Margaret Mead

(1901 - 1978)

[Margaret Mead]

Ein Kapitel aus Dikigoros' Webseite
LÜGEN HABEN SCHÖNE BEINE
Wenn Frauen eine Reise tun . . .

Generationen bedauernswerter Ethnologie-Studenten - vor allem in den USA, nach 1945 auch in Deutschland - haben sich mit den fantastischen Eindrücken (vor allem auf sexuellem Gebiet) herum plagen müssen, die Miss Mead als junges Mädchen bei ihren Reisen durch Ozeanien gesammelt, durchweg in den falschen Hals bekommen und dann in Form pseudo-"wissenschaftlicher" Ergüsse zu Papier gebracht hat, besonders in ihrem wohl bekanntesten Buch, "Erwachsen werden in Samoa" (die deutsche Übersetzung erschien unter dem Titel "Kindheit und Jugend in Samoa") aus dem Jahre 1928: In Samoa herrschte sexuelle Freizügigkeit; die Jungen und Mädchen wuchsen in beliebiger Promiskuität und ohne jede Eifersucht heran; auch im Arbeits- und Wirtschaftsleben gab es keinen Streß und keinen Streit, keinen Wettbewerb und keine drückende Verantwortlichkeit für irgendwelche Entscheidungen; es herrschten völlig zwanglose und paradiesische Zustände - alles in allem das genaue Gegenteil der USA. Im heutigen Europa würde eine solche Botschaft kaum noch jemanden hinter dem Ofen hervorlocken; aber im prüden Amerika der 20er Jahre erregte dieses Buch Aufsehen, ja Skandal. Aber es faszinierte - fünfeinhalb Jahrzehnte lang. Dann kam der australische Anthropologe Derek Freeman und verwies Margaret Mead's Erzählungen - leider erst 1983, fünf Jahre nach ihrem Tod - ins Reich der Mythen. Seine Abrechnung fiel vernichtend aus: Sie hatte ihre "Forschungen" lediglich in Form von Unterhaltungen mit ca. 70 Jugendlichen geführt, deren Sprache sie kaum verstand; die hielten sie für ein dummes Gänschen, das eh kein Erwachsener ernst nahm, und sie machten sie einen Spaß daraus, sie zum Narren zu halten. Im übrigen lebte sie gar nicht unter den Eingeborenen, sondern bei amerikanischen Freunden, also im "Elfenbeinturm".

Andere Kritiker setzten noch eines drauf: Margaret Mead projizierte ihre Wunschvorstellungen, geboren aus ihren eigenen sexuellen Problemen, auf die Eingeborenen Samoas - sie hätte wohl selber gerne mit einer "Vahine" getauscht; aber sie war nicht nur ein dummes Gänschen, sondern - viel schlimmer - überdies ein häßliches graues Entchen, das auch später allenfalls finanziell zum weißen Schwan wurde. Dikigoros muß einräumen, daß die Überschrift dieser Seite auf Margaret Mead nicht so recht paßt, denn sie hatte nicht nur keine schönen Beine, sondern war durch und durch häßlich. (Auch in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes - das Gegenteil von liebenswert -; alle ihre drei Ehen mit Berufs-Kollegen scheiterten. Auf die kürzlich aufgetauchten Gerüchte, sie sei lesbisch gewesen sei, geht Dikigoros an anderer Stelle kurz ein.) Das schon in europäischen Augen - noch viel mehr mußte sie das in den Augen der Polynesier sein, deren Frauen zu den schönsten der Welt zählen (das findet jedenfalls Dikigoros). Daher würde er auch eher dieser Erklärung zuneigen als dem abschließenden Urteil Freeman's: "Es war ihr Glaube an die Doktrin eines extremen Kultur-Determinismus, der sie dazu verleitete, ein Bild von Samoa zu entwerfen, das eben diese Doktrin bestätigen sollte. In der Geschichte des Behaviorismus gibt es kein anderes Beispiel eines derart grenzenlosen Selbstbetrugs." Aber hoppla, Herr Professor, nun wollen wir Margaret Mead doch nicht mehr Unrecht tun, als sie verdient hat! Sie sah nämlich selber sehr bald ein, daß sie weit übers Ziel hinaus geschossen hatte und - wie das bei so genannten "wissenschaftlichen Forschungen" nur zu oft vorkommt - genau das gefunden hatte, was sie finden wollte (oder sollte, um ihrem Doktor-Vater, Franz Boas, zu gefallen, der ein ziemlich merkwürdiger Kauz war). So schrieb sie schon 1939 im Vorwort zu einer Neuauflage von "Erwachsen werden in Samoa": "Es war ein einfacher, sehr einfacher Punkt, mit dem wir uns in den 20er Jahren auseinander zu setzen hatten. Immer wieder ging es allein um den Nachweis, daß die menschliche Natur nicht starr und unelastisch ist... Wir hatten zu zeigen, daß die menschliche Natur außerordentlich anpassungsfähig ist, daß die Rhythmen der Kultur zwingender sind als die physiologischen Rhythmen..."

Darüber können wir heute, im Zeitalter der Psycho-Biologie, nur lächeln, da wir wissen, daß grundlegende Verhaltensweisen vererbt und eben nicht durch "kulturelle" Erziehung geändert werden können; aber Margaret Mead waren selber schon Bedenken gekommen, denn sie fuhr fort: "Ja, die menschliche Natur ist formbar... Aber dieser Formbarkeit sind Grenzen gesetzt..." Und dann wollen wir auch fragen, warum Freeman Anfang der 80er Jahre zum entgegengesetzten Ergebnis kommen wollte (oder sollte!) - und ob es soviel richtiger ist: Inzwischen war es nämlich Mode geworden, "wissenschaftlich" zu "beweisen", daß alle Menschen gleich geboren waren, daß es daher auch keine wesentlichen kulturellen Unterschiede geben konnte und durfte: So entdeckte Freeman auf Samoa die gleichen sexuellen Beschränkungen, Eifersuchts-Szenen, wirtschaftlichen Ehrgeiz, beruflichen Streß usw. wie in den USA - und er und seine samoanischen Gewährsleute legen Wert auf die Feststellung, daß dies nicht erst eine neue Entwicklung, sondern schon immer so gewesen sei, auch als Margaret Mead dort war. So können sich also Fragestellungen um 180 Grad drehen, mitsamt der Antworten und "wissenschaftlichen" Erkenntnisse.

Die einzige Antwort, die Mead und Freeman wohl einhellig für falsch gehalten hätten (sie widerspricht ihren entgegen gesetzten Theorien gleichermaßen) ist die richtige, wie wir heute wissen, nämlich: Das Erbgut der Menschen ist unterschiedlich, und deshalb bringen sie unterschiedliche Kulturen hervor. Nicht die "Kultur" bestimmt die Verhaltensweisen, sondern umgekehrt wird ein Schuh draus: Die (weitgehend angeborenen) Verhaltensweisen bestimmen die "Kultur". Und eben das macht ja die Vielfalt und das Interessante an der Welt aus - auch wenn einige Reisenden das noch nicht gemerkt haben, weil sie mit Scheuklappen durch die Welt fahren. Mead hat der Völkerkunde, der Verhaltensforschung und den gesamten Sozialwissenschaften zweifellos schweren Schaden zugefügt; aber sie tat es schwerlich in böser Absicht, sondern wohl zunächst aus Unwissenheit, dann aus Machtlosigkeit, als sich die Wirkung ihrer frühen Schriften bereits verselbständigt hatte bzw. von Leuten, die ein (politisches) Interesse daran hatten, mißbraucht wurden, ohne daß sie es durch noch so schöne Vorworte hätte verhindern können.

Nachtrag: Für alle, die es bisher noch nicht gemerkt haben sollten: Dikigoros war Schüler von Irene Hilgers-Hesse, die für Indonesien das war, was Margaret Mead für Polynesien und Melanesien war; allerdings hat erstere die Ergebnisse ihrer Reisen nicht so spektakulär und reißerisch verkauft wie letztere, sondern sich auf seriöses wissenschaftliches Arbeiten beschränkt. Deshalb hat es bei ihr auch weder zum Weltruhm noch zu einer großen wissenschaftlichen Karriere gereicht - sie war bis zuletzt "nur" außerplanmäßige Professorin.
Nachtrag zum Nachtrag: Als Dikigoros ihrem Nachfolger Jahre später einen Höflichkeitsbesuch abstattete, mußte er sich von diesem sagen lassen, daß sie auch eine Art Margaret Mead gewesen sei: "Die konnte nicht mal richtig Bahasa." - "Aber hat sie nicht das berühmte Bahasa-Wörterbuch...?" - "Nee, da steht zwar ihr Name drauf, aber geschrieben hat das in Wirklichkeit der K." Dikigoros kann das zum Glück nicht mehr nachprüfen; wenn es stimmte, dann würde es zwar sein Weltbild nicht mehr groß ins Wanken bringen - das hängt so schon schief genug -, aber er wäre doch arg enttäuscht, auch von sich selber; denn er hätte das doch merken müssen, oder? Die Frau Professor machte zwar nicht selber den Sprachunterricht - dafür gab es Lehrbeauftragte und Lektoren -, aber trotzdem... Es würde jedenfalls zeigen, wie leicht man sich da hinters Licht führen lassen kann; und vielleicht sollte man das auch einer Margaret Mead zugute halten, nicht als Rechtfertigung, aber zumindest als Entschuldigung. (Juristen wissen, was Dikigoros mit dieser feinen Unterscheidung sagen will :-)


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