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Claudia und die tragische Geschichte von Hunde-Dani

Claudia and the Tragic Story of Doggy-Dani


Claudia erzählt von Hunde-Dani, einem Mädchen, das es mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmt.

Claudia tells us about Doggy-Dani, a girl who is somewhat "creative" as far as telling the truth is concerned.


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland

Hallo, Rübennasen!

Ich bin's, Claudia.

Neulich war ich schon wieder mal bei Zack Zatzicki. Zack ist ja so eine Art Verwandlungskünstler. Er prahlte gerade damit, dass er neulich seine eigene Oma reingelegt habe. Er hatte sich als Vertreter Kurt Klingelputz von der Versicherung Provinziell verkleidet und bei ihr geklingelt. Er sei so überzeugend gewesen, dass sie bei ihm eine Versicherung für ihr Auto abschließen wollte. Dabei hat sie gar kein Auto.

Ich bin ja nun wirklich nicht besonders brav - nie gewesen -, aber ich hatte echt Bedenken: "Zack, deine ewigen Flunkereien bringen dich noch mal ins Gefängnis." Zack fand das witzig: "MEINE Flunkereien. Wer von uns beiden heißt denn ‚Flunkert'?" - "Lenk nicht ack, Zapp! Äh: Lenk nicht ab, Zack! Wenn du so weitermachst, glaubt dir bald keiner mehr was."

Und um das zu belegen, erzählte ich ihm eine Geschichte. Die hatte ich erlebt, als ich sieben Jahre alt war. Also gerade mal halb so alt wie heute. Jetzt müsste also wieder der Bildschirm verschwimmen, denn das, was jetzt kommt, nennen Fernsehleute "Rückblende", und dabei verschwimmt normalerweise der Bildschirm.

Als ich nämlich sieben und so klein war, dass man mich nur unter einem guten Mikroskop sehen konnte (hi hi, ein Witz), also ... als ich sieben war, hatte ich eine Freundin namens Hunde-Dani. Natürlich hieß Hunde-Dani nicht wirklich Hunde-Dani, sondern eigentlich hieß sie Daniela Rabenrund. "Hunde-Dani" nannten wir sie, weil sie ständig ihre Dackeldame Messie dabei hatte. Außer Messie hatte Hunde-Dani noch einen Fehler. Ihr ahnt es schon: Sie log!

Aber nicht nur manchmal - das tun wir ja alle -, sondern Hunde-Dani log, wann immer sie den Mund aufmachte. Und sie machte ihn oft auf.

Häufig konnte man ihre Lügen sofort entlarven. Zum Beispiel erzählte sie einmal: "Morgen muss ich mit meinen Eltern nach Iserlohn fahren. Buäh! Das ist eklig! In Iserlohn haben alle Menschen ganz lange klebrige Haare. In ganz Iserlohn gibt es nämlich keinen einzigen Friseur." Den Unsinn habe ich ihr natürlich nicht geglaubt.

Aber reingefallen bin ich, als sie mir erzählte, dass ihr Papa mal deutscher Meister im Stabhochsprung gewesen sein soll. Ich liebe ja Sport, solange ich denken kann - seit meinem sechsten Lebensjahr -, und ich ging ganz begeistert zu Hunde-Danis Vater und fragte ihn, wie hoch er denn damals gesprungen sei. Er wusste gar nicht, wovon ich redete. Es stellte sich heraus, dass er noch nicht mal mit Stäbchen essen konnte, geschweige denn, mit einem Stab Hochsprung machen. Das war mir voll peinlich! Wenn ihr jetzt aber glaubt, dass das Hunde-Dani selber auch peinlich war, wenn sie beim Lügen erwischt wurde, irrt ihr euch. Das machte ihr überhaupt nichts aus. Sie schwindelte munter weiter. Heute weiß ich eigentlich gar nicht mehr, warum ich überhaupt mit ihr befreundet war. Na ja, wie gesagt, ich war noch ziemlich klein, und ein bisschen doof war ich auch.

Eines Tages in unseren ersten großen Ferien spielten wir zu viert auf dem Spielplatz: Hunde-Dani, ihr Dackel Messie, Rosi Montag, die auch so alt war wie wir, und ich. Wir kletterten auf so einem Gerüst herum und erzählten uns schön was. Das heißt, Rosi Montag und ich, wir erzählten, und Hunde-Dani erfand. Zum Beispiel log sie: "Ich war mal in Amerika. Da gab's auch ein Klettergerüst, das war so hoch, darauf kam man fast bis zum Mond." Na ja. Und außerdem: "Meine Mama macht heute Schafskäse in Schokoladensoße. Das essen die Leute in Griechenland auch immer." Rosi Montag zwinkerte mir zu und sagte leise: "Was die Hunde-Dani da wieder erzählt ... Schafskäse! Sowas Verrücktes gibt's doch gar nicht."

Und noch während wir kicherten, passierte es: Hunde-Dani, die ganz oben auf dem Gerüst war, rutschte ab und fiel zu Boden. Plumps. "Aua! Aua! Aua!" Sie hatte sich tierisch erschrocken, und wir uns natürlich auch. Wir kletterten runter, um ihr zu helfen, aber sie versuchte bereits, selbst aufzustehen. Das klappte aber nicht - sie fiel sofort wieder um. "Aua! Autsch!" Sie probierte es noch mal - und fiel wieder um. "Aua!", jammerte sie. "Mein Bein! Ich glaub', es ist gebrochen!" Ich bin keine Ärztin, und damals hatte ich noch weniger Ahnung von so was als heute, aber Rosi und ich, wir konnten sehen, dass Hunde-Danis linkes Bein total verdreht war. Ob es nun gebrochen war, konnten wir nicht genau sagen. Aber es war zweifellos böse verletzt.

"Wir müssen Hilfe holen", schlug ich vor. Pfiffig, ne? Rosi meinte: "Ich renne zu Hunde-Danis Mutter und erzähle ihr alles." Das war vernünftig, denn Hunde-Danis Eltern wohnten nur hundert Meter weiter oder so, und wir wussten, dass Frau Rabenrund zu Hause sein musste. Rosi lief also los, so schnell sie konnte, und ich blieb bei der jammernden Hunde-Dani und hielt ihre Hand. Die Dackeldame Messie schleckte derweil Hunde-Danis Gesicht, um sie zu trösten, und um etwas Salz zu sich zu nehmen.

Es dauerte eine Ewigkeit, bis Rosi zurück war. Und das Schlimmste: Sie kam allein zurück. Sie zuckte mit den Achseln und erzählte: "Frau Rabenrund hat mir nicht geglaubt." Und weiter: "Sie sagt, Dani würde bestimmt nur wieder schwindeln." Aber Hunde-Dani lag am Boden und jammerte, und ich kann euch versichern: Diesmal schwindelte sie wirklich nicht. Ich war empört, und nun lief ich selbst los. Messie dackelte mir hinterher. Die konnte ich jetzt eigentlich gar nicht gebrauchen, aber ich hatte auch keine Zeit, sie zurückzuschicken.

Ich brauchte bei Rabenrunds gar nicht zu klingeln, denn ich traf Frau Rabenrund im Garten. Bei ihr war ihre Nachbarin, Frau Rosenzwick, und die beiden fachsimpelten über Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Den Quatsch gab's damals nämlich auch schon. Ich war völlig außer Atem, aber ich sagte: "Frau Rabenrund ... keuch ... Sie müssen sofort kommen, die Hun... die Daniela hat sich wirklich ganz böse am Bein weh getan." Frau Rabenrund guckte mich säuerlich an: "Die Dani spinnt gerne mal ein bisschen rum. So schlimm wird's schon nicht sein." - "Doch, es ist schlimm!" Und ich fügte empört hinzu: "Ich sage immer die Wahrheit. Ich bin ja nicht die Daniela." Die beiden Frauen lachten sich zu, und Frau Rosenzwick sagte clever zu Frau Rabenrund: "Kinder - sind sie nicht niedlich?" Sie glaubten mir tatsächlich nicht. Ich redete noch weiter, aber sie fanden mich nur süß.

Aber dann bellte plötzlich Messie. Ganz laut. Immer wieder. Dann lief sie ein paar Schritte in die Richtung, aus der wir gekommen waren, hielt an, drehte sich um bellte weiter. "Ich glaube, Messie will uns etwas sagen", sagte Frau Rosenzwick nachdenklich. Messie lief wieder ein paar Schritte, und Frau Rabenrund vermutete: "Ich glaube, Messie will, dass wir ihr folgen." Na endlich, sie hatten's kapiert.

Ziemlich eilig liefen wir alle in Richtung Spielplatz. Dort sahen die Frauen, was los war, und Frau Rosenzwick rief den Krankenwagen. Danis Bein war wirklich gebrochen, und es dauerte lange, bis sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde.

Im Jahr darauf sind die Rabenrunds nach Bodenwerder gezogen, und Hunde-Dani und ich haben uns aus den Augen verloren. Das Letzte, was ich von ihr gehört habe, ist, dass Dani dort in Bodenwerder Artikel für ihre Schülerzeitung schreibt.

Als ich damals zu Hause erzählte, was passiert war, schüttelte meine Mutter den Kopf: "Die haben einem Hund mehr geglaubt als einem Kind. Typisch Deutschland." (Mama kommt übrigens aus Belgien.)

Es grüßt euch wahrhaftig

Eure CLAUDIA FLUNKERT

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