[Bemerkung: Hervorhebungen wie Fettdruck
stammen vom Kommentator]
Die Entstehung der politischen
Strömungen in Deutschland 1770-1815
Oldenbourg München 1951
(1-12) Einleitung
(6) Methodische Fragen: zum Folgenden vgl. Wilh.
Mommsen, Zur Methodik der deutschen Parteigeschichte, Hist. Ztschr. CXLVII.
1933, 53ff.:
-
politische Bewegungen sind in sich nicht geschlossen,
sondern wandeln sich dauernd;
-
die einzelnen Parteien vertreten – “unabhängig
von ihrem “Programm” – wechselnde Ziele.”
(6f.) “die statische Schau der Typisierung” kann “zur
Erfassung der Gesamtsituation nicht ausreichen”.
“Politsierung”: “1. Es bilden sich bestimmte Vorstellungen
über eine neue Ordnung in Staat, Wirtschaft und Kultur heraus. 2.
Um diese Forderungen möglichst zu verwirklichen, bilden sich Gruppen
gleichgesinnter Menschen.” Die sich bildenden Gruppen erlangen “3. Auf
dem Gebiet der Personalpolitik schon im 18. Jahrhundert einen bedeutsamen
Einfluß. Es handelt sich dabei um einen Vorgang, der im Zeitalter
des Barock noch weithin unbekannt ist.”
(10) “Vorsicht gegenüber Vereinfachungen des
Sachverhalts”, “umsichtige Behandlung der historischen Einzelerscheinungen.”
V. unterscheidet im Liberalismus den Liberalismus
an und für sich und den “Demokratismus”. Die fasst er unter der Bezeichnung
“politi-
(11) scher Fortschritt” zusammen.
“Ich bin mir durchaus darüber im klaren, daß
die Anwendung starrer politischer Begriffe auf eine Zeit, in der sich die
einzelnen Strömungen voneinander nicht immer deutlich unterscheiden,
methodische Gefahren in sich birgt. Wenn wir zu einem klaren Bild der Entwicklung
auf diesem gebiete gelangen wollen, ist ihre Anwendung jedoch schlechthin
unerläßlich.” [Leider ist V. diesen Prinzipien nicht immer treu]
(12) “Unsere Untersuchung versucht die Politisierung
des öffentlichen Lebens und die Entstehung der politischen Hauptströmungen
darzustellen, soweit diese vor 1815 zutage treten.”
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Bemerkungen und Kommentare
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(13-87) I. Grundlagen
13f. Der Liberalismus
(15-39) Aufklärung und Liberalismus
(88) II. Regungen des politischen Fortschritts vor
1789
(89) Die spätere “Politisierung, die ihrerseits
ja erst die Grundlagen für die entfaltung liberaler Anschauungen und
Ziele geboten hat.”
Kritik am fürstlichen Absolutismus.
(90-93) Entwicklung der Flugschrift.
(93) Entstehung des Zeitungs- und Zeitschriftenwesens
“als Voraussetzung für die Politisierung breiter Massen.”
“Durch die Zeitungen erst gelangen Nachrichten konkreter
und unmittelbarer unter das Volk.” Jetzt entsteht die “laufende politische
Berichterstattung.” |
Eher Informierung ! |
(94) Die Zeitungen besaßen “zunächst
im 17. und auch im 18. Jahrhundert, keinen ausgesprochenen politischen
Charakter in unserem Sinne.”
(96) Politische Zeitschriften in Deutschland
Wielands “Deutscher Merkur” 1773ff.
Schunarts “Deutsche Chronik” 1744ff.
Schlözers “Neuer Briefwechsel, meist historischen
und politischen Inhalts” (1776-1782), gefolgt von “Staats-Anzeigen” (1783-1794)
1779 erschien Wekherlins “Chronologen”.
Erste liberale Ansätze in Schubarts “Deutsche
Chronik”
(98) Konkretere liberalere Regungen und wirksamer
bei Schlözer.
(99) Die Fühlung mit England hat dem Göttinger
Bildungszentrum einen weiteren Gesichtskreis eröffnet.
(99-105) Schlözers Zeitschriften.
(105-113) Wekhrlin
(106) “ein feuriger Anhänger der Aufklärung
in ihrer französischen Form.”
(113-119) Adolf Winkopp, “Deutscher Zuschauer” 1785-88.
(122f.) Wielands “Deutscher Mekur”
Dann behandelt V. die Literatur.
(133-135) (133) Kant “Insgeheim republikanisch gesinnt.” |
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(135-145) 2. Radikale Sturmzeichen
Radikal = Umsturz = revolutionär
(137) Solche Stimmung im “akademischen Proletariat
und sozial labilen Bürgertum” [vgl. S. 158]
“Der neue Deutsche Zuschauer” 1789ff.
“Teutsche Staats-Literatur” hg. von Friedrich Cotta
1790ff.
(138) Letztere Zeitschrift diente den Idealen der
Französischen Revolution.
(143) Der Illuminatenorden als Sammelbecken radikaler
Elemente. |
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(146) III. Die Revolution
1. Der Umsturz und die deutschen Liberalen
(149) Kontroverse zwischen Schlözers “Staats-Anzeigen”
und Büschings “Magazin f. die Historie und Geographie der neuen Zeit”
über die amerikanische Revolution.
Anm.15: “die Eingabe eines Ungenannten” “an
Leopold II. aus dem Jahre 1792”, wo die Ansicht vertreten wird, “der Abfall
der neuenglischen Provinzen” sei “ein Werk der geheimen Gesellschaften.”
(151f.) Wirksamkeit von Montesquieu und Rousseau.
(152) “Man kann mit einem gewissen Recht sagen: Rousseaus
Lehren sind für die Entstehung demokratischer Stimmungen in Deutschland
ebenso wichtig wie Montesquieu für die Entfaltung der liberalen Bewegung.”
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Bereits damals gab es Verschwörungstheorien: |
(153) Anm.28: V. meint, die Auffassung, “daß
aller Liberalismus, auch der deutsche, von den “Ideen von 1789” herstamme”,
sei von Gerhard Ritter, Reformprogramme, HZ CXXXVIII (1928), 42 berechtigt:
“die Wahlverwandtschaft des deutschen ‚Demokratismus‘ zum französischen,
des ‚Liberalismus‘ zum englischen Denken.” V. meint weiter: “Tatsächlich
zeigt sich, daß fast alle deutschen Publizisten und Politiker jener
Zeit, die vom französischen Denken abhängig sind, demokratischen
Ideen zuneigen. Umgekehrt bewirkt englischer Einfluß die Hinneigung
zu liberalen oder gemäßigt-konservativen Auffassungen.”
V. besteht darauf, dass der Einfluss der französ.
Revolution nicht der bis dahin vertretene war, weil “die freiheitlichen
Strömungen in Deutschland nicht erst” durch “die Revolution im Westen”
geschaffen wurden. Denn “gerade am englischen und nordamerikanischen Beispiel
zeigte sich die ursprüngliche Unabhängigkeit de liberalen Anschauungen
vom Gedankengut der französischen Revolution.”
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Recht problematische Zuweisungen, die wohl erfolgen,
um den unter dem Begriff des “Demokratismus” verstandenen völkisch-nationalen
Tendenzen in die Nähe der französischen Ideenwelt zu rücken
und damit den ersteren eine Legitimität zu verschaffen.
Also unbedingt einen Autochthonismus des deutschländischen
Liberalismus von dem der franz. Revolution behaupten.
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(156) V. postuliert: “der deutsche Liberalismus
wurde nicht durch die französische Revolution ausgelöst.” Er
schließt sich Albert Wahl, Beiträge, 561ff. an, der behauptet,
“die deutschen Vertreter des beginnenden Liberalismus” seien “den “Ideen
von 1789” nur mit einem sichtlichen Zwiespalt der Empfindungen und starken
Einschränkungen” begegnet. |
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(158) Die Zustimmung für die franz. Revolution
sei “unter den Schriftstellern und den Gebildeten von der wirklichen geistigen
Elite bis zum Bildungspöbel, der auf die modischen Schlagworte der
Zeit eingeschworen war”, stark gewesen. “Auffallend lebhaft war der Zuspruch
bei sozial labilen Elementen.” |
Recht fragwürdig, die Rezeption der Revolutionsideen
von “modischen Schlagworten der Zeit” abhängig zu machen, wodurch
auch die franz. Revolution zu einer “Modeerscheinung” disqualifiziert wird,
ebenso “sozial labile Elemente” mit der Rezeption in Verbindung zu bringen,
womit darauf angespielt wird, die Revolution selbst sei von Elementen dieser
Art getragen worden. V. bedient damit das Stereotyp, die franz. Revolution
sei, wie auch die Aufklärung, eigentlich von sozialen Randgruppen
und von “geheimen Gesellschaften” = Verschwörungsstereotyp,
veranlasst und getragen worden. V. behauptet, “die Anhänger der Revolution”
seien “abgesehen von ausgesprochen revolutionären Geheimgruppen”,
“nur ganz lose gruppiert”. |
(159) V. will zwischen “revolutionsfreundlichen”
und “revolutionären” Kreisen streng unterscheiden.
(160) V. postuliert: “Unter den einfachen Leuten
der deutschen Städte überwog die Feindschaft gegen die Franzosen”,
wobei er sich auf zwei Quellen beruft (1796, 1792), die Zustände während
der französischen Besetzung in Mainz und Frankfurt am Main schildern,
also rückinterpretiert V. eindeutig.
(160f.) Das unhistorische Stereotyp der “revolutionären
Schlagworte”, die “radikale Strömungen auch beim gemeinen Mann” entfacht
haben sollen.
(162ff.) Die Gruppe von Persönlichkeiten, die
die franz. Revolution als ganzes bejahten. Soll “ein recht bunte(r)
Personenkreis” gewesen sein, vor allem Aufklärer. Diese sollen “gegen
jede
antirevolutionäre Äußerung gewesen” sein.
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Postulat
Unhistorisches Stereotyp
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Joh. Heinrich Voß mit einem “bis zur Unduldsamkeit
hartes Aufklärertum”. “einer simplifizierenden Aufklärung ergebene”
Natur.
(162f.) Adolph Freiherr v. Knigge (1752-1796) führender
Illuminat – “stark irrationalistisch beeinflußt, okkulten und mystischen
Regungen nicht unzugänglich”. “Ähnlich wie Kant sah Knigge in
der Revolution eine unvermeidliche Naturnotwendigkeit.”
(163f.) Johann Heinr. Merck (1741-1791), Freund Goethes.
(165) Klopstock – steht für den Personenkreis,
“der zunächst vom Schwung des revolutionären Geschehens mitgerissen
war und in den französischen Ereignissen zunächst die Verwirklichung
seiner Ideale wahrzunehmen glaubte, dann aber, früher oder später,
vom Gang der Entwicklung enttäuscht wurde.” Die anfängliche Zustimmung
dieser Gruppe ist “für einen großen Teil der gebildeten aller
Schichten typisch.”
(166) Klopstock verherrlichte die Revolution in Dichtungen.
Nach den Septembermorden 1792 vollzog sich der Umschwung.
Herder sucht die Ereignisse philosophisch zu deuten:
“Briefe zur Beförderung der Humanität”.
(167f.) Wieland
(168) “Wieland verkannte nicht die Werbekraft der
neuen Ideen.”
(168f.) Bei Wieland lässt sich “mit seltener
Klarheit der allmähliche Übergang zu liberalen Anschauungen beobachten.” |
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(170) Auch Wekhrlin wurde zum Gegner der Revolution.
(175f.) Bei Schlözer äußert sich
am deutlichsten die zwiespältige Stellung zu den Ereignissen im Westen.
(176) “Er war und blieb ein Anhänger der Monarchie,
zugleich ein abgesagter Feind von Erhebungen.” Er tadelt den Aufstand der
neuenglischen Provinzen, er verurteilte die Gewaltsamkeiten und Leidenschaften
und warnte die Deutschen vor der Nachahmung der französischen Vorgänge.
Aber Schlözer lehnt auch die antirevolutionäre
Propaganda ab. Das soll laut V. “typisch für die Stellungnahme der
deutschen Frühliberalen” sein, “die ihre freiheitlichen Ideen nicht
aufgaben, das Recht auf die Revolu-
(177) tion, die Anwendung der Gewalt jedoch ablehnten.”
Der “Demokratismus” unterscheide sich vom Liberalismus
darin, dass jener bereit war, seine “auf totale politische Reform abzielenden
Wünsche selbst durch einen gewaltsamen Umsturz zu verwirklichen.”
Der Liberalismus lehnt seinen “doktrinären Radikalismus” ab (Staats-Anzeigen
1783, H.13, 3-4), weil er “die politische Reife der Völker von kulturellen
Voraussetzungen abhängig” sieht (Schlözer, St.-A. XVI, 1791,
H.61, 76). Dieses Argument begegnet uns auch das ganze 19. Jh. hindurch.
Der Umschwung in Frankreich seit dem 9. Thermidor
1794 war ebenfalls wichtig “für die Entfaltung der liberalen Stimmungen
und Grundsätze Deutschlands”, was laut V. “bisher wenig Beachtung
gefunden hat.” Der Sturz Robespierres brachte für die Vertreter frühliberaler
Ideen in Deutschland, die sich bisher im Zweispalt befanden, in eine wesentlich
günstigere Lage. |
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(178) Klopstock, Wilhelm v. Humboldt.
Im 19. Jh. hat der deutsche Liberalismus die mit
dem 9. Thermidor einsetzende politische Wandlung weiterhin positiv beurteilt.
(179) V. spricht von “Käuflichkeit, Schwäche
und Ratlosigkeit” der Zeit nach der Schreckensherrschaft, “die in ihren
meisten Vertretern zweifellos zutage trat und schließlich ihren Zusammenbruch
herbeiführte.”
Die Entwicklung 1794-1799 “erschien den europäischen
Freunden des politischen Fortschritts als Überwindung des Terrorismus,
als erneuter und daher besonders bedeutsamer Sieg freiheitlichen Strebens.” |
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(180-206) 2. Die demokratische Bewegung
(180) Wekhrlin verfolgte “eher demokratische als
liberale Zielsetzungen.”
“Die demokratische Strömung, nicht die liberale”
soll laut V. “in den deutschen Ländern in erster Linie eine Folge
der französischen Revolution” sein.
(181) Die Zahl der Männer, die einen radikalen
Bruch mit der Vergangenheit anstrebten, war gering. “Die deutschen Revolutionsmänner
setzten sich aus Gebildeten und Halbgebildeten zusammen: unteren Beamten,
Professoren, Geschäftsleuten, Handlungsgehilfen, Schreibern und ähnlichen
Leuten.” Das “sozial fest fundierte Bürgertum war unter ihnen im Grunde
nur schwach vertreten.” “Diese Radikalen”.
(182) V. nennt sie auch “diese deutschen Jakobiner”.
“Die Revolutionäre, die meist nur vorübergehenden Stimmungen
huldigten, hatten das Volk nicht hinter sich. Nicht nur die sozial gehobenen
Schichten, auch die einfachen Leute bekundeten häufig einen auffallenden
Haß gegen die Revolution und die Franzosen.”
(183) V. behauptet, die demokratische Richtung sei
von der liberalen Bewegung in Deutschland bis in den Vormärz hinein
schwer zu unterscheiden. Auch gab es Gemeinsamkeiten in zentralen Fragen
der Weltanschauung.
(184) Grundsatz der Volkssouveranität, völlige
Gleichberechtigung aller Staatsbürger auf sozialem und politischen
Gebiet.
(185) Fichte ist republikanischen Anschauungen bis
an sein Lebensende treu geblieben.
(188f.) Die Liberalen sollen “Im Gegensatz zu den
Demokraten” “für eine maßvolle Beschränkung der Freiheit”
gewesen sein, die nicht mit “wilder Leidenschaft” zu verwechseln sei. Die
Liberalen sollen “grundsätzlich Gegner von Revolutionen” sein, “aber
um so schärfer” für “die unbedingte Notwendigkeit bedächtiger,
wenn auch steter Reform.” Aus Angst vor der Masse lehnten sie bis 1848
das gleiche und allgemeine Wahlrecht ab. Beseitigung politischer und sozialer
Mißstände auf dem Weg der Reform, ohne die bestehende Ordnung
umzustoßen. Stärkere Geltung für den dritten Stand.
(204) In Deutschland “war der demokratische Gedanke
ein politisches Strohfeuer.”
Aus vielen deutschen Revolutionsfreunden und überzeugten
Demokraten wurden Anhänger Napoleons.
(205) “Kommunistische Bewegung”. |
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(207-228) 3. Sozialistische Ansätze
(209) “Die Ächtung der sozial Schwachen, die
Widerstand versuchten, hat im Laufe des 18. Jahrhunderts zur Ausbildung
eines Bandenwesens geführt, das sprechender Ausdruck der sozialen
Mißstände ist und nicht etwa als bloße kriminelle Erscheinung
gesehen werden darf” (Anm.9: Schillers “Die Räuber”).
(210) Gegen Ausgang des 18. Jhs. scheint das Bandenwesen
seinen Höhepunkt erreicht zu haben.
(214) Wieder mal das Stereotyp
des
“sozial labilen Typus des Intellektuellen”, der beim “Zutagetreten sozialistischer
Gedankengänge in Deutschland” eine Rolle gespielt haben soll zwischen
1789-1800.
Das “geistige Proletariat” neigte zu radikalen
(215) Anschauungen. |
S t e r e o t y p
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Einige typische Vertreter:
Karl Friedrich Bahrdt, bis 1775 Professor in Gießen,
“war der erste deutsche Schriftsteller, der die Fürsten und mit ihnen
die bestehende staatliche Ordnung für das soziale Elend in flammenden
Worten verant-
(216) wortlich machte und auf wirtschaftlichem Gebiet
Maßnahmen forderte.”
In Rechte und Obliegenheiten der Regenten und
Unterthanen in Beziehung auf Staat und Religion, Riga 1792: betont
das “recht zu leben” gegenüber dem “Recht zu erwerben”.
(217) V. meint, im Vergleich zu der “Auffassung des
christlichen Mittelalters über die Pflichten einer Obrigkeit, daß
sie verpflichtet sei, gegen Wucher anzukämpfen und den “armen Leuten”
die Lebenshaltung möglichst zu erleichtern”, sei bei Bahrdt neu, “daß
er diese Gesichtspunkte mit materialistischer Aufklärung verknüpft.”
(Anm.40, S.217).
Bahrdt betont die Gleichberechtigung der Steuerzahler
untereinander und “an den öffentlichen Anstalten” (Würdigung
der natürlichen Religion und des Naturalismus in Beziehung auf Staat
und Menschenrechte, Halle 1791).
(218) Der “bedeutendste revolutionäre Publizist
Deutschlands in der Zeit vor 1848”, Andreas Georg Friedrich Rebmann (1768-1824)
soll Bahrdt “nicht nur an Radikalismus, sondern auch an echter politischer
Leidenschaft” überboten haben
Ein “Mann von Geist und Rausch” (1798).
V: “seltsame Zwiespältigkeit”.
Floh nach Frankreich, stieg zu einem hohen Gerichtsbeamten
empor, wurde 1811 Präsident des kaiserlichen Gerichtshofs in Trier
und nach der Restauration Präsident des Appellationsgerichtes im bayrischen
Rheinkreis.
Wurde zum Wortsprecher der Revolution, die einen
starken deutschen Einheitsstaat begründen sollte. Er soll angeblich
“einer der wenigen Revolutionäre, die sich nicht vorbehaltlos weltbürgerlichen
Idealen verschrieben”, gewesen sein.
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Kein Wort über den Frühkapitalismus, mit
dem diese Erscheinungen zu verbinden sind.
Bahrdt vertritt eher einen egalitaristischen,
durchaus rationalistisch-ausgewogenen Standpunkt, als einen “sozialistischen”.
Wirtschaftlich begründeter Egalitarisimus
ist beileibe kein “Radikalismus” !
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(219f.) V. versucht den Umschwung Rebmanns zum hohen
Gerichtsbeamten nachzuvollziehen.
(220) V. schreibt, bei der Würdigung der publizistischen
Tätigkeit von Rebmann habe man “vor allem übersehen, daß
er nicht nur als Gegner der bestehenden politischen Zustände auftrat,
sondern auch ihre sozialen Schattenseiten zur Sprache brachte.” “Rebmann
berührt sich darin mit sozialistischen Ansätzen innerhalb der
jakobinischen Bewegung”.
(222-223) Rebmann spricht von den “Unterdrückten”.
(223) Rebmann, ein “deutscher Jakobiner”.
(226) Gießener Schuhmachermeister Sennfelder:
“die reichen Leute wären allhier so hart gegen die Armen, daß
es kein Wunder sei, man öffnete den Franzosen die Thore, wann sie
bis hierher gelangen sollten” (Anm.72: Annalen der leidenden Menschheit,
Altona 1795-1801, hier V (1798), 84)
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Dies Beispiel entgegen der vorher von V. auf S. 160
betonte Franzosenfeindlichkeit.
V. betrachtet alle Autoren für “sozialistisch”,
die sich sozialen Fragen widmeten. |
(228) Fichtes Forderung nach einem “Staatssozialismus”
(Der geschlossene Handelsstaat, 1800) erscheine “geradezu als Niederschlag
der sozialistischen Gedanken, die seit 1789 erstmals auch in Deutschland
hervortraten.” |
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229-243) 4. Die Rolle der Gruppenbildungen
(230) V. will zwischen dem Freimaurerbund, “in dem
kulturelle und weltanschauliche Anliegen vorherrschten”, und den “späten
geheimen Gesellschaften” unterscheiden, “in denen auch politische Wünsche
stärker zur Geltung kamen” (Anm.1: Bereits Feßler, Schriften
über die Freymaurerey, Freyburg 1805, trifft diese Unterscheidung).
(231) der Illuminatenorden
(232) Die geheimen Gesellschaften sollen laut V.
“nicht den “Umsturz”, sondern die späteren politischen Parteien vorbereitet,
diese vorderhand in gewissen Funktionen ersetzt” haben. V. betont, dass
“diese politische Bedeutung der “geheimen Verbindungen” größer
war als man früher annahm”. |
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(233f.) Der Illuminatenorden in Bayern.
(235) V. geht auf die studentischen Verbindungen
ein. Die seit etwa 1770 entstandenen Studentenorden, die maurerische Vorbilder
berücksichtigten.
(236) Die Studentenorden fielen den (studentischen)
Landsmannschaften zum Opfer.
(237f.) Lesegesellschaften, durch eine Reihe deutscher
Staaten unterdrückt im Revolutionszeitalter.
(239) “Nicht nur solche Zusammenschlüsse [Lesegesellschaften,
Salons, Stammtische, Zusammenkünfte in Gastwirtschaften und Kaffeehäusern]
der verschiedensten Form und Tragweite haben den fortschrittlichen Regungen
seit dem Ausbruch der Revolution den Weg bereitet. Auch gewisse bürgerliche
Berufsarten sind schon an und für sich der Verbreitung liberaler wie
radikaler Gedanken in hohem Maße förderlich gewesen.”
Buchdrucker, Buchhändler, Redakteure, Journalisten
bekämpfen die Zensur.
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Also eine betont aufklärerische Einrichtung
erlag territorial-heimatbündischen bis zum Nationalismus
tendierenden Verbindungen.
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(244-254) 5. Der englische Einfluß
(247) Enge Beziehungen zwischen Niedersachsen und
England.
(252) “Die Widerstandsfestigkeit der politischen
Einrichtungen des Inselreiches trug nicht wenig zu ihrem Ansehen in den
Augen auch der deutschen Zeitgenossen bei.”
“Seit den 90er Jahren lassen sich die deutschen Liberalen
von den Demokraten durch ihre Vorliebe für England unterscheiden”
(Anm.32: Weil der Publizist Winkopp ein negatives Verhältnis zu England
hatte, folgert V. auf dessen Zugehörigkeit zum “demokratischen Lager”).
(253) “Englands Politik wird seit dem Ausbruch des
Koalitionskrieges gegen Frankreich von den deutschen Demokraten sehr abfällig
beurteilt.” |
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(255-342) IV. Der Gegenspieler
Konservativismus und Reaktion
(255) Die ersten konservativen Gruppen und ihre Voraussetzungen
“Wie jede sekuläre politische Bewegung fußt
auch der Konservativismus auf einer zeitlosen Grundhaltung [m.U.]
des Menschen. Zu jeder Zeit gab es einen konservativen, einen liberalen
und radikalen Menschentypus. Aber erst bestimmte geschichtliche
Situationen verleihen derartigen Formen des Verhaltens ein selbständiges
politisches und geistiges Dasein. So hat sich mit der stärkeren Bedrohung
der Überlieferung auf sozialem, kulturellem, geistigem und religiösem
Gebiet im 18. Jahrhundert eine schon längst vorhandene traditionalistische
Haltung ins Bewußte gesteigert und zur Schaffung ausgeprägter,
durchdachter konservativer Anschauungen geführt” |
V. schließt sich hier Karl Mannheim, Das
konservative Denken, 72-74 (Anm.1) an, der zwischen “Traditionalismus”
als allgemein menschliche Eigenschaft, und konservativem ‚Denkstil‘ unterscheidet,
der erst in der Moderne entstanden sei. Mannheim definiert den Konservativismus
als Ideologie erst 1964 in
Das Konservative Denken. Soziologische Beiträge
zum Werden des politisch-historischen Denkens in Deutschland (vgl.
Lexikon der Politik, Bd.1, München 1995, S.267 u. 273). |
“daß den konservativen Menschen eine Abneigung
gegen alles “Ideokratische”, gegen jede Vorherrschaft der Idee über
das Leben beherrscht” |
Recht vorsichtig aufzunehmen diese Zuweisung. |
Folgerichtig: “erwächst der Konservativismus
unmittelbar aus Stimmungen, aus Kräften des Gemüts, in ständiger
kämpferischer Auseinandersetzung mit dem übermächtig gewordenen
Zeitgeist und seinem Streben nach Rationalisierung und Säkularisierung
des Lebens” |
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(256) Der Mensch wird vom Konservativismus “pessimistischer
beurteilt”, “als er im Widerstreit des Guten und des Bösen gesehen
wird”. “Dem Konservativen widerstrebt die rationale Reflexion und Analyse.” |
V. vermeidet es offensichtlich, den Begriff des
Irrationalismus
mit dem Konservativismus in Zusammenhang zu bringen. |
“Aus der Überzeugung des konservativen
Menschen, daß im “Lebendigen” und Unabwägbaren die Quelle aller
Entscheidungen liege, aus der Verneinung einer einseitig rational ordnenden
Sicht, ergibt sich, das der Konservativismus bei der Formulierung seiner
Überzeugung eine größere Freiheit besitzt als die Anhänger
politisch fortschrittlicher Ideen. Soweit der Konservativismus es überhaupt
für nötig hält, seine Anschauungen theoretisch zu begründen,
knüpft er an diejenigen Lehren an, die ihm entweder durch die geoffenbarte
Religion, durch den erwachenden Sinn für geschichtliche Zusammenhänge,
durch das historische Recht Deutschlands und Englands oder durch die griechische
Staatsphilosophie gegeben sind.”
|
Bezeichnend die “größere Freiheit”, die
der Konservativismus besitzt, die aus seinem breitgefächerten Irrationalismus
herrührt. Doch diese “größere Freiheit” entspricht einem
breiten Spielraum für Beliebigkeiten
und Willkürlichkeiten, sowohl
im Theoretischen, wie auch im Praktischen. Dass der Konservativismus dadurch
aber nicht geeigneter ist als der rationalistische Liberalismus für
die Gewährleistung politischer, wirtschaftlicher und sonstiger individueller
und kollektiver Freiheiten, hat die Geschichte, vor allem die des Hitlerreiches
und des italienischen Faschismus, wie sämtlicher Militärdiktaturen
der 50er bis 80er Jahre des 20. Jhs. bewiesen. Es scheint durchaus so zu
sein, dass ein ideologisches System, das sich nach innen hin bedeutender
Freiräume und “Freiheiten” der Spekulation erfreut, nach außen
hin keine entsprechende Freiheitsqualität gewährleisten kann,
während ein streng rationalistisch funktionierendes Ideensystem die
nach innen fehlenden Freiräume, Freispiele und Freiheiten um so effektiver
nach außen hin realisieren kann (der Liberalismus, der von Nationalismen
freie Demokratismus) |
(257f.) V. schreibt über die Vereinfachung,
mit welcher die “zeitgenössischen Gegner im Lager des politischen
Fortschritts” den Konservativismus als bloße “Reaktion” auf den Sturz
Napoleons beschrieben.
(258) V. betont, dass es bereits vor 1789 “in verschiedenen
Gegenden Deutschlands” “Regungen” “auf Wahrung der Überlieferung”
gab
|
Was nicht davon ablenken sollte, dass der politische
Inhalt des Begriffs “Reaktion” (“Das Reactionswesen unserer Zeit” – Johann
Karl Adam Murhard (1781-1863) in: Carl v. Rotteck – Carl Welcker, Staatslexikon
oder Encyklopädie der Staats Wissenschaften, 1Altona
1834-43, 15 Bde., XIII, 435) von den Aufklärern bzw. von den Liberalen
geprägt wurde und die politische “Reaktion” auf Aufklärertum
und politischen Liberalismus benennt.
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(258-265) Beispiele für den “Prozess der Steigerung
und Verdichtung konservativer Bestrebungen” “in verschiedenen deutschen
Landschaften seit den siebziger Jahren” [S.267: “früheste konservative
Regungen”].
ExJesuit Franz Xaver v. Feller (1735-1802).
In Mainz bildete sich nach dem Tod des Kurfürsten
Emmerich Joseph (1774) “der früheste konservative Ansatzpunkt innerhalb
Deutschlands”.
Weitere Beispiele aus katholischem Umfeld.
(260) Habsburgermonarchie.
(260f.) Bayern
(261) Luzerner Gruppe unter dem Exjesuiten J.A.
Weißenbach (1734-1801).
(261f.) Justus Möser – unweit Münster,
“dem der deutsche Konservativismus viel verdankt.” |
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(262-265) Protestantisches Umfeld.
Emkendorfer Kreis im Schleswig-Holsteinischen, bei
dem “politischer Konservativismus” “voll ausgebildet” war.
(265f.) Schweizer Johann Kaspar Lavater (1741-1801).
Seine Tätigkeit hat “den Kampf gegen die Aufklärung und damit
das Werden des Konservativismus in Deutschland und in der Schweiz erheblich
und vor allem schon sehr früh gefördert.”
(266f.) Rosenkreuzertum, die Strikte Observanz, die
schottischen Maurerei.
(267) “daß auch derartige Verbindungen mit
Geheimlehren dem mitteleuropäischen Konservativismus gerade in seinen
Anfängen wichtige Hilfe boten.” |
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(271-302) 2. Der Kampf gegen Aufklärung
und geheime Gesellschaften vor 1789
(271) “Vor 1789 hatte es keinen politischen “Konservativismus”
gegeben, der sich mit der Gegenseite wirksam gemessen hätte.”
“Die Bekämpfung der Aufklärung sowie der
geheimen Gesellschaften ist hier das auslösende Moment etwa seit Beginn
der achtziger Jahre gewesen.
(273) “Diese politische Befehdung der Aufklärung
aus religiösen Motiven erfuhr seit den achtziger Jahren eine wesentliche
Steigerung durch den Kampf gegen die sogenannten geheimen Gesellschaften.”
(275) “der offen betonte Weltbürgergedanke der
Maurer trug dazu bei, ihr Wirken in den Augen mancher zu verdächtigen.”
(276) In Bayern seit 1784 fortschreitend stärkere
Bekämpfung der geheimen Gesellschaften, u.zw. der Illuminaten.
(279) “Wichtiger als die amtlichen Schritte des
bayrischen Staates war die publizistische Erörterung der Illuminatenfrage.” |
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(283) Der Kampf gegen den Illuminatenorden hat “nur
deswegen einen so großen Umfang annehmen können, weil innerhalb
des Freimaurerordens und den eigentlichen Geheimbünden Krisenerscheinungen
auftraten, die für das deutsche Geistesleben von weitreichenden Folgen
begleitet waren (Anm.60: Dazu Eugen Lennhof – Oskar Posner, Internationales
Freimaurerlexikon, Zürich-Leipzig-Wien 1932 unter Hund, Rosenkreuzler,
Schottische Maurerei, Strikte Observanz etc.).
Konstruktion einer freimaurerischen Templerlegende,
die schon 1737 begegnet. Nach der Unterdrückung des Templerordens
habe eine Gruppe von Templerrittern insgeheim in Schottland weitergewirkt
[vgl. die “Ossian”-Fälschung]
1737 entstand in Frankreich die sogenannte Schottische
Maurerei.
(284) In Deutschland die ersten Logen um 1740.
(285) 1757 Orden der Gold- und Rosenkreuzer.
Okkultismus dieses Ordens.
(286) Beteiligte sich an der Bekämpfung der
Illuminaten, suchte in Preußen die Geltung der Aufklärung einzudämmen
und widmete sich nach 1789 der Bekämpfung der Revolution.
(287) Kämpfe zwischen Illuminaten und Rosenkreuzlern.
Die ursprünglichen Maurer sahen sich durch die
Erfolge dieser okkulten Bünde bedroht. |
|
(288f.) Die Maurerei trug durch die ihr zur Last
gelegten okkulten und mystischen Neigungen tiefen Schaden.
(289) V. glaubt, “der europäische Traditionalismus”
habe “zu einem entscheidenden Zeitpunkt” von den irrrationalistischen Orden
“wertvolle Unterstützung erhalten. Die Entstehung des Konservativismus
und des Historismus ist auch durch diese Vorgänge vorbereitet worden.”
(290ff.) “Kampfschriften” gegen die geheimen Gesellschaften.
(292) “Auf alle Fälle sehen wir, daß zuerst
unter den katholischen Gegnern der Aufklärung die Annahme einer umfassenden
Verschwörung gegen die bestehende religiöse und politische Ordnung
vertreten wird. Diese “Komplottheorie” ist bei ihnen aber nur unvollkommen
entwickelt. Ausführlicher, mit größerer Wirkung ist sie
durch protestantische Schriftsteller entwickelt worden.” |
|
(293f.) Von protestantischer Seite: Ernst August
Anton v. Göchhausen (1740-1824) Enthüllungen des Systems der
Weltbürgerrepublik. In Briefen aus der Verlassenschaft eines Freymaurers
(Rom = Leipzig 1786): “die angeblichen politischen Umsturzabsichten der
Freimaurer”, “die [...] unter der geheimen Leitung der Jesuiten ständen,
um auf diese Weise die Macht in ihre Hände zu bekommen.”
(295f.) V. geht auf v. Göchhausens “Enthüllungen”
ein.
(295) Die “unbekannten Oberen” “hätten umfassende,
geheim gehaltene politische Pläne”. V. Göchhausen nennt sie “Weltbürgerplan”.
Ziele:
(296) “Freiheit und Weltbürgertum, im einzelnen
Abschaffung aller Kulte und Erstezung durch einen “eintzigen vernünftigen
Gottesdienst, frey von allem Spiel der Imagination, frey von aller Pfaffen-
und Despoten-Influenz ...” ” (S.231).
“Die nationalen und staatlichen Sonderinteressen
der einzelnen Staaten müßten beseitigt werden”, “ “ auch alle
obrigkeitliche Alleinherrschaft, alle Fürsten, alle Stände” “
(S.235) müßten zu bestehen aufhören. Der “Orden der Weltbürger”
kennt nur zwei politische Existenzformen: die “regierende” und “regiert
werdende Menschenklasse” “. In der “Weltbürgerrepublik” bestände
nur “ “eine Form der Regierung”, die ausschließlich durch die Gesetze
der gesunden Vernunft geleitet würde.” (S.245-46)
Schlagworte: Aufklärung, Pressefreiheit, Philosophie,
mit denen gegen die bisherige religiöse und politische Ordnung gearbeitet
werden müsse (S.248-49). |
|
(297f.) Joh. Georg Zimmermann
(298f.) Joh. August Starck
Er schuf laut V. mit Der Triumph der Philosophie
im 18. Jahrhundert “das Hauptwerk der sogenannten Komplottheorie”,
das bis in die Rehstaurationszeit große Geltung besaß.
(300) Starck erlangte “für die Bildung der
konservativen Strömung innerhalb Deutschlands eine Bedeutung”, “die
seinen literarischen Werken einen besonderen Rang unter den konservativen
Schriftstellern des 18. Und 19. Jahrhunderts sicherte.” |
|
(300-302) Matthias Claudius (1740-1815)
(301) Claudius betont entgegen dem Gleichheitsstreben
“die natürliche Rangordnung der Gesellschaft”. Er spottet über
die Entdecker der Menschenrechte, “die ausgerechnet im 18. Jahrhundert
erkannt worden seien” (Werke, 4. Aufl., Hamburg 1829, III, 12-13). Die
Vernunft sei kein politisches Ordnungsprinzip (27f.). |
|
(302-327) 3. Die antirevolutionäre Bewegung
(302) V. nennt die Verteidiger der alten Ordnung
“politische Realisten”. “Die
Staatsgewalt suchte sich “jetzt mit den Kräften der Überlieferung
zu verbinden. So kam das
(303) Bündnis zwischen Thron und Altar zustande.”
Die Revolution sei für die Liberalen “kein spontaner
politischer Vorgang, sondern das Ergebnis einer vorausgehenden langen geistigen
Zersetzungsarbeit ...”.
(309) Zeitschrift “Eudämonia” (1795-1798), zentrales
Organ der deutschen Revolutionsgegner. |
Politische Realisten
|
310) “Die konservative Bewegung ist nicht von den
Fürsten und ihren Dienern getragen, sondern von Männern, die
aus Überzeugung für die Kräfte der Überlieferung in
Staat und Gesellschaft eintraten und wie ihre Gegner von einer unbefangenen
historischen Betrachtung ernsthaft gewürdigt werden müssen. Die
Antirevolutionäre der neunziger Jahre sind nicht blinde Anhänger
des Absolutismus und seiner Gewaltmethoden.” “Sie waren Gegner jeder Nivellierung,
Es
(311) hat den Anschein, daß sie die Zeit noch
nicht für reif hielten, um ihre Anschauungen im einzelnen herauszuarbeiten”
|
Recht fraglich dieser Begriff im Zusammenhang mit
der aufklärerischen Vernunft !
Was war da schon herauszuarbeiten, wenn ihre Botschaft
eindeutig die des Bewahrens und Fortführens hergebrachter feudal-aristokratisch-absolutistischer
Strukturen und Einrichtungen war ? Und weil sie nur auf der Position des
Angegriffenen verharrten, nur auf den Drang nach revolutionärer Erneuerung
reagierten – daher doch die Benennung “Reaktion” – entwickelten sie nicht
die für das Zustandekommen eines Systems nötige Dynamik. |
V. meint, die Antirevolutionäre sollen “keinesfalls
[...] an eine schematische Wiederholung des Alten” gedacht haben.
(312ff.) Maßnahmen der einzelnen Länder
gegen die “revolutionäre Bedrohung”.
Zensur
(313) Klagen über den “Mißbrauch der
Presse”
Anonyme Flugschrift in Augsburg “Kurze Gedanken über
den heutigen Mißbrauch der Preßfreyheit” (1789). |
Meinungs- und Pressefreiheit als “Mißbrauch”
zu verstehen, ist typisch für die konservative Ader ! |
(317ff.) Vorgehen der deutschen Territorialregierungen
gegen die “geheimen Gesellschaften”.
Freimaurerbund seit 1784 in Bayern verboten.
(318) V. bezeichnet diesen “Verfolgungseifer” zurecht
als “Psychose”.
Die Universitäten wurden unter starker Kontrolle
gehalten.
(319) Gastwirtschaften, Kaffeehäuser standen
unter Beobachtung, Lesekabinette, Leihbüchereien wurden geschlossen,
die Briefe zensuriert.
Das Bestreben, sich über die Stimmung der Bevölkerung
auf dem Laufenden zu halten. Habsburgische Monarchie unter Josef II. |
Psychose
|
(320) V. setzt das Adjektiv “reaktionär” in
Anführungsstriche: “Dieser “reaktionäre” Kurs zahlreicher deutscher
Regierungen ...” |
Will V. damit ausdrücken, dass es sich um einen
Reaktions-Kurs handelt ? |
V. meint, die deutschen Regierungen haben “die Bedeutung
des geistigen Abwehrkampfes gegen die revolutionären Bestrebungen”
verkannt. |
Was hätte eine “ideologische “ Offensive, die
V. bei den Regierenden (Machthabern) vermisst, gegen die Dynamik der neuen
Ideen der Revolution ausrichten können? Denen fehlte doch die Spontaneität,
die waren auf Mittel angewiesen, über die sie eben verfügten,
auf staatliche Macht- und Gewaltmittel. |
(328-342) 4. Nationale Strömungen
(329) Der deutsche Nationalismus durch die napoleonische
Fremdherrschaft ausgelöst. |
Die folgenden Betrachtungen V.s entsprechen dem
NS-Geschichtsbild. |
“Zeugnisse nationalen Bewußtwerdens an den
Grenzen schon in der Karolingerzeit, als politische Erscheinung für
das Gesamtvolk erst seit Beginn des 12. Jahrhunderts.” |
|
“An den Rändern des Volksgebietes, namentlich
im deutsch-slavischen Grenzgebiet, ergaben sich früh nationale Spannungen,
die hier das Volksbewußtsein schon seit dem Mittelalter anregten
(Anm.6: Erich Maschke, Das Erwachen des Nationalbewußtseins im deutsch-slavischen
Grenzraum, Leipzig 1933). Die Anfeindungen, denen die deutschen Siedler
in Böhmen (Anm.7: Konrad Bittner, Der Deutsche im tschechischen Schrifttum,
Dt. Monatshefte IX (1942/43), 272ff.) und Polen seit dem 14., in
(330) Ungarn seit dem 15. Jahrhundert ausgesetzt
waren, hatten das Gefühl der nationalen Sonderstellung
selbst in den deutschen Volksinseln des ost- und südosteuropäischen
Raumes gestärkt” (Anm.10: “Bewußtsein der deutschen Kulturleistung
im Ostraum verrät u.a. die aus der Zips stammende, mittelhochdeutsch
(um die Mitte des 15. Jh.s abgefaßte sog. Georgenberger Chronik”.
Scriptores rerum Hungaricarum, Ed. Em. Szentpétery, Budapestini
1938, II, 279ff), |
V. teilt die irrwitzige Grenzlandideologie.
|
(332) “Auch bei uns Deutschen hat die Aufklärung
zur Förderung des nationalen Bewusstseins stark beigetragen.”
Die von der Aufklärung genährten “ “irrationalen”
Impulse”.
(333) “Sinn für die geschichtliche Welt”, Sinn
für “vaterländische Vergangenheit”, die “Empfindsamkeit” als
“wichtiges Stimmungselement”. |
|
(334) “Zu diesen Grundlagen des europäischen
Nationalismus sind in Deutschland aber auch noch andere Elemente getreten,
unter denen die bewußten Gegenströmungen wider die Aufklärung
besonders wichtig sind. Der Kampf gegen die Aufklärung war etwa in
Deutschland (aber nicht nur hier) zugleich ein Kampf gegen den Einbruch
fremder
Ideen
aus England, vor allem Frankreich. Das Bekenntnis zur religiösen Überlieferung
hing mit der Bejahung der angestammten Lebensverhältnisse zusammen.
Im Gegensatz zum aufgeklärten Weltbürger empfindet man sich als
Glied einer engeren Gemeinschaft und durch sie mit der Vergangenheit des
Vaterlandes verbunden.” |
Rückinterpretation aus nationalistischer Sichtweise. |
(335) V. nennt das “christlicher Patriotismus”.
(335f.) Die Zeitschrift “Eudämonia” als Beispiel.
(336) Die “reichpatriotische Haltung” dieser Zeitschrift.
(337) Außer der aufklärungsfeindlichen
und antirevolutionären Haltung belebte in den neunziger Jahren auch
“die politische Wirkung der Romantik” (Anm.32: im Sinn Friedrich Meineckes,
Weltbürgertum 62) das nationale Bewußtsein. Sinn für die
Werte der deutschen und abendländischen Vergangenheit, Besinnung auf
nationale Eigentümlichkeiten. |
|
“Die Revolutionskriege und das Streben Napoleons
nach europäischer Vorherrschaft bedrohten eben diese nationale Existenz”
|
Ganz unhistorisch meint Valjavec:
Wie konnte etwas bedroht werden, was es höchstens
in den Köpfen, aber nicht in der staatspolitischen Wirklichkeit gab?
|
(339) “Der Kampf um die nationale Befreiung schuf
ein gesamtdeutsches Erlebnis über die Grenzen der einzelnen Territorien
hinweg.”
Die Sorge um die nationale Existenz als “wesentliches
Element des modernen Nationalismus” |
Nationale Paranoia, nationale Schizophrenie, Einkreisungspsychose. |
(340f.) Der Nationalismus tritt im konservativen
Lager gleichsam wie ein “Kitt” anstelle der früheren Identitäts-
und Identifikationselemente. |
|
(343- 416) V. DAS ZEITALTER NAPOLEONS
-
Der Zusammenbruch des alten Reiches
(345) Die unter Napoleon erfolgte territoriale Neuordnung
der dt. Staaten zeigte das “Versagen der Fürsten”
(350-360) Der “liberale” Absolutismus der Rheinbundzeit
(350) Der Einfluss des ersten Kaiserreichs auf die
dt. Länder wirkte “liberalisierend”.
Entfaltung des Bürgertums, es wurde eine neue
Staats- und Gesellschaftsordnung angebahnt. |
hghshgfd
Napoleon riss die dt. Territorien aus dem mittelalterlichen
Be- und Verharren heraus ! |
(356) Das neugeschaffene Königreich Westfalen
erhielt 1807 “die erste “moderne” Verfassung in einem “deutschen” Staate,
die in der Folgezeit bei den zeitgenössischen deutschen Staatsmännern
viel beachtet wurde und bei der Schaffung von Verfassungen für die
Rheinbundstaaten in manchem als Vorbild diente.”
(357) Im westfälischen Reformwerk erfolgte eine
“gleichmäßige Besteuerung aller Untertanen, Abschaffung aller
Privilegien, Vereinheitlichung der Verwaltung und Rechtssprechung sowie
eine gewisse Heranziehung der Bürger und selbst der Bauern zur Ständeversammlung.” |
|
(361-396) 3. Österreich und Preußen
(361) Die unter Maria Theresia begonnenen Reformen
gelangten “zu einem gewissen Abschluß” unter Joseph II.
(364) Mit Franz setzte ein “reaktionärer” Kurs
der Monarchie ein.
(367f.) Die zentral gesteuerten, institutionalisierten
Reformwünsche angesichts der napoleonischen Gefahr förderten
liberale Bestrebungen. Doch die österreichischen Reformer konnten
sich nicht durchsetzen. Nach der Niederlage von 1809 waren die Reformaussichten
im franziszeischen Staat begraben.
(369) Die Bemühungen, “die herkömmlichen
Einrichtungen durch behutsame Umgestaltung für das aufsteigende bürgerliche
Zeitalter zu erhalten und dieses durch politische Formen der heimischen
Überlieferung zu befruchten” scheiterten sowohl in Österreich
wie auch in Preußen.
(370) Seit etwa 1814-15 bewegte sich der Reformwillen
“nicht mehr in erster Linie durch unbedingt loyale, maßvolle Männer
des Staates verkörpert”, sondern gelangte mehr und mehr “in die Hände
verbitterter politischer Außenseiter”, wodurch er “für den Staat
unkontrollierbar wurde und radikalere Züge annahm.” |
|
(372ff.) Preußen.
(373) “Obschon ein unbedingter Anhänger der
Aufklärung, hat Friedrich der Große sich als wahrhaft realistischer
Staatslenker weder von ihr noch von einer anderen Ideologie politisch beeinflussen
lassen.”
(374) Friedrich sah den Zusammenbruch der alten Ordnung
Europas voraus.
“Der Kampf des preußischen Staates gegen die
Aufklärung wurde 1788 mit dem Woellnerschen Religionsedikt eröffnet.
(375) V. behauptet, das Edikt sei “nicht nur von
den Anhängern der Aufklärung, sondern auch von den Vertretern
des politischen Fortschritts angegriffen” worden
(376) “Mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms
III. schienen diese [die Aufklärung und die fortschrittlichen Kräfte]
noch stärker zum Zuge zu kommen.”
(377) Kabinettsrat Karl Friedrich Beyme (1765-1838),
auch nach 1815 Feind der Reaktion. Er ist für Reformen in einem anderen
Sinne als Stein, “auf aufklärerisch-humanitärer Grundlage”.
Das reformerisch gesinnte Beamtentum.
(377f.) Verschiedene reformwillige Kreise um Beamte.
Der 1808 errichtete Tugendbund. |
So, als ob die Aufklärer nicht den politischen
Fortschritt gewollt hätten !
|
(381) 1796 sprach man in Preußen von
einer Geheimgesellschaft, die “revolutionäre Grundsätze“ im Sinn
der kantischen Philosophie vorbereitet. Die Furcht vor geheimen Gesellschaften
deutet V. als “Zeugnis für das Umsichgreifen liberaler und demokratischer
Ideen und Betätigung”.
(384) “Den geistesgeschichtlichen Standort der preußischen
Reform hat Eduard Spranger in geistvoller Weise beleuchtet: sie ist getragen
vom gewaltigen pädagogischen Impuls des 18. Jahrhunderts, vom Glauben
an die Erziehbarkehit des Menschen, vom Glauben an den Fortschritt und
die Vervollkommnung der Menschheit.” (Altensteins Denkschrift von 1807
und ihre Beziehung zur Philosophie, in: Forschungen zur Brandenburgisch-Preußischen
Geschichte XVII, 1905, S.471ff.; Philosophie und Pädagogik der
preußischen Reformzeit, in: Hist. Ztschr. CIV, 1910, S.278ff).
(385ff.) Stein.
(387ff.) Hardenberg. |
V. schenkt den Gerüchten über das Vorhandensein
geheimer Gesellschaften mit Umsturzideen innerhalb des preußischen
Staates Beachtung.
|
(396-412) 4. Das Werden des liberalen Programms
(397f.) Schlözers “Allgemeines Staatsrecht”
(399) Schlözer hat laut V. “bereits wichtige
Gesichtspunkte des liberalen Programms zusammenhängend formuliert.”
(400f.) V. verfolgt “Das Umsichgreifen liberaler
Stimmungen in der deutschen Öffentlichkeit” “an Hand der zunehmenden
Verbreitung bestimmter Forderungen und Schlagworte.”
(400) Vor 1789 werden die “Menschenrechte” aufgegriffen.
(401f.) Ablehnung der Zensur.
(402) Forderung nach politischer u. religiöser
Toleranz.
(403f.) Forderung nach Emanzipation des Judentums
(404f.) Forderung nach freier Entfaltung der Wirtschaft.
(405-408) Abneigung gegen die stehenden Heere
(408f.) Humanisierung des Strafvollzugs
(409) Erleichterung der Lage der politischen Gefangenen
(410f.) Kampf gegen die Todesstrafe.
|
|
Ausgewählte Aufsätze
Hg. von Karl August Fischer und Mathias Bernath
(Südosteuropäische Arbeiten 60)
München 1963
(56-71) Der Werdegang der deutschen Südostforschung
und ihr gegenwärtiger Stand
(Südost-Forschungen VI, 1941, S.28-37)
[Hier nur der 2. Teil abgedruckt]
(56) “Südosteuropaforschung im heutigen Sinn
gibt es eigentlich erst seit etwa einem Jahrzehnt.”
(57) “Die Erörterung grundsätzlicher arbeitstechnischer
Fragen ist daher von besonderer Wichtigkeit und dringend geboten.”
1936 Schaffung des Leipziger Südosteuropa-Instituts
1940 Gründung des Deutschen Auslandswissenschaftlichen
Instituts
(58) Wien beschäftigt sich vor allem mit “volksdeutschen
Fragestellungen”
Leipzig – wirtschaftswissenschaftliche Fragestellungen |
|
München – Donauraum, kulturwissenschaftlicher
Fragenbereich
(59) “Ich sehe vor allem drei große Arbeitsbereiche:
Kulturwissenschaft, Volksforschung und Landeskunde und Wirtschaftswissenschaft,
die sich selbstverständlich wieder in einzelnen Arbeitsrichtungen
aufgliedern.”
(60) “Es ist beispielsweise gerade auch für
die deutsche Südostforschung notwendig, sich darüber im klaren
zu sein, daß Südosteuropa nicht nur enge Beziehungen zu den
Ländern des Abendlandes unterhalten hat, sondern auch zu anderen angrenzenden
Raumeinheiten Beziehungen unterhielt, die nicht außer acht gelassen
werden dürfen, wenn man den Gegebenheiten der Wirklichkeit Rechnung
tragen will. Es müssen daher auch die Beziehungen des Südostens
zu den vorderasiatischen Ländern, besonders zu Kleinasien und zu den
südrussischen Gebieten entsprechend beachtet werden.”
(62) Bibliothek des Münchner Südostinstituts
seit 1935 aufgebaut.
“Ausbau südosteuropäischer Spezialbibliotheken
im Reich” “unerläßliche Voraussetzung für eine weitere
gediegene wissenschaftliche Arbeit.”
(63) “Neben der Frage der Periodisierung besteht
für die Südosteuropaforschung noch ein anderer, ähnlicher
Fragenkreis. Inwieweit sind in Südosteuropa die großen abendländischen
Kultur- und Ideenströme vorhanden? Wo ist ihre Grenze und wie hat
sich diese im Laufe der Entwicklung verändert? Bis weit in die Neuzeit
hinein fiel im Südosten die Grenze des Abendlandes mit einer Religionsgrenze,
der Grenze der katholischen und protestantischen Bekenntnisse, zusammen.
Über diese Grenze haben die abendländischen Geistesströmungen
bis etwa in das 18. Jh. nur mittelbar gewirkt. [...]”
|
|
(65-71) Südosteuropa und Balkan
Forschungsziele und Forschungsmöglichkeiten
Aus: Südost-Forschungen VII, 1942, 1-8.
(66) “Die kulturelle Verwestlichung der balkanischen
Gebiete war also gleichzeitig der Beginn einer kulturellen “Entbyzantinisierung”
und “Entbalkanisierung”.
(67) “Dieser Nivellierungsprozess [...] zeigt sich
[...] in nicht zu unterschätzendem Ausmaß auch auf religiösem
Gebiet durch den Verfalls der Orthodoxie”
“Auch die Orthodoxie des Balkans muß sich mit
der modernen Welt auseinandersetzen, um sich ihr gegenüber irgendwie
zu behaupten. Das bedeutet für sie wenigstens in Äußerlichkeiten
und im Formalen eine Modernisierung und bis zu einem gewissen Grad (über
dessen Ausdehnung sich im übrigen streiten läßt) Entbyzantinisierung
der Orthodoxie selbst”. |
?????
Dieser Begriff der “Entbyzantinisierung” belegt,
dass V. eine Verhältnis der Verdächtigung
gegenüber dem byzantinischen Kulturkreis hat.
|
(69) Die Südosteuropaforschung muß such
laut V. “immer der Tatsache bewußt sein, daß die Einheit des
von ihr behandelten Gebietes gewissermaßen eine Arbeitsaufgabe ist,
also keinesfalls überspitzt werden darf.”
Der restliche, nichtbalkanische Teil Südosteuropas:
Karpatenbecken, einige östlich und westlich davon gelegenen Randlandschaften.
(70) “die Notwendigkeit einer einheitlichen,
zusammenhängenden Erforschung von ganz Südosteuropa”
“Entscheidend ist für unsere Arbeit nicht die
Einheit dieses behandelten raumes, sondern die Einheitlichkeit unserer
darauf verwandten Arbeit gerade auch in forscherlicher Hinsicht.”
“Europäisierung”
des Balkans.
(71) “ “Gesamteuropäische” Übereinstimmungen
sind daher seit dem 19. Jh. nicht nur auf dem gebiet der Gesellschaftsordnung
und Politik, sondern auch auf kultureller Ebene zustande gekommen.”
“Der Balkan ist mithin ebenso ein Teil Südosteuropas
wie seine Erforschung einen Teil der gesamten Südosteuropaforschung
darstellt.”
|
V. tut so, als ob Südosteuropa nicht zum europäischen
Kontinent gehörte.
|
(72-81) Die Eigenart Südosteuropas in Geschichte
und Kultur
(Südosteuropa-Jahrbuch I, 1957, 53-62)
(72) Irrige Vorstellungen: “Pulverfaß Europa”
“europäischer Hinterhof”
“daß die politischen Verschiebungen seit 1945
politische und soziale Angleichung erheblicher
Teile Südosteuropas an Osteuropa, nämlich an die Sowjetunion
ergeben haben.” Diese Angleichung darf laut V. keine “Überbewertung
erfahren.” “Vor allem dürfen wissenschaftliche Terminologien nicht
von wechselnden politischen Konjunkturen abhängig gemacht, nicht politisiert
werden.”
“Die deutsche Forschung hat seit Jahrzehnten genau
und erfolgreich zwischen Ostmitteleuropa, Osteuropa und Südosteuropa
unterschieden. Sie hat keine Veranlassung, diese bewährte Gliederung
aufzugeben.”
Südosteuropa ist vin Osteuropa erdkundlich,
geschichtlich und kulturell klar geschieden.
|
Also Beibehaltung der typischen NS-Terminologie unter
dem Vorwand, wissenschaftliche Terminologien nicht von politischen Konjunkturen
abhängig zu machen, also um diese nicht zu politisieren. Höchst
fragwürdige Einforderung V’s, weil er damit eine zutiefst politisierte
Terminologie in die neue Welt der demokratischen Freiheiten und der wissenschaftlichen
Objektivität hinüberretten will.
Also Beibehaltung der NS-Gepflogenheiten. |
(73) “Südosteuropa ist vielmehr das wichtigste
Bindeglied zwischen Europa und Vorderasien seit einem Zeitraum von mindestens
sechs Jahrtausenden.”
(74) “Aber Südosteuropa ist nicht nur Kulturbrücke,
sondern seit frühester Zeit auch Völkerbrücke gewesen.”
“Der byzantinische
Einfluß kann schlechthin nicht überschätzt werden.”
(75) “Südosteuropa ist nicht immer nur vom Süden
her geformt worden.”
Die habsburgische Monarchie soll “dem Südosten
für Jahrhunderte hindurch ihren Stempel aufgedrückt” haben.
“Aber ebenso wie der byzantinische und osmanische
Einfluß in Südosteuropa heute viel positiver gewürdigt
werden als dies noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war, so wird auch
die
großartige Leistung des österreichischen Vielvölkerstaates
in dem Maße fortschreitend stärker hervorgehoben werden, in
dem dieser zu einer rein geschichtlichen Erinnerung verblaßt.”
(75f.) “Während aber Byzanz und osmanisch-islamische
Einflüsse sich vor allem |
Überbewertung Habsburgs. |
(76) auf dem Balkan, also südlich der Donau-Sawe-Linie
ebtfalten konnten und von diesem Raum Besitz ergriffen, hat die Monarchie
in erster Linie nördlich dieser Linie gewirkt und dem sogenannten
Donauraum seinen Stempel aufgedrückt.”
Südosteuropa zerfällt in den “mitteleuropäischen
Teil”, der “stark bestimmt (ist) durch die Nachbarschaft zum deutschen
sowie
durch das Vorhandensein deutscher Streusiedlungen von zum Teil hohem Alter,
die eine wichtige kulturelle Rolle gespielt haben”, und in den “balkanischen
Bereich”.
(76) Zwei verschiedene Formen der “Verwestlichung”.
“1. Verwestlichung durch die Entlehnung französischer
und italienischer Vorbilder im kulturellen und überhaupt öffentlichen
Leben und
2. völlig verschieden davon, meist auch zeitlich
unabhängig (nämlich älter), die Entlehnung mitteleuropäischer
Kultur- und Lebensformen – Entlehnungen also aus der unmittelbaren Nachbarschaft.”
“Wirkung deutscher Vorbilder [...] schon im 9. Jh.,
1000 Jahre vorher, im Zeitalter der Agilolfinger und Karolinger.”
|
|
(77) “deutsche Kulturwelle”, die “im 19.
Jahrhundert weit nach dem Süden gedrungen” ist “und auch im 20. Jh.
in einer völlig veränderten Lage weitere bedeutsame Erfolge zu
verzeichnen gehabt” hat. Die “deutschen und französischen Einwirkungen”
haben “sich vielmehr gegenseitig ergänzt und zusammen zum Wohl der
betreffenden Nationen Südosteuropas Grundlegendes beigetragen.”
“Die deutschen Kulturbeziehungen zu Südosteuropa
waren in der Vergangenheit vielfach Mißdeutungen und Belastungen
ausgesetzt. Wir haben keinen Anlaß, unsere Fehler zu verschweigen.
Wir dürfen aber auch über unsere Leistungen
sprechen.”
“Es ist besonderer Ruhmestitel der deutschen Kulturbeziehungen
auch in diesem Falle, daß sie im allgemeinen jede Überfremdungder
dortigen Kulturen und Völker vermieden, ja sogar zur Erweckung und
zur Ausgestaltung der betreffenden Volkskulturen außerordentlich
viel beitrugen.” |
V. stimmt hier recht versöhnliche Töne
an.
Wo das Eingeständnis von Fehlern ist, ist ein
Rätsel. Hingegen schwelgt V. in der Herausstellung von angeblichen
Leistungen. Deshalb ist diese Aussage nichts weiter als ein Lippenbekenntnis.
V. spart mit Superlativen
überhaupt nicht; der NS-Kulturbegriff der Überfremdung. Mit dieser
betont übertriebenen Einschätzung des deutschen Kultureinflusses
will V. wieder mal dem deutschen Element eine Sonderstellung einräumen.
Dass der deutsche Kultureinfluß nicht anderes ausfallen konnte als
der französische od. andere Kultureinflüsse, liegt doch auf der
Hand. |
(78) “deutsche Schriftsteller und Schulmänner
(haben) sehr viel zur materiellen und geistigen Entfaltung der südosteuropäischen
Völker” beigetragen. Es sei “der überragenden geistigen Rolle
Wiens im 18. Und 19. Jh. zu gedenken.” “Diese Leistungen
von deutscher Seite dürfen aus zwei Gründen hervorgehoben werden:
sie sind zum einen kennzeichnend für den Charakter der deutsch-südosteuropäischen
Kulturbeziehungen bis in unsere Tage. Sie leiten uns zum anderen aber –
und das scheint mir für unser Thema wichtiger zu sein – zu einem weiteren
zentralen Punkt unserer heutigen Betrachtung hin.”
Südosteuropa weist auch “kulturell Eigenständiges”
und Reichhaltigkeit aus.
(79) “Hochkultur byzantinischer, islamischer oder
abendländischer Herkunft”; “altertümliche Hirten- und Bauernkultur.”
“jede Balkanromantik (ist) fehl am Platze”, “weil
auf diesem Gebiet gerade von deutscher Seite manchmal gesündigt worden
ist” |
Superlative
Worin diese Versündigung bestand, das erwähnt
V. nicht. Dies ist ein weiteres Lippenbekenntnis.
|
(80) Die Industrialisierung Südosteuropa samt
Folgeerscheinungen “sind ein weiterer Anlaß, unabhängig von
jeder billigen Schematisierung, den Dingen mit wirklichem wissenschaftlichen
Nachdruck nachzugehen und unsere wissenschaftlichen Aufgaben im europäischen
Südosten stärker als bisher wahrzunehmen.” |
Aufgabe ein
weiterer Begriff aus dem NS-Jargon. |
(116-128) Die Völker Südosteuropas
und die Deutschen
(Ostdeutsche Wissenschaft. Jahrbuch des Ostdeutschen
Kulturrates Bd.V, 1958, 35-49)
(122) “Dadurch aber, daß das Haus Österreich
nicht eine Eroberung des ganzen balkan anstrebte (es wollte bekanntlich
nicht die Zertrümmerung des Osmanischen reiches betreiben und dadurch
eine weitere russische Ausbreitung in Richtung auf Konstantinopel begünstigen),
sahen sich die Völker dieses Raumes, zunächst die Serben und
Rumänen, veranlaßt, politisch eigene Wege zu gehen, um ihre
politische und staatliche Verselbständigung zu erreichen.” [austrozentrische
Sicht]
(122f.) V. zeigt wenig Verständnis für
die Orientierung dieser Völker nach Frankreich, vor allem seit 1848.
Frankreich stellt er “als kulturpolitische Konkurrenz Österreichs”
(seit etwa 1850) dar.
(124) Den Zusammenbruch der Monarchie und die Entstehung
der Nachfolgestaaten in Südosteuropa interpretiert V. als “Sieg der
widerdeutschen
Kräfte”
[sichtliche Übertreibung und eindeutiger Ausdruck von V’s knallhartem
Deutschzentrismus]
V. will einen Unterschied zwischen Staaten ausmachen,
die eine deutsche Volksgruppe haben und denen, “die über kein nennenswertes
Deutschtum verfügen.”
Für die Länder Transdanubiens, in der Slowakei,
in Ungarn, Rumänien und zum Teil auch in Jugoslawien stellt V. nach
1918 eine Förderung des deutschen Elementes fest, “um dadurch den
madjarischen Einfluß in diesen gebieten einzuschränken.”
|
Die Opposition Madjarentum-Deutschtum
in kulturgeschichtlicher Hinsicht. |
(124f.) Die Verschlechterung der Beziehungen dieser
Staaten zu ihren deutschen Volksgruppen hätten “solche Staaten” verschuldet
(“Schuld daran trug”), “die im Grunde
nur Nationalitätenstaaten waren und in denen das Staatsvolk vielfach
kaum eine klare Mehrheit besaß (Ungarn und Rumänien ausgenommen)”
[also Jugoslawien]. Diese sollen “die Fiktion” vertreten haben, “ein Nationalstaat
zu sein” und sollen “ihre Minderheiten generell als politisches Ärgernis”
betrachtet haben. Die deutschen Minderheiten wurden nach V’s Szenario “als
lästig und als unerwünscht empfunden, und man begann, ihre Bewegungsfreiheit
in wirtschaftlicher und in sprachlich-kultureller Hinsicht einzuschränken.”
Anstelle des “antihabsburgischen Affekts” trat laut V. “die Abneigung gegen
die deutsche Minderheit”.
Die Gründe für diese Abneigung:
- in Ungarn: die Deutschen “als Schildknappen der
verhaßten Habsburger”, ähnlich in Jugoslawien und Rumänien.
Bei den Serben der Wojwodina war die Zurückhaltung gegenüber
der deutschen Volksgruppe stärker ausgeprägt als bei den Serben
südlich der Donau (bei den Rumänen soll es ähnlich gewesen
sein).
- in Jugoslawien und Rumänien: dass die Deutschen
“ihren serbischen und rumänischen Nachbarn an wirtschaftlicher Kraft
überlegen waren.”
In Ungarn soll “Besorgnis darüber” geherrscht
haben, “daß die Deutschen im Lande zum Teil biologisch
dem Madjarentum in Transdanubien überlegen zu sein schienen.”
- Belastung durch den NS seit 1933. “Die antinationalsozialistischen
Stimmungen in diesen Ländern, die sich zum Teil nicht offen gegen
Berlin äußern durften, sahen in den Deutschen des Landes ein
bequemes Mittel, an diesen ihre Empfindungen abzureagieren. Wir können
in allen diesen Ländern gleichmäßig beobachten, wie nach
1933 in zunehmendem Maße durch die Boulevardpresse die deutschen
Volksgruppen angegriffen wurden”
(126) Wirken der deutschen Technik und Industrie
im Südosten nach 1918. Seit der Wirtschaftskrise 1929 wurde Deutschland
ein immer wichtigerer Wirtschaftspartner.
In den 20er Jahren “erwachte auf der ganzen Linie”
“im Weimarer Deutschland” “eine zunehmende Teilnahme an Südosteuropa.”
(126f.) Die Beschäftigung mit den deutschen
in diesen Ländern nahm stark zu. Es entstehen Forschungseinrichtungen
für den Südosten in Deutschland, wissenschaftliche Zeitschriften.
|
Diese Deutschen waren allesamt Unschuldslämmer,
die überhaupt nichts am Hut hatten mit dem NS Kesseltreiben. |
(127) “Tiefgreifender Wandel” 1938/39. Der zweite
Weltkrieg “Beraubte” “Deutschland in diesem Teil des Kontinents eines wichtigen
Kapitals an Vertrauen.” “Die antideutschen Äußerungen” speisten
sich aus “reich sprudelnden Quellen”, “zu ihrer Ausbreitung” trugen stark
“geschichtliche und gegenwartsbezogene Momente” bei.
V. meint, “die Erzeugnisse solcher Auseinandersetzungen
der Geschichtsforscher mit dem Zeitgeschehen” muteten “nachträglich
sehr fragwürdig und ungenießbar an”
Auch heute sei “ein abschließendes, wissenschaftlich
fundiertes Urteil nicht
(128) möglich.”
“Tief eingewurzelte Beziehungen zwischen Völkern”
“nur allmählichem Wandel” unterliegen, denn: “Was ein jahrtausend
geschaffen und diesem wiederum an Leben und Inhalt gegeben hat, kann nicht
von einer Generation, kann nicht von einem Jahrhundert zerstört werden
[denkt V. hier an seine Generation? Wohl kaum]. Freundschaften im Leben
der Völker – wie übrigens auch Feindschaften – entstehen nicht
mit einem male; sie sind auch nicht mit einem Male zu beseitigen.” |
Worin die bestanden, bleibt V’s Geheimnis.
nicht aber die Auseinandersetzung mit der eigenen
NS-Vergangenheit,
die überhaupt kein Thema für V. ist.
V. versucht sich und seine Leser bezüglich des
Scherbenhaufens deutscher Beziehungen zum Südosten zu trösten,
indem er betont, dass:
Ziemlich naiver Glauben V’s an Völkerfreundschaften..
|
(185-205) Geschichte der Donauschwaben
(Heimatbuch der Donauschwaben, hg. von Hans Wolfram
Hockl, Aalen 1959, 11-36)
(185) “Die Donauschwaben sind ein “Neustamm” des
deutschen Volkes [...]”.
“Diese Siedler waren in landwirtschaftlicher und
gewerblicher Hinsicht die Lehrmeister
der übrigen Völker dieses Raumes.”
(186) Indem die Hohenzollern das Erbe des Deutschen
Ordens in Preußen und die Habsburger das jagellonische Erbe in Böhmen,
Mähren, Schlesien, Ungarn und Kroatien antraten (1525 u. 1526), sollen
“Diese dynastischen Veränderungen” “auch im Südosten dem weiteren
Verfall
des Deutschtums Einhalt geboten” haben.
Wiedergewinnung der ungarischen Gebiete ab 1686 mit
der Eroberung Ofens.
Das Banat 1779 an Ungarn rückgegliedert.
Die von den Türken zurückgenommenen Gebiete
sollen “völlig verwüstet” gewesen sein [Ähnlich der fragwürdigen
Interpretation des mittelalterlichen “terra deserta et inhabitata”]. “Unter
der türkischen Herrschaft waren [anstelle der Ungarn] Serben und Rumänen
zugewandert, die sich vor allem mit Viehzucht beschäftigten, aber
weder eine ausreichende Bevölkerung abgaben, noch eine geregelte
Landwirtschaft ermöglichten.”
(187) “Die habsburgischen Regierungsstellen beriefen
nicht deswegen deutsche Siedler ins Land, weil sie dieses etwa eindeutschen
wollten. Diese Absicht konnte damals gar nicht bestehen, weil die bewußte
politische Förderung eines bestimmten Volkstums dem barock, ebenso
wie später noch der Aufklärung unbekannt war.”
Bis Joseph II. wurde das katholische Element bevorzugt.
Es wurden auch 36000 serbische Familien angesiedelt. Die kaiserlichen Dienststellen
sollen die Einwanderung von Rumänen und Serben ins Banat im 18. Jh.
aus dem Balkan gefördert haben. |
Die willkürlichste Spekulation: Wo bleibt die
Reformation?
Die ermöglichten selbstverständlich nur
die Deutschen !
Was V. nicht daran hindert, in seiner Geschichtsauffassung
unabhängig des behandelten Zeitabschnittes, alles an den ideologischen
Konstanten seiner Deutschzentriertheit zu messen, also unablässig
deutschnationalistisch zu argumentieren. |
(188) Private Kolonisation.
Besiedlung durch den Rákóczi-Aufstand
unterbrochen (1703-1711).
Schwäbische Türkei (Baranya, Somogy, Tolnau)
(189) Besiedlung des Banats und der Batschka planmäßiger
– Batschka: Novi Sad (Neusatz).
“Der deutsche Siedler war unentbehrlich.”
1716 Eroberung Temeschburgs.
(190) 1. Januar 1718 deutscher Stadtmagistrat von
Temeschburg.
1722 erster Schwabenzug. |
|
(191) “Das heutige Schwabentum geht auf eine verhältnismäßig
geringe Anzahl besonders anpassungsfähiger und tüchtiger Ahnen
in den einzelnen Dörfern zurück. Es ist das Ergebnis einer scharfen
Auslese” [“Dem Klima fielen viele deutsche Kolonisten zum Opfer”]
“Eine Ausbreitung der schwäbischen Siedler war
aber nur möglich, solange diese wirtschaftlich überlegen waren.”
[ganz kurioser Determinismus!]
Anfänge der Industrialisierung führt zu
“einem immer auffälligeren Geburtenrückgang.”
“Wirtschaftliche und geistige Verstädterung”
in schwäbischen Großgemeinden. “Nachteilig war auch die einreißende
Gewohnheit frühen Heiratens” gegen Ende des 19. Jhs.
|
Die rassistische Auslesetheorie musste doch auch
mal zu Wort kommen !
Ganz kurioser Determinismus
!
Alles aus der NS-“Volksforschung” herrührende
Stereotypen und nach NS-Schablonen und Denkmustern
konstruierte Handlungs- und Entwicklungsmuster, deren ressentimentgeladenen
Geist V. durchaus teilt. Stereotyp ist die zwingende Assoziierung des Deutschtums
mit wirtschaftlicher Überlegenheit
im Vergleich zu ihren andersnationalen Nachbarn. Von dieser “Überlegenheit”
wird auch die demographische Ausbreitung abhängig gemacht. In Verbindung
mit anderen Völkern, wie den Rumänen, und in anderen historischen
Zeitabschnitten gelten diese Topoi nicht. Die brauchten allesamt keine
wirtschaftliche “Überlegenheit”, um angeblich vom Balkan in die von
Habsburg eroberten Gebiete einzuwandern, oder Siebenbürgen durch Zuwanderung
zu “überfluten”. |
(192) Die kulturelle Entfaltung der Städte.
“Die kulturelle Stärke des städtischen Deutschtums geht auch
daraus hervor, daß sich das Judentum der Städte der deutschen
Kultur erschloß.”
Seit dem zweiten Drittel des 19. Jh. zunehmende Madjarisierung.
“Das erstarkende ungarische Nationalbewußtsein
wandte sich nicht von vornherein gegen die fremden Nationalitäten
im Lande.”
(193) V. unterscheidet zwischen der Madjarisierung
als “friedlicher natürlicher Vorgang”, und zwischen der “erzwungenen
sprachlichen Angleichung”: “wenn [...] die ungarische Staatsgewalt die
madjarische Sprache in zunehmendem Maße nichtungarischen Volkstümern
in geschlossenen Siedlungsräumen aufzwingen wollte” Erst seit
1860 letztere Form.
(194) “Seit dem Beginn der franziszeischen Zeit war
das deutsche Bürgertum politisch gelähmt”, weil “Adelige Lebensideale
[...] auch in den Städten immer stärker Anklang” fanden. “Die
(deutsche bürgerliche) Jugend öffnete sich den politischen Bestrebungen
des Staatsvolkes.”
(195) Die deutschen standen seit 1848 insgesamt auf
der Seite der Obrigkeit.
1849-1860 neoabsolutistische
Zeit. – V- zählt nicht zu den Historikern, welche dieser
Zeit “eine schlechte Zensur” erteilen, denn “dieser Zeitraum war für
die Völker Ungarns im allgemeinen eine glückliche Zeit”, “in
der die deutsche Amtssprache einheitlich zur Geltung kam, ohne daß
man von einer wirk-
(196) lichen Schädigung der nichtdeutschen
Völkerschaften sprechen könnte.” Die Deutschen konnten sich “sprachlich
und kulturell frei” entfalten: deutsche Volksschulen, deutsche Amtssprache
in den Gemeinden. In den meisten Ämtern wirkten deutsche Beamte. In
den donauschwäbischen Siedlungsgebieten gab es deutsche Mittelschulen
und deutsche Lehrerbildungsanstalten.
20. Oktober 1860 Widerherstellung der geschichtlichen
Länderrechte. 1867 österreichisch-ungarischer Ausgleich, wodurch
“Das Deutschtum des Landes” “endgültig zur “Minderheit” “ wurde.
|
Woher das Argument bzw. der Anspruch, dass sich “geschlossene
Siedlungsräume” nicht an die Staatssprache anpassen müssen bzw.
dass diese Räume das vorrangige Ziel der Madjarisierung waren? Woher
der Anspruch auf Sonderbehandlung ?
Wenn das Deutsche klappt,
dann ist die Welt, auch die historische, für V. O.K.
|
(197) Seit den 70er Jahren staatlich geförderte
Madjarisierung.
“Die sprachliche Bewegungsfreiheit der Nationalitäten
wurde mehr und mehr eingeengt.”
“Am stärksten wurde durch die Entwicklung das
deutsche Element in Ungarn in Mitleidenschaft gezogen.”
Das städtische Bürgertum soll vier Jahrzehnte
nach 1867 “mehr oder weniger vernichtet”
gewesen sein.
(198) Durch die drastische Schrumpfung der städtischen
Bürgertums “wurde das Donauschwabentum seines städtischen Rückhalts,
vor allem aber auch seiner kulturellen Mittelpunkte beraubt.” Das schwäbische
Bürgertum soll “einen hervorragenden Platz, kulturell wie wirtschaftlich”,
eingenommen haben.
“Diese ständige Abgabe
von Intelligenzen an das Madjarentum
hat dieses nicht unerheblich bereichert, umgekehrt aber das Schwabentum
geistig verarmen lassen.”
“Verluste”, “die
dem Schwabentum, aber auch dem Gesaamtdeutschtum überhaupt” entstanden.
|
V. weigert sich, die demographische und Assimilationsentwicklung
als solche anzuerkennen und greift auf den NS-Begriff des “Volksverlustes”
zurück, der auf der irrigen Vorstellung beruht, die deutsche Minderheit
hätte ihre Stärke wenigstens konstant erhalten müssen, wenn
nicht gar vergrößern. V. nimmt das Schicksal von nationalen
Minderheiten, von der Mehrheit assimiliert zu werden, überhaupt nicht
als Gesetzmäßigkeit zur Kenntnis. |
(199) “Das deutsche Schulwesen in den schwäbischen
Siedlungsgebieten war bis zum ersten Weltkrieg so gut wie völlig verschwunden.”
“Noch in das dualistische Zeitalter fallen die Anfänge
eines deutschen Selbstbewußtseins auch unter dem Schwabentum.” “Beginn
dieser nationalen Schutzarbeit.”
(200) Schaffung der “Vereinigung deutscher Hochschüler
aus den Ländern der ungarischen Krone” in Wien kurz vor 1900, aus
der viele spätere Schwabenführer hervorgingen.
Die politische Organisation der Donauschwaben 1906
Gründung der Ungarländischen Deutschen Volkspartei,
(200f.) die erste Partei, die für die Rechte
der Deutschen in Ungarn eintrat. Ihre Forderungen sollen gemäßigt
gewesen sein. “Dies entsprach der Tradition des ungarländischen Deutschtums
im allgemeinen, und der Schwaben im besonderen.”
“Der plötzlich zutage tretende Widerstand” soll
der ungarischen Führungsschicht “eine furchtbare Enttäuschung”
bereitet haben in ihrer Hoffnung, die Schwaben binnen weniger Jahrzehnte
aufsaugen zu können. Der Partei sollen Schwierigkeiten bereitet worden
sein. Trotz der Behinderungen breitete sich die Partei im Banat und in
der Batschka aus. Auch die Siebenbürger Sachsen unterstützten
sie. Nach der Versöhnung der Siebenbürger Sachsen mit der ungarischen
Regierung in den 90er Jahren “Herrschte bei den sächsischen Politikern
das Bestreben vor, das Wohlwollen
202) Budapests durch ein Zusammengehen mit den Schwaben
nicht zu gefährden.” Die neue, die “grüne” Richtung bei den Sachsen.
Die waren für eun Zusammengehen mit den anderen deutschen Gruppen
des Landes. Anführer: Rudolf Brandsch, Wilhelm Kopony, Lutz Korodi.
Seit der Jahrhundertwende wurden schwäbische Schüler in siebenbg.-sächsischen
Schulen erzogen. In den schwäbischen gebieten gab es seit den 70er
Jahren keine Mittelschulen mehr. “Auf diese Weise konnte der Grundstock
einer deutschen Intelligenz gelegt werden, die ihr Gewicht nach dem Ersten
Weltkrieg zur Geltung brachte.”
1917 trat Jakob Bleyer (1874-1933) auf den Plan.
Vertreter der “bewußten deutschen Richtung”:
Adam Müller-Guttenbrunn, Edmund Steinacker [V. erwähnt den Siebenbg.
Sachsen Gündisch nicht].
(203) Neben der “entschieden deutschen Richtung”
kann eine gemäßigte Strömung auf.
1917 vom christlichen Presseunternehmen die “Neue
Post” als Tageszeitung gegründet, das Hauptorgan Bleyers.
“Die Haltung der Regierungen in Bukarest und Belgrad
ermöglichte dem Schwabentum die Errichtung von Volks- und Mittelschulen,
kulturellen Vereinigungen und Genossenschaften, sowie die Schaffung eines
weitverbreiteten Pressewesens.” Deutsche Minderheitenparteien.
|
Dann steht die nazistische
Bewegung
Baschs im Widerspruch zu dieser gemäßigten Tradition.
|
((204) In der Übergangszeit (auch ungarische
Räterepublik) (Nov. 1918 – Juli 1919) “erfreute sich das ungarländische
Deutschtum bedeutender Rechte. Es erhielt eine Kulturautonomie und ein
eigenes “Deutsches Volksamt”. Nach der Räterepublik bestand ein Nationalitätenministerium,
dem jakob Bleyer vorstand.
Seit 1921 Bleyers “Sonntagsblatt”.
Bleyer: “Ungarländischer Deutscher Volksbildungsverein”
Nur: “Erst seit etwa 1938 verbesserte sich die Lage der deutschen Minderheit.
Sie konnte sich wirksamer organisieren als vorher. [...] Schon nahte auch
hier für das Deutschtum eine neuerliche Katastrophe”.
Steuerliche Benachteiligung der Deutschen. Die mußten
mit der balkanischen Wirtschaftsmentalität zurecht kommen.
(205) Das Reich als Absatzmarkt für schwäbische
Agrarprodukte.
“Katastrophe”, “für die in der deutschen Geschichte
Vergleiche fehlen.” Erwartungsgemäß: “Man darf nicht sagen,
daß sich das Schwabentum durch die politischen und militärischen
Ereignisse des Zweiten Weltkriegs “kompromittiert” hätte. Es verhielt
sich auch in diesen erregten Ereignissen loyal zu seinem Staate.”
Vertreibung.
|
Kein Wort über das
Treiben der ungarndeutschen Nazis unter Basch.
Worin die bestand und wer sie verschuldete, darüber
schweigt sich V. aus.
|
(253-269) Zu den Richtlinien der ungarischen
Aufklärungsforschung
(Ungarische Jahrbücher XIII, 1932, 215-234)
(253) Für die ungarische Forschung ergibt sich
die Notwendigkeit, “die der ungarischen Aufklärung eigenen Besonderheiten
aufzudecken, ohne dabei die Zusammenhänge mit dem übrigen Europa
auch nur im geringsten zu vernachlässigen.”
Was zu beachten und wie zu verfahren ist, entnimmt
V. J.Matl, “Die Bildung der deutschen Einflüsse auf die Entstehung
der sudslavischen Kulturen”, Deutsche Hefte für Volks- und Kulturbodenforschung
1930/31, 209-35 und seiner Besprechung in Deutsch-Ungarische Heimatblätter
1932, 58-87. “Die auf Grund dieser Betrachtungsweise gewonnenen Feststellungen
haben im allgemeinen für Ost- und Südosteuropaüberhaupt
Geltung.”
“ES ist für die Forschung nun sehr notwendig,
das rationalistische Denken, das dem eigentlichen Aufklärungsprozess
vorausging, eingehend zu berücksichtigen.”
(255) V unterscheidet zwischen Rationalismus und
Aufklärung: “Der eigentliche Aufklärungsprozess bedeutet – von
anderen Momenten abgesehen – gegenüber dem Rationalismus insofern
eine Weiterentwicklung, als es sich hier nicht mehr um einen Vorgang der
Autonomisierung der Vernunft, sondern Souveranisierung des Menschenverstandes
handelt. “Räson” ist für den Aufklärer nicht mehr ein primäres
Moment, wie für die Rationalisten, sondern ein entscheidender
Faktor von ausschlaggebender Bedeutung. Parallel damit gewinnen die
Ideenkomplexe straffsten ideologischen Zusammenschluß.” (Anm.17:
Im Westen “dürften” die beiden Strömungen schwer zu unterscheiden
sein, während “im Osten und einem Teile des Südostens [...] die
zwei Bewegungen sich klar voneinander abheben.”)
Für Ungarn und den Südosten ergibt sich,
die “Massenbewegung” zu erfassen (Anm.20: V. verweist hier auf Benedetto
Croce, Theorien und Geschichte der Historiographie. Gesammelte
philosophische Schriften, I. Reihe, 4. Bd. (1930)), 133-34 und 414-15),
weswegen die Heranziehung “banalistischer” Quellen stark zu betonen ist
(Anm.21: Vorbildlich in dieser Hinsicht Bernhard Groethuysen, Die Entstehung
der bürgerlichen Welt- und Lebensanschauung in Frankreich, Halle 1927-30,
2 Bde.).
In Ungarn gab es den Übergang vom “doktrinären,
ideologischen Aufklärertum” zur Aufklärung “als eine seelische
Einstellung, Lebenshaltung.”
(256) Die Forschung hat für Ungarn die Überschneidung
von katholischer Weltanschauung und aufklärerischen Gedankengängen
zu berücksichtigen.
Die josephinische Ideologie begann erst spät
zu wirken und bedeutete eine gewaltige Verstärkung der Einwirkungen.
(257) “In Verbindung mit dem laizisierten Katholikentum
steht das Vordringen des nationalen Fühlens.”
“[...] die Positionen, die dem religiösen Denken
verloren gingen, wurden jetzt von nationalem Fühlen eingenommen, [...].”
(258) Der ungarische Protestantismus. |
Offensichtlich sucht V. hier nach einer terminologischen
Definierung. Ob diese “Momente” nun den Tatsachen entsprechen, muss überprüft
werden.
|
(260) Die katholische Gegenbewegung hatte “einen
vorwiegend deutschen Charakter.”
In den 30er und 40er Jahren des 19. Jhs wirkten “hauptsächlich
die deutschen Verhältnisse auf die ungarischen Katholiken aufmunternd.”
“Neben kultursoziologischen Untersuchungen der Welt-
und Lebensanschauung der Aufklärungszeit auf Grund banalistischer
Quellen wäre auch die Kunst-, Staats- und Geschichtsauffassung dieses
Zeitalters einer Analyse zu unterziehen.”
Ausgangspunkt der Untersuchungen über die Geschichtsanschauung:.
(262) in Ungarn müssen die feinsinnigen und
treffenden Feststellungen Julius v. Farkas‘ bilden (A magyar romantika,
Budapest 1930, 164-172).
|
|
(323-330) Die josephinischen Wurzeln des
österreichischen Konservativismus
(Südost-Forschungen XIV, 1955, 166-175)
(323) Srbiks
“Metternich” bedeute einen Wendepunkt in der Beurteilung der Habsburgischen
Monarchie des 19. Jhs.
Die alten Gegensätze in der Beurteilung sind
zwar zurückgedrängt, aber nicht aufgehoben, in Verbindung mit
Ferdinand Maas, Vorbereitung und Anfänge des Josefinismus im amtlichen
Schriftwechsel des Staatskanzlers Fürsten v. Kaunitz-Rittberg mit
seinem bevollmächtigten Minister ... Karl Grafen v. Firmian, 1763
bis 1770: Mitteilungen des österreich. Staatsarchivs Wien 1948, 289-444;
Der Josefinismus. Quellen zu seiner Geschichte in Österreich, Wien
1951-1953, bisher 2 Bde.
V. spricht vom katholischen, liberalen und demokratischen
Standpunkt.
V. spricht die konservativen Züge des Josefinismus
an, die bisher “meist unterstützt oder völlig übersehen”
wurden.
(323f.) V. hebt ebenfalls hervor, “daß auch
das konservative Bemühen der Aufklärer als europäische Erscheinung
bisher überwiegend unbeachtet blieb, obwohl viele seiner Regungen
den modernen Konservativismus mitgeschaffen haben” (Valjavec, Entsehung
des europäischen Konservativismus, Ostdeutsche Wissenschaft I, 1955,
255ff.). Der Josefinismus ist laut V. vom gleichen Zweispalt geprägt
wie die A.: »”fortschrittliche” wie “reaktionäre” Gesinnung«.
V. bezeichnet den Wunsch, “überhaupt Altes mit
Neuem zu verschmelzen” als im Grunde »”konservativ”«.
Der Josefinismus reformierte auf geistigem, wirtschaftlichem
und gesellschaftlichem Gebiet (Armenpflege, Gesundheitspolizei, stärkere
Berücksichtigung bürgerlicher Interessen), “Aber an den Grundlagen
des Staates wurde nicht gerüttelt.”
“im Ganzen überwog das Überlieferte auch
weiterhin die Reform.”
(325) Leopold II. war entschlossen, den bisherigen
kulturpolitischen Kurs weiter zu steuern.
(327) “Die Anfänge einer antirevolutionären
Publizistik gehen somit auf Leopold II. zurück.”
Das Dasein des habsburgischen Staates unter Franz
“beruhte auf einer unideologischen, vorwiegend “technischen” Ausbalanzierung
der Kräfte des politischen “Fortschritts” mit denen der Beharrung”
[im Angesicht der franz. Revolution] Die Ausbreitung der liberalen Bewegung
im nachnapoleonischen Europa störte “gerade dieses Gleichgewicht.”
“Der Josephinismus hat kulturell wie politisch eine
nicht zu unterschätzende konservative Seite und Funktion besessen.
Er machte die konservative Politik des österreichischen Staates überhaupt
erst in dem für den Kaiserstaat so eigentümlichen Maße
wirksam. Aber dieser josephinische Teil des Konservativismus ist nur ein
Teil der gesamten konservativen Kräfte, über die die habsburgischen
Länder verfügten. Zunächst ist nicht zu übersehen,
|
Wobei er mit dem letzteren den konservativ-nationalistischen
= völkischen Standpunkt meint.
|
(328) daß es in der Monarchie die ganze Zeit
hindurch einen latenten Konservativismus gab, [...].
“Dieser passive Konservativismus, der, wie gesagt,
bis in die napoleonische Zeit hinein immerhin doch noch recht nennenswert
sein konnte, [...] ergänzte sich durch einen, im Laufe der Zeit freilich
kleiner werdenden, jedoch nicht ganz versiegenden und etwa nach 1815 wieder
zunehmenden Zustrom von Personen, die in ihrem Bildungsgang durch die josephinische
Aufklärung nicht erfaßt oder nicht geformt werden konnten.”
V. schickt vorsichtshalber nach: “Diese Ausführungen
können keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie sind
in vielem zu ergänzen und durch belege zu erweitern.”
|
Alles die reinste Spekulation.
|
(343-362) Die Entstehung des europäischen
Konservativismus
(Ostdeutsche Wissenschaft I, 1954, 255-277)
(343) Merkmale der Aufklärung: Fortschrittsgedanke
und Glauben an die Einheit der Menschheit, an ihre “gleichförmige”
Erziehbarkeit,
“mit dem Ziel, gerade auch auf politischem
und gesellschaftlichem Gebiet, alles auf den gleichen Fuß zu setzen.”
V.‘s pünktliche Abmilderung: “Die A. hat beide
Thesen nicht so schroff und vereinfacht geäußert, wie ich ihr
das hier gleichsam unterstelle.”
“die Überbewertung des Fortschrittsgedankens,
der hochgespannte Glaube an Reformen, die Neigung zu egalitären
Experimenten und Hoffnungen[....]”
“Alle Vorgänge dieser Art im 19. Und 20. Jh.
wurzeln im philosophischen Jahrhundert.” |
Problematicher
Begriff
Recht kurioses Bild, das V. hier von einer nivellierenden,
quasi “gleichschalterischen” Aufklärung
suggeriert
Recht vorbehaltsvolle Beurteilung der A., wo die
Formulierung “egalitäre Experimente” besonders hervorsticht in ihrer
Voreingenommenheit. Ein klarer Ausdruck des rechtsextremistischen Fritz
Valjavec.
|
II.
“Der gewaltig gesteigerte Fortschrittsglaube und
die Überspannung des Reformwillens, der das Herkömmliche gering
anschlug und alle Hoffnung in die Möglichkeiten einer zukünftigen
Umgestaltung setzte, haben zur Schaffung eines gedanklichen Gegengewichtes,
eben der konservativen Idee, führen
müssen. Das 18. Jahrhundert wird so zur Wegscheide der Geister.” “Dieser
ins Bewußtsein gesteigerte Wille, das Alte nicht völlig aufzugeben
und als gültige Ordnung vor dem machtvollen Zeitgeist zu rechtfertigen,
ergab jene geistige Lage, aus der der konservative Gedanke geboren wurde.”
(344) Wortgeschichte von “konservativ”: erstmals
in Frankreich 1795, auch der Begriff “Reaktion”
Die Konservativen jener Zeit sollen “eine gewisse
Vorliebe für ständische Gliederung”
gehabt haben [Und V.?] |
Das Denkmuster V.‘s ist zu simplistisch angelegt,
weil ausschließlich auf dem schwarz-weißmalenden Schema von
“Alt” und “Neu” aufgebaut, wobei V. den Begriff “neu” hier in Verbindung
mit der A. nicht nennt; und ausschließlich auf den Gesinnungsbereich
reduziert, nur als Widerstreit von Ideen
aufgefaßt. Dass die allgemeine verfassungsmäßige Entwicklung
und die politische Umstrukturierung dabei den Ausschlag gaben, das interessiert
V. nicht. Deshalb musste “der konservative Gedanke geboren werden.”
Die englische Entwicklung von Whigs und Tories ? |
(345) “Das Verhältnis [der Konservativen] zum
überlieferten Glauben ist, im allgemeinen gut, gut
ist auch die Bewertung des Geschichtlichen.”
“Ihr ausgeprägtes Mißtrauen gilt
dem Abstrakten im öffentlichen Leben, dem bloß Theoretischen
und Ideologischen. Es gilt insbesondere
dem mathematischen Staat. Die Konservativen verstehen darunter den modernen
“Flächenstaat”, wie er sich damals endgültig ausbildete, den
zentralistischen Staatsapparat, sein Machtstreben und seine Beamtenschaft.” |
Wo sich V. mit diesem “gut” positioniert, leuchtet
ein
.Hatten die damals überhaupt einen Begriff vom
“Ideologischen” ?
Recht widersprüchlich
diese Ausführungen, denn V. sagt nicht klar aus, dass er nicht den
hergebrachten, monarchistisch-zentralistischen Feudalstaat meint, sondern
den Bürgerstaat der Franz. Revolution.
|
V. fragt, welcher der Unterschied zwischen Konservativismus
und Traditionalismus ist. “Aber auch im 18. Jahrhundert selbst wird es
schwer halten, die Trennung zwischen dem bloßen Verharren im Überlieferten
und dem eigentlich Konservativen klar zu ziehen.”
V. fragt, wo Hamann einzuordnen sei. “Seine Kritik
des friderizianischen Staates, die in verschiedenen Schriften zur “politischen
Arithmetik” ausgesprochen wird, ist nicht bloß eine Warnung vor der
Herrschaft der Aufklärung. Dem Magus des Nordens
geht es um mehr, um die Widerlegung des rechenhaften
Staates” [sprich: “berechenbaren”]. Hamann soll “durch sein vom Luthertum
geprägtes Wissen um die lebendigen Kräfte der geschichtlichen
Welt eine Besinnung auf die “Mächte der Beharrung”, insbesondere auf
die bäuerlichen Grundkräfte” vorbereitet haben [völkisch-NS-Bauernromatik]
“Es ist kein Zufall, daß Hamann auf so bedeutende Männer der
konservativen
(346) Erneuerung wie den bayrischen Lutheraner Fr.
Roth, den Freiheitskämpfer Ernst Moritz Arndt und der Volksforscher
Wilhelm Heinrich Riehl anregend und formend gewirkt hat” |
Völkisch-nationalsozialistische
Apostrophierung
Völkische-NS-Bauernromatik
Das ist die reinste Periode der antinapoleonischen
Nationalromantik.
|
“daß die Unterscheidung zwischen traditionalistischem
und konservativem Denken zwar begrifflich, aber nicht geschichtlich möglich
ist” [.]
V. wendet sich zwar gegen “die bisherige Auffassung”,
die “den europäischen Konservativismus als Reaktion auf die sogenannten
Ideen von 1789” auffasst, weil der Konservativismus “ursprünglich
nicht als Reaktion auf einen bestimmten politischen Vorgang, nicht als
Gegenwirkung auf die französische Er-
(347) volution aufzufassen” ist, “sondern als Kraft
wider die radikale Aufklärung und – im schwächeren Maße
– wider die Eingriffe des [aufgeklärten] Absolutismus.” |
Warum? Weil V. wieder mal alles an den Begriffen,
an den Inhalten, die er glaubt den Begriffen entnehmen zu dürfen,
bzw. an den Inhalten festmacht, mit denen er die Begriffe willkürlich
befrachtet, ganz in der Tradition von Otto Brunner und in der Art eines
Werner Conze. Deshalb entgeht es V., dass das konservative Gepräge
des Traditionalismus ein ganz anderes
ist, als das des aus der Aufklärung entwachsenen politischen und ideologischen
Konservatismus und dass der geläufige Traditionalismus, dessen Inbegriff
damals und auch für die Völkischen und für den NS das Bauerntum
war, durch den politischen und ideologischen Konservatismus vereinnahmt
und instrumentalisiert wurde. |
III.
Andersgeartete Kräfte, die eine Rolle bei der
Vorbereitung und beim Aufstieg konservativer Gesinnung spielten.
Der Adel. V. beruft sich auf Otto Brunner,
von dem “wir” “heute” “wissen”, “daß das Sozialgefüge des Adels
bereits durch den absoluten Führerstaat aufgelöst worden war.
Die konservativen Bemühungen des Adels gehören bereits einer
Entwicklung an, die im wesentlichen als nachfeudal anzusehen ist.”
|
So wird Geschichte im willkürlichen Sinn von
Brunner und in der Beliebigkeit der NS-Geschichtsbildes geschrieben. Weil
der Adelsstand vom Ruch des Feudalismus befreit werden soll, wird einfach
postuliert, der absolute Staat habe “das Sozialgefüge des Adels bereits”
“aufgelöst”, wodurch die “konservativen Bemühungen des Adels”
einer Entwicklung zugeschanzt werden, “die im wesentlichen als nachfeudal
anzusehen ist.” Diese Art von Geschicht(en)sschreibung, die im
Manipulieren und Umdeuten von Begriffen, im bloßen Postulieren
vermeint, ihrer Aufgabe gerecht zu werden, ist leider auch V. eigen. Und
hinzu gesellt sich noch eine unsachliche Pathetik und Dramatik: “eine Ehrenrettung
der sterbenden adeligen Welt.” |
Das Kleinbürgertum
(348) Es sei laut V. auffällig, “daß die
Abwehr aufklärerischer Reform in Kirche und Schule im letzten Drittel
des 18. Jahrhunderts bei den Handwerkern und Bauern kräftige Unterstützung
findet.”
|
Dabei greift V. auf ein Beispiel zurück, das
zeitlich weit nach der Aufklärung liegt: “Es ist kein Zufall, daß
im 19. Jahrhundert die Organisation der konservativen Parteien sofort und
mit Erfolg bei den Handwerkern und Gewerbetreibenden als Mitglieder und
Wähler beginnen konnte”, womit belegt ist, dass
V. von späteren Verhältnissen auf frühere vermittels Rückprojektion
schließen will. Die Unterstützungs seitens der Handwerker
ist mit der Auflösung der feudalen Zunftordnung verbunden, doch dass
die Bauern, die von der aufklärerischen Entwicklung besonders profitierten
– siehe die Aufhebung der Leibeigenschaft – in jener Zeit konservativer
Ideen so aufgeschlossen begegnet hätten, darf ernsthaft bezweifelt
werden. |
“Der werdende vierte Stand, [...] läßt
zum konservativen Anliegen kein besonderes Verhältnis erkennen.”
“Die eigentliche konservative Großmacht im
19. Jahrhundert, das Bauerntum, tritt in der Zeit, die für uns in
Frage kommt, noch nicht voll handelnd in Erscheinung. Aber schon im philosophischen
Jahrhundert bereitet sich der aufstieg des Bauerntums u.a. gerade durch
die Reformen des absoluten Staates vor.”
Erst die Festigung der bäuerlichen Besitzverhältnisse
zwischen etwa 1750 und 1850 ermöglichte den wirtschaftlich-politischen
Aufstieg, wodurch das Bauerntum angeblich “seinen bewahrenden Aufgaben
erst voll” nachkam. Der Aufstand er Bauern in der Vendée (1793-95)
soll “dem leidenschaftlichen Festhalten an der alten, namentlich an der
frommen Sitte” gegolten haben.
|
Hier wird die inkonsequente
Argumentationsweise V.‘s greifbar: er erwähnt, dass die
Reformen des aufklärerischen Staates dem Bauerntum nützten, doch
zieht er nicht die objektbezogenen Konsequenzen daraus. Was V. weiter über
das Bauerntum schreibt, ist die reinste NS-Bauernromantik.
|
(349) Das Streben nach Fortschritt und Reform.
In Deutschland und “auch in allen anderen europäischen
Ländern sind die Ordnungen noch vorwiegend altfränkisch.
|
Letzteres wohl aus dem Vokabular von Otto Brunner]
“Es bestehen die Stände, die Zünfte und eine Vielzahl weitverzweigter,
mannigfach abgestufter Rechtsverfassungen. Gewiß trachtete der fürstliche
Absolutismus danach, diese ständische Gliederung zugunsten einer einheitlich
gelenkten Ordnung abzubauen. Aber dieser Abbau vollzog sich doch nur sehr
langsam. Er sah von radikalen Eingriffen im allgemeinen ab.” |
(350) “Die A. hat das Weiterbestehen dieser altfränkischen
Wirklichkeit [Landadel, Vorrechte der geburt, Hofadel] zunächst nicht
als Herausforderung empfunden.”
(351) Wenn V. den Schriftsteller J.-F. Sobry (El
mode françois, Londres 1786, S.155ff., 76ff., 81, 6f.) heranzieht,
um damit “konservative Positionen” drei Jahre vor der Revolution zu veranschaulichen,
verkennt er gründlich, dass es sich um einen national-konservativen
Apologeten monarchistischer Prägung handelt, der für den bestehenden,
in der nationalen und politischen Tradition des französischen Königtums
stehenden Ständestaat eintritt. “Die Monarchie der Bourbonen ist für
den Verfasser der Inbegriff der Aufgeklärtheit. Bei allen Einrichtungen
wird die Übereinstimmung mit den Erfordernissen des Jahrhunderts festgestellt.
Der Autor steht ganz auf dem Boden der Aufklärung. Aber die Aufgabe,
die er sich stellt, führt ihn immer wieder zu konservativen Positionen.”
Er rechtfertigt die katholische Religion als nationale Religion, “als “nationalen
Kult”, als Ausdruck der nationalen Einheit.” Er schreibt über die
Wahrzeichen des französischen Königtums, “von der Krone, vom
Lilienwappen, von der geheiligten Kriegsfahne der Franzosen, der altehrwürdigen
Oriflamme.” “Noch stärker nähert sich der Verfasser bei allem
Aufklärertum konservativer Geistesart durch seine Ablehnung von Ideologien,
der er die geheiligte und unsterbliche Wahrheit gegenüberstellt.”
“das geschichtlich gewordene Recht” wird den Rechtsanschauungen
der A. gegenübergestellt.
IV.
“Das alles war noch nicht konservativ. Es bedurfte
mannigfachen Anstoßes auch von der geistigen Seite her, um eigentlich
konservatives Bemühen entstehen zu lassen.”
[V. gedenkt zunächst der Wirkungen der A. Er
theoretisiert über] “weltanschauliche Systeme”, die “gedankliche Stellen”
haben, “wo sie sich entblößen. Die Widersprüche in Ideologien
sind auf die Dauer die Stellen des geringeren Widerstandes, an denen der
geistige Gegner zuerst einbrechen kann. Auch die A. vermochte sich diesem
Schicksal nicht zu ent-
(352) ziehen. Sie hat, wir sprachen darüber
schon vorher, im Endergebnis den Revolutionen der Folgezeit den Boden bereitet.
Aber es gibt eine, wenngleich schwächere, Strömung innerhalb
des philosophischen Zeitalters, die zum Konservativismus hinführt.
Man denke an Metternich, der vom Aufklärer zum echten Konservativen
wurde. Hier begegnet uns die erste Wurzel des Konservativen.”
“Kopfscheue” soll seit der Verschärfung der
A. in der Mitte des 18. Jhs. “zu konservativen Positionen hinübergeführt
“ haben
“Es gibt sogar einen aufgeklärten Konservativismus.
Er ist im Weltanschaulichen aufklärerisch, aber politisch genommen
konservativ. Diese widerspruchsvoll erscheinende Haltung ist hauptsächlich
eine Folge der französischen Revolution. Der aufgeklärte
Konservativismus ist geistig wenig hervorgetreten.” |
Es ist unhistorisch, das Wertesystem der Aufklärung.
als “Ideologie” zu bezeichnen.
Recht problematisch diese Verbindung von A. und Konservatismus
!
|
Die Reaktion sei eine “bestimmte Technik des
Regierens.”
Die vorromantischen Stimmungen sind eine zweite Wurzel
konservativer Gesinnung.
(353) “man entdeckt die Schönheiten und Vorzüge
des Landlebens.”
“der Glaube an eine ideale oder doch bessere Vorzeit.
[Rückwärtsgewandtheit] Dieser Glaube ist im Grunde so alt wie
die Menschheit. Er läßt sich schon in unseren ältesten
Hochkulturen belegen und ist auch völkerkundlich belegt. Merkwürdiger
weise gewinnt auch dieser Glaube im philosophischen Jahrhundert neues Leben.
Die hängt mit der Entdeckung des Natürlichen
zusammen:
wenn das Natürliche gut ist, dann sind auch die Einrichtungen der
natürlichen Vorzeit gut gewesen.
Die germanische Vorzeit
in
der englischen Geschichte des hugenottischen Staatsmanns Rapin de Thoyras
(1661-1725): “die Vorstellung von den mannigfachen politischen Lichtseiten
der germanischen Vergangenheit (Histoire de l’Angleterre. La Haye 1749,
I. 493ff.) [Solche Überlegungen kamen den NS-Germanomanen nur zu Paß,
und dieser de Thoyras gehört zeitlich nicht einmal zur A.] Wenn Montesquieu
“Von der Freiheit spricht, die aus den Wäldern Germaniens stamme”,
dann geht es ihm sicherlich nicht um das “Germanische”, sondern um die
Vorstellung einer urwüchsigen Freiheit, die ausschließlich spekulativ
mit den Germanen verbunden wurde. Die Betrachtungen Boulangers über
die “Züge überragender, vorbildlicher Weisheit” bei den Chinesen,
im Vergleich zu den ”verderblichen Mißbräuchen der Willkürherrschaft”,
die sich “mit allen ihren Folgen” einschlichen (Recherches sur l’origines,
S.XXIVf.) wurden nicht der Vergangenheit zuliebe getan, sondern aus der
aufklärerischen Bewunderung für vernunftmäßig noch
heil, ausgewogen und vernünftig anmutende gesellschaftliche und staatspolitische
Zustände. Dass das eigentlich eine aufklärerische Idealisierung
ist, interessiert V. überhaupt nicht. Überhaupt belegen sämtliche
bisherigen Beispiele nicht seine Konservatismus-Theorie, sondern den Hang
der Aufklärer bestimmte Aspekte der Vergangenheit sowie die von der
westeuropäischen Zivilisation nicht korrumpierten Gesellschaftsordnungen
und die in Übersee entdeckten Naturvölker wegen ihrer Ursprünglichkeit
zu idealisieren. Deshalb ist V.‘s Behauptung “Alles das ist vor allem in
seinen Wirkungen nicht mehr aufklärerisch. Es hat im Gegenteil später
der A. und ihrem geistigen Erbe schweren Abbruch bereitet” recht problematisch,
weil höchst spekulativ.
Zwar half die A. “einen neuen Sinn für die Vergangenheit”
zu schaffen, doch nicht im Sinne der Konservatismus-Theorie von V.. Wenn
die A. Mitbegründerin des modernen abendländischen Geschichtsbewußtseins”
ist, dann ebenfalls nicht im Sinne der konservativ-revisionistischen Rückwärtsgewandtheit,
die V. offensichtlich im Visier hat. Auch, dass die A. “Mitbegründerin
des modernen na-
(354) tionalen Empfindens” ist, gilt nur z.T. V.
fügt hinzu: “Das Schwergewicht des philosophischen Jahrhunderts liegt
im Weltbürgerlichen. Die a. war nicht mehr universal, wie sie ja auch
nicht mehr abendländisch war.”
“Dieser von Rationalismus genährte Nationalismus
mußte sich aber geschichtlich begründen. Er hatte ein gutes
Verhältnis zur nationalen Vergangenheit (oder glaubte es wenigstens
zu besitzen). So ergab sich auf diesem Wege eine für die Folgezeit
bedeutsame Vermählung nationaler und konservativer Elemente. Sie ist
besonders wirksam erst im 19. Jahrhundert geworden, vollzogen wird sie
bereits im 18. Jahrhundert. Das Streben nach dem Nationalstaat, das dem
19. Jahrhundert seinen Stempel aufdrückt, hat den ursprünglichen
Wünschen des philosophischen Zeitalters widersprochen. Dennoch wurzelt
es im Geiste des 18. Jahrhunderts”. [Hier ist V. in seiner Beliebiegkeit
und
Apodiktik
wieder auf dem Höhepunkt. Seine Absicht, dem sich durch Irrationalismus
auszeichnenden Nationalismus eine rationalistischen Anstrich zu verleihen,
indem V. das Aufkommen des Nationalismus über mutmaßlich konservative
Züge der A. mit deren Rationalismus verbinden will, ist offensichtlich.
V. bemüht sich, das Phänomen des Nationalismus durch angedichtete
rationalistische Züge zu legitimieren.]
V. will eine dritte Wurzel des Konservativismus erkannt
haben. Erst in der Mitte des 18. Jhs. Soll sich die A. “mit vollem, wirksamen
Nachdruck politischen und gesellschaftlichen Fragen” zugewandt haben. “Erst
von dann an entwickelt die A. radikale Lehren und wendet sich politischen
Fragen zu.” Montesquieu soll diesen Geist 1748 durch seine Gesetze eingeleitet
haben und 1755 erschien die zusammenhängende Darstellung eines “kommunistischen
Systems” durch Morelly. Dass die Beschäftigung der A. mit politischen
und gesellschaftlichen Fragen im Wesen dieser Geistesströmung liegt,
scheint V. ebenfalls entgangen zu sein.
|
Ob das wirklich aus dem aufklärerischen Gedankenhorizont
stammt ? Recht fraglich. Eher aus dem völkisch-nationalsozialistischen.
Recht fragwürdige
Formulierungen, vor allem die letztere, die von einem problematischen,
NS-angehauchten Verständnis des “Abendländischen” ausgeht. Der
A., die der “alten abendländischen Universalität” verlustig wurde,
sei die Entstehung des “modernen”, “von Rationalismus genährten Nationalismus”
zu verdanken. Dass die Entstehung dieser Nationalismen vielfältige
Ursachen hat und sich nicht auf die Ebene geistesgeschichtlicher Entwicklungen
reduzieren läßt, ist V. egal.
Hier ist V. in seiner Beliebiegkeit
und
Apodiktik
wieder auf dem Höhepunkt. Seine Absicht, dem sich durch Irrationalismus
auszeichnenden Nationalismus eine rationalistischen Anstrich zu verleihen,
indem V. das Aufkommen des Nationalismus über mutmaßlich konservative
Züge der A. mit deren Rationalismus verbinden will, ist offensichtlich.
V. bemüht sich, das Phänomen des Nationalismus durch angedichtete
rationalistische Züge zu legitimieren.
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(355) 1761 erschien Rousseaus “Gesellschaftsvertrag”.
Recht widersprüchlich die Formulierungsweise
von Valjavec.
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Ganz in NS-Tradition bringt V. auch den Freimaurerbund
in seine “Argumentation” ein. Dieser breitete sich etwa seit 1870 in Europa
aus. Die Freimaurerei “ist als Ganzes organisierte A. Deren weltweite Ausbreitung
ist zum guten Teil maurerisches Werk.” Auch hier das typisch nationalsozialistische
Erklärungsmuster der Ausbreitung der A. wie des Rationalismus. Es
mußte unbedingt eine Organisation dafür verantwortlich gemacht
werden, und das konnte nur die geheimbündisch-verschwörerische
Freimaurerei gewesen sein. Dieses Erklärungsmuster übersieht,
dass der Rationalismus, die Vernunft im Gegensatz zum Irrationalismus und
Nationalismus nicht besonderer Organisationsformen, selbst nicht weltübergreifender
bedurfte, um Anklang in den gelehrten Kreisen Europas zu finden, weil die
Vernunft im Gegensatz zur Unvernunft es in sich trägt, sich und ihre
Anliegen eben vernünftig zu artikulieren, während die dunklen
Mächte des Nationalismus und der nationalistischen Rückwärtsgewandtheit
sich in der ihnen innewohnenden Irrationalität erst zurecht finden
und selbst erkennen mussten, d.h. erst den Schritt der Bewusstwerdung tun
mussten. Und dafür bedurften sie vernunftmäßiger Instrumente,
die sie sich vom aufklärerischen Rationalismus einfach holten. Was
aber nach dieser Bewusstwerdung kam, das hat mit Vernunft überhaupt
nichts mehr zu tun. Im Gegenteil, der Irrationalismus uferte bis zum Rassismus
und Antisemitismus aus.
V. behauptet, der Freimaurerbund sei “als Gesamtheit
nicht unmittelbar revolutionär wirksam gewesen.”
Ganz auf der Schiene des NS-Erklärungsmusters
liegt folgendes: “Aber für die Entstehung des europäischen Konservativismus”
ist “der Verdacht” wichtig, “daß die Freimaurerei und andere
geheime Verbindungen ein Komplott geschmiedet hätten, um die bestehende
politische und geistige Ordnung umzustoßen, um Fürsten und Priester,
Christentum und Fürsten zu vernichten.” Diese “Komplotttheorie” gehe
auf das Kolleg der Exjesuiten in St. Salvator in Augsburg zurück.
Diese Auffassung begegnet auch in Frankreich, Italien und Spanien.
(356) Bei den Beispielen, die V. bringt (der Hieronymit
Fernando Cevallos (La falsa filosofia o el ateismo y demás nuevas
sectas convencidas de crimen de estado ..., Madrid 1774-76, 6. Bde.; der
spanische Exjesuit Lorenzo Hervás y Panduro (1735-1809), “Causas
de la revolución de Francia”, 1807 Madrid; der Kapuziner Fray Rafael
de Velez , “Preservativo contra la Irreligion, ó los planes de la
filosofia contra la religion y el estado, Madrid 1813” – für letzteren
ist “Napoleon ein Werkzeug der revolutionären Philosophie, die in
Spanien Christentum und nationale Freiheit mit dem Losungswort “Reform”
bedroht”, erwähnt V. zwar deren katholische Herkunft, betont diese
aber nicht sachgemäß. Aus dem protestantischen Bereich bringt
V. übrigens nur ein Beispiel, obwohl er fest behauptet, “Diese “Komplotttheorie“
“ sei “bald von protestantischen Schriftstellern aufgegriffen und durch
sie weiter verbreitet” worden.
“Angst vor den geheimen Verbindungen”. Verbote der
Freimaurerei.
(357) Getreu seinem NS-Erklärungsmodell und
seiner unilinearen Ableitungsthese des Konservatismus nur von den geistesgeschichtlichen
Gegebenheiten der Aufklärung behauptet V., “der Kampf gegen die Freimaurerei
und gegen verschiedene andere geheime Gesellschaften schuf zum erstenmal
die Losung, die die meisten Gegner des politischen Fortschritts in ein
Lager zusammenführte. Der Kampf gegen die Loge wurde gewissermaßen
zum Anlaß, der die europäischen Konservativen erstmals miteinander
verband.” [recht unglaubhaft]
Die vierte Wurzel: der “Bruch des absoluten Staates
mit den Ideen des philosophischen Jahrhunderts.”
(358) V. nennt die Franz.
Revolution “Katastrophe”.
(360) Andererseits erwähnt V. die “Kräfte
des Fortschritts”, die auf der Linie der Frz. Revolution liegen.
|
(363-368) Welt-Einheits-Kultur?
Wort und Wahrheit. Monatsschrift für Religion
und Kultur, Wien, 4. Jg., 1949, 519-524
(363) “Bis zum Anbruch der Moderne war das kulturelle
Leben der Völker durch eine reiche Mannigfaltigkeit gekennzeichnet.
Die einzelnen Kulturkreise waren trotz wesentlicher Gemeinsamkeiten durch
nationale, religiöse und soziale Eigentümlichkeiten bestimmt.”
“stammheitliche Kräfte”
“Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist die kulturelle
und künstlerische Situation des Abendlandes vollends durch ein unorganisch
anmutendes Nebeneinander verschiedener Kultur- und Bildungsstile gekennzeichnet.”
[Eben das oben Festgestellte: V. will dem 19. Und 20. Jh. einfach nicht
die “reiche Mannigfaltigkeit” zuerkennen, die er aber “bis zum Anbruch
der Moderne” gelten lässt. Dem neuen Zustand wirft er eine um die
Begrifflichkeit des Organischen kreisende
Vorstellung von Uneinheitlichkeit vor, die eindeutig aus dem ideologischen
Horizont des NS stammt
“Dieser zunehmenden Aufsplitterung, die sich nicht
nur auf künstlerischem Gebiet, sondern auch bildungsmäßig
äußerte, wirkte und wirkt aber ein anderer Vorgang von wahrhaft
weltgeschichtlichem Ausmaß entgegen, dessen Wurzeln bis in die Anfänge
der Neuzeit zurückreichen. [...]
(364) “kultureller Hochstil” westeuropäischer
Prägung in östlicher und südöstlicher Richtung seit
dem 18. Jh. im “ostkirchlich-byzantinischen Kulturkreis.”
“Die alte Geschlossenheit
der abendländischen Kultur war seit den Tagen des Humanismus erschüttert.”
|
V. trauert einer Mannigfaltigkeit nach, die er bewusst
der angeblichen “Welt-Einheits-Kultur” entgegenstellt, wodurch er die Mannigfaltigkeit
der modernen Kulturkreise und Kulturäußerungen einfach ignoriert.
Von der nationalsozialistischen Vereinheitlichung und Gleichmacherei, die
auf der Deutschtums-Besessenheit beruhte, natürlich kein Wort.
Otto Brunners Lehre.
.
V. setzt sich für eine von der geschichtlichen
Entwicklung eindeutig überholten kulturellen “Geschlossenheit” ein.
|
(365) “Das große Zeitalter dieser humanitären
Bemühungen [Würde des Menschen im politischen und sozialen Bereich]
waren die hundert Jahre zwischen dem Sturz Napoleons und dem ersten Weltkrieg
[In Europa, aber kaum in den deutschen Landen, in denen der Irrationalismus
der Zeit der “Befreiungskriege” gegen Napoleon im Kaiserreich seinen ersten
Höhepunkt erreichte]. Von dann an hat das humanistische Programm nur
noch in rhetorischer Hinsicht eine Steigerung erfahren. Seit dreißg
Jahren zeigt sich deutlich, daß mir dem Schwinden religiöser
Einflüsse auch eine sittliche Relativierung und überhaupt eine
Auflösung aller Wertbegriffe immer mehr um sich greift.”
Über die Kultur der letzten dreißig Jahre
schreibt V.: “Der Siegeszug der modernen Technik und Industrialisierung
mit allen seinen Erscheinungsformen ist zugleich der Siegeszug einer bestimmten
Kultur, die gerade wegen ihrer Trivialität und geistigen Anspruchslosigkeit
bei den Massen großen Erfolg hat und irgendwie Ausdruck eines Zeitalters
zu sein scheint, in dem nur noch die Massen und der Massenmensch zählen.
[V. tritt zweifelsfrei für eine elitäre Kultur ein. Wo der Ns
zu stehen kommt, das verrät er uns natürlich nicht. Wohl ganz
im Sinne Jüngers schreibt er weiter:] “Gleichzeitig ebnet diese moderne
Maschinenkultur alle Eigentümlichkeiten und Besonderheiten der Länder,
Völker und Kontinente ein. Sie setzt kulturelle “Ideale”, die sich
in Europa ebenso zur Geltung bringen wissen wie in der Sowjetunion, in
Ostasien oder im schwarzen Erdteil.”
“daß die alten überlieferten Kulthurkreise
zusammengebrochen sind.”
|
Letzteres behauptet V. nicht als überzeugter
Christ, sondern als überzeugter Atheist.
Die moderne Kultur soll einebnen
!
|
“Man darf auch nicht übersehen, daß das
Zeitalter der Technik die Völker einander nicht nähergebracht
hat. Mit der Beseitigung der alteuropäischen Führungsschichten
ist die Kluft zwischen den einzelnen Völkern eher größer
als geringer geworden. Die Ereignisse seit 1918 zeugen davon zur Genüge.”
(366) “daß die einzelnen Weltreligionen auch
eine Wahrung der kulturellen Eigenart bewirken und so von sich aus der
geistigen wie zivilisatorischen Gleichmacherei
entgegenarbeiten. Universalismus steht hier gegen
Internationalismus.”
V. denkt in Kategorien des Großraumes:
“Es darf zweifellos angenommen werden, daß die technische und wirtschaftliche
Entwicklung die Schaffung von politisch- wirtschaftlichen Großräumen
begünstigt und daß am Ende dieser Entwicklung nur einige solcher
Großräume als Sieger übrigbleiben oder daß einem
einzigen derartigen Großraum die Beherrschung der ganzen Erde gelingen
könnte. Es ist gar keine Frage, daß dadurch der weiteren geistigen
und kulturellen Einebnung gewaltiger
Vorschub geleistet würde. Es ist sogar möglich, daß im
Falle einer derartigen Weltherrschaft der Versuch gemacht würde, einheitlichen
kulturellen Normen gewaltsam Geltung zu verschaffen.” |
Der Pessimist
V.
Solche Formulierungen tut V. nur, weil er für
eine kirchliche Zeitschr. schreibt. Und wieder hat der verhasste Internationalismus
alles zu verantworten !
[V. denkt hier zweifelsohne an das gescheiterte NS-Experiment.
Auch denkt V. in den Kategorien des NS: “Weltherrschaft” und in Kategorien
der Macht. Auch von “Weltstaat” und von “Weltkultur” schreibt er, von “Gleichschaltung”
innerhalb der Machtbereiche, wo eine “bereits heute wirksame gewaltige
Konzentration der Macht an wenigen
Punkten der Erde” Realität ist..
|
|
(367) Der Kulturpessimismus
von V., der auf einer bedenklichen Übersimplifizierung des technischen
Fortschritts, auf einem leichtfertigen Reduktionsimus beruht: “Gewiß
ist die Simplizität der modernen Kultur, der Nimbus und der Vorteil
der Elektrizität, der Kühlschränke, der Kunstseidenstrümpfe
und der Konserven dazu angetan, ihnen in allen Zonen und Breiten unseres
Planeten Eingang zu verschaffen. Die Verbreitung solcher technisch-zivilisatorischer
Requisiten schafft nur eine Fassade,
hinter der sich sehr wenig echte und lebendige geistige Werte befinden.
Die Angleichung der Kontinente beschränkt sich daher auf Äußerlichkeiten
und auf erstarrten Formeln, die nur auf die breiten Massen und in bestimmten
Kulturlagen wirken können.”
V. nennt den NS zusammen mit dem Faschismus, bei
denen die “kulturelle Nivellierung” “vordergründig” geblieben sein
soll. |
“Der “totale”
Staat, der sich leider nicht auf bestimmte politische Systeme beschränkt,
wie dies optimistische Zeitgenossen annehmen, ist erst im Werden. Ebenso
ist die planetarische Verflechtung unserer Wirtschaft und Politik erst
im Entstehen.” [Auch in der Totalitarismuslehre scheint V. bewandert zu
sein]
V. betont, dass sich in einer vereinheitlichenden
Welt – er nennt das Nivellierung, Gleichschaltung – “die Kräfte der
Überlieferung ebenso weiterwirken [werden] wie das Bedürfnis
des Einzelnen, seine eigenen kulturellen Vorstellungen zu verwirklichen.
Solange es Persönlichkeiten gibt, werden individuelle und geschichtsmäßige
Formen des geistigen Verhaltens unausrottbar sein.”
|
Recht kurios der Verweis V.s auf individuelle Bedürfnisse,
wo ihm sonst in seiner Kulturtheorie das Individuum nicht viel bedeutet.
Und wieder reduziert V. alles auf die geistige Ebene.
|
“Dazu kommt noch ein weiterer und, wie ich glaube,
nicht unwesentlicher Gesichtspunkt. Wir dürfen im gegenwärtigen
hohen Stand der Technik keine unbedingt dauerhafte oder gar selbstverständliche
Erscheinung erblicken.” weil “Die moderne Zivilisation” “Raubbau nicht
nur an den Wäldern, sondern auch an den menschlichen Begabungsreserven”
treibt. Den “Schwund an Begabungen, der sich in allen Kulturstaaten beobachten
läßt”, belegen “sozial-anthropologische Untersuchungen”
“termitenhafte Organisation der menschlichen Gesellschaft.”
V. zweifelt, dass die Welt zum wirtschaftlichen und
sozialen Gleichgewicht, das seit dem ersten WK gestört ist, zurückfindet.
Besonders bezeichnend ist der Schlusspassus: “Das vorherrschende soziale
und technische System setzte eine Rationalität
und Krisenlosigkeit der Menschheit voraus, die die menschliche Natur mit
ihren Geheimnissen und Gebrechen nicht zu bieten vermag. Wenn nicht aus
einem anderen Grund, so wird das moderne Zeitalter und sein kultureller
Herrschaftsanspruch daran scheitern.”
|
Was soll man von folgender Behauptung halten. Außer
Kopfschütteln bleibt einem nichts übrig:
Wohl die aus der NS-Zeit.
Ein unübersehbarer Pessimismus,
zweifelsohne durch den Zusammenbruch der NS-Illusionen gespeist.
V. entpuppt sich als Anhänger des Irrationalismus
im Menschen, an dem die Rationalität und die angestrebte Krisenlosigkeit
scheitern werden. V. denkt auch in Kategorien
der Herrschaft, wenn er dem modernen Zeitalter “Herrschaftsansprüche”
nachsagt. Hier wird nochmals offensichtlich, wie sehr das Weltbild eines
V. von absoluten Begriffsinhalten und Kategorien, also von Denkmustern
bestimmt wird, die eindeutig aus der NS-Ideologie stammen. Und V. erblickt
in den “Geheimnissen und Gebrechen” der “menschlichen Natur” die eigentliche
Quelle der Kreativität, des Fortschritts, nicht in der menschlichen
Vernunft. Das ist aber ein Fortschrittsglauben mit umgekehrtem Vorzeichen.
|