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At last:
Daniel Roy’s first Simon Flunkert book is available!!!

Endlich:
Daniel Roys erstes Simon-Flunkert-Buch kann gekauft (und GELESEN!!!) werden!!!

Daniel Roy, Hi, Mitkids!
Simon Flunkerts Abenteuer in der Brägenwurstzone,
Norderstedt: BOD, 2005,
240 Seiten, ISBN: 3-8334-2907-0.

Mehr Informationen gibt es hier!


Die Geisterstadt
(The Ghost Town)


Nein - um es gleich zu sagen, in dieser Geschichte kommt kein einziges Gespenst vor. Es ist nur so, dass die Straßen von Sehnde menschenleer waren, wenn bei der Fußball-WM 2006 die deutsche Mannschaft gespielt hat. Nur Simon war zu dieser Zeit unterwegs und hatte seltsame Begegnungen.

No - honestly speaking, there are not really any ghosts at all in that story. It´s just that the streets of the small town of Sehnde became so deserted during the Soccer World Cup 2006 matches of the German team that it appeared to be a "ghost town". Only Simon was out in the streets and had strange encounters with not-so-ambitious supermarket staff and tourists from places far away (even further than overseas), and he lets us know how to get best from Peine to Paris and who his sister Claudia has a crush on.


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland

Hi, (Mit-)Kids!

Ich bin Simon Flunkert, und wie einige von euch vielleicht wissen, bin ich ja nicht so der große Fußballfan. Wahrscheinlich bin ich einer von nur ganz wenigen Menschen in Deutschland, die die Fußballweltmeisterschaft kalt gelassen hat.

Es war Freitag, der 30. Juni 2006, und zwar ziemlich genau halb fünf Uhr nachmittags. Meine Eltern und meine kleine Schwester Claudia saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher, als ich kurz hineinging, um ihnen zu sagen: "Es ist wieder so schönes Wetter heute. Ich mach' mal 'ne kleine Radtour." Die drei guckten mich mit offenen Mündern an. Claudi stand auf, kam zu mir her, und sagte: "Aber gleich beginnt doch das Fußballspiel Deutschland gegen Argentinien. Das Spiel der Spiele! Bei dem Schweini ganz bestimmt ein Tor schießt. Und das willst du nicht gucken?" Ich schüttelte mit dem Kopf: "Nö. Interessiert mich nicht. Fußball ist nach meiner Meinung eh mehr ein Mädchensport." - "Wieso das denn?" fragten mich alle drei entgeistert. Ich erklärte es ihnen: "Na, guckt euch doch mal Kinder in der großen Pause auf dem Schulhof an. Wenn sich Jungen prügeln, dann schlagen sie mit den Fäusten. Wenn sich Mädchen prügeln, dann treten sie mit den Füßen. Anders geht das bei denen wahrscheinlich nicht. Und beim Fußball wird der Ball getreten. Wenn also Frauen Fußball spielen, finde ich das normal. Aber Männer, die einen Fußball treten, sind für mich Tucken, und ..." Weiter kam ich nicht, denn Claudia sagte wütend: "Schweini ist keine Tucke, und Mädchen treten nicht", und dabei trat sie mir vors Schienbein. Ich schimpfte: "Lass das, du Trampel!" und wollte ihr eine pfeffern, aber meine Mutter sagte: "Simon, wenn du sowieso nach draußen willst, kannst du ja eine Kleinigkeit aus dem Supermarkt mitbringen."

Damit war ich einverstanden, und als ich sie fragte: "Was denn?", gab sie mir einen Einkaufszettel, den sie bereits geschrieben hatte. Von wegen Kleinigkeit! Das war offenbar der Wocheneinkauf für die gesamte Familie. Aber ich hatte mich nun einmal leider schon bereit erklärt, und sie gab mir ja auch das Geld für den Einkauf.

Ich beschloss, erst einmal Fahrrad zu fahren und dann auf dem Rückweg einzukaufen. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, was draußen los war, als ich mit dem Fahrrad unterwegs war. Nichts war los! Ich will nicht sagen, dass ich in Sehnde, um Sehnde und um Sehnde herum überhaupt keine Menschen gesehen hätte, aber viele waren es wirklich nicht. Die guckten nämlich alle Fußball. Entweder saßen sie zu Hause vor dem Fernseher oder aber in den Kneipen und bestimmt auch einige im Büro. Wenn ich Fahrrad fahre, halte ich mich ja grundsätzlich genau an die Verkehrsregeln, aber bei dieser Tour wäre das gar nicht nötig gewesen. Da auch fast keine Autos unterwegs waren, hätte ich mitten auf der Straße Slalom fahren können.

Als ich an der Nervenheilanstalt in Sehnde-Köthenwald vorbeifuhr, hörte ich von drinnen lautes Aufstöhnen: "So ein Mist! ... Da hat unsere Abwehr aber geschlafen ... Ich werde verrückt... Das haben die Gauchos aber auch pfiffig gemacht ... Ich glaub', ich dreh' durch ... Dieses Fußballspiel macht mich wirklich wahnsinnig wahnsinnig ... Einfach irre ... ." Daraus schloss ich, dass Jens Lehmann wohl ein Tor kassiert hatte. Na, was soll's. Ich fuhr weiter und sang für mich das Lied: "Das kann doch einen Lehmann nicht erschüttern ..."

Ich musste ja noch einkaufen, und deswegen fuhr ich jetzt zu einem unserer Sehnder Supermärkte, der in dieser Geschichte übrigens ungenannt bleiben möchte. Ich ging hinein, und ich war nicht überrascht: Während der Laden an Freitagnachmittagen normalerweise proppenvoll ist, war heute wenig los. Was heißt "wenig"? Ich war in dem ganzen großen Geschäft der einzige Kunde. Die anderen Leute guckten ja alle Tuck..., äh, Fußball. Tja, das störte mich nicht, ich konnte in Ruhe alles in meinen Einkaufswagen packen, was auf Mamas Einkaufszettel stand: Rentadent-Zahnpasta, Sonnenblumenstängel-Margarine, ein Glas Prostitella, Waschpulver vom Weißen Zwerg, Käse der Billigmarke "Jein!", ein paar scharfe Chili-Schoten für mich selbst usw. Aber es war nicht nur so, dass ich keine anderen Kunden gesehen hätte, sondern ich habe auch niemanden vom Supermarktpersonal gesehen.

Deswegen war ich auch nicht überrascht, als ich an die Kasse kam, aber kein Mensch an der Kasse saß. Wahrscheinlich waren alle in irgendeinem Hinterzimmer und guckten das Fußballspiel. Ich legte in Ruhe meine Waren auf das Band ... und wartete ... und wartete. Es kam niemand. Dann ging ich auf die Suche. Und dann fand ich das Personal - in einem Hinterzimmer. Sie hatten einen Fernseher aufgestellt und guckten Fußball. Ich drängelte: "Entschuldigung - ich würde gerne bezahlen." Sie guckten mich gar nicht an, und eine der Kassiererinnen sagte: "Jetzt nicht. Die Verlängerung hat gerade begonnen. Sonst noch was?" Ich wurde ein ganz klein wenig sauer und sagte: "Ich habe aber nicht ewig Zeit", da meinte der Geschäftsführer, der mich ebenfalls nicht ansah: "Lass gut sein, Junge. Nimm die Waren heute einfach mal so mit."

Kopfschüttelnd ging ich allein zurück zur Kasse. Einkaufen ohne zu bezahlen - nee, das wollte ich gar nicht erst anfangen. Die Kasse selbst war ja aufgeschlossen - so schwer konnte das nicht sein. Ich setzte mich selbst an die Kasse und zog meine Waren über den Scanner. Es klappte! Am Ende stand auf der Anzeige: "42,95". Ich legte einen 50-Euro-Schein in die Kasse und nahm mir das Wechselgeld von 7 Euro und 5 Cent heraus.

Da ich mit dem ganzen Zeug nicht mehr Fahrrad fahren konnte, schob ich mein Rad mit dem Einkaufskorb nach Hause. Als ich dort ankam, lief Claudia zur Haustür heraus und tanzte. Ich sagte zu ihr: "Du wirst nicht glauben, was mir gerade passiert ist." Das interessierte sie aber gar nicht. Sie jubilierte: "Du wirst nicht glauben, was uns gerade passiert ist. Wir haben gewonnen! Lehmann hat zwei Elfmeter gehalten! Er hat sich vor den Elfmetern einen Zettel aus der Socke geholt. Da stand bestimmt darauf, wohin die Argentinier schießen würden." Ich wunderte mich: "Na sowas. Verstößt es denn nicht gegen die Regeln, wenn ein Fußballspieler lesen und schreiben kann?" Claudia lachte darüber, aber sie trat mir trotzdem vors Schienbein. Sie fügte noch hinzu: "Schade ist nur, dass Schweini kein Tor geschossen hat."

Aber es geht ja noch weiter: Dienstag, der 3. Juli, 20.30 Uhr. Meine Familie saß wieder vor dem Fernseher. Ich kam ins Wohnzimmer und sagte: "Ich fahre wieder ein bisschen Fahrrad." Meine Familie schlug sich gegenseitig vor den Kopf, und Papa sagte vorwurfsvoll: "Gleich spielt Deutschland gegen Italien im Halbfinale. Das Spiel der Spiele! Als Deutscher wäre es deine heilige Pflicht, dir das anzusehen." Und Claudia meckerte: "Ja, Simon, du musst echt verrückt geworden sein." Ich meinte: "Mir kommt es eher so vor, als wäre ich der einzige, der noch normal ist." Mama mahnte mich nur: "Aber nimm dich vor den bösen Onkels in Acht!" Ich beruhigte sie: "Mache ich. Obwohl das nicht nötig sein wird - die bösen Onkels gucken heute alle Fußball." Beim Rausgehen hörte ich noch, wie Claudia sagte: "Hoffentlich schießt Schweini heute auch mal ein Tor."

Tja, und wieder fuhr ich stundenlang herum, und diesmal traf ich wirklich überhaupt keinen Menschen.

Und dann hörte ich dieses seltsame Geräusch: Sippelsippelsurr sippelsippelsurr suppelsuppelsirr. Es schien von oben zu kommen. Ich guckte zum Himmel und ... na, ich will's kurz machen: Ich sah eine fliegende Untertasse! Ein außerirdisches Raumschiff! Ej, ich schwör! Es flog nicht nur so herum, sondern es landete! Mann, war ich erschrocken! Und dann stieg jemand aus. Es waren zwei grüne Männchen. Sie kamen auf mich zu. Das eine hatte etwas in der Hand. Es war ... es war: Eine Landkarte!

Das Männchen ohne Landkarte begrüßte mich. Es sprach mit einer metallischen Stimme, aber in sehr gutem Deutsch mit einem nur ganz leichten außerirdischen Akzent: "Guten Abend, junger Mann. Jettich, jettich, heute sind die Straßen aber leer. Das liegt wahrscheinlich an diesem Mädchensport, den die im Fernsehen zeigen, nicht wahr?" Erstaunt, aber gefasst, antwortete ich ihm: "Ja, richtig. Die Leute gucken alle das Fußballspiel Deutschland gegen Italien. Mich selbst interessiert das ja nicht so. Äh ... kann ich vielleicht etwas für Sie tun?" Das Männchen mit der Landkarte nickte und sagte: "Das hoffe ich. Mein Kollege und ich kommen vom Mars und haben ein paar Tage Urlaub in Peine gemacht. Schönes Städtchen übrigens. Jetzt wollen wir noch einen Abstecher nach Paris machen, bevor wir zum Mars zurückfliegen. Aber wir haben uns wohl verfranst. Wissen Sie zufällig, wie wir fliegen müssen?"

Da konnte ich die beiden beruhigen: "Oh, da haben Sie sich überhaupt nicht verflogen. Sie sind hier auf der Iltener Straße in Sehnde. Das liegt genau an der bekannten Überlandstrecke Peine-Pattensen-Paris. Sehen Sie, da hinten an der Einmündung, wo es nach Wassel und Laatzen geht, fliegen Sie links ab. Wenn Sie dem Straßenverlauf folgen, erreichen Sie nach ungefähr zwanzig Kilometern Pattensen. Und da gucken Sie einfach auf die Wegweiser, denn ab Pattensen ist die Strecke nach Paris ausgeschildert." Die beiden freuten sich ("Das ist ja einfach" ... "Das sollten wir wohl finden") und bedankten sich bei mir ("Netter Zug von Ihnen" ... "Diese Erdlinge sind wirklich gastfreundlich"), und als sie wieder ihr Raumschiff bestiegen, verabschiedeten sie sich noch von mir ("Schönen Abend noch"... "Tschö mit ö"). Dann flogen sie zügig, aber unaufgeregt, weiter in Richtung Pattensen.

Eilig fuhr ich nach Hause, um meiner Familie von diesem Erlebnis zu erzählen. Aber als ich ankam, saß Claudia weinend auf der Treppe. "Du wirst mir nicht glauben, was mir gerade passiert ist", sagte ich aufgeregt. Doch das wollte sie schon wieder nicht wissen. "Du wirst mir nicht glauben, was uns gerade passiert ist", sagte sie und erzählte: "In den letzten drei Minuten der Verlängerung hat sich unsere Mannschaft von den Italienern noch zwei Tore einschenken lassen." - Ich verstand nicht recht und fragte sie: "Ist das 'was Gutes oder 'was Schlechtes?" Da schluchzte sie laut. Sie war so traurig, dass sie sogar vergaß, mich zu treten.

Und deshalb behielt ich die Geschichte mit den Marsianern erst einmal für mich. Stattdessen nahm ich Claudi brüderlich in den Arm und sagte ihr: "Ach, das ist doch nicht so schlimm. Dann spielen die deutschen Tuck ... die deutschen Fußballspieler bei dieser Weltmeisterschaft halt nur um Platz 3. Wird bestimmt ein gutes Spiel. Und wer weiß - vielleicht schießt dann ja dein Liebling, das Schweinchen, sogar zwei bis drei Tore."

Es grüßt euch

Euer SIMON FLUNKERT

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