"Problematische" Bücher aus Schulen entfernt

Eine Bücherverbrennung schockiert Kanada und die Welt

von Kolja Zydatiss (Die Achse des Guten, 17. September 2021)

mit Bildern und ergänzenden Links von Nikolas Dikigoros

Wie verschiedene Medien, darunter die National Post und Radio Canada, berichten, ist letzte Woche ans Licht gekommen, dass der Conseil scolaire catholique Providence, eine kirchliche Betreiberin frankophoner Schulen in der kanadischen Provinz Ontario, im Jahr 2019 eine so genannte "Flammenreinigungszeremonie [flame-purification ceremony]" durchgeführt hat, bei der Schüler und Lehrer "aus pädagogischen Gründen" 30 angeblich oder tatsächlich "rassistische", "diskriminierende" oder "klischeehafte" Bücher gemeinsam verbrannten und die Asche nutzten, um – ziemlich pathetisch und kitschig - einen frisch gepflanzten Baum zu düngen.

Laut der Medienberichte wurden 2019 insgesamt 4.700 "problematische" Bücher aus 30 französischsprachigen Schulen Ontarios entfernt und zu Recyclingpapier eingestampft - die Flammenreinigungszeremonie war also nur der schaurige Gipfel einer größeren Säuberungsaktion. Aussortiert wurden u.a. der Asterix-Comic Die große Überfahrt, in dem Asterix und Obelix die nordamerikanischen Indianer besuchen, die Tim und Struppi Comics Tim in Amerika und Der Sonnentempel sowie Biografien französischer Entdecker, die Teile des heutigen Kanada erkundeten.

Auch in Kanada ist die erste Assoziation vieler Menschen angesichts einer solchen Aktion die Bücherverbrennung der Nazis 1933 in Deutschland, auch in Kanada wird ein altes, tief empfundenes moralisches Tabu verletzt, das der deutsche Dichter Heinrich Heine bereits 1823 wie folgt ausdrückte: "Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende auch Menschen." Die Story schlägt dementsprechend hohe Wellen. Selbst der kanadische Premierminister Justin Trudeau (Liberal Party), der sich sonst gerne allerlei hyper-progressiven, woken Anliegen anschließt, ist vom Vorgehen der Schulbehörde entsetzt und meint: "Ich würde niemals der Verbrennung von Büchern zustimmen." Oppositionsführer Erin O'Toole (Conservative Party) twitterte: "Ich verurteile die Verbrennung von Büchern aufs Schärfste."

Möge diese befremdliche Meldung von der anderen Seite des großen Teiches ein Warnsignal sein, womit wir es bei der Woke-Bewegung zu tun haben, die mittlerweile allerlei Institutionen im Westen erobert und im Sinne ihrer Ideologie umgekrempelt hat – bis hin zu einer obskuren römisch-katholischen Schulbehörde im Südosten Kanadas: Der Wokeismus ist ein fanatischer Reinheitskult, eine neo-religiöse Erweckungsbewegung mit dem Weißsein als Erbsünde, die in etwa so viel mit einer kritisch-differenzierten Auseinandersetzung mit der durchwachsenen Geschichte des Westens zu tun hat wie die Politik Mao Zedongs mit der Sozialdemokratie Willy Brandts.

Frenetische, woke Säuberungsaktion

In Deutschland treiben indessen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), die in der sächsischen Landeshauptstadt unter anderem die vielbesuchten Sehenswürdigkeiten Zwinger mit der Gemäldegalerie Alte Meister, Kupferstichkabinett, Grünes Gewölbe und Albertinum verwalten, ebenfalls eine frenetische, woke Säuberungsaktion voran. Laut diverser ähnlich lautender Medienberichte durchkämmen Mitarbeiter seit Anfang des Jahres die rund 1,5 Millionen verschiedene Objekte umfassenden SKD-Sammlungen und benennen alles um, was auch nur annähernd als politisch inkorrekt wahrgenommen werden könnte.

Bereits im Juli meldete diese Kolumne, dass der berühmte "Mohr mit Smaragdstufe" nun offiziell ein "**** mit der Smaragdstufe (historische Bezeichnung)" ist. Laut eines aktuellen Berichts der Berliner Zeitung (unten verlinkt, Anm. Dikigoros) haben die SKD inzwischen 143 Kunstwerke politisch korrekt umbenannt. Das gehe aus der Antwort auf eine kleine Anfrage eines sächsischen Landtagsabgeordneten hervor.

"Und dem Bildersturm fielen und fallen die historischen Titel teilweise weltberühmter Kunstwerke zum Opfer, die Kunsthistoriker nun vermutlich nur noch schwer in alphabetisch sortierten Verzeichnissen oder Katalogen finden" schreibt die Berliner Zeitung. "Zum Beispiel wurde die Bronzestatuette 'Schwarze Venus' umbenannt [...] in 'Afrikanerin mit Spiegel'. [...] Der Titel eines niederländischen Gemäldes aus dem 17. Jahrhundert wurde etwa vom eingängigen "Hund, Zwerg und Knabe" in den sperrigen Titel "Hund, kleinwüchsiger Mann und Junge" umbenannt."

Weitere Beispiele für Umbenennungen seien:


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