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At last:
Daniel Roy’s first Simon Flunkert book is available!!!

Endlich:
Daniel Roys erstes Simon-Flunkert-Buch kann gekauft (und GELESEN!!!) werden!!!

Daniel Roy, Hi, Mitkids!
Simon Flunkerts Abenteuer in der Brägenwurstzone,
Norderstedt: BOD, 2005,
240 Seiten, ISBN: 3-8334-2907-0.

Mehr Informationen gibt es hier!


Unruhe im Forum - Forum Trouble

Claudia ist eine sogenannte Moderatorin im Internetforum für sportliche Teenager. Das ist nicht immer einfach.
Claudia is a so-called moderator in an Internet forum for teenies who love sports. That is not always an easy job to do.


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland

Hallo, Rübennasen!

Ich bin's, eure Claudia Flunkert.

Surft ihr eigentlich viel im Internet? Manche Leute sind ja heutzutage in ihrer Freizeit mehr online, als dass sie richtige Dinge tun, und bekommen davon irgendwann einen ganz komischen Gesichtsausdruck. Ich selbst bin ja mehr der sportliche Typ und mache halt viel Sport und habe gar keine Lust, den ganzen Tag im Internet zu "wohnen".

Das heißt jetzt aber nicht, dass ich das Internet nicht mag. Ganz im Gegenteil: Man kann im Internet bequem nach interessanten Informationen suchen und sich mit interessanten Leuten austauschen, und das kann dann sehr nützlich und spannend sein. Manchmal muss man sich allerdings auch ärgern. Ihr werdet sehen, was ich meine:

Gerade weil ich Sport so liebe, bin ich in einem Internetforum für sportliche Jugendliche. Allzu viele Mitglieder sind wir da zwar nicht, aber ein paar Dutzend sind wir schon. In so einem Internetforum schreiben die Mitglieder zu einem Themenbereich Beiträge, von denen sie denken, dass sie auch für andere interessant sind, und die anderen Leute lesen dann diese Beiträge und können dann, wenn sie möchten, eine Antwort dazu schreiben. So entstehen manchmal richtig aufregende Diskussionen, und man bekommt oft auch nützliche Tipps, wenn man in Internetforen herumstöbert.

In diesem Internetforum für sportliche Jugendliche bin ich jetzt schon seit zwei Jahren Mitglied. Weil die anderen fanden, dass ich gute Beiträge schreibe und mich auch sinnvoll an den Diskussionen beteilige, haben sie vor einiger Zeit beschlossen, dass ich mich in dem Forum als Moderatorin betätigen sollte. Als Moderatorin oder Moderator in einem Internetforum hat man besondere Pflichten und besondere Rechte. Zu den Pflichten gehört es, dass ich mir die Beiträge der einzelnen Mitglieder durchlese und eingreifen muss, wenn jemand die anderen veräppeln will oder aber, wenn sich Mitglieder böse zanken. Bei Streitereien versuche ich dann zu schlichten, und wenn alles nichts hilft, muss ich die bösen Beiträge ändern oder sogar löschen.

Das mit dem Löschen war aber noch nie nötig gewesen - bis neulich.

An Montagnachmittag, nachdem ich meine Hausaufgaben erledigt hatte, ging ich ins Internet, um mal eben nachzulesen, was sich am Wochenende in unserem Forum so getan hatte. Ich hatte mich gerade angemeldet, als ich las: "Sie haben private Nachrichten in Ihrem Postfach." Aha - jemand hatte mir also eine private Nachricht geschickt. Ich klickte auf das Symbol für den Postkasten, und - Auweia! Von wegen 1 Nachricht. Das waren gleich mehr als zehn. Von anderen Forumsmitgliedern, wie zum Beispiel Gewichtheber, Tennisfloh, Kugelstoßerin auf der Erbse, Ziegengerippe, Pferdetuschlerin, Eiskunstboxer oder Basketballzwerg. Wenn ihr euch in Internetforen auskennt, dann werdet ihr wissen, dass man sich dort nicht unter seinem echten Namen anmelden muss, sondern man kann sich dort einen sogenannten Nickname ausdenken, den man dann benutzt. Die meisten machen das auch. Nur ich selbst bin da wohl die Ausnahme, denn mein Nickname im Forum ist Claudia. Schließlich heiße ich wirklich Claudia und weiß gar nicht, warum ich mich nicht zu erkennen geben sollte. Schließlich schreibe ich nur Sachen, die ich verantworten kann. Also brauche ich mich auch nicht zu maskieren, finde ich.

Ich hatte also eine Menge privater Nachrichten bekommen, und es waren praktisch alles "Beschwerdebriefe". Alle beschwerten sich nämlich über ein neues Forummitglied, das sich Kölscher Jeck nannte. Kugelstoßerin auf der Erbse schrieb beispielsweise: Claudia, diesen kölschen Jeck solltest du aus dem Forum werfen. Der beleidigt andauernd die Leute. Guck dir zum Beispiel man an, was er in den Beitrag von Volleyballwunder geschrieben hat."

Hmm - mal sehen. Ich war mir nicht ganz sicher, welchen Beitrag Kugelstoßerin auf der Erbse meinte. Deswegen musste ich erst einmal auf die Suche gehen. Ein Beitrag eröffnet von Volleyballwunder am 5. Januar um 09.12 Uhr mit dem Titel Peinliches Geräusch beim Volleyball. Volleyballwunder schrieb:
"Hallo, ihr da! Ich bin ein vierzehn Jahre altes Mädchen und spiele seit Herbst mit großem Spaß Volleyball. Da ich nicht allzu groß bin, spiele ich am liebsten in der Verteidigung. Pritschen und Baggern und so. Schmettern überlasse ich den Größeren. Ich habe nur ein Problem, und das ist mir ein bisschen peinlich: Immer wenn ich bei einer Aktion mit dem Hintern auf den Hallenboden falle, klatscht das so doll, und die anderen lachen dann. Mir ist das voll peinlich! Habt ihr eine Idee, wie man das Klatschen abstellen kann? Euer Volleyballwunder"
Hi hi hi. Lustige Anfrage. Und es war auch schon eine Antwort auf diese Anfrage da. Aha. Von Kölscher Jeck. Er hatte am 5. Januar um 11.11 Uhr geschrieben: "Hallo, du blaues Volleyballwunder. Ich würde mal behaupten, das mit dem peinlichen Klatschen liegt an deinem dicken Popo. Wahrscheinlich bist du genauso fett wie Kugelstoßerin auf der Erbse. Die ist so breit, dass sie durch keine Tür passt und man für sie in ihrem Sportclub spezielle Schlupflöcher bauen musste. Volleyballwunder, ich schlage vor, du nimmst einfach mal tausend Kilo ab. Dann klatscht das nicht mehr so laut, wenn du aufs Parkett fällst. Ich bin weg, dein Kölscher Jeck.'
Also, das war jetzt vielleicht etwas flapsig formuliert, aber wenn ich ehrlich sein soll: Gedacht habe ich das Gleiche. Wie ich sah, hatte Volleyballwunder bereits auf diese Antwort geantwortet. Sie schrieb: "Kölscher Jeck, du blöder Sack! Ich habe überhaupt keinen dicken Hintern. Okay, ich bin vielleicht nicht ganz mager. Aber wenn man 155 cm groß ist und 106 Kilo wiegt, ist man deswegen doch noch lange nicht dick, oder?"
Oh, da musste ich als Moderatorin wohl eingreifen. Deswegen schrieb ich: "Hallo, meine lieben Rübennasen! Ich möchte euch daran erinnern, dass wir uns doch vorgenommen haben, in diesem Forum nett miteinander umzugehen. Kölscher Jeck, wenn du meinst, Volleyballwunder habe ein figürliches Problem, könntest du sie auch höflicher darauf hinweisen. Ich schlage vor, dass du dich bei ihr umgehend entschuldigst, und bei Kugelstoßerin auf der Erbse übrigens auch. Hallo, Volleyballwunder - ich habe in der Schule auch schon oft Volleyball gespielt, und es war mir eigentlich immer egal, wie es sich anhörte, wenn eine von uns zu Boden ging. Wenn deine Angaben stimmen, muss ich allerdings sagen, dass ein bisschen Abnehmen für dich wirklich nicht schlecht wäre. Versuche doch mal, ein bisschen weniger zu essen und ein bisschen mehr zu trainieren. Wenn du das durchhältst, wird sich in ein paar Jahren das Problem mit dem lauten Popoklatschen vollständig erledigt haben. LG, deine Claudia."

So, dass hatte ich doch gut gelöst, oder?

Jetzt musste ich noch gucken, ob Kölscher Jeck noch mehr Leuten ans Bein gepink ... noch mehr Leute beleidigt hatte. Und, oh ja - ich fand noch einiges.

Zum Beispiel hatte unser Mitglied Jogis Erlösung geschrieben: "Hi, Leute! Ich bin zwölf Jahre alt und spiele total gerne Fußball. Schon solange ich denken kann. Und ich wäre auch unheimlich gut darin, wenn ich den Ball richtig treffen würde. Egal wie ich den Ball trete, er fliegt immer da hin, wo ich ihn nicht hin haben will und worauf ich nicht gezielt habe. Kann mir einer von euch einen Tipp geben, wie ich das in den Griff bekommen kann?" Sofort hatte ihm Kölscher Jeck geantwortet: "Hallo, Jogis Erlösung! Du spielst also seit einigen Wochen Fußball. Also, warum du den Ball immer verballerst, kann ich dir zwar auch nicht mit Sicherheit sagen, aber vielleicht hast du einfach zu große Füße. Wenn du Füße hast wie Klosettdeckel, ist klar, dass du damit nicht gut schießen kannst. Aber einen Tipp habe ich trotzdem für dich: Ziel doch einfach dahin, wo du den Ball nicht hin haben willst. Dann geht er automatisch da hin, wo er hin soll. Hast du das verstanden? Na, wahrscheinlich nicht, das war wohl zu kompliziert für dich. Viel Spaß noch, du Ballermann. Ich bin weg, dein Kölscher Jeck."

Na ja, das war jetzt wirklich eine ziemlich gemeine Antwort. Jogis Erlösung schrieb auch beleidigt zurück: "Ich habe keine großen Füße. Gerade mal Schuhgröße 58. Und doof bin ich auch nicht. Ich habe im Zeugnis sechs Vieren, drei Fünfen und nur zwei Sechsen."

Dann hatte Pferdetuschlerin geschrieben: "Mein Oliver ist bockig. Oliver ist ein Wallach, und ich nehme mit ihm an Springreitturnieren teil. Im Training geht immer alles problemlos. Aber immer wenn wir in einem Turnier an den Wassergraben kommen, bremst er plötzlich im allerletzten Moment ab, und ich falle immer vornüber in den Wassergraben. Zum Glück habe ich mich noch nie ernsthaft verletzt, aber die Zuschauer lachen sich immer krumm. Kann es sein, dass mein Pferd heimtückisch ist?" Kölscher Jeck antwortete ihr: "Nein, Pferdetuschlerin, ich kann dich beruhigen. Dein Wallach ist ganz bestimmt nicht heimtückisch. Er hat nur viel Humor. Er findet es wahrscheinlich total lustig, wenn du in deinem Reitoutfit total nass und stinkesauer aus dem Wassergraben kriechst. Die Menschen lachen ja schließlich auch. Wahrscheinlich findet er es auch witzig, dass du so doof bist, immer wieder auf denselben Trick reinzufallen. Aber nein, heimtückisch ist er nicht. Wenn er heimtückisch wäre, würde er mit dir im Sattel auf das Dach eines Hochhauses rennen und dich von dort auf die Straße werfen. Aber das wäre dann ja nicht lustig. Ich bin weg, dein Kölscher Jeck." Ich sage euch jetzt nicht, was Pferdetuschlerin dem Kölschen Jeck wörtlich geantwortet hat, aber es waren mehrere Morddrohungen dabei.

Kölscher Jeck hat noch viele andere 'Nettigkeiten' geschrieben. Alle kann ich gar nicht aufzählen. Nur noch eine. Powermädchen hatte im Forum geschrieben: "In unserer Stadt gibt es eine Rugbymannschaft für Mädchen. Ich finde Rugby richtig gut und möchte das auch spielen. Meine Eltern erlauben es mir auch, aber meine Freundin Etepetetra sagt jetzt, Rugby ist nichts für Mädchen. Stimmt das?" Eigentlich hätte ich ihr die Frage selbst beantworten können, denn ich spiele selbst Rugby - schon seit ich neun war. Aber Kölscher Jeck war mir zuvorgekommen: "Weißt du, Powermädchen, andere Mädchen machen Dressurreiten, Synchronschwimmen, Kunstturnen oder spielen Handball oder Fußball - typische Mädchensportarten eben. Aber seien wir mal ehrlich: Beim Rugby kann man seinen Gegner umreißen und ihm dabei so richtig schön weh tun, und es ist auch noch erlaubt. Beim Rugby kann man gemein, brutal und rücksichtslos sein - und das ist doch genau das, was ihr Mädchen gerne wärt, oder? Wie sagt man doch: Der ärgste Feind der Frau ist die Frau. Spiel ruhig Rugby und sei richtig schön fies dabei! Es wird dir gefallen. Meine kleine Schwester spielt übrigens auch Rugby. Ich bin weg, dein Kölscher Jeck."

Powermädchen war zwar überhaupt nicht beleidigt, sondern schrieb zurück: "Oh, das klingt ja gut. Danke, Kölscher Jeck! Du bist richtig nett - egal was die anderen sagen", aber dafür war ICH sauer: Rugby ist zwar ein harter Sport, aber überhaupt kein Prügelsport. Wir müssen sogar sehr diszipliniert beim Rugby sein, sonst verhängt der Schiedsrichter strenge Strafen. Und außerdem hatte ich die Nase voll von diesem Kölschen Jeck. Ich nutzte jetzt meine Macht als Moderatorin und löschte alle Antworten, die er geschrieben hatte, und ich löschte auch sein Benutzerkonto. Das heißt, Kölscher Jeck konnte nun keine Beiträge mehr schreiben. Ich hatte ihn E-LI-MI-NIERT! Ich hatte ihn rrrrrücksichtslos ausrrrrradierrrrt! He he he!

Am Abend kam dann mein großer Bruder Simon zu Besuch. Papa hatte nämlich am nächsten Tag seinen 45. Geburtstag. Simon wohnt jetzt in Köln, weil er dort seinen Zivildienst macht und anschließend dort studieren will. Simon kam mit dem Auto, denn seit einigen Monaten hat er den Führerschein. Ja, ihr habt richtig gelesen: Irgendein deutscher Fahrprüfer war so verrückt, meinem Bruder den Führerschein zu geben. Aber ich muss zugeben, dass Simon eigentlich schon ganz gut fährt.

Als Simon vorfuhr, stieg er aus und rief: "Kommt bitte schnell!" Papa und ich rannten raus, und Papa fragte Simon noch im Lauf: "Hast du meinen Lieblingskäse dabei?" Simon antwortete: "Ja klar. Deswegen sollt ihr ja schnell kommen und schon mal die Tüte mit dem Käse mitnehmen. Mein armes kleines Auto wird jetzt monatelang nach Käse stinken." Papa hatte Simon nämlich gebeten, ihm aus Köln seinen Lieblingskäse mitzubringen: 1 Kilo einer Marke mit dem Namen Le fromage monstrueux. Schmeckt gut, aber stinkt gewaltig. Bo ej! "Musste es wirklich dieser Stinkekäse sein, Papa?", fragte Simon auch. Aber Papa meinte: "Ja, unbedingt. Er stinkt zwar gewaltig, aber er schmeckt auch gewaltig. Der schmeckt so gut, da legt ihr die Zunge an und schnalzt mit den Ohren. Nach diesem Käse leckt ihr euch alle zwölf Finger."

Papa verschwand mit der Käsetüte in den Garten. Dort hatte er zur Lagerung seiner bevorzugten Käsesorten extra einen Bunker gebaut. Simon guckte mich an und sagte: "Na, Claudi. Wie geht's dir? Mir ist zu Ohren gekommen, du hattest im Internet Ärger mit einem Flegel namens Kölscher Jeck.'" Oh - ich war überrascht: "Aha. Woher weißt du das? Surfst du auch in unserem Forum herum?"

Jetzt war Simon fast beleidigt: "Claudia. Spätestens, als ich geschrieben habe, dass meine kleine Schwester auch Rugby spielt, hättest du doch etwas merken müssen."

Jetzt begriff ich. So eine Gemeinheit: Mein eigener Bruder war Kölscher Jeck.

Hmm.

Ich hatte einen Einfall: Ich könnte ja mal eine kleine Party geben. Dafür musste ich mich nur kurz mit meinen Eltern absprechen, ein paar Mails verschicken und ein paar Telefonate führen.

Dann sagte ich zu Simon: "Sag mal, bist du am Samstagnachmittag noch hier?" Er nickte: "Ja, bin ich. Ich fahre doch erst Montag zurück. Wieso denn?" Ich erzählte ihm: "Ach, ich bekomme Besuch von ein paar Bekannten. Die wollte ich schon längst mal einladen, und außerdem wollten die dich auch gerne mal kennen lernen." Andere große Brüder hätten sich vielleicht etwas gewundert, aber seitdem Simon seine Geschichten im Ki.Ka erzählt, hat er so ein paar Starallüren und antwortete deshalb: "Oh, verstehe. Fans von mir. Autogrammkarten sind aber vergriffen. Ha ha ha ha ..." Völlig selbstverliebt. Na ja - vorne lächelte ich, aber hinten fletschte ich die Zähne.

Am Samstagmittag ging ich gegen 13.00 Uhr zu Fuß zu unserem Sehnder Bahnhof. Dort würde ich meine Gäste abholen. Sie kamen nämlich alle aus unterschiedlichen Städten. Sie wollten sich im Hauptbahnhof Hannover treffen, um dann gemeinsam von dort den Zug nach Hildesheim zu nehmen, der bei uns in Sehnde hält.

Der Zug traf pünktlich ein (Nanu, wie war das denn möglich?), und es stiegen drei Mädchen und ein Junge aus. Alle etwas jünger als ich. Sie kamen auf mich zu, und eines der Mädchen fragte mich: "Bist du die Claudia?" Ich bejahte und sagte: "Dann seid ihr also Jacqueline, Mandy, Christina und Markus. Herzlich willkommen in Sehnde! Wir müssen ein paar Minuten laufen, aber wir sind ja alle sportlich."

Bei mir zu Hause begrüßten wir kurz meine Eltern und gingen dann in unsere Wohnküche, wo ich eigenhändig unter Einsatz meines Lebens einen kleinen Salat zubereitet hatte. Ich erklärte: "Eigentlich wollte ich uns erst eine Torte kochen. Aber dann dachte ich mir, wir sind ja alle sportliche Menschen, da mache ich uns besser etwas, das sportlich schmeckt. Das hier ist ein Salat mit Tomaten, Fenchel, Eisbergsalat, Radieschen, Sellerie, Schafskäse, Salamistückchen, Tofu, Broccoli und Schokoladenstreuseln." Sie guckten mich entsetzt an, und ich lachte und sagte: "Kleiner Scherz. Natürlich ist da kein Broccoli drin." Sie waren erleichtert.

Dann klopfte ich an Simons Zimmertür und fragte: "Simon, kommst du? Unsere Gäste sind da."

Simon kam ziemlich schnell (hatte wohl Hunger), und ich machte alle miteinander bekannt: "Das hier ist mein großer Bruder Simon. Und das hier sind Jacqueline Zuschke aus Oebisfelde, Mandy Krawatnik aus Magdeburg, Christina Haumichblau aus Neustadt am Rübenberge und Markus Pflaumenkaiser aus Visselhövede."

Wir begannen mit dem Essen, und inzwischen unterhielten wir uns alle ziemlich gut. Simon machte auch mit, obwohl er außer den Namen und den Wohnorten meiner Gäste eigentlich gar nichts von ihnen wusste. Irgendwann fragte ihn Jacqueline mal: "Gehst du noch zur Schule, Simon?" Ehe Simon selbst etwas sagen konnte, antwortete ich für ihn: "Nein. Simon hat letztes Jahr Abitur gemacht. Im Moment macht er Zivildienst in Köln und will danach Kanalkunde und Angewandte Belletristik studieren." - "Ach so", sagten alle vier Gäste, und Simon meinte: "Na ja, was die Studienfächer angeht, habe ich mich noch nicht wirklich festgelegt. Vielleicht studiere ich stattdesen lieber Sportreligion, Geometrische Literaturwissenschaften oder Physikphilosophie." Alle staunten: "Aaaah." Dann erzählte ich noch: "Außerdem hat Simon viele Jahre Geschichten im Ki.Ka-Text erzählt. Inzwischen mache ich das ja auch." Meine Gäste sagten wieder: "Aaaah." Und weiter erzählte ich: "Außerdem meldet sich Simon offensichtlich gerne in Internetforen an, die ihn eigentlich gar nicht interessieren, und ärgert da die Leute." Jacqueline sagte kurz: "Oh", und die anderen sagten gar nichts.

Stattdessen schwiegen jetzt alle. Ich grinste böse. Meine vier Gäste ahnten wohl alle, was los war, und Simon schien auch etwas zu schwanen. "Kennen wir uns etwa aus dem Internet?", fragte er kleinlaut.

Und ich wurde deutlich: "Gestatten? Simon nennt sich auch schon mal Kölscher Jeck. Und, Kölscher Jeck, Mandy ist das Volleyballwunder aus dem Internetforum für sportliche Jugendliche, und du hast ihr gesagt, sie sei zu fett." - "Äh ... angenehm", sagte er kleinlaut, aber das klang nicht sehr überzeugend. Ich machte einfach mal weiter: "Jacqueline kennst du als die Pferdetuschlerin. Du fandest es tierisch lustig, wie sie dauernd von ihrem Pferd direkt in den Wassergraben fiel. Markus ist Jogis Erlösung, und du hast dich darüber lustig gemacht, dass er beim Fußball den Ball nie dahin schießt, wohin er ihn eigentlich schießen will. Und Christina ist das Powermädchen, dem du gesagt hast, sie könne ruhig Rugby spielen, weil das für brutale Mädchen genau das Richtige sei."

Eisiges Schweigen. Keiner sagte etwas. Eigentlich war das ja ein bisschen gemein von mir, aber ich wollte, dass jemand, der andere Leute im Internet beleidigt, seine Opfer ruhig mal als richtige Menschen kennen lernt. Das hatte wohl auch gewirkt. Simon sagte ängstlich: "Oh, ich kann mir vorstellen, dass ihr jetzt ein bisschen sauer auf mich seid. Dabei hatte ich es wirklich nur als Spaß gemeint."

Aber dann sagte Mandy: "Also, ich bin eigentlich gar nicht sauer. Ich war ja wirklich etwas zu dick, und als du das damals geschrieben hast, habe ich eine Diät begonnen. Schaut mal - dreihundert Gramm habe ich schon abgenommen." Und Jacqueline sagte: "Na ja, es sah wohl wirklich albern aus, wie ich immer im Wassergraben herumschwamm. Deswegen haben mein Wallach Oliver und ich seit dem Zank im Forum neulich eine neue Trainerin, und seitdem falle ich nicht mehr ganz so oft in den Wassergraben." Markus sagte: "Ja, und dein Tipp für mich war sowieso cool, Simon. Ich habe inzwischen herausgefunden, wie ich den Ball am besten schieße. Soll er nach links, gucke ich nach rechts, soll er nach vorn, schieße ich rückwärts, und so ... keine Ahnung, wieso das funktioniert, aber es geht." Und Christina meinte: "Also, ich war sowieso nie sauer. Inzwischen bin ich auf dem Weg zur Rugby-Jugendnationalspielerin."

Tja, irgendwie war das anders gelaufen, als ich gedacht hatte. Anders als geplant - und viel besser.

Simon hat sich im Forum übrigens neu angemeldet und gibt den anderen Tipps. Aber er ärgert keinen mehr.

Mit versöhnlichen Grüßen

Eure Claudia Flunkert

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