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At last:
Daniel Roy’s first Simon Flunkert book is available!!!

Endlich:
Daniel Roys erstes Simon-Flunkert-Buch kann gekauft (und GELESEN!!!) werden!!!

Daniel Roy, Hi, Mitkids!
Simon Flunkerts Abenteuer in der Brägenwurstzone,
Norderstedt: BOD, 2005,
240 Seiten, ISBN: 3-8334-2907-0.

Mehr Informationen gibt es hier!


Das große Theater

Great Theatre




Claudia Flunkert und Zack Zatzicki gehören der Theater-AG ihrer Schule an. Aber das Theaterspielen wird erschwert, wenn die Leiter der AG völlig bekloppt sind.

Claudia and Zack are members of their school's theatre project. But acting is even harder when the directors have strange ideas.


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland

Teil 1 - Der große Theatermann

Hallo, Mitkids!

Nein, ich bin nicht Simon Flunkert, sondern Zack Zatzicki, der Nachbarsjunge und Freund von Simon Flunkert und seiner Schwester Claudia. In den nächsten Wochen werdet ihr hier meine Geschichten lesen. Claudia wird aber auch immer wieder darin vorkommen.

Vor ein paar Wochen ist für mich ein Wunsch in Erfüllung gegangen, von dem ich schon fast vergessen hatte, dass ich ihn mal hatte. Ich hatte mir nämlich immer gewünscht, Geschwister zu haben. Jetzt mit zwölf Jahren hätte ich wirklich nicht mehr damit gerechnet, aber seit einigen Monaten ist sie da: Meine kleine Schwester Zynthia! Das ist schön - das ist aber auch anstrengend. Zynthia ist zwar unheimlich niedlich, und ich bin auch richtig ein bisschen stolz. Was mich aber nervt, das ist, dass sie nachts ständig munter wird und dann die ganze Familie zusammenschreit. Deswegen sind meine Eltern und ich in letzter Zeit immer so müde. Meine Eltern betrifft das noch mehr als mich, denn sie stehen nachts immer auf, um Zynthia zu füttern und neu zu wickeln und sowas. Deswegen gehe ich in letzter Zeit für meine Eltern öfters mal einkaufen, damit die sich auch mal ein bisschen hinlegen können.

Deshalb war ich zwischen Weihnachten und Neujahr mal wieder im großen Supermarkt Spufi. Auf dem Einkaufszettel, den mir meine Mutter mitgegeben hatte, standen unter anderem Windeln und Windbeutel. Während ich dort einkaufte, kam eine Durchsage über den Lautsprecher. Eine Frauenstimme sagte: "Achtung, es folgt eine Durchsage für unsere Kunden. Am Bäckereistand in der Eingangshalle hat irgendjemand einen Hund angebunden. Der Kläffer vergrault uns die Kunden. Wir fordern den Besitzer daher auf, seinen Hund umgehend zu entsorgen." Ha ha ha - nicht nur ich lachte, sondern die anderen Leute im Supermarkt auch. Die Frau hatte wirklich "entsorgen" gesagt! Das hatte ich in so einem Zusammenhang auch noch nie gehört. "Da scheint wohl jemand ein bisschen genervt zu sein", hörte ich einen Mann sagen. Stimmt - und das Beste war, dass mir die Stimme dieses "Jemands" sehr bekannt vorgekommen war.

Nachdem ich an der Kasse den Einkauf bezahlt hatte, ging ich mal hin zu diesem Bäckereistand, der sich hinter den Kassen befand. Eine alte Dame war gerade laut schimpfend dabei, ihren Hund loszubinden. Nachdem sie den Hund und sich selbst "entsorgt" hatte (also, nachdem sie gegangen war), traute ich mich näher heran an die Bäckerei - und, ja, ich hatte richtig vermutet: Dort stand in einem weißen Kittel und einer weißen Mütze Claudia Flunkert. "Hi, Claudia", sagte ich, "hast du wieder mal 'nen Ferienjob?" - "Hallo, Zack", antwortete sie, "ja, der Sklavenlohn, den meine Eltern Taschengeld nennen, reicht nun mal vorne und hinten nicht. Und bis eben die Ziege ihren Hund hier deponiert hat, hatte ich sogar Spaß." Ich wollte das Thema wechseln, und ich hatte Claudia sowieso schon die ganze Zeit etwas fragen wollen: "Du, Claudia, ab Januar beginnt doch in der Schule die Theater-AG. Machst du da auch mit?" - "Klar! Du doch bestimmt auch", meinte sie, und ihre Laune wurde wieder besser.

Mit dieser Vermutung hatte Claudia natürlich Recht. Einige von euch wissen vielleicht, dass ich mich für das Theaterspielen interessiere. Ich liebe es geradezu. Vor einem Jahr habe ich sogar schon mal als Statist in der Fernsehsendung "Goethestraße" mit den Schauspielerinnen Cordula Stratenkötter und Annette Fröstel mitspielen dürfen. Aber ansonsten wohne ich nun mal in Sehnde, und in Sehnde gibt es nun mal kein Theater und eigentlich auch sonst nichts mit Kultur und so.

Deswegen war ich total froh, als es am ersten Schultag im Januar nachmittags losging mit der Theater AG. Claudia (die ein paar Schuljahre weiter ist als ich) und ich und ein paar weitere Kinder, die ich euch demnächst noch vorstellen werde, warteten gespannt auf den Lehrer, der die Theater AG organisiert hatte und leiten würde. Da kam er auch schon: Rainer-Sönke Fasswenders. Ein noch junger Lehrer, der erst seit diesem Schuljahr an unserer Schule ist und Französisch und Sport unterrichtet. "Soyez les bienvenus au grand théâtre du splendide. Voici les planchers qui signifient le monde", begrüßte er uns, aber dann quatschte er zum Glück auf Deutsch weiter: "Schon als Kind hat mich das Theater fasziniert. Ich wollte immer ein großer Theaterschauspieler, Theaterregisseur und Theaterautor werden." - "Warum sind Sie es denn dann nicht geworden?", fragte ganz unschuldig Simone Sonneblum. "Äh ... tja ..." - er dachte kurz nach und sagte: "Französisch und Sport haben mich nun mal noch mehr fasziniert. Theater ist aber mein Hobby geblieben. Und gemeinsam werden wir uns nun der schönen Welt des Theaters hingeben."

Er erklärte uns dies und das über die Geschichte des Theaters, und dann fragte er uns: "Wer von euch will denn mal ein berühmter Theaterschauspieler beziehungsweise eine berühmte Theaterschauspielerin werden?" Hmm - eigentlich hätte ich mich da melden können, denn ich will ja tatsächlich ein berühmter Theaterschauspieler werden. Aber wenn Lehrer so fragen, kommt meistens noch etwas Unangenehmes hinterher, und deswegen meldete ich mich vorsichtshalber mal nicht. Claudia hatte da wohl weniger Bedenken, und sie meldete sich - als einzige übrigens. "Aaaah ja", sagte Herr Fasswenders und fragte sie dann: "Und weißt du auch, was nötig ist, wenn eine Frau eine berühmte Theaterschauspielerin werden will, Claudia?" - Claudia lachte böse, meldete sich wieder und antwortete: "Klar. Sie muss mit einem bedeutenden Theaterregisseur ins Bett gehen und ganz lieb zu ihm sein und hoffen, dass er ihr zu einer Theaterrolle verhilft." Einige von uns machten entsetzt: "Oooooh", und andere lachten verschämt. Der Herr Fasswenders lachte auch ein bisschen, aber er war dabei ein wenig sauer. Er sagte aber: "Ich bin dir wegen dieser Antwort nicht böse, Claudia. Es ist ein weitverbreitetes Vorurteil, dass eine Frau einfach mit einem bedeutenden Theaterregisseur ins Bett gehen und ganz lieb zu ihm sein und hoffen muss, dass er ihr zu einer Theaterrolle verhilft, wenn sie eine berühmte Theaterschauspielerin werden will. Aber ganz so einfach ist das nicht."

Er holte sich stilvoll eine Zigarre aus der Westentasche und steckte sie sich in den Mund. Dann nahm er sie wieder heraus, denn er wollte uns ja etwas erklären: "So etwas reicht natürlich nicht aus. Wenn du eine berühmte Theaterschauspielerin werden willst, Claudia, dann brauchst du zunächst einmal sehr viel Einfühlungsvermögen. Wenn du eine Rolle spielst, dann musst du dich in diese Figur, die du darstellst, hineinversetzen. Du musst verstehen, wie diese Figur denkt. Du musst lernen, wie diese Figur zu fühlen. Ich gehe sogar noch weiter: Du musst glauben, du seist diese Figur. Du musst selbst zu dieser Figur werden." Wir Kinder lauschten gespannt. Was Herr Fasswenders da sagte, klang spannend. Er erklärte weiter: "Und natürlich brauchst du Überzeugungskraft. Du musst die Leute im Zuschauersaal davon überzeugen, dass du diese Figur bist. Sie müssen vergessen, dass du die Schauspielerin Claudia Flunkert bist. Sie müssen begreifen, dass du nicht nur eine Rolle spielst, sondern sie müssen empfinden, dass du diese Figur bist. Egal, welche Figur du spielst - ob Gretchen in Goethes Faust, ob Nora Helmer in Ibsens Ein Puppenheim, ob Fräulein Else in Schnitzlers Fräulein Else oder ob Tiffy in der Sesamstraße... Und um diesen Zustand zu erreichen, musst du mit Inbrunst spielen." Wir nickten, denn was der Herr Fasswenders sagte, ergab Sinn. Doch er sprach noch weiter: "Und du brauchst Disziplin und Präzision, Claudia Flunkert. Deine Mitspieler und Mitspielerinnen auf der Bühne müssen sich voll und ganz auf dich verlassen können. Du musst deinen Text hundertprozentig können und niemals etwas vergessen, abändern oder hinzufügen. Du musst hart zu dir selbst sein, Claudia. Bei den meisten Theaterproduktionen darfst du während der Vorstellung auf der Bühne nicht einmal essen. Bei anderen Vorstellungen wiederum musst du essen, weil es zum Stück gehört - selbst wenn du gar keinen Hunger hast." Wau - wir waren beeindruckt. Das alles war also nötig. Und dann sagte Herr Fasswenders: "Wenn eine Frau, die eine berühmte Theaterschauspielerin werden will, das alles vorweisen kann - Einfühlungsvermögen! Überzeugungskraft! Inbrunst! Disziplin! Präzision! - Dann ..." - "Dann muss sie mit einem bedeutenden Theaterregisseur ins Bett gehen und ganz lieb zu ihm sein und hoffen, dass er ihr zu einer Theaterrolle verhilft", fiel ihm Claudia ins Wort.

Wir mussten alle lachen - nur Herr Fasswenders lachte nicht mit. Stattdessen biss er ein großes Stück von seiner Zigarre ab. Die war nämlich aus Schokolade.

Und wie es mit unserer Theater AG weiterging, erzähle ich euch das nächste Mal.

Es grüßt euch herzlich

Euer ZACK



Teil 2 - Der große Sprung

Hi, Kids!

Ich bin’s, Zack Zatzicki. Das letzte Mal habe ich euch davon berichtet, dass Claudia Flunkert und ich der Theater-AG an unserer Schule beigetreten waren. Wir waren natürlich nicht die einzigen, es waren auch noch andere von unserer Schule dabei. Der Leiter der Theater-AG war allerdings ein Lehrer: Herr Fasswenders, der normalerweise Französisch und Sport unterrichten muss.

Am Ende unseres ersten Treffens wollten wir natürlich noch wissen, welches Stück wir eigentlich aufführen wollten. „Etwas Lustiges“, schlug Annemie Klamaukmeister vor. „Nein, lieber etwas Klassisches“, meinte hingegen Norman Nerdberg. „Hauptsache, ich spiele die Hauptrolle“, witzelte Mareike Knackstedt. Derweil biss unser Lehrer, der Herr Fasswenders, noch mal von seiner Schokoladenzigarre ab und sagte: „Ich habe schon ein Stück für uns ausgesucht.“ Wir guckten ihn gespannt an. Er erklärte: „Es ist ein Stück, das von dem inzwischen pensionierten Sportreporter Manfred Vordemhinterschinken geschrieben wurde. In dem Stück geht es um eine Gruppe junger Skispringer und Skispringerinnen und ihre Beziehungen.“ Jetzt guckten wir ihn ziemlich enttäuscht an. Das überraschte ihn etwas, und er fügte hinzu: „Na, was denn? Ihr wisst doch, dass ich Sportlehrer bin. Da liegt es doch nahe, dass ich ein sportbezogenes Theaterstück aussuche.

Jetzt guckten wir ihn alle ziemlich sauer an. Claudia Flunkert sagte ärgerlich: „Wenn es um einen interessanten Sport gegen würde, könnte ich das ja auch verstehen. Fußball, Rugby, Reiten, Tennis, Taekwondo oder so. Aber Skispringen ist doch wohl der abartigste Schwachsinn überhaupt. Außer Synchronschwimmen vielleicht noch.“ – „Ja, Skispringen ist grenzdebil“, sagte Norman Nerdberg zu Claudias Unterstützung. „Na ja“, sagte Simone Sonneblum, „solange wir nicht wirklich mit den Skiern springen müssen.“ Jetzt guckte Herr Fasswenders noch etwas komischer als sonst, und er sagte: „Ääääh ...“ Bevor wir aber wieder etwas sagen konnten, meinte er: „Aber ich habe auch eine gute Nachricht. Am Donnerstag, den 18. Januar habt ihr schulfrei. Dann machen wir für unser Theaterprojekt nämlich einen Ausflug.“ Und plötzlich hatten wir wieder bessere Laune.

Am 18. Januar war es dann so weit – aber so richtig fröhlich war ich dann doch nicht, als ich morgens mit den anderen auf den Bus wartete. Ich hätte schon ganz gern gewusst, wohin wir fahren würden. Und da war auch noch ein anderes Problem, und das sagte ich dem Herrn Fasswenders, als er ankam: „Herr Fasswenders, der Kachelmann im Fernsehen hat für heute einen tierischen Sturm vorhergesagt.“ Der Herr Fasswenders winkte ab: „Ja, ja, ich weiß. Aber der Sturm kommt erst heute Nachmittag. Bis dahin sind wir wieder zurück. Glaube ich.

Dann kam der Bus, und auch der Busfahrer, ein gewisser Herr Kuchenbuch, meinte zum Herrn Fasswenders: „Dass es heute sehr stürmisch werden wird, wissen Sie, junger Mann, oder?“ Herr Fasswenders winkte lachend ab: „Das macht nichts, ich bin Sportler.“ Der Busfahrer runzelte die Stirn und sagte: „Na ja, wie Sie meinen. Also auf nach Braunlage.

Das war jetzt wirklich das erste Mal, dass wir Kinder hörten, wohin Herr Fasswenders mit uns heute fahren wollte. Ich war ziemlich überrascht. Ich selbst hatte ja gedacht, dass er mit uns ein großes Theater besichtigen wollte. Zum Beispiel das Theater am Aegi in Hannover. Oder das Staatstheater Braunschweig. Ich hatte gehofft, dass uns dort Schauspieler und andere Angestellte vom Theater über ihre interessante Arbeit am Theater erzählen würden. Das erzählte ich Claudia, die im Bus neben mir saß, und ich fragte sie: „Was für ein bedeutendes Theater soll es denn in Claudia geben?“ – „Wahrscheinlich gar keines“, antwortete Claudia. Sie guckte in Richtung von Herrn Fasswenders, der vorne beim Fahrer saß, und sagte dann leise, sodass Herr Fasswenders sie nicht hören könnte, zu mir: „Ich glaube, ich weiß, was dieser Verrückte da vorhat.

Wer von euch vielleicht nicht in unserer Gegend wohnt, der weiß vielleicht nicht, dass Braunlage im Harz liegt. Der Harz ist ein sogenanntes Mittelgebirge. Das heißt, die Berge sind zwar längst nicht so hoch wie in den Alpen, aber es sind trotzdem schon richtige Berge. Oft liegt dort im Winter auch Schnee. Deshalb kann man da im Winter auch Wintersport machen. Bei Braunlage gibt es zum Beispiel eine Rodelbahn und außerdem ... oh ... ach ja ... auch eine Skisprungschanze. Jetzt ahnte auch ich, was Claudia schon die ganze Zeit geahnt hatte: „Du meinst, der Irre da vorn will mit uns zur Skisprungschanze.“ Sie nickte.

Es war so. Und spätestens als wir dann dort an der Sprungschanze ankamen, hatten auch die letzten von uns begriffen, was sich Herr Fasswenders mit uns anschauen wollte. Wir stiegen aus dem Bus aus, und Herr Fasswenders war vor Begeisterung ganz aus dem Häuschen. „Da ist sie – die Wurmbergschanze!“ Und dann meinte er: „Ich hoffe, ihr habt alle gut gefrühstückt. Wir brauchen jetzt etwas Kraft, denn wir müssen die Treppe nehmen, um ganz oben zur obersten Absprungluke zu kommen.

Richtig Bock hatte wohl keiner von uns. Deswegen verstehe ich heute auch nicht mehr, warum wir Herrn Fasswenders alle hinterhertrotteten. He, wir waren eine Theatertruppe und sollten Skispringer spielen, nicht werden. Als wir die Treppe hochgingen, blies der Sturm, den man im Fernsehen angekündigt hatte, uns schon ganz ordentlich um die Ohren, und einige von uns waren ziemlich sauer und sagten das auch. Herr Fasswenders belehrte uns: „Wenn man im Theater eine Rolle spielen will, dann muss man genau wissen, was man tut und wen man spielt. Wie wollt ihr denn Skispringer spielen, wenn ihr noch nie eine Skisprungschanze bestiegen habt, wenn ihr nicht oben am Absprung gestanden habt und wenn ihr noch nie von dort abgesprungen seid? Na also!“ Wie war das eben? Ich hatte wohl nicht richtig gehört. Ich konnte das gar nicht richtig gehört haben.

Aber die anderen hatten es leider auch gehört. Und als wir erschöpft oben am Absprung angekommen waren, schwärmte Herr Fasswenders: „Ist das nicht eine hervorragende Aussicht? So, Kinder, es ist alles vorbereitet. Schaut, da in der Ecke stehen für jeden von uns ein Paar Skier und ein paar Skistiefel bereit. Nehmt euch jeder ein Paar Stiefel und ein Paar Ski, und dann geht`s los. Sprung frei! Juchhu!

Uns war gerade irgendwie nicht so gut. Wir, die noch nie etwas mit Skispringen zu tun hatten, sollten jetzt mit den Skiern die große Sprungschanze herunterhopsen? „Was haben Sie heute getrunken, Herr Fasswenders?“, fragte Norman. „Sie erwarten doch nicht, dass wir das machen!“, beschwerte sich Mareike. „Oh doch“, sagte Claudia und erklärte den anderen Schülern: „Im letzten Herbst ist der Bekloppte mit der 9c mit Fallschirmen aus einem Airbus abgesprungen. Der braucht dafür keinen Alkohol, der ist von Natur aus so bescheuert.“ – „Aber wir werden uns alle Knochen brechen“, schrie panikartig Eunike Maustreiber. Aber Herr Fasswenders redete beruhigend auf uns ein: „Ach, Leute, nun stellt euch doch nicht so an. Das ist doch nur eine Neunzig-Meter-Schanze, da springt man höchstens hundert Meter weit. Passt auf – ich mache es euch mal vor, und dann könnt ihr`s ja nachmachen. Wer am schönsten springt, bekommt die Hauptrolle.

Ich wollte ihn zurückhalten, aber die anderen hielten mich davon zurück, ihn zurückzuhalten. „Auf diese Weise sind wir aus der Nummer erst einmal heraus“, flüsterte mir Claudia zu.

Und dann ging alles ganz schnell. Im Nu hatte sich Herr Fasswenders die Skistiefel angezogen und die Skier untergeschnallt. Er sagte noch: „Der Orkan kommt von links. Dann muss ich wohl etwas gegensteuern.

Dann stürzte er sich aus der Luke und raste mit den Skiern auf den Schanzentisch zu. Aber das mit dem Gegensteuern klappte nicht so richtig. Der Sturm war inzwischen so stark, dass er Herr Fasswenders aus der Spur pustete. Ehe er es begriffen hatte, flog Herr Fasswenders rechts von der Rampe runter und landete in einer Baumkrone.

Mareike holte ihr Handy aus der Tasche und sagte: „Ich rufe jetzt die Polizei an.“ Und Claudia sagte ihr: „Sag ihnen, sie sollen vorsichtshalber auch den Notarzt rufen. Und sie sollten auch eine Zwangsjacke mitbringen.

Und wie dieser Wahnsinn weiterging, erzählt euch beim nächsten Mal

Euer ZACK



Teil 3 - Hewwi rult die Wörld und kickt Äss

Hallo, Fans der darstellenden Kunst! (*grinst)

Kleiner Scherz. Ich bin's, Zack Zatzicki, und ich möchte euch erzählen, wie es mit unserem Schultheaterprojekt weiterging. Genauso wie Claudia Flunkert und andere Mädchen und Jungen an unserer Schule war ich in die Theater-AG unserer Schule eingetreten. Das Problem war aber der Lehrer, der die Theater-AG leitete: Herr Fasswenders war nämlich auch noch Sportlehrer, und er hatte angeordnet, dass wir ein Stück über das Leben junger Skispringer aufführen sollten. Damit wir das Gefühl für das Leben eines Skispringers bekommen, fuhr er mit uns zur Wurmbergschanze im Harz und verlangte ernsthaft, dass wir dort mit Skiern herunterspringen!!! Gesprungen ist dann allerdings nur er selbst, und natürlich ist es schiefgegangen. Die Feuerwehr musste ihn dann aus dem Baum befreien, in dem er gelandet war. Zwar hatte er sich nicht verletzt, aber in die Klinik musste er trotzdem: Einige freundliche Männer in weißen Kitteln zogen ihm nämlich eine Jacke an, die man nur hinten zuknöpfen kann, und brachten ihn zur Behandlung in eine Nervenheilanstalt. Herr Fasswenders versicherte den Männern zwar: "Ich bin nicht verrückt, ich bin nur Sportlehrer", aber die Sanitäter sagten nur ruhig: "Ja, ja, das sagen sie alle."

Am nächsten Donnerstagnachmittag war dann wieder Theater-AG, und logischerweise kam Herr Fasswenders nicht. Stattdessen erschien unsere Schuldirektorin, die Frau Hopfgarten-Schröder. Sie erzählte uns: "Ich soll euch herzlich von Herrn Fasswenders grüßen. Er wird noch eine Weile im Sanatorium bleiben, aber es geht ihm schon besser. Er meint selbst, dass die Idee mit dem Skispringertheaterstück wohl wirklich nicht das Gelbe vom Ei gewesen sei." Wir nickten alle erleichtert. Selbst die Sportlichsten unter uns (wie Claudia Flunkert) hatten keine Lust auf dieses Stück. Frau Hopfgarten-Schröder sagte weiter: "Herr Fasswenders wird also noch eine ganze Zeit krankgeschrieben sein und schlägt vor, dass ihr euch selbst auf ein Stück einigt. Darüber könnt ihr hier heute einmal sprechen." Jetzt freuten wir uns sogar richtig! Und dann sagte Frau Hopfgarten-Schröder noch: "Leider habe ich im Lehrkörper niemanden gefunden, der kurzfristig Zeit gehabt hätte, Herrn Fasswenders als Leiter der Theater-AG zu vertreten. Aber eine Schülerin aus der Abschlussklasse wird für ihn einspringen. Das heißt aber nicht, dass ihr der auf der Nase herumtanzen könnt. Sie übt gerade noch in ihrer Musik-AG, kommt aber gleich noch vorbei und stellt sich vor. Ich verabschiede mich schon jetzt und schlage vor, ihr beratet schon mal, welches Stück ihr aufführen wollt. Nachher kommt eure neue Leiterin und ihr besprecht alles Weitere. Falls ihr euch dann auf kein Stück geeinigt habt, wird sie schon eine Idee haben. Da bin ich mir ziemlich sicher", sagte sie und lachte fröhlich.

Frau Hopfgarten-Schröder ging dann mal, und wir berieten. Als erstes sagte Simone Sonneblum etwas: "Ich finde, wir sollten etwas von Rosamunde Pilcher aufführen." Beim Nennen des Namens Rosamunde Pilcher guckten wir anderen alle etwas betreten. Simone Sonneblum meinte: "Na ja, ich gucke am Sonntagabend mit meinen Großeltern immer die Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen im ZDF. Das finde ich immer so schön, wenn sich die Leute gegenseitig ineinander verlieben, dann aber nicht zueinander finden, weil sich ihre Familien seit Generationen über den Besitz eines Knallerbsenstrauch streiten, und am Ende heiraten sie dann doch und alle sind glücklich und so." - "Knallerbsenstrauch?", wunderte sich Kevin Wutzke. "Und so ...", fügte Claudia Flunkert ironisch hinzu. "Na ja - eben drum", sagte Simone etwas hilflos, weil sie merkte, dass bei uns keine richtige Begeisterung aufkam. Norman Nerdberg hatte auch Argumente: "Also, bei Rosamunde Pilcher sehe ich zwei große Hindernisse. Zum einen schreibt Rosamunde Pilcher ja nur Romane. Es wäre mit sehr viel Aufwand verbunden, wenn wir einen ihrer Romane selbst in ein Theaterstück umschreiben müssten." Wir alle nickten - auch Simone. Und er fügte hinzu: "Das zweite Hindernis ist, dass Rosamunde Pilcher nur kitschigen Müll schreibt." Simone war jetzt etwas beleidigt, aber sie fand sich damit ab, dass wir Rosamunde Pilcher nicht so passend fanden.

Norman Nerdberg schlug nun selbst etwas vor: "Wir sollten etwas künstlerisch Anspruchsvolles aufführen. Schließlich ist das hier ein Gymnasium. Mein Vorschlag ist Andorra von Max Frisch." - "Ich weißele! Ich weißele!", sagte Claudia Flunkert und lachte böse. "Äh - ja genau", meinte Norman etwas überrascht, "der Ausspruch Ich weißele kommt in dem Stück vor. Andorra ist ein Stück gegen Antisemitismus, und ..." Claudia stoppte ihn: "Nein, ist es nicht. Ich habe Andorra erst vor kurzer Zeit für Deutsch lesen müssen. Max Frisch beschreibt darin zwar, wie schnell Vorurteile gegen einen Menschen entstehen können, und zeigt, dass diese Vorurteile einen Menschen vernichten können. Aber das Stück ist nicht antisemitisch, sondern im Gegenteil. Es ..." Sie wurde von Eunike Maustreiber unterbrochen: "Ich finde es erstaunlich, dass ausgerechnet unsere Sportskanone Claudia mit Norman über Literatur diskutiert, aber vielleicht ist das Stück für eine Aufführung nicht ... sagen wir mal ... nicht heutig genug."

"Was würdest du denn selbst vorschlagen?", fragte Norman, der erst einmal damit fertig werden musste, dass ihm Claudia und Eunike widersprochen hatten. Eunike meinte: "Hmmm ... so richtig habe ich noch nicht darüber nachgedacht. Aber ich wüsste da vielleicht schooon etwas. Ich mag nämlich Geschichten über Pferde, und neulich habe ich im Bücherschrank meiner Patentante ein Theaterstück über einen Reiterhof entdeckt. Die Mädel vom Schimmelhof von Angelika Hinterhofer-Ziegenreiter, und ..." - "Kommen da echte Pferde drin vor?", fragte Peggy Mandelgöbler dazwischen. "Ja, klar", antwortete Eunike. "Oh, dann kannst du das vergessen", wehrte Peggy ab. "Echte Tiere auf der Bühne, das ist genauso schwierig wie eine Skisprungschanze aufzubauen." Da war etwas dran, und auch Eunike sah das ein.

"Wie wär`s denn mit etwas Lustigem?", fragte Annemie Klamaukmeister mit leuchtenden Augen. "Wir könnten doch Sketche aus dem Fernsehen aufführen. Vielleicht etwas von Loriot. Die Nudel zum Beispiel." Kevin Wutzke meinte: "Die Nudel hängt im Gesicht, und dieser Sketch hat einen ganz langen Bart." Annemie meinte: "Na ja, es kann auch etwas Neueres sein. Irgendwas aus dem Karneval. Oder wir schreiben selbst ein lustiges Stück. Ich habe da selbst eine originelle Idee über eine Frau, die zum Arzt kommt, und ..." An unseren ernsten Gesichtern sah Annemie, dass wir nicht wirklich witzig fanden, was sie witzig fand, und sie unterbrach sich selbst: "Na ja - war ja nur'n Vorschlag."

Da fiel mir auch etwas ein: "Etwas Komisches ist ja nicht unbedingt verkehrt. Wir könnten doch so Improvisations-Comedy machen. Da brauchen wir auch gar kein Drehbuch oder so. So wie im Fernsehen die 'Goethestraße' - mit Cordula Stratenkötter, Annette Fröstel und Maddin Aschäbäschä. Da habe ich ja vor anderthalb Jahren selbst mal als Statist mitgespielt. Erinnert ihr euch?" Die anderen erinnerten sich tatsächlich und nickten anerkennend. Nur Claudia lachte: "Oh ja, ich war damals ja mit dabei. Du hast bei deinem Auftritt verpetzt, dass Cordula ein Baby bekommt, und Annette hat dich deswegen von der Bühne gezerrt und dir hinterher auch noch in den Hintern getreten." - "Ja, aber nur aus Spaß", sagte ich etwas verlegen.

Wir hätten noch lange weiter diskutiert, aber plötzlich sprang die Tür auf, und ehe wir sahen, wer da hereinkam, fragte uns diejenige, die da reinkam: "Habt ihr euch schon auf ein Stück geeinigt?" - "Nö - noch nicht", sagten mehrere von uns. Und jetzt sahen wir erstaunt, wer da hereinkam: Es war Hedwig. Hedwig Mättel. Die von allen immer Hewwi genannt wird - nicht nur, weil das gut zu ihrem Nachnamen passt, sondern weil Hewwi alles mag, was laut und schräg ist. Deswegen ist sie auch immer irgendwie gotisch angezogen. Sie war aber heute ganz gut drauf. Sie stellte ihre E-Gitarre ab und sagte: "Hi. Für die, die mich noch nicht kennen: Ich bin Hewwi Mättel. Ich komme nicht immer zu spät, aber ich musste noch mit meiner Rockband üben. Läuft gut. Wenn wir so weiter machen, gewinnen wir für Niedersachsen den Bundesvision Song Contest. Rock und Metal rulen die Wörld, und wir kicken Äss." - "Wie bitte?", fragten einige von uns verwundert. "Ach, das sagt man so. Okay, hört zu: Hopfi hat mich dazu verdonnert, euch Kiddies bei eurer Theaterklamotte zu helfen. Sie hat auch gesagt, ich soll das Stück aussuchen, wenn euch nichts einfällt." Norman verteidigte uns: "Uns fällt schon genug ein. Wir waren gerade dabei, uns auf etwas zu einigen, als du ..." - "Schon klar, Kleiner", winkte Hewwi ab, "genau so dachte ich mir das. Deshalb habe ich bereits ein Stück ausgesucht. Es heißt: Die Zombie-Klempner von Wesseling. Geht ganz schön ab, das Ding. Was sagt ihr jetzt?" Die meisten von uns sagten: "Ach du Sch...", aber Hewwi war sich sicher: "Ach was! Ihr werdet schon sehen, das Stück kickt Äss!"

Und von diesem Ässgekicke berichte ich euch nächstes Mal.

Es grüßt euch herzlich

Euer ZACK



Teil 4 - Die Zombie-Klempner von Wesseling

Hallo an alle, die die Bretter, die die Welt bedeuten, nicht vor dem Kopf haben! (*lacht)

Im vierten Teil meiner Geschichte von unserer Theater-AG in der Schule will ich euch von unserer ersten richtigen Probe erzählen. Der eigentliche Leiter unserer Theater-AG, ein Lehrer namens Fasswenders, war ja krankgeschrieben. (Um genau zu sein, er war in die Nervenheilanstalt eingewiesen worden.) Stattdessen ordnete unsere Schuldirektorin an, dass eine Schülerin aus dem Abschlussjahrgang die Leitung übernehmen sollte: Hedwig Mättel, genannt Hewwi. Und sie heißt nicht umsonst so, denn Hewwi Mättel mag alles, was schräg, laut und gruselig ist. Und besonders problematisch war für uns, dass Hewwi Mättel nicht nur wusste, was sie mochte, sondern dass sie auch wusste, wie sie anderen ihren Geschmack aufdrückte. Da wir anderen es nicht geschafft hatten, uns untereinander auf ein Theaterstück zu einigen, ordnete Hewwi Mättel an, dass wir so ein Zombie-Zeug aufführen sollten. Dazu hatte eigentlich keiner von uns Lust - aber wir hatten halt alle tierisch Angst vor Hewwi Mättel.

Hewwi war offensichtlich ganz begeistert von diesem Stück und erklärte uns: "Also, das Stück Die Zombie-Klempner von Wesseling wurde geschrieben von Edda Ellen Popo und geht ungefähr so: Maximilian aus Buxtehude verbringt die Ferien bei seiner Großtante Wilhelmine in Wesseling. Dort macht er merkwürdige Beobachtungen: Das Gemüse auf den Feldern kann sprechen, die örtliche Chemiefabrik fliegt nachts über Land, und die Wesselinger können überhaupt nicht Auto fahren. Aber den größten Schock kriegt er, als er merkt, dass die Klempner von Wesseling allesamt Zombies sind - lebende Tote also. Erst pusten sie ihren Kunden die Abwasserrohre frei, dann saugen sie ihnen das Gehirn aus. Schlürf! Maximilian beschließt, Wesseling von den Klempnerzombies zu befreien. Es entbrennt ein Kampf auf Leben und Untod. Die Klempner wehren sich mit Klo-Stopfern und Gummidichtungen. Aber es kommt noch schlimmer: Maximilian stellt fest, dass nicht nur die Wesselinger Klempner Zombies sind, sondern auch die Wesselinger Supermarktkassiererinnen, die Kehrmaschinenfahrer und die Postboten."

"Auweia, es fließt doch hoffentlich kein Blut in diesem Stück", sagte Simone Sonneblum besorgt - und wir anderen mussten lachen, denn wir hatten das Gefühl, dass in diesem Stück sogar sehr viel Blut fließen würde. Aber unser vorsichtiger Protest nützte nichts. Hewwi war davon überzeugt: "Das Stück kickt Äss, ihr werdet es schon sehen", und wir würden am nächsten Donnerstag mit den Proben beginnen.

Am nächsten Donnerstagnachmittag trafen wir uns also wieder. Hewwi meinte: "Bevor wir mit dem Proben anfangen, müssen wir erst einmal festlegen, wer welche Rolle spielt. Deswegen habe ich eine leere Flasche mitgebracht. Setzt euch mal alle im Kreis auf den Fußboden." Wir sagten: "Wat?", und Norman Nerdberg sprach für uns alle: "Das ist doch nicht sinnvoll, wenn wir die Rollen mit Flaschendrehen verlosen." - "Papperlapapperlapapperlapapp", sagte Hewwi, "an den großen Theatern machen die das auch immer so." Wir setzten uns alle brav im Kreis hin, und Hewwi drehte die Flasche. Die Flasche kam zum Stehen - und zeigte auf mich. "Herzlichen Glückwunsch!", gratulierte mir Hewwi, "Zack, du spielst die Hauptrolle - den Maximilian." Ich zuckte mit den Achseln: "Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich etwas Gutes ist." Claudia Flunkert tröstete mich: "Sei doch froh! Wenigstens musst du dann keinen von den Zombie-Klempnern spielen." Und kurz darauf sagte Claudia: "Ach du Sch... Schande!" Sie musste zwar auch keinen Zombie-Klempner spielen, aber dafür die Zombie-Supermarktkassiererin. Sie freute sich sogar noch fast: "Immerhin darf ich im Stück 'ne Frau bleiben." Ansonsten hatte Hewwi nämlich die Geschlechter durcheinandergewirbelt: Eunike Maustreiber zum Beispiel musste einen der männlichen Klempner spielen, und Kevin Wutzke war meine Großtante Wilhelmine.

Hewwi Mättel war ziemlich begeistert, was gut war, denn so war wenigstens eine von uns richtig gut drauf. Die anderen verwünschten mal wieder den Tag, an dem sie der Theater-AG beigetreten waren. Hewwi sagte: "So, ihr habt das Stück zwar alle noch nicht gelesen, aber wir probieren heute trotzdem schon mal. Wir machen sozusagen Probeproben. Wir stellen uns schon mal auf die Bühne, als würden wir spielen, aber noch ohne Requisiten und dafür mit dem Buch. Dann könnt ihr den Text ablesen." Sie gab jedem von uns ein Buch - genauer gesagt, jedem eine von den Fotokopien, die unser Hausmeister davon gemacht hatte. (Aber sagt das nicht dem Verlag.)

Wir sollten zuerst eine Szene üben, in der ich bereits bei Großtante Wilhelmine bin und plötzlich einer der Zombie-Klempner bei uns klingelt. Kevin (also: Großtante Wilhelmine) setzte sich auf einen Stuhl und kippelte. Das Kippeln war nötig, weil es ein Schaukelstuhl sein sollte, wir für unsere Proben aber keinen Schaukelstuhl hatten. "Ding dong", sagte Eunike, die den Klempner spielte, der an der Tür klingen sollte. Kevin alias Großtante Wilhelmine sagte mit krächzender Stimme: "Oh, es klingelt. Das ist bestimmt Oma Penonnes. Machst du bitte auf, Maxl?" - "Ja, sofort", antwortete ich, denn das war ja schließlich mein Text. Ich ging zur Tür, die natürlich nicht wirklich da war, und tat so, als würde ich sie öffnen. Eunike sagte: "Guten Tag. Ich bin Ihre Kosmetikberaterin ..." - "Aus, aus, aus!", schimpfte Hewwi, und sie sagte scharf zu Eunike: "Eunike, ich hab' schon verstanden, dass du keinen Klempner spielen willst. Du musst aber! Also noch mal von vorne! Und diesmal hältst du dich bitte an deinen Text, sonst muss ich dich leider eliminieren."

Deshalb machte ich die Tür noch mal auf, und diesmal sagte Eunike: "Guten Tag. Firma Röhrlich. Gas, Wasser und Sie wissen schon, was noch. Ich soll hier ein verstopftes Klo frei pusten." Jetzt war ich wieder dran: "Ja, richtig. Kommen Sie bitte durch." Eunike kam herein, und Hewwi erklärte: "So, Eunike, laut Buch musst du dich jetzt mir nichts, dir nichts auf die Großtante stürzen und ihr das Gehirn aussaugen." - "Wie soll ich das denn machen?", beschwerte sich Eunike. Hewwi war sauer: "Das ist doch kein Problem. Leck Kevin einfach über die Stirn und mach dabei laute Schlürf- und Schmatzgeräusche!" Wir waren alle ziemlich angeekelt, und um Zeit zu gewinnen, schlug ich vor: "Vielleicht sollten wir jetzt mal eine andere Szene proben."

Zum Glück war Hewwi einverstanden. Sie ordnete an, dass ich als Maximilian im Supermarkt auf Claudia als Zombie-Kassiererin treffen sollte. Claudia setzte sich an einen Tisch, der die Kasse sein sollte. Ich kam mit ein paar Äpfeln zur Kasse, legte sie ab und bat die Kassiererin: "Könnte ich bitte eine Tüte haben?" Claudia hatte sich gerade noch an den Kopf gefasst, als sie nämlich gelesen hatte, was sie als Zombie-Kassiererin sagen sollte. Aber sie spielte mit und sagte deshalb mit böser Stimme: "Waaaas?! Eine Tüte willst du?! Ha ha ha! Auf die Knie, elender Sklave!" Hewwi unterbrach uns: "Ja, da war schon sehr viel Schönes dabei. Jetzt muss Maximilian der Zombie-Kassiererin laut Textbuch den Kopf abschlagen." Wir waren ziemlich verwirrt. "Wie sollen wir das denn spielen?", fragte ich entsetzt. Hewwi gab zu: "Hmm. Weiß ich auch noch nicht. Aber ich muss sowieso gerade mal aufs Klo. Da habe ich immer die besten Ideen. Da fällt mir bestimmt etwas ein."

Jetzt war Hewwi zum Glück mal nicht da, und wir konnten uns besprechen. "Sagt mal, wir wollen doch diesen Mist nicht wirklich spielen. Damit machen wir uns ja lächerlich", sagte Mareike Knackstedt, und natürlich gaben wir ihr alle Recht. "Aber was sollen wir machen?", fragte Eunike Maustreiber ängstlich. Sie glaubte: "Wenn wir uns weigern, weiter mitzumachen, saugt uns Hewwi bestimmt das Gehirn aus." Norman schluckte und schlug vor: "Ich sage es Hewwi, dass wir nicht mehr wollen. Aber ich tu's nur, wenn ihr mir versprecht, mir zu helfen, wenn sie sich auf mich stürzt." Wir versprachen es ihm, wobei ich aber nicht weiß, ob wir dabei alle ehrlich waren.

Hewwi kam zurück von der Toilette, und ehe Norman etwas sagen konnte, meinte Hewwi wichtig: "Zack, ich weiß, wie wir das mit dem Kopfabschlagen machen. Du schlägst Claudia den Kopf nicht wirklich ab, sondern tust nur so." - "Davon war ich eigentlich auch ausgegangen", antwortete ich ihr, und Claudia fasste sich wieder an den Kopf und raunte: "Hewwi ist nicht nur geschmacklos, die ist auch noch doof." Wir schauten alle auf Norman. Der nahm seinen Mut zusammen und sagte: "Äh ... Hewwi ... äh ... weißt du ... äh ... wir würden lieber ein anderes Stück aufführen." Und dann herrschte Stille. Sozusagen: Totenstille. Wir hielten den Atem ab. Würde Hewwi uns das Gehirn aussaugen? Würde sie uns die Köpfe abschlagen und mit ihnen Fußball spielen? Oder noch etwas Schlimmeres? Und in dieses eisige Schweigen hinein sagte Hewwi plötzlich: "Na gut, einverstanden. Mir hat's, ehrlich gesagt, auch nicht mehr gefallen. Dann macht mal Vorschläge!"

Na, das war ja einfach. Und deswegen schlug ich zum zweiten Mal vor: "Wollen wir nicht Improvisationscomedy machen?" Die anderen waren sich nicht ganz sicher, ob sie das wollten. Daher sagte ich zusätzlich: "Dafür bräuchten wir immerhin keinen Text auswendig zu lernen." Und auf einmal waren alle einverstanden.

Und das nächste Mal erzähle ich euch von unserem großen Theaterabend.

Es grüßt euch herzlich

Euer ZACK

Teil 5 - Wir proben das Ungeprobte

Hallo, Romeos und Julias!

Ich bin Zack Zatzicki, und inzwischen werdet ihr ja wissen, dass einige Kids an unserer Schule so einer Theater-AG beigetreten waren. Ich war auch mit dabei. Eigentlich wollte ich euch heute von unserer Premiere erzählen. Es kam aber etwas anders. Lasst mich das mal erklären:

Mittlerweile hatte ja eine ziemlich schrille Schülerin aus dem Abi-Jahrgang die Leitung der AG übernommen: Hedwig Mättel, die von allen Hewwi genannt wird. Und da wir auch nach vielen Wochen nicht wussten, welches Stück wir eigentlich aufführen sollten, beschlossen wir, Improvisations-Comedy zu machen.

Wir hatten beschlossen, dass so zu machen wie die Leute in der Sendung "Goethestraße". Ihr wisst schon - mit Cordula Stratenkötter, Annette Fröstel, Ralf Spitz, Maddin Aschebeschäää und so. Die Schauspieler stehen dabei vor Publikum auf einer Bühne, die eine Wohnung sein soll, und spielen dann so, wie es ihnen gerade einfällt. Zusätzlich gibt es dann eine selbsternannte sogenannte Spielleiterin, die den Schauspielern über Kopfhörer Anweisungen gibt, die die Schauspieler in die Handlung einarbeiten sollen.

Ein paar von euch sagen jetzt bestimmt: "Dann habt ihr die Idee den Leuten vom Fernsehen ja geklaut." Na klar, stimmt - haben wir. Na und? Guckt euch doch mal an, was beim Fernsehen passiert! Da klauen sich die Leute gegenseitig die Ideen. Vor ein paar Jahren hatte einer mal die Idee, eine Sendung mit Dokumentarfilmen aus einem Zoo zu machen. Das dauerte gar nicht lange, bis der erste die Idee klaute und seine eigene Zoo-Sendung machte. Dann klauten die Nächsten die Idee, und inzwischen gibt es bestimmt fünf Sendungen mit Geschichten aus dem Zoo. Außerdem gibt es acht Sendungen, in denen irgendwelche Fernsehleute wildfremden Leuten die Wohnung neu einrichten, und obendrein gibt es im deutschen Fernsehen vierhundert Talkshows, siebentausend Gerichtssendungen und achtzehn Millionen Kochprogramme. Beim Fernsehen ist Klauen also offensichtlich erlaubt.

Jetzt aber zurück zu unserer Theater-AG: Wir einigten uns darauf, dass Hewwi Mättel unsere Spielleiterin sein sollte. Äh ... habe ich gerade gesagt, wir hätten uns darauf geeinigt? Na ja, so stimmt das nicht ganz: Hewwi Mättel hat sich selbst dafür vorgeschlagen, und wir widersprachen nicht. Dass Hewwi als Spielleiterin im Zuschauersaal saß und uns über Kopfhörer Anweisungen gab, hatte immerhin den Vorteil, dass sie nicht mit uns auf der Bühne stand und wir uns da direkt mit ihr herumschlagen mussten.

Wir begannen bald, das mit unserer Improvisations-Comedy zu üben. Theater zu spielen, ohne einen Text gelernt zu haben, will nämlich auch gelernt sein. Ich sage euch, es ist gar nicht so einfach, auf einer Theaterbühne zu stehen und den Text und die Handlung dort selbst zu erfinden. Und wenn dann plötzlich Hewwi Mättel über den Kopfhörer so Sachen sagt wie: "Zack - mach mal eben einen Handstand!" oder: "Claudia - sing Hard Rock Hallelujah, und zwar rückwärts!", und ihr müsst das dann zumindest versuchen, dann ist das noch schwieriger.

Dabei konnten wir dann auch feststellen, wer von uns das besonders gut konnte und wer nicht so. Selbst hatte ich gedacht, dass Annemie Klamaukmeister das besonders gut können müsste, weil die sowieso ständig Witze reisst. Das war dann aber gar nicht so - auf der Bühne fühlte sich Annemie richtig unwohl, und wenn sie etwas sagen sollte, kam meistens nur so etwas wie "Äh ... tja ... na du ..." dabei heraus. Auch Norman Nerdberg war nicht so toll, wie er es selbst gern gewesen wäre. Einmal bekam er zum Beispiel beim Proben von Hewwi Mättel die Anweisung: "Norman - gib Claudia einen dicken feuchten Kuss!" Norman hatte das zwar verstanden, aber tat so, als hätte er es nicht gehört. Hewwi sagte noch mal zu ihm: "Norman - gib Claudia einen dicken feuchten Kuss!" Norman machte immer noch nichts. Erst als ihm Hewwi wieder sagte: "Norman - du sollst Claudia einen dicken fetten Kuss geben!", drehte er sich zu Hewwi um und fragte sie: "Warum denn?" Claudia Flunkert hatte die Anweisung selbst ja nicht mitbekommen, da Hewwi sie nur Norman über den Kopfhörer mitgeteilt hatte, und deshalb fragte Claudia den Norman: "Warum was?" Norman erklärte ihr: "Hewwi Mättel will, dass ich dir einen dicken feuchten Kuss gebe." - "Wage es ja nicht!", warnte ihn Claudia. "Will ich ja auch gar nicht", verteidigte er sich. Das passiert nicht oft, dass sich Claudia und Norman einig sind.

Das mit dem Kuss war aber schon eine der normalsten Anweisungen, die uns Hewwi gab. Meistens sagte sie so Sachen wie: "Eunike - drück Kevin mal die Pickel aus!", "Peggy - stecke dir zwei Bananen in die Ohren!", oder : "Norman - gehe mal rückwärts ... weiter ... weiter ... weiter ... Entschuldigung, hatte ich nicht gesehen, dass da die Bühne zu Ende war" (Norman ist dabei nämlich rückwärts von der Bühne gefallen - er hat sich aber nichts gebrochen).

Überraschenderweise kam am besten Simone Sonneblum mit unserem Improvisieren zurecht. Sie schaffte es meistens sehr schnell und sehr gut, Hewwi Mättels Anweisungen umzusetzen und hatte selbst viele lustige Einfälle. Deswegen beschlossen wir diesmal tatsächlich einstimmig, dass Simone die Hauptperson in unserer Comedy spielen sollte.

Wir stellten einen Schreibtisch, einen alten Computer und einen Aktenschrank mit Aktenordnern auf die Bühne. Der Ort unserer Comedy sollte nämlich das Schulsekretariat darstellen, und Simone spielte die unfreundliche Schulsekretärin, Frau Obermoser-Nörgelstein (die es an unserer Schule natürlich nicht wirklich gibt). Sie spielte also die Schulsekretärin, und wir anderen spielten Schüler und Lehrer, die immer in dieses Sekretariat hereinkamen und irgendetwas von der Frau Obermoser-Nörgelstein wollten. Das probierten wir ein paarmal, und es war wirklich lustig. Hewwi Mättel meinte aber: "Denkt daran, bei der Aufführung werde ich euch andere Anweisungen geben als die, die ihr schon kennt. Sonst würdet ihr ja nicht improvisieren, und das Publikum würde sich betrogen fühlen."

Gemeinsam mit unserer Schuldirektorin, der Frau Hopfgarten-Schröder, legten wir fest, dass die Aufführung am 24. Februar um 15.00 Uhr in der Schulaula stattfinden sollte. "Dafür müsst ihr aber ordentlich Werbung machen. Sonst kommt keiner", mahnte uns Frau Hopfgarten-Schräder. Annemie Klamaukmeister meldete sich: "Oh, darum kümmere ich mich. Ich mache Plakate und verteile sie überall in der Schule und in den Geschäften." Wir waren einverstanden, denn zu dieser langweiligen Arbeit hatten wir anderen keine richtige Lust.

In den Tagen davor übten wir noch fleißig, denn wir wollten uns nicht blamieren. Doch dann passierte eine Panne:

Zu unserer allerletzten Übungsstunde zwei Tage vor der Aufführung kam Hewwi Mättel wie üblich als Letzte - und sie war ziemlich sauer. Sie sagte: "Ich fürchte, wir werden Samstag nicht so viele Zuschauer haben, wie wir gehofft haben." - "Warum nicht?", fragte ich erschrocken. Hewwi antwortete mir nicht, sondern fragte stattdessen Annemie Klamaukmeister: "Annemie, du hast doch die Plakate gemacht, ne?" Annemie sagte stolz: "Ja, und die sind richtig hübsch geworden." Hewwi fragte sie weiter: "Und du hast sie an den besten Plätzen verteilt, nicht wahr?" Annemie war immer noch stolz: "Klar, sodass sie jeder sehen kann." Hewwi seufzte - und dann sagte sie ganz ruhig: "Tja, im Grunde haben wir ja alle Schuld. Wir hätten uns das Plakat mal genauer ansehen sollen. Bevor es Annemie eine Milliarde mal fotokopiert hat." Hewwi holte ein Plakat hervor, das sie hinter ihrem Rücken gehalten hatte, und rollte es aus, sodass wir es alle lesen konnten. Auf dem Plakat stand:

"Premiere der Theater-AG des Hermann-Heinrich-Ziegensteiß-Gymnasiums Sehnde! Kommt alle zur Aufführung der Improvisations-Comedy DAS SCHULSEKRETARIAT! Ort: Unsere Schulaula! Zeit: 24.3.2007 um 15.00 Uhr!"

"Okay - was fällt euch auf?", fragte Hewwi uns resigniert. "Dass das Plakat total cool aussieht", antwortete Annemie fröhlich. "Dass das Datum falsch ist", antwortete Claudia säuerlich, und sie erklärte Annemie: "Wir wollten unsere Comedy am 24. Februar aufführen. Das wäre der 24.2. gewesen. Du hast die Leute zum 24.3. eingeladen. Das ist erst der 24. März. Jetzt kommen die Leute alle einen Monat später." - "Upps", sagte Annemie - jetzt nicht mehr ganz so fröhlich.

Wir meckerten aber nicht lange an Annemie herum, denn wie Hewwi Mättel schon gesagt hatte: Wir alle hätten uns das Plakat einfach besser ansehen müssen, dann wäre uns der Fehler rechtzeitig aufgefallen. Stattdessen entschieden wir uns dazu, die Premiere einfach um einen Monat zu verschieben. Dann stimmte das Plakat nämlich wieder.

Und das nächste Mal erzähle ich euch dann wirklich von der Uraufführung.

Es grüßt euch herzlich

Euer ZACK

Teil 6 - Showdown auf der Bühne

Hallo, Romeos und Julias, Tiffys und Samsons, Ernies und Berts!

Heute werde ich, der Zack, euch vom ersten Auftritt unserer Schul-AG berichten.

Am 24. März hatten wir nämlich in unserer Schulaula unsere große Aufführung. Das Stück, das wir aufführten, war aber gar nicht wirklich ein Theaterstück, sondern wir sollten improvisieren. Simone Sonneblum spielte die gestrenge Schulsekretärin Frau Obermoser-Nörgelstein, die in ihrem Schulsekretariat sitzen und dabei Schreibkram erledigen sollte. Wir anderen sollten Lehrer, Lehrerinnen oder auch anderes Gesind ... andere Leute spielen, die hereinkommen würden, weil sie irgendetwas von dieser Frau Obermoser-Nörgelstein wollen sollten.

Die Aula war gut gefüllt (Annemie Klamaukmeister hatte ja viel Werbung gemacht), und obwohl wir viel geübt hatten, waren wir schon alle ziemlich aufgeregt. Sogar ein bisschen Hewwi Mättel (eigentlich heißt sie ja Hedwig), die unsere AG leitete und uns aus dem Zuschauersaal heraus während unserer Aufführung Anweisungen geben würde.

Obwohl wir aus dem Stehgreif spielen sollten, hatten wir vorher festgelegt, wer wen spielen sollte. So konnten wir schon mal üben, diese Person nachzuahmen. Außerdem war so sichergestellt, dass nicht irgendjemand zweimal nachgeahmt werden würde. Ich, ich hatte unseren Mathe- und Physiklehrer Herrn Mess, zu spielen. Hans-Joachim Mess ist nicht gerade mein Lieblingslehrer.

Unsere große Show hatte begonnen. Zunächst war Simone alias Frau Obermoser-Nörgelstein alleine auf der Bühne und führte bei der Arbeit Selbstgespräche. Ich konnte nicht gut verstehen, was sie sagte, aber das Publikum lachte und klatschte, und das war schon mal gut. Plötzlich bekam Peggy Mandelgöbler über ihren Kopfhörer von Hewwi Mättel die Anweisung, auf die Bühne zu gehen. Sie nahm eine große Tasche mit, denn sie sollte eine Vertreterin spielen.

Von unserem Platz konnten wir anderen ganz gut zusehen, was Peggy und Simone auf der Bühne so trieben. Peggy sagte: "Guten Morgen. Mein Name ist Heidi Klumpfuß. Ich mache in Designerhosen." Simone war ganz entsetzt: "Waaaas? Sie machen sich in die Hosen." Peggy tat verlegen: "Neeein. Ich bin Handelsvertreterin und vertrete die Firma Hosen-Jakob. Hosen-Jakob stellt hochwertige Designerhosen von exzellenter Spitzenqualität her. Ich würde Ihnen gern unsere Kollektion präsentieren." Simone sagte: "Na gut, vorführen können Sie mir alles, aber kaufen werde ich nichts." Dann holte Peggy eine Hose nach der anderen aus ihrer Tasche. Das waren natürlich nicht wirklich Designerhosen, sondern es waren ganz schräge und ziemlich versiffte Klamotten, die man nicht mal mehr in die Altkleidersammlung geben konnte. Keine Ahnung, wo Peggy die Fetzen aufgetrieben hatte. Das Publikum lachte gut.

Peggys Vorstellung war beendet ("Solche sündhaft teuren Hosen kann ich mir eh nicht leisten", hatte ihr Simone noch erklärt). Stattdessen wurde von Hewwi nun Kevin Wutzke auf die Bühne geschickt. "Na endlich", sagte Kevin - denn er schwitzte inzwischen tierisch. Er musste nämlich eine Art Fettanzug tragen. Ihr müsst wissen, er sollte Herrn Namuth, den Chemielehrer, spielen. Herr Namuth ist eigentlich ganz nett und hat gute Sprüche drauf - aber er ist wirklich seeeehr dick. Und auch sehr groß, deswegen musste sich Kevin extra ein Paar Plateaustiefel anziehen, um größer zu wirken.

Kevin klopfte an die Tür, und Simone (also Frau Obermoser-Nörgelstein) sagte: "Herein, wenn's kein Schneider ist." Die Insider im Publikum (also fast alle) lachten, denn sie wussten, dass Herr Schneider unser mürrischer Hausmeister ist. Sie erkannte Herrn Namuth und sagte: "Ach, Herr Namuth - ich hätte sie eigentlich an den Erdstößen erkennen müssen. Wälzen Sie sich ruhig herein in die gute Stube. Meine Güte, Ihre Nulldiät war ja schon richtig erfolgreich - Sie haben mindestens sieben Zentner abgenommen." - "Ja, man tut, was man kann. Aber elf Zentner müssen mindestens immer noch runter." (Das war natürlich maßlos übertrieben, denn so dick ist Herr Namuth natürlich auch wieder nicht.) Kevin hatte sich inzwischen seitlich durch die Tür gezwängt. "Was kann ich für Sie tun?", fragte Simone. Kevin zögerte einen Moment - Hewwi hatte ihm über seinen Kopfhörer gerade eine Anweisung gegeben. Dann - und das war unheimlich anstrengend für ihn - kletterte er auf Frau Obermoser-Nörgelsteins Schreibtisch und legte sich seitlich vor ihr hin. Das sah absolut bescheuert aus, war aber nicht frei erfunden: Herr Namuth legt sich nämlich während des Unterrichts genau so gerne mal auf den Lehrertisch. Warum, weiß kein Mensch. Dann sagte er: "Ich wollte einen Satz Knallfrösche bestellen." Frau Obermoser-Nörgelstein war entsetzt: "Warum denn Knallfrösche? Jo, ist denn heit' scho Silvester?" Der falsche Herr Namuth meinte: "Einige meiner Schüler neigen im Unterricht zur Unaufmerksamkeit. Wenn ich zwischendurch mal einen Knallfrosch hochgehen lasse, werden sie wieder wach. Außerdem macht so etwas Spaß. Lockert den Unterricht sozusagen auf."

Eine Panne gab es, als Kevin in seinem Fettanzug wieder vom Schreibtisch heruntersteigen sollte. Dabei rutschte er nämlich ab und knallte auf den Boden. Weil er danach nicht aufstehen und durch die Tür gehen konnte, rollte er sich einfach von der Bühne.

Hewwi schickte nun Norman Nerdberg auf die Bühne. Norman sollte den bereits erwähnten Hausmeister Schneider spielen. "Was kann ich für Sie tun?", fragte Simone höflich, aber mit einem arroganten Tonfall. "Brauche Schrauben .... für Fahrradständer ... muss ich was machen ..." Simone sagte: "Da in der Kammer sind noch welche." Norman holte sich ein paar Schrauben und sagte: "Muss schrauben ... hämmern auch ... Tschüß ..." - "Schön mal wieder mit Ihnen geplaudert zu haben", rief ihm Simone hinterher.

Danach spielten noch einige andere von uns Lehrerinnen und Lehrer. Annemie Klamaukmeister zum Beispiel hatte eine Rolle, die zu ihr passte. Sie spielte die völlig verrückte Musiklehrerin Frau Sachs. "Hututu und Tatata", lief sie trällernd auf die Bühne, und sagte: "Jam pam pa, Frau Obermoser-Nörgelstein. Trallala, ich möchte gerne neues Geschirrspülmittel bestellen, jampampa. Schubidu, ich muss nämlich meine Stimmgabeln spülen, jampampa ..."

Tja, und dann war ich an der Reihe. In meinem grauen Anzug ging ich auf die Bühne.

"Oh - Herr Mess", sagte Simone. Und irgendwie war jetzt alles anders als bei den anderen. Da hatte das Publikum nämlich immer nur gelacht. Aber bei mir war es plötzlich totenstill.

Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter. Ich drehte mich um. Und vor mir stand Herr Mess. Der echte Herr Mess. Er sah mich bedrohlich an. Dann drehte er sich zum Publikum und sagte: "Meine Darrmen und Herrrren! Ich errklärre diese Verranstaltung fürr beendet. Derr Saal wirrd gerräumt. Es ist ein Skandal, wenn verrdiente Lehrrerr von anarrchistischen Schülerrn verrhöhnt werrden. Das wirrd ein Nachspiel haben. Die Mitgliederr dieserr Theaterr-AG werrden umgehend von dieserr Schule entferrrrnt. An meinerr Schule dulde ich keine AUF-MÜP-FIG-KEIT."

Und plötzlich lachte alles. Die Leute dachten, das gehört mit zur Show. Irgendwie musste jetzt auch Herr Mess lachen. Und irgendwie scheint es ihm sogar gefallen zu haben, mal den Komiker zu spielen.

Viele Grüße

Schickt mir doch mal 'ne Mail!

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