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Interessen |
Die
römischen Priesterschaften Priesterwürde
und Staatsamt. Wie im häuslichen Kult der pater familias die
Opferhandlungen
leitete, so war für diese Aufgaben im staatlichen Bereich anfangs der König
zuständig, der in seiner Person militärisch-politische, richterliche und
priesterliche Kompetenzen vereinigte. Beraten wurde er in Fragen des
Sakralrechtes von Sachverständigen, die als Einzelpersonen für bestimmte
Gottheiten zuständig waren (flamines) oder als Ausschuß Gutachten
erstellten (collegia sacerdotum).
In republikanischer Zeit bestand ihre Aufgabe darin, als Organe der
Staatsverwaltung die Leistungen des Gesamtvolkes an die Gottheiten unter
Beachtung zahlreicher Kultvorschriften sicherzustellen. Die außerordentliche
Bedeutung dieser Funktionen für den Bestand der res publica bewirkte ein
entsprechend hohes Ansehen der Priester. So war es auch selbstverständlich, daß
Beamte (magistratus) und Priester (sacerdotes) derselben sozialen
Schicht angehörten, dieselben politischen Ziele verfolgten und schließlich, da
Priesterwürden in der Regel auf Lebenszeit verliehen wurden, in Personalunion
die militärischen, politischen und religiösen Belange Roms wahrnahmen. Nur
ausnahmsweise standen besondere Tabuvorschriften für einzelne Priester dieser
Praxis entgegen. Eine geschlossene Priesterkaste hat es in Rom also nicht gegeben. Die vier hohen Priesterkollegien Pontifices. Sie waren zuständig für
die Aufsicht über sämtliche Angelegenheiten der altrömischen Religion, soweit
nicht besondere Regelungen getroffen waren. Die Ableitung ihrer Bezeichnung
von pontem facere im Sinne von Brückenbauer bzw. Wegbahner weist auf die
Frühzeit hin, als diese Sakralexperten die erforderlichen Rituale im
Zusammenhang mit der Erschließung des nicht urbaren Landes vollzogen. Das
Priesterkollegium entwickelte sich von zunächst drei Stellen über mehrfache
Erweiterungen bis auf 16 Mitglieder unter Caesar. Seit 300 v. Chr. waren auch
Plebejer zugelassen. In der Kaiserzeit dürfte sich die Gesamtzahl bei etwa 20
bis 25 Personen eingependelt haben. An der Spitze der Priesterschaft stand der pontifex
maximus ursprünglich als dienstältestes Mitglied. Er führte den Vorsitz
und verkündete die erstellten Gutachten (decreta pontificum). Ferner
war er zuständig für die Bestellung der dem Kollegium organisatorisch
verbundenen Einzelpriester (flamines), der Vestalinnen und des
Opferkönigs
(rex sacrorum), der die kultischen Akte vollzog, die vorher an die
Stellung des Königs gebunden waren. In der Rangordnung (ordo sacerdotum)
wurde der rex sacrorum deshalb noch vor dem pontifex maximus genannt.
Indessen übte dieser gegenüber dem genannten Personenkreis eine
Disziplinargewalt aus, die sich im Laufe der Zeit auf die Verhängung von
Geldstrafen (multae) für andere Priester erweiterte. Zu seinen
besonderen Aufgaben zählte die Pflege des römischen Kalenders sowie die
Redaktion der Jahresfasten (annales). Amtssitz war die Regia nahe dem
Vesta-Ternpel auf dem Forum, wo auch das Kollegium seine Versammlungen abhielt. Die Bestellung zum pontifex erfolgte
durch die Priesterschaft auf Vorschlag ihrer Mitglieder (cooptatio),
bis 103 v. Chr. ein Plebiszit die Volkswahl festlegte. Dieses Verfahren, das
bereits seit dem 3. Jh. v. Chr. die Wahl des pontifex maxirnus regelte,
wurde 63 v. Chr. nach den Reformen Sullas durch ein Plebiszit des T. Labienus
erneut in Kraft gesetzt. Damals konnte sich Caesar als Kandidat für den
Oberpontifikat gegen zwei angesehene Konsulare durchsetzen. Augustus ließ
sich erst nach dem Tode des Lepidus auf diese Weise (12v. Cbr.) zum pontifex
maximus wählen. Danach blieb die Würde mit der Person des jeweiligen
Kaisers verbunden, bis Gratian 383 n. Chr. demonstrativ darauf verzichtete. Bei den insgesamt 15 flamines, die
der Disziplinargewalt des pontifex maximus unterstanden, handelte es sich
um Einzelpriester für bestimmte Götter, deren Namen in der Bezeichnung genannt
sind. Besonderes Ansehen genossen die drei flamines maiores für luppiter,
Mars und Quirinus. Sie unterlagen aber einer Vielzahl von Tabuvorschriften. So durfte der Priester des luppiter (flamen
Dialis) kein Pferd besteigen, kein Heer in Waffen sehen, sich nicht länger
als eine Nacht von der Hauptstadt entfernen. Die politische Beschränkung dürfte
erklären, weshalb die Würde in der ausgehenden Republik über mehrere
Generationen unbesetzt blieb und auch Caesar die Übertragung verschmähte. Die sechs Vestalinnen hatten hauptsächlich
das heilige Feuer im Tempel der Vesta zu hüten, das ein Unterpfand für den
Bestand des Gemeinwesens war. Mit ihrer Bestellung (captio) durch den pontifex
maximus wurde die Gewalt des leiblichen Vaters ersatzlos aufgehoben, die
Priesterin wurde geschäftsfähig (sui iuris). Dieser Akt erfolgte meist
zwischen dem 6. und 10. Lebensjahr und verpflichtete das Mädchen zur Keuschheit
im Dienste der Göttin, meistens für 30 Jahre. Außerordentlichen Ehrenrechten wie dem
Pnvileg, in Rom auf einem Wagen zu fahren, von einem lictor begleitet
und innerhalb des pomerium bestattet zu werden, standen ein strenger Dienst im
Atrium der Vesta und harte Strafen bei Pflichtverletzungen gegenüber: die
Auspeitschung, falls das heilige Feuer erlosch, die Todesstrafe durch
Einmauerung beim Bruch des Keuschheitsgebots. Augures.
Das Kollegium entwickelte sich ähnlich wie das der pontifices. In ihre
Zuständigkeit fielen die auguria, kultische Akte, mit denen in einem
festgelegten Ritual die Zustimmung
einer Gottheit zu Maßnahmen im öffentlichen Interesse erbeten wurde (inauguratio). Quindecimviri sacris faciundis. Das
Priesterkollegium entwickelte sich aus der zur Befragung der Sibyllinischen Bücher
bestellten Kommission. 367v. Chr. wurde die Priesterschaft als Kollegium von
zehn Mitgliedern geschaffen. Sulla erhöhte deren Zahl auf 15, woraus sich die
Bezeichnung ergab. Auch hier fügte Caesar eine weitere Stelle hinzu, später
pendelte sich die Besetzung bei etwa 25 Mitgliedern ein. Ihre Aufgaben blieben
im Wesentlichen unverändert: die Zuständigkeit für die libri Sibyllini
und die Aufsicht über den ritus Graecus. Auch ihre besondere Rolle im
Rahmen der Säkularfeier hing damit zusammen.
Septemviri epulonum. Als jüngste
Priesterschaft wurden die septemviri epulonum zu den amplissima
collegia gerechnet. Zu Beginn des 2. Jhs. v. Chr. haben sie sich aus den pontifices
entwickelt, um die Ausrichtung der Festbankette (epula) bei staatlichen
Spielen, den ludi Romani
und den ludi plebei, zu besorgen. Von zunächst drei Stellen wurde das
Kollegium unter Sulla auf sieben — daher
der Name —, schließlich auf zehn Mitglieder unter Caesar erweitert. Die priesterlichen Sodalitäten Salier. Diese Priesterschaften waren
genossenschaftlich organisiert; in genau festgelegten Formen vollzogen sie
Kulthandlungen, deren Bedeutung bereits in der Antike nicht immer verstanden
wurde. Salii Palatini und salii Collini standen im Dienst der
alten Kriegsgottheiten Mars und Quirinus. Zu deren Ehren führten sie im März
und Oktober feierliche Waffentänze im Dreischritt auf und sangen unter
Zusammenschlagen der heiligen Lanzen und Schilde das Salierlied. Noch in der
Kaiserzeit war patrizische Abstammung Voraussetzung für die Aufnahme in diese
Priesterschaften. Besonderes Ansehen genossen auch die fetiales, die im zwischenstaatlichen Bereich als Gesandte des römisehen Volkes
etwa beim Abschluss eines Bündnisses (foedus) wichtige Aufgaben erfüllten. Vor
allem bei der Erklärung des (formal) gerechten Krieges (bellum iustum)
spielte die Priesterschaft unter Führung des pater patratus eine
zentrale Rolle Über Spezialkenntnisse verfügten die haruspices,
die als Experten der etruskischen Disziplin auf Senatsbeschluß fallweise um
Gutachten gebeten wurden. Eine Anerkennung als Staatspriester (sacerdotes
publici populi Romani) ist nicht erfolgt. Nicht von ungefähr bezieht sich
das sprichwörtliche Augurenlächeln ursprünglich auf die unrömischen haruspices;
der moderne Sprachgebrauch ergab sich erst aus der unzutreffenden Gleichsetzung haruspex
= Seher (mantis) = augur. Ihr Wissen schöpften die haruspices
hauptsächlich aus einer detaillierten Blitzlehre und der Eingeweideschau, wobei
die Leber der Opfertiere besondere Bedeutung hatte. Die römischen luperci veranstalteten
am Fest der Lupercalia einen Umlauf um den Palatin im Dienste des Lupercus.
Bekanntes Mitglied dieser Genossenschaft war der spätere Triumvir M. Antonins,
der bei dieser Gelegenheit Caesar am 15. Febr. 44 v. Chr. das Diadem anbot (Cic. Phil.
2,85 f.). Fratres
Arvales. Feierliche Flurumgehungen Sodales der vergöttlichten Kaiser.
Im Prinzipat wurden die republikanischen Sodalitäten an Bedeutung und
gesellschaftlichem Ansehen von den Priesterschaften für die vergöttlichten
Kaiser übertroffen. Die Einrichtung dieser Kulte erfolgte durch die Bestellung
von Einzelpriestern (flamines Divorum) und die Gründung von sakralen
Genossenschaften, die nach dem Herrscher bzw. der Dynastie als sodales
Augustales Claudiales, sodales Flaviales, sodales Antoniniani usw. benannt
wurden. Neben der kultischen Verehrung des Kaiserhauses war ihre Aufgabe auch
die Organisation sakraler Festveranstaltungen anlässlich der zahlreichen
Gedenktage für verstorbene Mitglieder der kaiserlichen Familie (domus
Augusta). Politik
und Religion Die römischen Priesterschaften waren Organe
der Staatsverwaltung, sicherten die den Göttern geschuldeten Leistungen des
Gemeinwesens, waren aber nicht Mittler zwischen Göttern und Auspizien. Mit den auspicia (publica)
besaß der Oberbeamte das Mittel, den Willen der Götter im Interesse des
populus Romanus zuerkennen. Der Begriff ist von avi-spicium abgeleitet
und bezeichnet die Vogelschau, im engeren Sinne die Beobachtung des Vogelfluges
durch den Oberbeamten. Oft sind auspicium und augurium bei den
antiken Autoren bedeutungsgleich verwandt, doch unterscheiden sich die Begriffe
sakralrechtlich darin, daß augurium die Befragung des Götterwillens
durch die augures mit Fürbitten verband, während auspicium auf
die Zustimmung der Götter für eine konkrete staatliche Handlung zielte, die im
Falle der Ablehnung nicht erfolgen konnte. Unter diesen Voraussetzungen erklärt sich
die überragende Bedeutung der Magistrate cum imperio, die zur
Sicherung der pax deorum Tempelweihungen vollzogen, Sühne- und Reinigungsopfer
darbrachten und alle Maßnahmen unter Beachtung göttlicher Zeichen (auspicato)
durchführten. Die Priesterschaften wirkten beratend mit und sorgten für die
Einhaltung der vorgeschriebenen Form.
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