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Claudia Flunkert und die fliegenden Schweine

Claudia Flunkert and the Flying Pigs




Claudia Flunkert absolviert ihr Berufspraktikum. In Deutschland ist das inzwischen Tradition und sehr wichtig, denn so können SchülerInnen herausfinden, wo sie später im Leben auf gar keinen Fall arbeiten wollen. Claudi hat sich für die Computerfirma SPAMTHEM entschieden, wo auch schon Felicitas Pfeifenfried arbeitet. Gleich am zweiten Tag lernt Claudia den Bereich der Kundenbetreuung kennen, und da kommen plötzlich und unerwartet wieder diese fliegenden Schweine ins Spiel.


Claudia Flunkert is doing her practical course. These courses are a tradition and very important in Germany, because they let school students find out which kind of work they do NOT want to do in the later stages of their lives. Claudia has opted for the computer company SPAMTHEM to do this course, where she meets her old friend Felicitas, who works there. Already on her second day, Claudia becomes acquainted with the customer service's work, and she is surprised to face these flying pigs again.


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland

Hallo Rübennasen!

Ich bin's, Eure Claudia Flunkert. Ob ihr's glaubt oder nicht, aber ich bin ja inzwischen schon in der achten Klasse. Und ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber an unserer Schule ist es inzwischen Brauchtum, dass Achtklässler im Laufe des Schuljahres ein Berufspraktikum in irgendeiner Firma oder Behörde machen. Das ist sehr wichtig, um herausfinden, in welcher Branche man später mal auf gar keinen Fall arbeiten will.

Bei uns war es in den Wochen vor den Osterferien so weit. Wir konnten Wünsche äußern, wo wir am liebsten unsere Praktikumswochen verbringen wollten, und diejenigen von uns, die wunschlos glücklich waren, bekamen einfach von der Schule etwas aufgedrückt. Da ich nicht als Haarwegfegerin bei Friseur Krummschnitt und auch nicht als Mixerin in der Weinhandlung von Monsieur Antigel arbeiten wollte, hatte ich mich schon frühzeitig für ein Praktikum bei der Computerfirma SPAMTHEM hier in Sehnde entschieden. Computer interessieren mich ein bisschen, aber vor allem hatte ich mich darum beworben, weil ich jemanden kannte, der dort arbeitete: Felicitas Pfeifenfried.

Felicitas muss so Mitte oder Ende zwanzig sein. Früher hatte sie in unserem Nachbarhaus gewohnt. Sie studiert seit ziemlich vielen Semestern an der Universität Hannover die Fächer Computerbotanik und Emanzipatorische Mathematik, und um sich das leisten zu können, hat sie immer nebenher irgendeinen Job. Seit einiger Zeit arbeitet sie nun also schon bei dieser Firma SPAMTHEM in der Qualitätssicherung.

An einem Montagmorgen ging ich zum ersten Mal zur "Arbeit". Felicitas sah mich bereits von ihrem Bürofenster aus und stürzte herunter, um mich freudig zu begrüßen und mich hineinzulassen. Felicitas ist immer gut drauf, müsst ihr wissen. Zuerst stellte sie mich ihren Kollegen vor, damit die wussten, wer ich war (ich selber konnte mir die ganzen Namen und Gesichter natürlich nicht gleich merken), und dann nahm sie mich mit in ihr eigenes Büro, in dem noch zwei andere Leute an Computern saßen und arbeiteten. Die hießen Heidi Hamburger und Tobias Eller und arbeiteten für die Abteilung "Dokumentation", wie sie mir sagten. Wir setzten uns vor Felicitas' eingeschalteten Computer, und ich konnte mich erst einmal ein bisschen ausruhen.

"Weißt du", erklärte sie mir, "als Mitarbeiterin der Qualitätssicherung von SPAMTHEM muss ich alle Softwareprodukte unserer Firma genau testen, bevor sie bei den Kunden eingesetzt werden können." Aha - hatte ich mir eigentlich schon gedacht, wenn ich ehrlich sein soll. Um Interesse zu heuch ... zu bekunden, fragte ich sie: "Macht dir das denn Spaß?" Sie meinte: "Och doch. Es ist auf jeden Fall besser als mein früherer Job. Da war ich in der Qualitätssicherung von Janson, Janson, Janson und Janson. Die stellen Fieberthermometer für Babys her, und ich musste jedes einzelne Gerät ganz genau testen." Mir schauderte. Wahrscheinlich wurde ich blass, denn als mich Felicitas ansah, meinte sie: "Na ja, nicht genau so, wie du dir das jetzt vorstellst."

Ich wollte lieber auf das Computerzeug zu sprechen kommen, weil ich das angenehmer fand, und fragte: "Was kann denn eure Software so?" Felicitas zuckte kurz zusammen und antwortete dann: "Och, alles Mögliche." - "Wie, alles Mögliche?" hakte ich nach. Irgendwie schien Felicitas mit der Frage Probleme zu haben, aber der Herr Eller kam ihr zu Hilfe: "SPAMTHEM hat sich auf Software spezialisiert, die großen Firmen hilft, ihren eigenen Kunden und denen, die es werden sollen, in Form von E-Mails, Faxen und Briefen Werbematerial zuzusenden. Deswegen auch der Firmenname SPAMTHEM: Spam them ist Englisch und heißt auf Deutsch so viel wie: Müll sie zu. Wir haben Klienten auf allen fünf Kontinenten, die meisten übrigens in Afrika."

Felicitas nickte: "Genauso ist es. Ich selbst teste im Moment die Software FLYFLYFLY. Die ist für Fluggesellschaften gedacht. Die eigentliche Software habe ich schon fertig getestet, jetzt teste ich noch die Hilfetexte, die die Benutzer brauchen, wenn sie nicht weiter wissen." Sie klickte sich mit der Computermaus am Bildschirm durch die Seiten, und plötzlich erschrak sie. Ich guckte, warum sie so erschrocken war, und musste schmunzeln. "Das ist ja süß", meinte ich. "Süß ja", pflichtete sie mir bei, "aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das so sein soll." Also, was uns da so stutzig machte, waren fliegende Schweine. Ja, auf der Seite links oben war ein bewegtes Bildchen. Ein "animated GIF", wie so etwas auch genannt wird. Es zeigte drei rosa Schweinchen mit Flügeln (!), und sie flatterten mit ihren Flügelchen. Darunter stand auf Englisch: "Wir bringen Schweine zum Fliegen!"

"Tobias, was soll das?" fragte Felicitas ungewohnt streng den Herrn Eller. Der Herr Eller stand auf, schaute uns über die Schulter und meinte: "Ach das! Das war nur ein Scherz für die Kollegen. Im Englischen bedeutet Wenn Schweine fliegen, dass eine Sache ziemlich unmöglich ist. Und mit diesem Wir bringen Schweine zum Fliegen meinte ich, dass wir in der Doku-Abteilung das Unmögliche möglich machen. Die Kunden bekommen dieses Bild natürlich NICHT zu sehen." Felicitas atmete auf: "Na, Gott sei Dank. Morgen wird dieses FLYFLYFLY nämlich bei der Fluggesellschaft Dudel Airlines in Hannover installiert, und wenn die ein Bild mit fliegenden Schweinen sehen würden, wäre die Hölle los. Sie würden glauben, mit den fliegenden Schweinen würden wir SIE meinen. Die wären tödlich beleidigt und würden schweinemäßig Ärger machen." Der Herr Eller redete weiter beruhigend auf sie ein: "Ja, keine Sorge, auf der Software CD, die beim Kunden eingespielt wird, ist dieses Bild natürlich wirklich NICHT dabei. Wir sind ja nicht bescheuert."

Felicitas guckte nun entspannter, und dann erklärte sie mir lächelnd: "Das ist übrigens für dich interessant, Claudia. Morgen wirst du den Siggi Benemsi nach Langenhagen ins Büro von Dudel Airlines begleiten und zugucken, wie er die Software installiert. So nennt man das, wenn die Software beim Kunden ins Computersystem eingespielt wird. Dudel Airlines ist übrigens eine schottische Firma, die sind da alle irgendwie ganz witzig." - "Na ja, witzig! Ich weiß ja nicht ...", hörte ich von hinten die Heidi Hamburger zweifelnd sagen.

Den Rest des Tages verbrachte ich in der Küche damit, für die Leute von SPAMTHEM Kaffee zu kochen. He, ihr glaubt ja nicht, wie viel Kaffee Computerleute an einem Tag so wegzwitschern! Ich habe an dem Tag bestimmt zwanzig Kannen gekocht.

Am nächsten Morgen ging ich zunächst ins Büro von Felicitas, um sie zu begrüßen, und dann direkt in die Abteilung Kundendienst. "Hallo, Claudia", begrüßte mich dort der Herr Benemsi. "Ich bin der Siggi, du kannst mich duzen. Einen Augenblick noch, dann fahren wir los", sagte er. Er machte noch die orientalische Wasserpfeife aus, die er gerade geraucht hatte, schnappte sich seine Aktentasche, und wir gingen runter zum Parkplatz mit den Firmenwagen. "Kann ich im Auto vorne sitzen?" fragte ich. "Kein Problem", sagte er. "Wir fahren sowieso mit einem Smart." Äh - ja.

Auf dem Weg erklärte er mir: "Wir fahren jetzt zum Flughafen Hannover-Langenhagen. Weißt du, Dudel Airlines ist eigentlich eine schottische Fluggesellschaft. Sie hat ihren Hauptsitz allerdings am Flughafen Langenhagen, weil das billiger ist." Und er sagte noch: "Es kann durchaus ein bisschen unangenehm werden. Dudel Airlines ist unser schwierigster Kunde. Nie wirklich zufrieden. Selbst wenn wir denen die eierlegende Wollmilchsau verkaufen würden, wären sie nicht zufrieden. Dann würden sie sich wahrscheinlich darüber beschweren, dass die eierlegende Wollmilchsau nicht auch noch fliegen kann." Ich musste lachen: "Na ja, manchmal können Schweine ja tatsächlich fliegen." Ich musste nämlich an das Bild mit den fliegenden Schweinen vom Tag davor denken.

Als wir am Flughafen den Smart an einem Fahrradständer geparkt hatten, gingen wir zu einem großen Firmengebäude. Der Herr Benemsi drückte die Klingel mit der Aufschrift "Dudel Airlines" und wartete, bis sich jemand über die Gegensprechanlage meldete. Eine Stimme quiekte: "Dudel Airlines. Wir haben kein Geld. Sie wünschen?" Herr Benemsi sprach hinein. "Benemsi, Firma SPAMTHEM. Wir haben einen Termin." Die Tür machte "Summ", und wir konnten hinein.

Drinnen begrüßte uns die Empfangsdame von Dudel Airlines: "Wir haben kein Geld. Guten Morgen. Unser Systemadministrator erwartet Sie bereits." Als wir zwei uns durch die dunklen Gänge tasteten - an der Beleuchtung wurde offenbar gespart - flüsterte mir Herr Benemsi zu: "Dudel Airlines ist nicht nur unser schwierigster Klient, sondern auch der geizigste." Als wir an einer Tür angekommen waren, die Herr Benemsi für die richtige hielt, zündete er ein Streichholz an, und wir lasen auf dem Türschild: "Jerry McDump, Systemadministrator". "Hier sind wir richtig", sagte Herr Benemsi und klopfte.

Der Herr McDump begrüßte uns sachlich: "Wir haben kein Geld. Ich habe Sie schon erwartet. Ich zeige Ihnen das Büro, in dem Sie die Installation vornehmen können." Er führte uns über den Gang in ein Büro, in dem ein Computer und zwei Holzstühle standen. Er sagte: "Ich hoffe, Sie haben alles, was Sie brauchen. Bitte beeilen Sie sich. Zeit ist Geld, und Geld haben wir nicht." Er fragte uns noch unerwartet: "Möchten Sie vielleicht etwas trinken?" Als wir beide schüchtern nickten, erklärte er: "Im Flughafen gibt es diverse Schnellimbisse und Selbstbedienungsläden, da können Sie sich etwas kaufen. Wir haben kein Geld." Dann ließ er uns glücklicherweise allein.

Der Herr Benemsi begann mit seiner Arbeit, und er schien keinerlei Probleme zu haben. Er kam so schnell voran, dass ich mich zu langweilen begann. Er klickte sich fix von einer Bildschirmmaske zur nächsten - und dann wurde er irgendwie stutzig. Er starrte auf den Bildschirm und murmelte etwas in einer Sprache, die ich nicht kannte. Ich schaute nun auch auf den Bildschirm - und da waren sie wieder: Die fliegenden Schweine! Ja, das Bild mit den fliegenden Schweinen. Ich wunderte mich: "Komisch. Felicitas und Tobias sagten, dieses Bild würde auf keinen Fall beim Kunden landen, weil der ja beleidigt sein könnte." Herr Benemsi war nicht amüsiert, und er meinte: "Sagen und Tun sind zwei verschiedene Paar Stiefel. Da muss ein ganz schlimmer Fehler passiert sein."

Er griff zu seinem Handy, um in der Firma anzurufen: "Felicitas, hier ist Siggi. Sag mal, seid ihr verrückt? Mach sofort ein Prio-1-Worksheet auf ..." Er erklärte, was los war, und sagte dann: "Ich schicke euch die Claudia vorbei." Oh oh, das klang nun nach Arbeit für mich selbst.

Nach dem Telefonat erklärte er mir: "Claudia, wie du schon bemerkt haben wirst, haben wir eine Krise. Wenn der Kunde dieses Bildchen mit den fliegenden Schweinen sieht, wird er selbst zum Schwein. In der Firma machen sie nun eine CD mit derselben Software, aber ohne das Bild. Ich würde dich bitten, mit der Bahn nach Sehnde zu fahren, um mit der richtigen CD zurückzukommen. Ich werde hier bleiben und so tun, als ob ich normale technische Probleme hätte. Das sind Kunden gewohnt, da werden sie keinen Verdacht schöpfen. Hier ist dein Fahrgeld."

Nun, ich hatte keine Wahl. Ich ging an der Empfangsdame vorbei und log: "Ich kaufe uns etwas zu trinken." - "Wir haben aber kein Geld", rief sie mir noch hinterher. Ich fuhr erst mit der U-Bahn zum Hauptbahnhof Hannover, und von dort nahm ich den Zug nach Sehnde. Vom Sehnder Bahnhof lief ich zur Firma, das war noch mal'n gutes Stück. Am Eingang wartete bereits Felicitas und meinte aufgeregt: "Die Ersatz-CD ist FAST fertig. Komm mit!" Sie nahm mich mit zum Büro von Frau Whipman. Dort sah ich etwas, das ich nicht erwartet hatte. Am Computer saß die Frau Whipman mit einer Schutzbrille vor den Augen, und in der Hand hielt sie einen Schweißbrenner! Die Funken flogen. "Frau Whipman brennt gerade die neue CD", erklärte Felicitas. Dann machte die Frau Whipman den Schweißbrenner aus, nahm die Schutzbrille ab und sagte: "Okay, finished."

Ohne Zeit zu verlieren, riss Felicitas ihr die noch glühende CD aus der Hand, packte mich am Kragen, rannte mit mir auf den Parkplatz, sprang in einen anderen Smart, und wir rasten los zum Flughafen. Ich wunderte mich noch: "Felicitas, wenn du die CD sowieso selbst hinbringst, warum musste ich dann erst mit dem Zug zurückkommen?" - "Ach, das ist schwer zu erklären", meinte Felicitas, und wir behandelten das Thema nicht weiter.

Am Flughafen parkten wir den Smart in einem Schließfach und rannten zurück zum Bürogebäude. Felicitas blieb draußen, und ich schlich mich mit der neuen CD am Empfang von Dudel Airlines vorbei. "Wir haben kein Geld", sagte die Dame wieder. Herr Benemsi war froh, als er mich sah: "Ein Segen, Claudia! Viele Ausreden wären mir für den Herrn McDump nämlich nicht mehr eingefallen."

Im Nullkommanichts hatte er die neue Software installiert. Er klickte die Seite an, auf der zuvor das Bild mit den fliegenden Schweinen war - und in der Tat, es war nicht mehr da. Zum Glück! "Das war vielleicht aufregend", sagte ich. "Ach, so etwas kommt schon mal vor", meinte er ruhig.

Dann trat Herr McDump hinzu, um die neue Software in Augenschein zu nehmen. Er nahm die Maus an sich und klickte selbst herum. Am Ende ging er noch in den Teil mit der Online-Hilfe - und da passierte es!
Auf einer Seite, die wir vorher gar nicht gesehen hatten, war ein Bildchen. Ein Bildchen, das sich bewegte. Nein - diesmal waren es keine fliegenden Schweine. Es war ein Männchen mit Rock und Dudelsack! Immer wenn das Männchen in den Dudelsack blies, ging ihm der Rock hoch! Herr Benemsi rechnete mit dem Schlimmsten und hörte auf zu atmen. Mir war auch nicht gut. Aber dann sagte der Herr McDump etwas, mit dem wir beide am wenigsten gerechnet hatten: "Hey! Das ist ja niedlich! Schöne Idee! Passt wunderbar zu uns. Ist das im Preis mit inbegriffen? Wir haben nämlich kein Geld."

Ich war hinterher direkt ein bisschen sauer. Wenn ihm das Männchen mit dem Dudelsack gefallen hat, hätten ihn die geflügelten Schweine wahrscheinlich auch nicht gestört.

Ich selbst verbrachte den Rest des Praktikums übrigens mit Kaffeekochen.

Es grüßt euch schweinisch

Eure CLAUDIA FLUNKERT

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