sind Sie eigentlich stolz darauf, den Lebensabend eines alten Mannes zerstört zu haben?

HERR GALGENVOGEL(schon richtig schön sauer): Ja, genau das fragst du mich! Ich werde dir diese Frage nicht beantworten. Es gibt zurzeit sehr viele ernsthafte Journalisten, die mich wegen meines historischen Wahlerfolges interviewen wollen, und wenn du mir diese Frage noch einmal stellst ...

SIMON: Herr Galgenvogel, sind Sie eigentlich stolz darauf, den Lebensabend eines alten Mannes zerstört zu haben?

HERR GALGENVOGEL: ... wenn du mir diese Frage noch ein einziges Mal stellst, stehe ich auf und gehe.

SIMON (tut empört): Oh, Sie sollten mir nicht drohen, Herr Galgenvogel.

HERR GALGENVOGEL (noch keine 80, aber auf 80): Ich? Ich drohe dir nicht! Ich wehre mich lediglich dagegen, dass du auf mich einprügelst!

SIMON (wird etwas lauter): Ich prügele überhaupt nicht auf Sie ein, Herr Galgenvogel! Warum wollen Sie mir meine Frage, ob es Sie stolz macht, den alten Herrn Lieblich zugrunde gerichtet zu haben, denn nicht beantworten?

HERR GALGENVOGEL (wieder etwas ruhiger): Weil sie nicht von Bedeutung ist. Ich bin dem Iltener Tontaubenzüchterverein vor drei Wochen beigetreten und habe sofort gesehen, dass es für den Verein gut wäre, wenn er mir von mir geleitet würde. Deshalb - und nur deshalb - habe ich mich zur Wahl gestellt. Mit der Person des Herrn Lieblich hat das rein gar nichts zu tun, und mit seinem Alter schon gar nicht.

SIMON (blättert in seinen Unterlagen): So? Das ist ja interessant. Ich habe hier einen Zeitungsartikel aus der Ausgabe des "Sehnder Tagespalaver" vom vorigen Donnerstag vor mir liegen, und darin werden Sie zitiert mit den Worten: "Es wird Zeit, dass der alte Knacker ins Altenheim geht. Der kann doch nicht mal mehr die Hand zum Munde führen, geschweige denn einen Verein."

HERR GALGENVOGEL (brüllt): Das habe ich nicht gesagt! (leiser) Na ja, vielleicht doch. Na, und wenn schon?

SIMON (blättert weiter): Und hier habe ich in der Ausgabe des "Iltener Götterboten" vom gestrigen Samstag ein Zitat von Herrn Iwan Telsetruhs: "Georg heißt nicht nur Galgenvogel, sondern er ist auch einer. Er gehört im östlichen Landkreis Hannover zur Halbwelt. Er hat die Wahl nur gewonnen, weil er mindestens die Hälfte der Mitglieder dafür bezahlt hat, ihm bei der Wahl ihre Stimme zu geben."

HERR GALGENVOGEL (irritiert): Wer soll das gesagt haben?

SIMON: Iwan Telsetruhs. Ein Mitglied Ihres Vereins. Kennen Sie den etwa nicht?

HERR GALGENVOGEL: Nein, den kenne ich nicht.

SIMON: Von dem haben Sie noch nie gehört?

HERR GALGENVOGEL: Nein, von dem habe ich noch nie gehört.

SIMON (überlegt): Aha ... (überlegt weiter) ... Von wem haben Sie denn sonst noch auch noch nie gehört?

HERR GALGENVOGEL (brüllt): Ich verbitte mir ...

SIMON: Iwan Telsetruhs ist ein Mitglied Ihres Vereins, und Sie haben noch nie von ihm gehört?

HERR GALGENVOGEL (wiegelt ab): Ach ... diese Iltener Tontaubenzüchter sind doch einer wie der andere. Ein Haufen langweiliger, hirnloser Spießbürger, die alle gleich aussehen ...

SIMON (blättert wieder): Kennen Sie wenigstens Anton Stichling?

HERR GALGENVOGEL (überrascht): Ja, den kenne ich. Er ist seit vielen Jahren Schatzmeister des Iltener Tontaubenzüchtervereins und in der Wahl vom Freitag in seinem Amt bestätigt worden. Außerdem ist er Inhaber eines bekannten Fischgeschäfts in Ilten.

SIMON (nickt): Genau. In derselben Ausgabe des "Iltener Götterboten" sagt Herr Stichling wörtlich: "Galgenvogel ist der glitschigste Aal, der mir jemals begegnet ist. Man sollte ihn mit einer Harpune ..."

HERR GALGENVOGEL (kocht vor Wut): Das ist wirklich UN - ER - HÖRT! Du solltest anerkennen, dass ich in einer historischen Wahl am Freitag von der Mehrheit der Mitglieder des Iltener Tontaubenzüchtervereins gewählt worden bin ...

SIMON: Das erkenne ich ja auch an.

HERR GALGENVOGEL: Und warum beleidigst du dann unsere Mitglieder?!

SIMON (entrüstet): Tue ich doch gar nicht! Sie sind der einzige Mensch, den ich hier gerade belei ...

HERR GALGENVOGEL: Ich bin in einer historischen Wahl, deren globale Relevanz noch gar nicht abzuschätzen ist, zum Ersten Vorsitzenden des Iltener Tontaubenzüchtervereins gewählt worden, und du hast noch nicht einmal den Anstand, mir zu meiner Wahl zu gratulieren!

SIMON (denkt absichtlich lange nach): Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl, Herr Galgenvogel!

HERR GALGENVOGEL (erstaunt): Oh. Vielen Dank.

SIMON: Nachdem wir uns jetzt wieder lieb haben, lassen Sie uns über etwas anderes sprechen. Sie sind also Vorsitzender eines Tontaubenzüchtervereins. Tontaubenzüchter. Was für ein Schwachsinn ist das denn jetzt wieder?

HERR GALGENVOGEL (fast kreischend): Wie bitte?

SIMON: Tontauben sind keine richtigen Tauben, sondern in einer Fabrik hergestellte Zielscheiben, auf die man schießt. Die kann man gar nicht züchten.

HERR GALGENVOGEL: Das werde ich ja wohl besser wissen! Mir reicht's endgültig! Ich gehe! (Steht auf und geht hinaus.)

SIMON: Oh, ich sehe schon, Herr Galgenvogel, Sie möchten sich lieber nur mit Leuten unterhalten, die Ihnen die Füße küssen. Schönes Leben noch, Herr Galgenvogel!

Nach dem Interview spielte die Regie erst einmal das Lied "Die weißen Tauben sind müde" von Hans Hartz. Zwischendurch sagte Simon traurig zu mir: "Wahrscheinlich bin ich zu weit gegangen. Der Galgenvogel ist Sportlehrer an unserer Schule, und ich kann ihn nun mal nicht ausstehen. Möglicherweise verliere ich dadurch meinen Job hier bei Radio Rübe."

Aber im nächsten Moment kam Niko Tien, der Redakteur, ins Studio und sagte strahlend: "Unser Hörer hat gerade angerufen. Er fand's prima. Was meinst du, Simon, soll ich zur nächsten Sendung Larry Luden einladen?" Simon dachte kurz nach: "Larry Luden? Ist das nicht der Schmierlappen, der die Kneipe gekauft hat und daraus ein Bord...." - "Ja, genau der", nickte Niko Tien, und grinste: "Den kannst du so richtig in die Mangel nehmen."

Ja, und so hat Simon seinen Job behalten.

Beste Grüße

ZACK

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