Die Geschichte
der abendländischen Aufklärung
Herold Wien/München 1961
(7) Vorwort
“Die Geschichte der Aufklärung wurde
bisher in ihrer ganzen, erstaunlich großen Spannweite, noch nicht
behandelt. Dies hängt wohl mit ihren weitverzweigten, bis in die Gegenwart
reichenden Wirkungen zusammen.”
“Heranziehung “banaler” Quellen” – davon
erhofft sich V. “manche sonst weniger beachtete Erscheinung in meine Darstellung
einbezogen und damit vermieden zu haben, die Höhenzüge und Gipfel
des Geistes einseitig zu bevorzugen.”
(8) Förderung der Arbeit durch Prof.
Dr. Franz Schnabel (München), Prof. Dr. Wilhelm Schüssler (Jugenheim).
Fruchtbarer Gedankenaustausch mit Fritz Kern (+) (Bonn). “Benedetto Croce
hat mit seiner ermunternden, stets fördernden Teilnahme vor mehr als
zwei Jahrzehnten den beginn der Arbeit entscheidend angeregt.”
München, im Januar 1960
(9-24) Einführung
I. Begriff und Eigenart
(10) “Ebensowenig wie mit dem Rationalismus
darf die Aufklärung mit dem schwer abgrenzbaren Vorgang der Säkularisierung
gleichgesetzt werden. Sie ist mit ihr jedoch eng verknüpft,”
“Die abendländische Aufklärung
hat die Jenseitsbezogenheit des Menschen stark gelockert und eingeengt,
aber nicht völlig aufgehoben. Sie hat sich bemüht, am Gottesbegriff
und am Unsterblichkeitsglauben festzuhalten.”
(11) Züge dieses Zeitalters
1) die “Vernünftigkeit” – alles sollte
nach den geboten der Vernunft geschehen. “Aber gerade die Vernunft lehrte
im Laufe des 18. Jahrhunderts immer nachdrücklicher, daß auch
die irrationalen Kräfte, die Bewegungen des Gemüts und die Triebe,
zu beachten seien.”
Der Mensch wird zum Maß aller Dinge
erhoben.
2) “der Zug der Vermenschlichung”.
(12) “Man kennt keine geistige Unsicherheit,
aber auch keine innere Unruhe und fühlt sich im Kreise des erarbeiteten
menschlichen Wissens geborgen.”
Konsequenz: “Ablehnung der alten Vorbilder
und der Überlieferung als eines Ordnungsmaßstabes überhaupt”
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KOMMENTAR
Fraglich !
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Konsequenz: “Vertrauen in und Bindung
an die Wissenschaft”. “Der “Szientismsus” der Gegenwart wurde im philosophischen
Jahrhundert geboren.”
3) “Die Wissenschaften sollen [...] auch
die Erschließung und Beherrschung der materiellen Sphäre sichern.”
“Die möglichst vollkommene Glückseligkeit der Menschen.” “die
zum Selbstzweck erstarrten Auswirkungen dieser Entwicklung”
Abkehr von der vorherrschenden “Herrenhochkultur”,
es entsteht eine neue Führungsschichte. Die Aufklärung “hat bürgerliches
Zeitalter mit heraufgeführt.” Ihre gesellschaftlichen Ziele stimmen
mit denen des dritten Standes überein.” Das “philosophische Jahrhundert”
trug “zur Formung des vierten Standes wesentlich bei”
(13) Vorgänger rationaler Kritik an
der geistlichen Überlieferung: “im strengen Wortsinn” erstmals in
China: der Konfuzianismus. Hier zeige sich “das Streben, einen schroffen,
unmittelbaren Bruch mit der Vergangenheit zu vermeiden.”
(14) Kritik gegen das erstarrte Opferwesen
der Brahmanen in den Upanishaden.
Aufklärung in der Antike – die Sophisten,
die skeptische Philosophie. “Auch in der antiken Aufklärung wird der
Mensch als Mittelpunkt der Dinge gewertet. Es entsteht eine rationalistische
Kritik an der Überlieferung, namentlich auch an der Götterlehre.”
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Valjavec. ist Anhänger des Ständesystems.
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(16) Die Aufklärung “hat die Grundlagen
für eine einheitliche weltumspannende Kultur geschaffen, die durch
die Hilfsmittel der von ihr begünstigten modernen Technik auch die
entlegendsten Räume der Erde einer gleichförmigen Entwicklung
erschlossen hat.”
”Die moderne Aufklärung ist die erste
geistige Bewegung, die tatsächlich den ganzen Erdball zu umspannen
vermochte. Erst seit der Aufklärung haben die geistigen Auseinandersetzungen
und Bewegungen weltweite Ausmaße erlangt.”
“Die abendländische Aufklärung
leitete auch die geistige Verschmelzung der einzelnen Kulturkreise ein,
für die in der Geschichte sonstige Beispiele fehlen”
Mit dem “Maschinenzeitalter” hat ein neuer
Abschnitt der Weltgeschichte begonnen.
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Valjavec scheut, von Modernisierung,
von Modernisierungsprozessen zu sprechen.
Valjavec vermeidet offensichtlich
auch den Begriff
Universalismus, den
er hier eigentlich umschreibt]
V. meint wohl die europäischen
Kulturkreise.
Eein ungenauer, deshalb nur beiläufiger
Begriff.
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II. Zeitlicher Umfang
Anfänge Mitte 17. Jh., Nachwirkungen
im 19. und 20. Jh.
(17) Das Wirken des irrationalistisch begründeten
Traditionalismus im 19. Jh. umschreibt V. wie folgt:
“Gewiß entstanden unter den Protestanten
und Katholiken Gruppen, die sich dem weltanschaulichen Einfluß der
Aufklärung mit vollem Bewußtsein zu entziehen suchten. Dies
bedeutete gegenüber der vorangehenden Zeit eine Veränderung der
geistigen Lage. Sie ist fortan durch das Vorhandensein einer geistigen
Gegenkraft gekennzeichnet, die das Herkommen verteidigte und in vielen
Ländern erheblichen Einfluß gewann. Doch vermochten solche Widerstände
an der bestimmenden Geltung des Liberalismus und anderer aus der Aufklärung
hervorgegangener Strömungen im Leben des 19. und 20. Jahrhunderts
nichts zu ändern.”
“Durch den Liberalismus hat die Aufklärung
auf alle politischen Strömungen des 19. Jahrhunderts (mit Ausnahme
bestimmter konservativer und kirchlich-religiöser Bestrebungen) einen
starken Einfluß erlangt.”
(17f.) Ein Ende des Geltung der Anschauungen
des 18. Jahrhunderts “in abgewandelter – teils ver-
(18) waschener, teils vergröberter
und vereinfachter - Form” “ist noch nicht abzusehen, obschon Anzeichen
vorhanden sind, daß die übersteigerte Rationalisierung und Mechanisierung
schließlich zur Entstehung von Kräften führt, die eine
neue Entwicklung einleiten. Es ist möglich, daß die Zersetzung
[Wortwahl] der autonomen Verstandskultur weiter fortgeschritten ist, als
wir annehmen. Es kann aber auch ebenso gut sein, daß sie noch weitere
Möglichkeiten des Fortwirkens und der Steigerung besitzt.”
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Ob Valjavec den NS miteinbezieht ? Wahrscheinlich
nicht, weil er die unerläßlich Distanzierung zu dieser Erscheinung
noch nicht gewonnen hatte !
Diese Aussagen zeugen nicht von V’s Vorsicht,
sich über zukünftige Entwicklungen zu äußern, sondern
von der betonten Zurückhaltung,
die er gegenüber seinem Forschungsgegenstand, namentlich gegenüber
dessen ideologischen Inhalten, verspürt. V. forscht zwar und schreibt
über die Aufklärung, über deren Geist, doch er identifiziert
sich nicht so recht damit ! |
III. Der Raum
(19) Die fortschrittsgläubigen Vorstellungen
des 18. Jahrhunderts “bieten die Voraussetzungen für den geistigen
Kampf wider die Überlieferung”
(20) Die Aufklärung wird “besonders
durch die Technisierung gefördert”.
Freimaurerorden
(21) Von den städtischen Mittelpunkten
drang die neue Weltanschauung aufs Land vor.
“Das Bauerntum zeigte sich für die
Aufklärung lange Zeit noch wenig empfänglich.”
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Valjavec meint wohl die “Traditionen”.
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V. Gesellschaftliche Grundlagen
(21f.) An den Grundlagen der neuen Geistesrichtung
im Zeitalter des Barock sollen außer dem Adel, Offizieren, der Geistlichkeit
auch “Außenseiter der Gesellschaft”
entscheidend beteiligt gewesen sein.
Der “absolute Staat” soll die Aufklärung
vor 1789 in allen gebieten des Abendlandes “wesentlich gefördert”
haben. Das Bürgertum ging “in der Formung der neuen Anschauung über
den geistigen Rahmen hinaus, den das absolute Fürstentum dieser Geistesströmung
zugedacht hatte.” – die liberale Bewegung.
Seit der Julirevolution will V. eine “machtvolle
demokratische Strömung in ganz Europa” ausmachen, die entgegen den
gesellschaftlichen Grundlagen von Liberalismus und des philosophischen
Zeitalters auf kleinbürgerliche Schichten zurückgehen soll, die
mit dem “vierten Stand” eine “bedeutsame Verbindung” gewann. Hier siedelt
V. “die sozialistischen Bewegungen” an, die “sich den politischen Idealen
des Bürgertums” versagten, aber angeblich “geistig” “dem 18. Jahrhundert
verbunden” blieben. “Auch das proletarisch-industrielle Zeitalter zehrt
von der Nachwirkung Voltaires.”
“Politisierung der Massen” durch die Ideen
des philosophischen Zeitalters und durch “naturwissenschaftlichen Materialismus”.
“Übertragen wurde dieses Gedankengut vorwiegend durch Intellektuelle,
die im Bürgertum keinen befriedigenden Anklang finden konnten und
sich seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts der politischen und geistigen
Erregung des Kleinbürgertums und des vierten Standes zuwandten.”
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(25-90) Zweites Kapitel
Die geschichtlichen Grundlagen
I. Allgemeine Triebkräfte
(27) Die überseeischen Entdeckungen
eröffneten geistig ein neues Zeitalter.
(28) V. meint, es sei merkwürdig,
dass die erste Utopie 1516, 24 Jahre
nach der Entdeckung der Neuen Welt, erschien und die utopischen Romane
des 17. Jhs fast immer “nichtchristlicheIdealstaaten”
behandelten.
“Angesichts der Vielzahl der Religionen
erhob sich die Frage: War wirklich nur der eigene Glaube richtig, war wirklich
der Glaube der anderen falsch? Vergleiche drängten sich auf, und in
ihrem Gefolge kamen Glaubenszweifel.
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Valjavec erfaßt hier nur einen, zwar
grundlegenden, aber trotzdem, nur einen Aspekt der Entstehungsgeschichte
der Aufklärung. Denn Glaubenszweifel gab es auch vor den geogr. Entdeckungen.
V. spricht mit keinem Wort über den pragmatischen
Geist, über die handwerklich-berufliche Praxis, die für die neue
Entwicklung ausschlaggebend war. Hierher gehören die technischen Entdeckungen,
Erfindungen und Neuerungen. Technisierung gab es bereits damals. |
(32) Das neue Zeitalter erblickte in China
einen Musterstaat.
(33) Das Reich der Mitte wurde als Muster
einer aufgeklärten Monarchie hingestellt. Seine weise Verwaltung,
an der auch die gelehrten mitwirkten, wurde Europa als Beispiel empfohlen.
Als geistesverwandt wurde die konfuzianische Lehrer empfunden.
Valjavec meint: “Die Teilnahme der (Aufklärungs)Philosophen
an der chinesischen Kultur entsprang im Grunde nur einem geistig verfeinerten
Eigenlob; von einer wirklich eindringlichen, entsagungsvollen Beschäftigung
mit ihr wollte man nichts wissen.”
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V. übersieht, dass die Aufklärer
in China das vorfanden, was die Europäer, vor allem die im Westen
des Kontinents, seit längster Zeit eingebüßt hatten: die
Einheitlichkeitvon
Gesellschaft, Politik, Religion und Wissenschaft, die in China auf den
Grundlagen eines Entwicklungsstadiums beruhte, das in Europa abhanden gekommen
war. Eigentlich war es die Altertümlichkeit des chinesische Systems,
die die europäischen Aufklärer beeindruckte. Das war für
sie etwas neues, aber sie erblickten darin sicherlich nichts Modernes. |
(35-69) II. Die Zersetzung der abendländischen
Einheit
Philosophie und Kirche
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Typisch der völkische Begriff “Zersetzung”,
statt z.B. “Auflösung” od. “Zerfall”. |
(35f.) Über die “Ungläubigen”
spricht Valjavec von einem “Ansturm der Sekten” (S..36).
(36-39) Der lateinische Averroismus.
(39) “Neben dieser im Grunde unchristlichen
Richtung machten sich die Kräfte der Zersetzungauch
in anderen Strömungen der Scholastik geltend.” Im Nominalismus, dem
sogen. “neuen Weg” der Scholastik. Von Wilh. V. Occam (+1343) begründet.
Im Gegensatz zum Thomismus, der Glauben u. Wissen aufeinander abstimmte.
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Allerdings übersieht Valjavec, daß
es sich bei den angeführten Beispielen, von den “bogomilischen” Sekten
(Albigenser in Südfrankreich, Katharer) bis hin zu den vorreformatorischen
“Regungen” des 14. u. 15. Jhs eigentlich um Gläubige im wahrsten Sinn
des Wortes handelte.
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Der Unglaube
des Mittelalters
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Valjavec geht auch hier zu weit mit seiner
Formulierung. |
Der “arabische Geist” soll dafür
verantwortlich sein, denn dieser soll “in die abendländische Welt”
“eingebrochen” sein. Für den “Unglauben” empfänglich und Träger
desselben soll die Schicht der »”unehrlichen Leute”, der Ehrlosen,
der Abdecker und Henker, der fahrenden Spielleute und der umherschweifenden
Soldaten” gewesen sein, die “nicht nur die Brutstätte für die
schwarze Kunst” abgegeben haben sollen. “Auch die Ablehnung der geistlichen
Ordnungen lag für jene sozial deklassierten, fast stets verachteten
Menschen recht nahe”.
Valjavec fährt fort: “Mannigfache
Berührungen mit der Unterwelt des Zauberhaften ergaben jedoch nur
eine wenn auch sehr tiefe Wurzel des Freidenkertums”. “Zu ihnen” sollen
“abgesehen von zeitlosen Kräften seelischer Natur – Nachwirkungen
der Antike und des Heidentums” getreten sein.
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Valjavec stützt sich hier auf
Victor Schultze, Geschichte des Untergangs des griechisch-römischen
Heidentums, Jena 1892, II. Bd., dessen Behauptungen nicht nur recht skurril
und kurios klingen, sondern einem Geist der Fremdenfeindlichkeit
(Araber, deren Geist “in die abendländische Welt” “eingebrochen sei),
Intoleranz,
der leichtfertigen Identifizierung von “Sündenböcken”, der Kriminalisierung
von sozialen Randgruppen entspricht, der im NS durchaus an der
Tagesordnung stand, weil er das Kernstück der NS-Politik ausmachte. |
(42) Valjavec spricht von “Äußerungen
unchristlicher Gesinnung” nach Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands, 3-4
IV, 938f.
Neben der Philosophie wurde die Hinwendung
zum Menschen durch die sich aus Süditalien verbreitende arab. Heilkunde
begünstigt. “Auch die Sterndeuterei” soll dazu beigetragen haben.
“Der Einfluß der arabischen Kultur auf das Abendland” soll “etwa
seit dem 13. Jahrhundert solche Regungen [des Unglaubens] noch mehr angefacht”
haben.
Valjavec schlußfolgert: “Diese verschiedenen
Kräfte ergaben zunächst im Westen und Süden Europas seit
dem hohen Mittelalter die geistesgeschichtliche Grundlage für einen
Unglauben in mannigfacher Abstufung.” Seit dem 13. Jh. will V. “eine fortschreitende
philosophische Durchdringung solcher Meinungen” vollzogen wissen. “ Jetzt
erst entstand so der freidenkerische
Unglaube. Dieser breitete sich unter Gelehrten, Künstlern, Ärzten,
Soldaten, Abenteuerern und Lebenskünstlern aus.”
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Valjavec hat also auf den Spuren Schultzes
die gesellschaftlichen Randgruppen
od. zumindest die Gruppen, die der kulturchauvinistischen Sichtweise des
ausgehenden 19. Jhs als solche galten, in seine Argumentation um den “Unglauben”
integriert. |
(43) “Einbruch des Freidenkertums”.
“Die ursprünglichen Hauptverbreitungsgebiete
dieses vielfach an den Averroismus angelehnten Freidenkertums scheinen
Frankreich und Italien gewesen zu sein.”
“Dieses Freidenkertum begegnet uns in verschiedener
Form, in der Erzählung von den drei Ringen und namentlich in weitverbrei-
(44) teten Glaubenszweifeln. Deutliche
Spuren eines solchen Unglaubens finden sich in zahlreichen Literaturdenkmälern
der Volkssprachen.”
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Weil auch in geistigen Belangen am fortgeschrittensten
und tonangebend in Europa.
Recht simplistisch Valjavec's Zuweisung
“der Erzählung von den drei Ringen” dem Freidenkertum:
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Valjavec erwähnt den “mittelfranzösischen
averroistisch beeinflußten “Roman de la Rose” mit seinem Kult der
Sinnlichkeit. In ihm treten bereits die Dame Vernunft und die Dame Natur
auf. Natur und Vernunft waren bestimmende Elemente der Freigeister.”
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Valjavec entgeht, dass es neben der “hohen
Schule” der Gelehrten, der Staatsmänner und Kleriker bis ins frühe
19. Jh. – aber auch danach, bis in unsere Tage - den sogenannten Trivialgeist
einer Trivialkultur, also die Ausdrucksformen eines in den puritanisch
veranlagten Führungsschichten als verdammenswert und primitiv eingestuften
Volksgeistes gab, der, weil die lateinische Sprache theologischen und religiösen
bzw. philosophischen Belangen vorbehalten war, gerade in den “Literaturdenkmälern
der Volkssprachen” Einzug hielt und kräftig abfärbte. Auf S.
43 erwähnt V. Petrarca (1304-1374), der behauptete, die Meinung sei
weit verbreitet, “daß christliche Überzeugungen unphilosphisch
und daher ein Zeichen von Unbildung wären”. Dessen Zeitgenosse Bocaccio
(1313-1375), der den für puritanischen Geschmack anstößigen,
ja verabscheuenswürdigen “Decamerone” verfasste, dessen Erzählungen
sich durch volkstypische Derbheit und Pornographie auszeichnen, erwähnt
V. nicht. Und dass diese in der Volkssprache durch die Dichtung verbreiteten
Derbheiten, dieser “Ungeist” auch in gebildeten Schichten durchaus goutiert
wurde, erwähnt V. wohl deshalb nicht, weil dadurch sein schwarz-weißmalendes
Schema zwischen "Rechtgläubigen” und “Rechtgläubigkeit” auf der
einen Seite, und “Ungläubigen” und “Ungläubigkeit”, also “Freidenkertum”
auf der anderen Seite an Schärfe verlöre und ins Wanken geriete.
Die strenge Scheidelinie zwischen offiziell vertretener Religiosität
und von offiziell verfochtenem Christenglauben, die auch Valjavec
ziehen möchte, um seinem Begriff des “Freidenkertums” Gehalte zuweisen
zu können und dieses “Freidenkertum” in eine historische Kontinuität
einbetten zu können, die bereits im 11. abendländischen Jahrhundert
ihren Ausgang angenommen haben soll (S.42), erweist sich als stellenweise
recht simplistisch-reduktionistisch und als zu mechanisch von Valjavec
eingesetzt |
V. postuliert:
“Der übereinstimmende Grundzug dieses Freidenkertums ist der Zweifel
an den Wahrheiten des Christentums, der in den verschiedensten Formen weiter
ausgesponnen wurde. Er führte meistens auch zur Leugnung der persönlichen
Unsterblichkei. Diese mittelalterlichen Freigeister gingen im allgemeinen
weiter als die Deisten des 17. Und 18. Jahrhunderts. Ihr Unglaube ist mehr
den den materialistischen Aufklärern verwandt. Dem Humanismus und
der gesteigerten Glaubenskraft im 16. Jahrhundert war es zuzuschreiben,
daß dieser oft rohe und ungeschlachte Unglaube zunächst noch
vom Vordergrund der Geisteskultur ferngehalten werden könnte.” |
Postulat
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Humanismus
(45) Laut V. erstrebte der H. “kulturell”
“eine stärkere Berücksichtigung der antiken Vorbilder, also formale
Dinge, die weltanschaulich neutral waren.”
Hervorkehrung des Menschlichen hat die
Abkehr vom Christentum in seiner mittelaterlich-scholastischen Form gefördert.
“Abschwächung des Sinnes für
die hierarchischen Einrichtungen”.
(46) Die humanistische Frömmigkeitsform
der “devotio moderna” hat dem alten Kirchenglauben auch zugesetzt. “Der
Glaube wurde nicht mehr in der Art der Scholastiker begründet, sondern
aus den Erfordernissen praktischer Lebensweisheit
erwiesen.
Der H. förderte Formen der persönlichen
Frömmigkeit, “die bis in die Gegenwart wirksam geblieben sind.” Er
begünstigte einen weltanschaulichen Rationalismus
– aufgeklärter H. (Dilthey, Ges. Schriften, Leipzig-Berlin 1921, II,
74).
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(47) Der aufgeklärte Humanismus
hat ein neues Verhältnis zur Religion angebahnt.
Nur bei “Sektierern”, also vereinzelt,
“begegnet uns die Auffassung, daß alle Religionen von gleichem Wert
seien.”
Bei den Florentiner Platonikern Marsilio
Ficino (1433-1499) und Giovanni Pico Mirandola (1462-1494) “tritt eine
geistesgeschichtlich bedeutsame Wurzel des Deismus
zutage (Ivan Pusino, Ficinos u. Picos religiös-philosophische Anschauungen:
Zs. F. Kirchengeschichte XLIV (1925) 504-544).
(48) Ficino spricht kennzeichnend von “der
Gotteslehre der Juden, Christen und Araber” (Theologia Platonica XVIII/1,
Opera, Basel 1561, I,397). Äußerungen des “allgemeinen Glaubens”.
Der Wahrheitsgehalt von Glaubenssätzen
ergebe sich “nicht etwa aus der Übereinstimmung mit der christlichen
Offenbarung, sondern daraus, ob die Glaubenssätze der Natur zuwiderlaufen
oder nicht. Sie müßten für alle Völker und Zeiten
verständlich sein (De christiana religione I/1, Opera I,2). Den Weg
zur wahren und vollkommenen Religion weise daher die Vernunft (Plotini
epitome, proemium. Opera II, 1537. Als Abglanz der göttlichen Vernunft
wird sie von F. sehr hoch bewertet. Theologia platonica, X/7. Opera I,
233. Ebda. XI/2. Opera I,240f).
In der Folgezeit sind drei Richtungen des
theistischen Universalismus zu unterscheiden.
(49) Davon die “wesenhaft humanistische
Auffassung”, “daß alle Religionen und alle Philosophie einen gemeinsamen
Wahrheitskern besitzen.” Eine dritte Gruppe betrachtete “alle Religionen
als verschiedene, im Grunde aber gleichwertige Ausdrucksformen einer allgemeinen
Religion”. Damit beschritt diese Gruppe laut V. “einen unmittelbaren Weg
zum Deismus, dem sich auch die beiden anderen Richtungen im Laufe der Zeit
stark näherten”.
Die evangelische Theologie übernahm
den Begriff eines allgemeinen Glaubens.
(51) Für die dritte Gruppe ist die
Philosophie wichtiger als die Theologie, die allgemeine Religion wichtiger
als die geschichtlichen Glaubensformen.
V. schlußfolgert: “Es zeigt sich
so: daß die Grenzen zwischen dem theistischen Universalismus und
dem Deismus, der bereits im 16. Jahrhundert auftrat, nicht scharf gezogen
sind.”
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Valjavec denkt hier an den theistischen
Universalismus
des 15. Jhs.
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Valjavec meint, der Deismus
sei in seiner unphilosophischen Form älter als der “klassische D.”,
wie er von Eduard Herbert v. Cherbury begründet wurde. Weil “Die Auffassung,
daß die allgemeine Religion durch Vernunft
erkennbar
sei”, “zur Begründung einer deistischen Haltung ausgereicht” habe.
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Allerdings äußert Valjavec
sich nicht über den einen wesentlichen Unterschied zwischen dem theistischen
Universalismus des Humanismus und dem Deismus der Aufklärung: beide
Momente zeichnen sich durch Universalismus aus, der sich darin äußert,
dass für den Erkenntnisprozess (der Gottes- od. religiösen Wahrheit)
beide Male auf Mittel der Vernunft verwiesen und zurückgegriffen wird;
es gibt aber einen grundlegenden Unterschied zwischen beiden Momenten:
der theistische Universalismus galt dem Menschen als denkendes, fühlendes
und gläubiges Wesen, dem ganzen Menschen, während der Deismus
der Aufklärer das vernünftige menschliche Wesen, also nicht den
ganzen Menschen, zum Gegenstand hat. |
V. meint lediglich, “Der Graben zwischen
theistischem Universalismus und Deismus ist an vielen Stellen seicht und
schmal.”
Die Verweltlichungdes
Geschichtsbildes unter humanistischem Einfluß.
Die Verweltlichung des Staates durch Machiavelli.
Lehre von der Staatsräson.
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Rationalismus und Pragmatismus. |
(53) Valjavec glaubt, “Der spätere
Siegeszug der Aufklärung ist ohne diese Absage des Staates an mannigfache
herkömmliche Rücksichtnahmen gar nicht denkbar. Gewiß haben
die europäischen Staaten aus ihrer veränderten Stellung vorerst
nicht alle Folgerungen gezogen. Die Fürsten fühlten sich meistens
nach wie vor als Christen, als Herrscher über ein christliches Land.
Aber sie gewannen die Möglichkeit, unabhängiger als früher
zu handeln. Mochten sie in ihrem Gewissen noch so sehr durch ihren Glauben
gebunden sein – [...] -, der Staat wirkte fortan nach seinen eigenen Gesetzen.”
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Valjavec zieht hier einen zu radikalen
Schlußstrich zwischen Machiavellis Lehre und deren praktische Auswirkungen
auf den Staatsbetrieb. Er scheint die Überzeugung zu vertreten, dass
seit Machiavelli eine Verselbständigung des
Staates nicht nur möglich war, sondern auch erfolgte, selbst
wenn die jeweiligen Fürsten sich noch als Christen verstanden. Dass
diese Verselbständigung, die darin besteht, dass hergebrachte “Rücksichtnahmen”
nicht mehr griffen, sehr wenig mit Vernunft zu tun hat, dass sie gefährliche
Konsequenzen nach sich ziehen kann, scheint Valjavec nicht bekümmert
zu haben. Deshalb erscheint auch die zu enge Koppelung des Machiavellismus
an die Behauptung (Durchsetzung) der Aufklärung als forciert. Aber
auch, weil der Staat nicht das alleinige, und auch nicht das prioritäre
Objekt der aufklärerischen Vernunftlehre war. |
Die Reformation
soll die “Verweltlichung” aufgehalten haben,
weil sie “die Teilnahme am Religiösen wieder für mehrere Menschenalter
in den Vordergrund rückte.” V. faßt die R. als “Gegenbewegung”
auf. Und die sei “auch in wesenhaft katholischen
(54) Formen zum Ausdruck” gekommen. V.
bezweifelt, “daß die Reformatoren die alte Kirche gerettet hätten”
(wie das Burckhardt u.a. behaupten). Die Reformation habe “eine religiöse
Belebung der alten Kirche” bewirkt.
Das Luthertum soll “den Kräften einer
aufziehenden neuen Zeit auf die Dauer nicht entsprechenden Widerstand zu
leisten vermocht” haben. V. spricht von einer “Kalvinisierung” des Luthertums
und von einer “Auflockerung des alten Lehrbegriffs” seit dem ausgehenden
17. Jh.
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Der Kalvinismus hatte “von Anfang an einen
stärkeren humanistischen Einschlag.” Er war “ursprünglich strenger
als das Luthertum und weniger konservativ gestimmt”.
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Valjavec erweist sich in Sachen “Reformation”
und “Luthertum” undokumentiert und deshalb auf oberflächliche Spekulationen
angewiesen. Recht zweifelhaft ist seine Behauptung, die Reformation habe
den “Verweltlichungsprozess” des humanistischen Zeitalters aufgehalten.
Das Gegenteil ist richtig: es wurde eine Verweltlichung geschaffen, die
nicht nur dem Einzelmenschen, dem Individuum, zugute kam, sondern auch
der ganzen Gesellschaft, vom Fürsten bis zum letzten Mann. Dass Luthers
Lehre von den zwei Obrigkeiten dem offensichtlich an der Theorie des verselbständigten
Staates hängenden Valjavec nicht zupass war und wegen der Bejahung
der fürstlichen Autorität und wegen des Gebotes, dieser Obrigkeit
gehorsam zu sein, aber gleichzeitig auch Gott zu gehorchen, befremdlich
erschien, kann nur vermutet werden. Oder gehen Valjavec's Äußerungen
ausschließlich auf Unkenntnis zurück ? Was Valjavec mit der
Feststellung ausdrücken will, das Luthertum habe “den Kräften
einer aufziehenden neuen Zeit auf die Dauer nicht entsprechenden Widerstand
zu leisten vermocht” bleibt, weil zu vage formuliert, im Dunklen. Soll
er die Aufklärung gemeint haben ? Dafür spricht jedenfalls seine
Behauptung, der Kalvinismus habe durch seinen “stärkeren humanistischen
Einschlag” liberale und demokratische Bestrebungen gefördert (S.55).
Der Kalvinismus sei also, wohl auch wegen seiner “vernünftigeren”
Abendmahlslehre, zur Förderung des modernen Zeitalters geeigneter
gewesen als das Luthertum. Auf jeden Fall liefert das Luthertum bessere
Voraussetzungen für das Funktionieren des verselbständigten Staates,
dessen Anhänger Valjavec doch ist. Das hat die Geschichte der 30er
und 40er Jahre des 20. Jhs doch bewiesen. |
Die Sekten
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Ein für die NS-Geisteswissenschaften
durchaus typischer Begriff, der vor allem im wissenschaftlichen Betrieb
der SS Hochkonjunktur hatte. |
Verbinden Gegensätze.
(56) “Angehörige anderer, mehr ausgeglichener
Gruppen”, konnten sich dem Freidenkertum nähern. “In zahlreichen Mittelpunkten
des Sektierertums regte sich daher zugleich das Freidenkertum.” “Die Grenzen
zwischen den Sektierern und Freidenkern verliefen häufig überhaupt
unklar.”
Es habe ein “religiöses Vagantentum”
gegeben.
(58-62) Sozianismus, dessen Vernunftlehre:
die Vernunft ist unerläßlich zur Erforschung der religiösen
Wahrheit.
(60) Der Rationalismus
habe sich bei den Sozianern mit allen weltanschaulichen folgen durchgesetzt.
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Indem Valjavec die Vernunftlehre der Aufklärung
mit dem “Freigeistertum” einer Reihe von Sekten in Verbindung bringt, würdigt
er eigentlich die Aufklärung herab. Zwar besitzen manche Sekten Vernunftansätze,
doch viele hielten kaum etwas od. überhaupt nichts von Vernunft. Deshalb
ist die Nähe, die Valjavec zwischen Sekten und Freidenkertum herstellt,
eher willkürlich.
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(62) Die Freigeister
“Es handelt sich um eine bunt zusammengewürfelte
Schar”.
(63) Hofatheisten
(64) “der von allem metaphysischen und
geistlichen Ballast unbeschwerte Spitzbube und Lebenskünstler”. Erscheint
in den Schelmen- u. Abenteuerromanen des 17. Jhs.
Der “freigeistige Soldat”
(66) Fast allen Freigeistern ist die Verherrlichung
der Natur gemeinsam.
(69) “Die Freidenker des 16. und 17. Jahrhunderts
nahmen bereits den Deismus und selbst den glaubenslosen Materialismus der
späten Aufklärung vorweg.”
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Eher als “Söldner” zu bezeichnen.
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“aus dem ungläubigen Edelmann, Schriftsteller
oder Abenteuerer wurde der eigentliche Aufklärer, der mit Überlegenheit
auf die sterbende Welt der Bekenntnisse herabblickte. Das “philosophische”
Zeitalter zog herauf. |
Recht zweifelhaft diese Verortung der
Aufklärer im Abenteurertum. Valjavec verkennt eine Hauptwurzel des
Aufklärertums, die allerdings bei den Gestalten des “Edelmanns”, des
“Schriftstellers” und des “Abenteuerers” (Spitzbuben, Schelme) vorhanden
ist: die Selbständigkeit, die
seelische, geistige, selbst soziale Ungebundenheit, das Außenseitertum
in dem Sinn, dass diese Menschen auf keine gruppenspezifischen Bindungen
angewiesen waren; sie sind der Inbegriff der Bindungslosigkeit
(der Abenteuerer, der Soldat, der Arzt), daher ihr freiheitliches Flair.
Auch kennzeichnen sie sich durch Eigeninitiative,
woher ihre schöpferische Kraft herrührt. Es ist aber eine Verkennung
der Aufklärung, wenn ihr Zustandekommen und ihre Entfaltung dem gesellschaftliche
Außenseitertum zugeschrieben wird. Die bisherigen Ausführungen
Valjavec's deuten jedenfalls in diese Richtung. |
(69-90) III. Der Anbruch des vernünftigen
Zeitalters
Im 17. Jh ist “das Umsichgreifen eines
selbstbewußten Vernunftglaubens” wahrnehmbar.
(73f.) Der Pietismus
“An die Stelle des festgefügten Lehrbegriffs
war für den Pietisten ein gefühlsmäßiges Christentum
getreten, dessen Innerlichkeit und Erlebnishaftigkeit individualistisch
war und daher auch vor dem Individualismus der Aufklärung keinen Schutz
bot, ja dieser – wie die Empfindsamkeit überhaupt – seelisch nahestand.
An die Stelle der “Erleuchtung” mußte lediglich die Betonung des
Gewissens
oder der Tugend treten, und die
(74) Wendung zur Aufklärung war vollzogen.
So bestand zwischen dem hochgespannten Pietismus und der Aufklärung
eine Verwandtschaft, die vor allem durch die Bezogenheit auf den Einzelmenschen
und die Ablehnung der äußeren und veräußerlichten
Erscheinungsformen des Christentums gegeben war (Erich Seeberg, Gottfried
Arnold. In Auswahl herausgegeben. München 1934, 4-5 (Einleitung))
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Recht einfältige Darstellung der Beziehung
zwischen Pietismus und Aufklärung. So kann nur einer schreiben, der
nichts vom Gewissen und von Tugenden, zumindest nicht von den pietistisch-aufklärerischen
hält. Und ein solcher scheint Seeberg gewesen zu sein.
.
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(74f.) Sir Francis Bacon versucht, “die
Entdeckungen und Erfindungen verstandesmäßig zu begründen
und überhaupt alle Lebensfragen “wissenschaftlich” zu bestimmen. [...]
Bacon ist ein wichtiger Ahnherr des Positivismus und des technischen Denkens.”
Aufschwung der Naturwissenschaften.
(76) “die weltanschauliche Auswertung der
naturwissenschaftlichen Entdeckungen und der technischen Erfindungen” [Vergrößerungsgläser,
Fernrohre] war “zwiespältig.”
(77) Schaffung eines “rational aufgefaßten,
von jeder Theologie unabhängigen Naturrechts” durch Hugo Grotius.
(78) “Den Todesstoß versetzte der
aristotelischen Scholastik erst Descartes (1596-1650), dessen kritische
Philosophie sich im Laufe weniger Jahrzehnte in einer Reihe von Ländern
durchsetzte.” Ab dem letzten Viertel des 17. Jhs soll diese Philosophie
“mit ihrer Forderung nach Kritik und Gewißheit zu einer Stütze
eben dieses Unglaubens” geworden sein.
Thomas Hobbes (1588-1679), mit ihm nahm
“die entschlossene Zertrümmerung der Metaphysik” ihren Anfang.
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Spinoza
(79f.) Kampf gegen Wunder- u. Aberglauben
wie gegen den Hexenwahn und die Anfänge der Bibelkritik.
Verspottung des einfachen Volksglaubens
- [von der Warte gelehrter Überlegenheit her, was eigentlich mit der
Kritik am Christentum nur beiläufig Verbindung hat]
(80f.) Kritik an den sibyllinischen Sprüchen.
(82) Kritik am Glauben an Zauberkräfte
mannigfacher Art – im 17. Jh. Glaube an Hexen, Hexenmeister und Zauberer.
(83ff.) Die Kritik beginnt die Grundlagen
der christlichen Offenbarung anzugreifen. Die Zeugnisse der Offenbarung
wurden einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen.
(84) Es sei “zersetzende” und “gewollt
zersetzende Kritik” betrieben worden. So Spinoza.
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Typisches NS-Vokabular, das jeder Form
von Kritik, die nicht im NS-Geist erfolgte, sogenannte "Zersetzung" unterstellte.
Das entspricht der allgemeinen Kritikfeindlichkeit des NS. |
(87f.) Die Geschäftsideale diese
Zeitraums.
Utopien.
(89) Seit dem 30-jährigen Krieg wurde
das Wort “politisch” zu einem ausgesprochenen Modewort (laut Ulrich Wendland,
Die Theoretiker und Theorien der sog. Stilepoche und die deutsche Sprache,
Leipzig 1930). Darin kommt “ein Seitenstück zur Staatsräson zum
Ausdruck, die Entwicklung zu einem selbständigen Menschentum – allerdings
beschränkt auf die Führungsschichte.”
Entfaltung des wirtschaftlichen Rationalismus,
der ein neues Zeitalter einleitete.
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Drittes Kapitel
Die Aufklärung
I. Die Weltanschauung
(91) Menschheit und Menschentum werden
als höchster Wert angesehen.
(94) “Eng mit dem Menschenbild des Jahrhunderts
ist der Glaube an ein ständiges Fortschreiten verbunden.
(95) V. führt den Fortschrittsglauben
auf “Die hochgespannte Auffassung vom Menschen” zurück. “Dieser Glaube
untergrub die Achtung vor der Überlieferung als Wertmaßstab.”
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Ganz richtig, doch so formuliert
nur einer, der es mit der Überlieferung hält, also konservativ
eingestellt ist. |
Die A. legt Nachdruck auf ihre erzieherische
Aufgabe. Die Sprache müsse gefördert werden, um den erzieherischen
(96) Notwendigkeiten gerecht werden zu
können.
Hemmnisse sah man “allein in der Unvernunft,
im Fortbestehen von Mißbräuchen und Vorurteilen.”
(97) “Schule und Kirche sollten das leisten,
was die Philosophie nicht bewirken könne: das Volk aufklären
und es zur Tugend anhalten.”
(98) Hermann Andreas Pistorius (1730-1795),
Pastor in Schwedisch-Pommern, behauptete entgegen Kant, “Die Tugend diene
der sittlichen Sicherung und dem Wohle der Menschheit.” (Allg. dt. Bibl.
82/2 (1788) ,466f.)
“Die A. hielt daher den Gottesglauben als
Voraussetzung der Tugend und damit der Glückseligkeit für unentbehrlich.”
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(99) “Für uns, die wir einen größeren
Zeitraum, namentlich auch die Entwicklung des 19. Und 20. Jahrhunderts,
überblicken können, ist es klar, daß tiefreichende Zusammenhänge
zwischen der Aufklärung und dem Christentum bestanden. “Der Glaube
an den Menschen und seine Würde” soll laut V. “ein Abglanz christlicher
Auffassungen, die allerdings umgedeutet werden”, sein.
[V. scheint den Humanismus ganz zu vergessen].
V. fügt hinzu: “Die A. dachte nicht
daran, ihr Menschenbild biologisch oder naturwissenschaftlich zu begründen.
In diesem Punkt steht sie der christlichen Welt näher als dem 19.
und 20. Jahrhundert”
“Auch die Wertung der Menschheit als einheitliches
Ganzes setzt unbewußt den christlichen Universalismus, den Glauben
an die Gotteskindschaft des gesamten Menschengeschlechts voraus.”
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Hier scheint die NS-Vergangenheit
V’s zu sprechen.
V. scheint seine Ausführungen über
Theismus und Deismus (S.47-51) vergessen zu haben. So nimmt auch die folgende
Behauptung nicht Wunder:
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"Die Forderung nach Menschlichkeit
berührt
(100) sich im wesentlichen mit den Gebiet
der Nächstenliebe. Die Glückseligkeitslehre erweist einen unverkennbaren
Zusammenhang mit der christlichen Heilssendung.” “Es liegt mir fern – obschon
einiges zugunsten dieser Auffassung anzuführen wäre -, die Behauptung
zu vertreten, daß die A. als verweltlichtes Christentum anzusehen
ist. So einfach liegen die Dinge nicht.” |
Das ist nur ein Lippenbekenntnis Valjavec's,
denn im weiteren Verlauf bemüht er sich, diese recht kuriose und simplistische
These zu unterbauen. Wenigstens bezügl. der Menschlichkeit gilt, dass
diese zwar an die christliche Nächstenliebe erinnert, aber sowohl
quantitativ, wie auch qualitativ diese übertrifft. Weil die Menschlichkeit
nun allen Menschen gebührt, während die Nächstenliebe eigentlich
nur dem Christenmenschen galt. Warum diese These eine unzulässige
und oberflächliche Vereinfachung ist: die christliche Lehre stellt
nicht den Menschen, nicht das Individuum in den Mittelpunkt, sondern Gott
und Christus als gottgewordener Mensch; die christliche Lehre fordert von
den Gläubigen bedingungslosen Glauben, was in der Aufklärung
nicht der Fall ist; die christliche Lehre bewegt sich ausschließlich
in der Vergangenheit der Überlieferung, sie ist rückwärtsgewandt,
während die Aufklärung nach vorne, in die Zukunft weist; die
christliche Erkenntnis verläuft in Kreisform, weil sie immer zu ihrem
Ausgangspunkt zurückkehrt, während die aufklärerische Erkenntnis
wissenschaftlich verfährt (sich des Experiments bedient); ihre Bewegung
ist progressiv (daher der Zukunfts- und Entwicklungsglaube); in der christlichen
Lehre ist der Individualismus, die Initiative des Individuums nicht gefragt,
während die Aufklärung auf individuelle und kollektive Initiative
setzt. Die Innovation (der erfinderische Geist) ist der christlichen Lehre
fremd, während die Aufklärung auf den erfinderischen Geist großen
Wert legt. Schließlich, und das ist der zentrale Punkt der Aufklärung,
spielt die Vernunft die Hauptrolle, während die christliche Lehre
von der Vernunft nichts hält. Und schließlich: die christliche
Lehre hielt nichts vom Aktivismus des Menschen, während die Aufklärung
diesen betonte. |
"Die Wirkungen des Christentums äußerten
sich auch im Glauben an die Vollkommenheit und an die Gesetzmäßigkeit
der Welt. Das Ebenmaß der Dinge spielt für den Aufklärer
eine große Rolle. Harmonisch ist für ihn der Aufbau des Weltalls.
Harmonie
haben auch Kunst und Musik zu sein. Nach Harmonie sollte auch der Mensch
streben.” |
Valjavec scheint nichts vom Rückgriff
der Aufklärer auf den Harmoniebegriff der Antike zu wissen. Vgl. Lessings
Betrachtungen über die Laokoon-Gruppe, vgl. Goethes Faust, Iphigenie
auf Tauris. Da ist wenig von Christentum vorhanden. |
|
Valjavec forciert die Berührungspunkte
der Aufklärung mit dem christlichen Glauben. Was ihn dazu veranlasst,
wurde oben angeführt. |
(101) “Das Zeitalter empfand den Menschen
– und im Grunde sogar die Erde – weiterhin als Mittelpunkt der Welt.”
(102) “Die Aufklärer glaubten nicht
nur an die Vollkommenheit des Menschen, sondern auch an die Vollkommenheit
des von ihm bewohnten Planeten. Am Menschen liegt es, die Schwierigkeiten
zu überwinden. Er kann sie meistern, weil dies die Natur der Dinge
ermöglicht. Die Natur ist kein Feind des Menschen. Sie kann ihm im
vollsten Maße erschlossen werden. Die zuversichtliche, durchaus unbiologische
Wertung
der Natur brachte es auch mit sich, daß der Aufklärer alles
Natürliche bejahte. Überhaupt ist die Zuversicht ein hervorstechender
Zug der Aufklärung.” |
V. tut so, als ob er nicht wüsste,
dass der christliche Glaube nicht den Menschen, sondern Gott und dessen
Sohn, Jesus Christus, in den Mittelpunkt stellt.
Die weiteren Ausführungen V’s stehen
in krassem Gegensatz zu der vorherigen Forcierung der Nähe von Glauben
und Aufklärung:
Was Valjavec mit der “biologischen Wertung”
am Hut hat? Das ist eine eindeutige NS-Reminiszenz.
|
“So stark christliche Lehren in der A.
fortwirkten, eines wurde gründlich ausgeschaltet: die dualistische
Auffassung des Christentums. Der Mensch ist gut.”
(103) [...] aber der großartige Bau
aufklärerischer Weltanschauung brach infolge blutiger Kriege, gewaltiger
gesellschaftlicher Kämpfe und erbitterter geistiger Auseinandersetzungen
zusammen.”
|
Und nicht nur das !
Recht pessimistisch
Valjavec'’s Einschätzung.
|
II. Die Philosophie
(104) In der A. trat die Philosophie an
die Stelle der Theologie.
Der Philosoph nimmt an der Welt Anteil.
V. vermeint im “Aufschwung des Philosophierens”
und im “Reichtum der Ideen” die Ursache für die Entfaltung von “geistigen
Gegenkräften” erkennen zu dürfen.
(105) Die Unterschiede der Aufklärungsphilosophie
in England, Frankreich u. Deutschland bringt V. sowohl mit “der unterschiedlichen
geistigen Wesensart dieser Völker” und mit den “stark voneinander
abweichenden Eigentümlichkeiten jener Denker” in Verbindung, “die
die Philosphie der A. in diesen Ländern eingeleitet haben u. auf die
weitere Entwicklung von starkem Einfluß gewesen sind.”
|
Also ein weiteres Element, das der forcierten
Annäherung von christlicher Lehre und Aaufklärung widerspricht.
Stock-nationalistische
Sichtweise.
|
(107) Bei den Engländern die Philosphie
der sensualistischen Lehre [d.h. erkenntnistheoretische Anstrengungen]
John Locke: Essay concerning Human Understanding
(1690)
(108) Schon bei Locke will V. erkennen,
dass “die starke rationalistische Panzerung schadhaft” wurde, wodurch die
“geistige Zersetzung” der A. bereits an ihrer Entstehungsschwelle begonnen
haben soll. “Mit dem Sensualismus waren die ersten Keime der Gärung
in die Philosophie der A. gekommen.”
David Hume (1711-1776) soll “Mit unerbittlicher
Schärfe [...] den Auffassungen der A. zu Leibe” gerückt sein
und ihnen “philosophisch den Boden” entzogen haben. Sein Skeptizismus der
Wahrnehmungen und Begriffe.
(109) [die Widersprüchlichkeit von
V.: er ist ein Laie in Dingen der Philosophie]: nun tritt durch Hume “An
Stelle der Matephysik” “die Erkenntnistheorie und ein neuer, positivistischer
Wissensbegriff.”
(120ff.) Der Materialismus von La
Mettrie, Helvétius und Holbach.
|
|
(121) Valjavec meint, den Materialismus
als “eine wesenhafte Äußerung aufklärerischer Geisteshaltung
ansehen” zu dürfen, vermeint aber zugleich sagen zu müssen, “daß
sich in ihm die Zersetzung des Zeitalters vollzieht, da er dem Menschenbild,
auf dem die Aaufklärung fußte, die religiöse Weihe nahm.” |
Eindeutiger Widerspruch zu dem oben verzeichneten
Versuch Valjavec’s, die Nähe von Aufklärung und christlicher
Lehre nachzuweisen, im Einklang zu der vom modernen Irrationalismus stammenden
Leitsatz, die Aufklärung sei nur ein “verweltlichtes Christentum”.
Hier äußert sich die Inkonsequenz
von V’s Argumentation besonders krass. Auch zeigt sich, dass V‘s. Eklektizismus
nicht nur in der Behandlung der Sekundärliteratur(dessen er sich wohl
recht bewusst war, den er aber im “Vorwort” geschickt mit der Anagbe cachiert:
“Beim wissenschaftlichen Apparat wurde im allgemeinen von unterrichtenden
Hinweisen über Schrifttum abgesehen.”), sondern auch in der regelrechten
Konfrontation und damit gelegentlichen Überforderung durch die jeweiligen
Kernbegriffe zum Ausdruck kommt: Valjavec möchte zwar dem Zentralthema
seines Buches, der Aufklärung, gerecht werden, aber auch den Kernbegriffen,
die z.T. nicht aus dem Horizont des Diskussionsobjekts, sondern aus dem
seiner ideologischen Sozialisierung, nämlich aus dem völkischen
und NS-Gedankengut stammen (z.B. biologistische Anspielungen od. das Schlagwort
von der Aufklärung als “verweltlichtes Christentum”). Jetzt bringt
er den Begriff des “Materialismus” in die Diskussion herein und konzentriert
sich so sehr auf dessen “Bewältigung”, dass er die Übersicht
über bisher Gesagtes und Postuliertes verliert, woher sich klare Widersprüchlichkeiten
ergeben. Indem Valjavec formuliert, der Materialismus habe der Aufklärung
“die religiöse Weihe genommen”, bringt er zum Ausdruck, dass er kein
Freund dieser philosophischen Richtung ist. |
“Die Ansätze des Materialismus liegen,
abgesehen von seinen bis in das Altertum zurückreichenden Wurzeln,
im Sensualismus. (Locke) Descartes und Spinoza: dieser hat durch seine
Lehre eine materialistische Auslegung der seeli-
(122) schen Vorgänge begünstigt.
Vorgänger der “materialistischen Wertung
der seelisch-geistigen Vorgänge” sollen Freidenker gewesen sein: Pankratius
Wolff – in Altdorf ausgebildeter Arzt
Joseph Priestley (1733-1804)
(123) Julien Offray de La Mettrie (1709-1751)
redete seit 1745 “einem schroffen Materialismus” das Wort. Vorläufer
der Entwicklungslehre. Erklärt den Atheismus zur Grundlage
der menschlichen Wohlfahrt.
(124) La Mettrie verlasse nach V. den Boden
der A.
“Wie sehr der Materialismus das weltanschauliche
Gefüge des Zeitalters zerstörte”.
|
Der zerstörerische
Materialismus. |
(125) Hélvetius (1715-1771)
Die Organisationsfähigkeit des Menschen
Der Mensch hat keine Wahl zwischen Gut
und Böse. Sie sittlichen Urteile seien durch das Wohl des einzelnen
wie das der Gemeinschaft bestimmt.
(126) Der sittliche Fortschritt hängt
von der Bildung ab.
Paul Heinrich Dietrich Freiherr von Holbach
(1723-1789) vollzieht die schärfste Ausprägung des französischen
Materialismus.
Es gibt nichts als Materie.
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Valjavec erkennt nicht, dass Helvetius
hier materialistischen
Determinismus, das Zweckdenken- und –handeln
des Einzelnen und der Gemeinschaften und das breite Feld der so mächtigen
Vorurteile
zum Ausdruck bringt.
|
(127) Der Mensch soll von Helvetius jeder
Sonderstellung entkleidet sein. Er sei ein Lebewesen wie die Tiere. Der
Glaube, daß er sich über diese erhebe, sei ein Irrtum. |
Wohl zu vereinfachende Darstellung Valjavec’s:
denn Helvetius räumt der Vernunft durchaus einen Platz in seinem System
ein. Und dass Tiere Vernunft besäßen, das wird H. sicherlich
nicht behauptet haben.
V. erkennt H’s Determinismus
nicht, betrachtet ihn nur aus der Perspektive der Entfernung von den Anschauungen
der Aufklärung.: “daß er die menschliche Willensfreiheit entschieden
leugnet, sich aber gerade von ihrer Verneinung – und dies ist wohl ein
Zugeständnis an den Tugendglauben der Zeit – eine sittliche Wirkung
verspricht. Die Menschen, so verkündet er, seien von Natur weder gut
noch böse. Ihr Verhalten sei bestimmt durch die Erziehung und die
Gesetzgebung.”
V. verkennt, welche Bedeutung H. dem Sozialisierungsprozess
beimisst. Dass er der Willensfreiheit Grenzen setzt, steht doch mit der
Eingrenzung im Zusammenhang, die sittliche Belange erfordern. H. leitet
doch damit die Willensfreiheit in geregelte, ausgeglichene Bahnen. So etwas
bleibt einem V., der bei der Betrachtung des Materialismus mit Vorurteilen
ans Werk geht, völlig verborgen. H. hat den aufklärerischen Höhenflug
der Willensfreiheit nur zurecht gestutzt, ins Lot gebracht. |
Holbach überzeugter Atheist.
Der Begriff des Radikalismus.
Dieser lag laut V. im 18. Jh. nicht bei den Naturwissenschaften [wie im
19. und beginnenden 20. Jh.], “sondern bei bestimmten Spielarten der zeitgenössischen
Philosophie.”
Die franz. Naturphilosophie weist einen
“verhältnismäßig gemäßigten Charakter auf.”
Die naturphilosophischen Ansichten näherten sich dem Materialismus,
verfielen aber nicht in dessen “Schroffheiten”. Die Annäherung erfolgte
über den sogen. Hylozoismus, den auch Diderot vertrat: “eine Anhängigkeit
des Seelischen vom Körperlichen,
(128) die leicht in eine Gleichartigkeit
umgedeutet werden konnte.” [was das letztere auch bedeuten mag!]
(129) “Die franz. A. steht bewußter
im Leben als die A. in vielen anderen Ländern”. Sie war bemüht,
“ganz allgemein den Tatsächlichkeiten des Lebens zu entsprechen.”
Deshalb beansprucht die Kultur- u. Gesellschaftsphilosophie
der Franzosen besondere Aufmerksamkeit.”
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Montesquieu 1689-1755.
(130) Hauptwerk “Vom Geist der Gesetze”
(1748)
(131-134) Rousseau (1712-1778)
Soll mit seinen Ansichten zur Zersetzung
der A. von innen heraus beigetragen haben.
(132) Rousseau sagt sich vom Individualismus
politisch los.
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(137) Die deutsche Aufklärungsphilosophie
bietet ein ruhigeres Bild. Begründer Leibnitz (1646-1716).
(138) Für L. befindet sich die Offenbarung
im Einklang mit der Vernunft.
Der Prüfstein für die Wahrheit
der Offenbarung ist ihre verstandesmäßige Erklärbarkeit.
L. blieb bewußt Metaphysiker.
(139-144) Christian Wolff (1679-1754)
Seine Lehre hat nicht nur die deutsche
Aufklärungsphilosophie, sondern auch den Glauben an die vorherrschende
Geltung der Vernunft unter den deutschen Gebildeten begründet.
(144) Der erste Vertreter des Deismus
in Deutschland war Hermann Samuel Reimarus (1694-1765).
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(147-151) III. Nationale Ausprägung
(148) In England kam es unter den ersten
Königen der Welfen [V. meint wohl die Hannoveraner] zu einem Ausgleich
der A. mit den herkömmlichen Gewalten des öffentlichen Lebens.
Die a. paßte sich den gegebenen Verhältnissen an.
Die geistige Entwicklung Englands hat sich
von der des Festlandes in starkem Maße entfernt.
(149) In Frankreich wurde die A. seit der
Mitte des 18. Jhs eine “grundstürzende Gewalt.” Ihr erlag das alte
Königtum.
(151-197) Die Auseinandersetzung mit den
Religionsgemeinschaften
(151) V. lehnt die Behauptung ab, die A.
sei eine Wirkung des Protestantismus gewesen.
(152) Der sich aus England seit den 30
Jahren des 18. Jhs ausbreitenden Freimaurereisoll
die Verbreitung der A. in ihrer gemäßigten, englischen Form
in allen Staaten des Festlandes zu verdanken sein. “Der Freimaurerei verdankte
das philosophische Jahrhundert in den katholischen Ländern seine ersten
großen, in die Breite gehenden Erfolge. Nicht in Frankreich, wo die
inneren Kämpfe die Verbreitung der A. auch bei den Katholiken seit
dem 17. Jh. förderten.
(174-187) Katholizismus
(174) Die Philosophie von Leibniz und Wolff
beendete die Geltung der Scholastik im katholischen Mitteleuropa (laut
Hans Sturmberger, Studien zur Geschichte der Aufklärung des 18. Jahrhunderts
in Kremsmünster, in: MIÖG LIII 1939, 423ff.).
(175) Das Wesen der katholischen A. war
das Bemühend, “die überlieferten Glaubensformen von Mißbräuchen
und Entstellungen zu “reinigen” und den Katholizismus mit den geistigen,
politischen und gesellschaftlichen Forderungen der Zeit in Einklang zu
bringen.”
Zwei Gruppen: die des rechten Glaubens,
die den Angleich in äußerlichen und kulturellen Dingen anstrebte,
und die Richtung, die sich einem allgemeinen Theismus od. Deismus erschloß.
(176) Die zweite Gruppe: ein großer
Teil der josephinischen Geistlichkeit in der Habsburger-Monarchie. Am Niederrhein
war der wichtigste Mittelpunkt in den achtziger Jahren des 18. Jhs. die
kurkölnische Universität in Bonn.
(177) Man räumte der Muttersprache
mehr Raum im Kirchenlied und Gebet ein.
(178) Die katholische A. legte großen
Wert auf ein Zusammengehen mit der Staatsgewalt.
(180f. ) Der Josephinismus war eher
gemäßigt als radikal.
(187-192) Judentum
Gleichberechtigung.
(189) Der Begründer der modernen jüdischen
Aufklärung der Philosoph Moses Mendelssohn.
1781 wurde in Berlin die erste deutschjüdische
Schulanstalt, die “Jüdische Freischule” gegründet.
(190) Eine wichtige Folge der A. für
das Judentum: “die sprachliche Verschmelzung mit dem jeweiligen Staatsvolk.
Sie führte in Deutschland zur Eindeutschung der jüdischen Bevölkerung.”
(197-208) V. Gesellschaftliche und wirtschaftliche
Entwicklung
(197) Die enge Verschwisterung des “europäischen
Liberalismus” und der Anschauungen der A.
Die A. ist ein Ausdruck des bürgerlichen
Zeitalters. Sie vertrat Wünsche, die den Belangen und Zielen des Bürgertums
dienten.
(198) “Der Bürger entwickelte jetzt
seine eigenen Formen des gesellschaftlichen Verhaltens und sah von einer
Nachahmung adeliger Vorbilder ab.”
“Kult der Freundschaft und Geselligkeit.”
(199) “Die Frau war im gesellschaftlichen
Leben der A. schon annähernd “gleichberechtigt” .“
(201) Wertschätzung der Arbeit
– Adam Smith stellte die Arbeit als Grundlage und Maßstab des Nationalreichtums
in den Mittelpunkt seiner Lehre.
Eintreten für Beseitigung der Leibeigenschaft.
“Höchste Pflichterfüllung
im beruflichen Bereich galt für den Aufklärer als ein unbedingter
Wert, als eine unerläßliche Voraussetzung zur Bewährung
im persönlichen wie im öffentlichen Leben.”
(202) Die A. nahm früh an den gesellschaftlichen
Fragen teil.
Wichtige Forderung die Hebung der Landwirtschaft.
Die Bauernbefreiung, die in der zweiten Hälfte des 18. Jhs begann.
1794 Schaffung eines Amtes f. Landwirtschaft
durch Parlamentsbeschluß in England.
(203) Die industrielle Revolution aus England.
(208-218) VI. Der Mensch
(208) Enger Zusammenhang zwischen A. und
Heilkunde.
(210) Körperpflege.
(216) Anm. 29: “Der bedeutende frauenfeindliche
Romanschreiber des deutschen Barocks, der Siebenbürger Sachse Johann
GORGAS (1640-1684): Veriphantors Betrogener Frontalbo (1670).
(217) Die Liebe wurde las hoher menschlicher
Wert empfunden.
Dafür war das Streben nach Natürlichkeit
bestimmend. Die A. lehnte die Ehelosigkeit grundsätzlich ab. Denn
die Familie sollte den Bildungsaufgaben dienen.
(218-223) VII. Die Sprache
(219) Überlegungen über ihr Wesen
und ihren Ursprung.
(220) Die A. forderten eine starke Berücksichtigung
der lebenden Sprachen und deren ausgedehnte Verwendung bei der Jugenderziehung.
(221) Die Teilnahme des Zeitalters galt
nicht den Mundarten, die erst seit der Romantik berücksichtigt wurden,
sondern den kulturell ausbaufähigen Nationalsprachen.
|
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(223-241) VIII. Schrifttum und Dichtung
(223f.) Laut V. sollen die Schriftsteller
die wirklichen Verkünder der A. gewesen sein.
Der “Glaube an die Einheit des Wissens”
verlieh dem Schriftsteller ein bisher nicht gekanntes Selbstbewusstsein
und eine umfassendere Wirkung als früher.
|
Über den Menschen als
Einheit
ließ V. bisher nichts verlauten. |
Dass “Der Schriftsteller [...] sich jetzt
in allen Zweigen des Wissens und der Schriftstellerei” bewegte, in der
“Philosophie, Theologie, Geschichte, Politik”, als auch in der Wirtschaft,
in den Naturwissenschaften und in der Heilkunde (V. verweist hier auf Fritz
Schalk, Einleitung in die Encyklopädie der französischen Aufklärung,
München 1936, 12) entspricht doch der universalistischen Ausrichtung,
dem universalistischen Verständnis der A., die in enzyklopädischen
Bestrebungen und Projekten am gediegensten zum Ausdruck kommen und ihren
Niederschlag fanden. Wenn die Gelehrten sich auf universalistischen Bahnen
bewegten, dann konnten die Schriftsteller doch nicht nachhinken]. V. schreibt
weiter: “Es handelt sich bei diesem Streben nach Universalität
(225) nicht etwa um eine leere Formel.
Der echte Aufklärer hatte tatsächlich einen Zug zum Umfassenden.” |
Das wurde eher als Pflicht verstanden.
Die Schriftsteller waren wie auch die Gelehrten von ihrer Berufung überzeugt. |
Die A. sei “dichterisch ebenso unbeholfen
wie sie im Grunde humorlos” gewesen.
“Eine selbstgefällige Geisteshaltung”
bedurfte keiner tiefen Satire (So Jean Pierre v. FLORIAN (1755-1794) in
der Vorrede zu seiner Don-Quichotte-Übersetzung, Paris AN VII. I,2).
Die Dichtung dieses Jahrhunderts wirkte gekünstelt und lehrhaft.
(226) Bei den meisten Dichtern verbirgt
sich ein Streben nach Logik, das den Mangel an wahrer Schöpferkraft
ausgleichen soll.
Das Prosaschrifttum erlebte seine erste
große Blütezeit, weil “auf dem Gebiet der Prosa” “das nüchterne,
undichterische Zeitalter so richtig in seinem Element” war.
|
Valjavec übersieht, dass der Wertmaßstab
der Aufklärung. eben von der Vernunft, von der Logik vorgegeben war,
also logische Dichtung gefragt war.
Es gibt auch weitere Ursachen für
diese Entfaltung: eben der Universalismus, die
Öffnung
in Bereiche und Richtungen, die bisher verboten oder verpönt waren.
|
(228) Moralische Wochenschriften: Tatler
1709-1711 (Steele, Joseph Addison).
(228f.) Der lehrhafte und der satirische
Roman nahmen von England ihren Ausgang.
(229) Swift, Gullivers Reisen (1726).
Daniel Defoes “Robinson Crusoe” (1719)
– Entwicklungsgang der Menschheit
Samuel Richardson begründet den englischen
u. europäischen Familienroman. Oliver Goldsmith “Der Landprediger
von Wakefield” der erste Höhepunkt dieser Gattung.
(230) Der humorististische Roman: Henry
Fielding und Lawrence Sterne: Tristram Shandy (1760ff.).
|
Eigentlich ein Loblied auf die menschliche
Erfindungs-, Improvisations- und Organisationskraft, auf den pragmatischen
Geist, was Valjavec überhaupt nicht
der Rede wert ist.
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(232ff.) Frankreich
Es hat wenig zum “Formenschatz” des aufklärerischen
Schrifttums beigetragen.
(234f.) Deutschland.
Selbständigen u. umfassenden Ausdruck
erst durch das Wirken unserer Klassiker.
(235) “Einen selbständigen Zug besitzt
das deutsche Schrifttum dieses Zeitalters nur durch die starke Hervorhebung
erzieherischer Absichten. [...] Die übrigen schriftstellerischen Leistungen
der deutschen A. sind vor allem im philosophischen Zusammenhnag bemerkenswert.”
(236) Durch die Entdeckung der Volksdichtung
wurde die aufklärerische Einseitigkeit vorgeführt.
James Mcpherson (1736-1796) – ossianische
Dichtungen von M. gefälscht. Wegbereiter der Vorromantik
Herder.
(237) England u. Frankreich kannten eine
romantische
Bewegung wie in Deutschland nicht
(238) Die Anfänge der Literaturgeschichte
fallen in die Aufklärung.
|
Bemerkenswert, dass Valjavec die beiden
“Klassiker” Goethe und Schiller nicht
behandelt. Schiller erwähnt er überhaupt nicht und Goethe nur
nebenbei. Die waren ihm sicherlich eine Nummer zu groß. |
(241-258) IX. Kunstschaffen
(244) Der Klassizismus als eigentlicher
künstlerischer Ausdruck der Aufklärung.
(245) Streben nach der wahrheitsgetreuen
Wiedergabe der Natur.
Der “geometrische” Garten zuerst in England
durch den natürlichen Garten ersetzt
(247) Der Klassizismus errang erst im letzten
Drittel des 18. Jhs. Geltung.
(253) Boileau (1636-1711): Nur das Wahre
ist schön und wahr nur das Vernünftige.
(254) Die Lehre von der Ästhetik,
von Alexander Baumgarten (1714-1762) begründet.
(256) Das schaffen Johann Joachim Winckelmanns
(1717-1768) hat dem Klassizismus zum Sieg verholfen.
Die “edle Einfalt und stille Größe”
der griechischen Antike.
(257) Lessing schloß sich Winckelmann
an.
Winckelmann soll sich “mit der Auffassung,
daß die Kunst Ausdruck eines ganzen Zeitalters sei”, “schon stark
dem organisch-geschichtlichen Kulturbegriff”
genähert haben.
|
Das ist eher ein Ausdruck der Romantik,
als der Aufklärung.
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(258-266) X. Schule und Erziehung
(259) Die Erziehung wurde neben der Propaganda
(Über die Bedeutung der P. Troeltsch, Ges. Schriften, IV, 836) zu
einem wichtigen Teil der A.
(266-284) XI. Wissenschaft
Naturwissenschaften
(274) Chemie, Physik, Botanik
Kulturwissenschaften, Entfaltung im 19.
Jh., “mit dem Sinn für das Wuchshafteverknüpft.”
(275) “Die Anfänge dieser neuen Betrachtung
reichen in das philosophische Jahrhundert zurück.” (Meinecke, Historismus,
13 ff.).
“Teilnahme des Zeitalters an völkerkundlichen
Fragen”.
Vergleiche mit Naturvölkern.
Der Göttinger gelehrte Christoph
Meiners (1747-1810) soll “den grund zur Völkekunde als einer
selbständigen Wissenschaft gelegt” haben (Alexander Ihle, Christoph
Meiners und die Völkekrunde, Göttingen 1931, bes. S. 12ff.).
(276) Die überseeischen Eroberungen
der Kolonialmächte begünstigten die Entstehung der Völkerkrunde.
Fragen die hin zur Anthropologie führen.
(277) Der europäische Gelehrte war
imstande, “vergleichende Studien anzustellen.”
(278) Reisebeschreibungen, die seit dem
Zeitalter des Barock in zunehmender Zahl erschienen, lieferten den völkerkundlichen
Stoff.
(279ff.) Erdkunde. Verläßliche
Landkarten.
(281) Altertumsforschung.
Die Orientalistik als selbständige
Disziplin soll von Johann David Michaelis begründet worden sein.
(282ff.) Theologie
(284) Die kirchengeschichtliche Forschung
blühte erst jetzt auf.
|
V.‘s Sprachpurismus:
statt “Missionare” schreibt er “Glaubebensboten”.
|
(284-294) XII. Die Welt des Geschichtlichen
V. vergleicht die aufklärerische Geschichtsauffassung
mit der Folgezeit und mit der des Barock.
(285) Im Barock war alles dem Vordergrund
der Ereignisse gewidmet. Sinn des Barock für das Altertümlich
und Seltsame.
(287) Die jesuitischen Bollandisten (Joh.
Bolland 1596-1665) räumten mit den legendenbildungen der Vergangenheit
auf. Die “Acta sanctorum”.
Der Mauriner Jean Mabillon (1632-1707)
begründete im wesentlichen die Urkundenlehre.
(288) “Manche Leistung der Geschichtsforschung
im Zeitalter der A. ist so im Grunde barocken Nachwirkungen zuzuschreiben.”
Die Aufklärung “verhielt sich
gegenüber der Vergangenheit weniger vorurteilsfrei als gegenüber
dem Stoff anderer Wissenschaften.” Aus der Geschichte konnte die A. den
Fortschritt der Menschheit ableiten: Finsternis und Unvernunft der Vergangenheit
versus Verfeinerung der Sitten. Die A. soll “den Äußerungen
der Vergangenheit nicht um der Sache willen” nachgegangen sein, weil sie
sie “im Dienste einer zeitgebundenen Auffassung” untersuchte. Valjavec
argumentiert: “Die großen geschichtlichen Darsteller des 18. Jahrhunderts,
Voltaire ebenso wie Gibbon, haben Glaubenssätze der A. aus der Geschichte
bewiesen. So konnte die A. die Vergangenheit nicht aus sich heraus verstehen,
nicht dem eigentümlichen Geist entschwundener Zeiten gerecht werden.”
|
Valjavec wirft der aufklärerischen
Geschichtsschreibung das vor, was er in seinen Werken, vor allem wenn es
um den deutschen “Volks- und Kulturboden”
geht, bis zum Erbrechen vorspielt. |
(289) V. räumt trotzdem ein, dass
“die Ersetzung der Theologie durch den Fortschrittsgedanken von kaum zu
überschätzender Bedeutung” war.
Eine Vergeschichtlichung des Weltbildes,
die bis in unsere Tage fortdauert. “Die Geschichte
tritt an die Stelle der Theologie, indem sie zum Weltgericht wird.”
bzwar V. – und das ganz unbegründet
– wieder betont, die Entwicklung der Geschichtswissenschaft habe “den ursprünglichen
Absichten des Jahrhunderts gar nicht” entsprochen, muss er zugeben, dass
zwei weitere Umstände die Geschichte damals in hohem Maß förderten:
“die gesteigerte Kritik und die weltgeschichtliche Weite der Betrachtung”.
|
Valjavec vermeidet es, auf die moralisch-sittliche
Dimension des aufklärerischen Geschichtsbildes hinzuweisen. Statt
dessen obiger Spruch, der leider eine auch heutzutage fest verankerte Sichtweise
in rechten bís hin zu rechtsradikalen Kreisen in Verbindung mit
den NS-Untaten ausdrückt.
Damit wird die Widersprüchlichkeit
von Valjavec‘s Vorbehalt bzw. seiner These vom angeblichen Ausgangskonflikt
zwischen den ursprünglichen Absichten der Aufklärung. und der
Entfaltung der aufklärerischen Geschichtswissenschaft umso sichtbarer.
Aus dieser Betrachtungsweiße V.‘s spricht eher sein Unbehagen, ja
seine Ablehnung des auf Vernunft, Kritik und Universalismus beruhenden
Geschichtsbildes der Aufklärung. Den Rationalismus
dieser
Sichtweise lehnt V. als sozialisierter NS-Historiker verständlicher
weise ab. |
Kritik wurde
in der Geschichtsschreibung der A. zum Grundsatz. “Die A. hatte vor aller
Überlieferung und vor allen herkömmlichen Autoritäten wenig
Scheu. Aber das Streben nach strenger Kritik war erst in Verbindung mit
einer folgerichtig, wenn auch oberflächlich angewandten pragmatischen
Methode von fruchtbarer Wirkung.
Die Ursachen der Vorgänge wurden fortan
ebenso wie ihre Auswirkung auf das menschliche Wohl berücksichtigt
“Und da sie die Menschheit als Ganzes betrachtete,
war auch der entscheidende Schritt zu einer tatsächlichen Weltgeschichte
getan.”
“Moderne weltgeschichtliche Betrachtung
beginnt mit Voltaire, der sie mit dem Fortschrittsgedanken erfüllt”.
“Versuch über die Sitten” (1753) – der erste Anlauf zu einer wirklichen
Weltgeschichte. “Die A. hat diese Wendung zur Weltgeschichte erzwungen”
Die “weltgeschichtliche Schau” soll “zur
geistigen Überwindung des 18. Jahrhunderts beigetragen” haben.
|
Wozu diese abermalige halbherzige Bemerkung?
Der vernunftgeprägte Pragmatismus schmeckte
dem im irrationalistischen “Pragmatismus” der NS-Ideologie sozialisierten
V. wohl gar nicht !
Eine Umschreibung der moralisch-sittlichen
Natur dieser Geschichtsbetrachtung. Daher leitet V. die “geistige Möglichkeit
zu weitausgreifenden Darstellungen” ab.
Ganz im Geiste der NS-Geschichtsschreibung
formuliert: eine in sich geschlossene, zügige, ungezwungene Entwicklung
als ihr Gegenteil auszuweisen, auch, bzw. nur, weil eben das am Werk war,
was der irrationalistische NS verabscheute und kompromisslos bekämpfte:
die Vernunft in ihrer reinen Menschlichkeit. Im irrationalistischen Verständnis
war dort, wo Vernunft gegeben, auch „Zwang“ gegeben.
Eine weitere halbherzige Bemerkung V.‘s,
die an den Tatsachen vorbeischießt. Es ist bemerkenswert, dass er
grundsätzlich, also nicht nur bei der Betrachtung der Aufklärung,
in den Höhepunkten und Hochleistungen des
betreffenden Zeitalters od. Zeitgeistes auch gleich die jeweiligen Totengräberdes
betreffenden Zeitalters erblickt.
|
(290) “Erst die umfassende, seit 1730
erscheinende englische Weltgeschichte versuchte die Geschichte der Welt
als Ganzes zu begreifen und darzustellen (A Universal History from the
earliest Account of the Time to the Present ..., 1730ff. Deutsche Übers.
1745ff.), aber freilich immer noch mit einseitiger Bevorzugung des Mittelmeerraumes,
der von der A. als eigentliche Wiege der Kultur angesehen wurde.”
(291) Erst durch Johann Lorenz von Mosheim
(1694-1755) wurde die Kirchengeschichte säkularisiert und der Geschichtswissenschaft
als selbständiges Teilgebiet angegliedert (Karl Heussi, Johann Lorenz
Mosheim. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte des achtzehnten Jahrhunderts,
Tübingen 1906).
„Wie ernst das Jahrhundert seine geschichtlichen
Aufgaben selbst dort nehmen konnte, wo man es eigentlich gar nicht erwarten
würde, veranschauliche Marmontels Werk über die Regentschaft
des Herzogs von Orléans. Marmontel, der 1771 zum Historiographen
von Frankreich ernannt worden war, gab sich Mühe, seinem Amt „würdig“
zu entsprechen.
|
Ganz im Geiste der NS-Geschichtsschreibung
formuliert: eine in sich geschlossene, zügige, ungezwungene Entwicklung
als ihr Gegenteil auszuweisen, auch, bzw. nur, weil eben das am Werk war,
was der irrationalistische NS verabscheute und kompromisslos bekämpfte:
die Vernunft in ihrer reinen Menschlichkeit. Im irrationalistischen Verständnis
war dort, wo Vernunft gegeben, auch „Zwang“ gegeben.
(292) [Eine weitere Halbherzigkeit V.‘s,
nun im Zusammenhang mit Marmontels „Régence du duc d’Orléans“]
Es wird offenbar, dass V. der aufklärerischen
Geschichtsschreibung nur schweren Herzens die eigentlichen Verdienste zuerkennt,
wohl wegen seines allgemeinen Vorbehalts gegen die rationalistische Forschungsweise.
|
(291) Erst durch Johann Lorenz von Mosheim
(1694-1755) wurde die Kirchengeschichte säkularisiert und der Geschichtswissenschaft
als selbständiges Teilgebiet angegliedert (Karl Heussi, Johann Lorenz
Mosheim. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte des achtzehnten Jahrhunderts,
Tübingen 1906).
(292) “Wie ernst das Jahrhundert seine
geschichtlichen Aufgaben selbst dort nehmen konnte, wo man es eigentlich
gar nicht erwarten würde, veranschauliche Marmontels Werk über
die Regentschaft des Herzogs von Orléans. Marmontel, der 1771 zum
Historiographen von Frankreich ernannt worden war, gab sich Mühe,
seinem Amt “würdig” zu entsprechen.”
Voltaire wurde mit seinem “Jahrhundert
Ludwigs XIV.” (1751) der Begründer der Kulturgeschichte. |
Eine weitere Halbherzigkeit V.‘s, nun im
Zusammenhang mit Marmontels “Régence du duc d’Orléans”:
Es wird offenbar, dass V. der aufklärerischen
Geschichtsschreibung nur schweren Herzens die eigentlichen Verdienste zuerkennt,
wohl wegen seines allgemeinen Vorbehalts gegen die rationalistische Forschungsweise.
|
(293) V. wiederholt seine kritischen Punkte
an der aufklärerischen Geschichtsschreibung: “Die Schwächen der
Geschichtsschreibung der Aufklärung ergeben sich aus der Vernachlässigung
des Quellenstudiums, aus dem Unvermögen, die Eigenart entschwundener
Zeitalter zu verstehen, und aus einem nur zu oft oberflächlich angewandten
Pragmatismus.”
(294-301) XIII. Das Recht
(296) Siegeszug des Natuhrrechts.
Lehre vom Gesellschaftsvertrag.
(297) Montesquieu, “Geist der Gesetze”.
(300) “Das unausgesprochene Ziel war der
Rechtsstaat, in dem alles durch klare, zweckmäßige Gesetze
(301) von allgemeiner Geltung geregelt
ist.”
(301-316) XIV. Die politischen Wirkungen
(304) Zusammenhängend werden die politischen
Wünsche des Zeitalters erstmals durch Montesquieu entwickelt. Er verweist
auf England als das vorbildliche Beispiel der Gewaltenteilung.
(305) Der Krieg war den Aufklärern
als Äußerung des Unberechenbaren unheimlich.
Erst jetzt gehörte ein pazifistischer
Grundton zum europäischen Kulturbewußtsein.
(307) Religionstoleranz
“Toleranz wurde zu einem Modewort des philosophischen
Zeitalters.”
(308) Das Recht des Staatsbürgers
auf Kritik, auf öffentliche Kritik.
Die A. hat zur zukünftigen Geltung
des Parlamentarismus Entscheidendes beigetragen. Forderung nach einer gewählten
Volksvertretung.
Betonung der Menschenrechte.
|
|
“Die wachsende Unzufriedenheit mit den
herrschenden Verhältnissen erstreckte sich seit der Mitte des 18.
Jahrhunderts auch auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Gebiet.
Kommunistische
und sozialistische Ansichten begegnen uns bei verschiedenen
französischen Schriftstellern des vorrevolutionären Zeitalters.
Der Abbé Gabriel Bonnet de Mably (1709-1785De la législation
ou principes des lois, 1776) verlangte die Förderung einer möglichst
weitgehenden Gleichförmigkeit in den Lebensbedingungen und in der
Besitzverteilung. Die Einführung des Eigentums habe die Gleichheit
zerstört. Doch sei die gewaltsame Abschaffung des Privateigentums
untunlich, da dies den Unfrieden unter den Menschen steigern würde.”
Raynal "verurteilt nicht das Privateigentum,
tritt aber für die unterdrückten farbigen, für die Besserstellung
des Arbeiters und für die Beseitigung des ausbeuterischen Monopolhandels
ein.”
|
Wie eng gefaßt, von politisch-ideologischen
Stereotypen der Rechten geprägt die Auffassung V.‘s über
“Kommunismus” und “Sozialismus” ist.
Egalitarismus ist nicht zwingend Kommunismus.
Das soll Kommunismus sein? |
(312) V. meint, “Derartige Anschauungen
bereiteten die sozialistischen und kommunistischen Lehren der Folgezeit
vor. Sie konnten sich zunächst ungehindert ausbreiten.”
Kritik am Kolonialismus. Ablehnung der
Sklaverei.
(313) Kampf gegen Leibeigenschaft.
“Die Äußerungen des Zeitalters
über das Kolonialsystem blieben vorerst wirkungslos, aber sie waren
bedeutsam
als Zeichen zunehmender politischer Radikalisierung.”
(317-324) XV. Nebenströmungen der
Aufklärung
(317) Der aufklärerische Individualismus
soll laut V. “auch eine Würdigung des Irrationalen” begünstigt
haben.
(319) Seelische Kräfte, die von der
Aufklärung vernachlässigt worden waren, forderten ihr recht,
meint V.
(323) Die “sogenannte ägyptische”Freimaurerei
soll
der Betrüger Cagliostro (Giuseppe Balsamo 1743-1795) begründet
haben.
(324) V. deutet “solches Treiben” als Offenbarung
der “Grenzen der A., die nicht vom ganzen Menschen Besitz ergreifen konnte.”
|
Ganz kurios Valjavec's Äußerung
über die Opposition des Zeitalters gegen das Kolonialsystem.
Wenn die Einforderung der Gleichbehandlung
anderer Rassen durch die weißen Eroberer u. Kolonialisten als “Radikalisierung”
angesehen wird, dann ist es klar, in welchen ideologischen Wassern V. zu
Hause war.
Höchstwahrscheinlich eine Legende,
die den Zweck hatte, die Freimaurerei auf Betrüger zurückzuführen,
also diese Bewegung als betrügerisch abzustempeln.
Welches Gedankensystem kann überhaupt
“vom ganzen Menschen Besitz ergreifen”? Keines ! Deshalb ist V.‘s Einwand
nicht überzeugend.
|
(324-332) XVI. Der Kampf gegen die
Aufklärung
VIERTES KAPITEL
Das Ende des Aufklärungszeitalters
und Fortdauer der Aufklärung
(333-345) I. Der geistige Kampf um das
neue Jahrhundert
(333) V. zählt auch “das entstehende
Geschichtsbewußtsein”
zu den geistigen Elementen, welche die Wirkung der A. beeinträchtigten
[Das gilt nur bedingt]
Gegen Mitte des Jhs begegnen in Frankreich
Zweifel an der Zukunft der Kultur.
(336) Die Abkehr von der A. soll sich in
Deutschland in der Entstehung des Idealismus
seit Lessing niedergeschlagen haben. Dieser bestimmte “nicht nur den Inhalt
der klassischen Dichtung, sondern auch die Anschauungen der Gebildeten
in starkem Maße.” (Troeltsch, Ges. Schriften, IV,532f.)
Kants kritische Philosophie soll
die beherrschende Geltung der Vernunft beseitigt haben. “Der “Vernünftigkeit”
des 18. Jahrhunderts wurde dadurch philosophisch der Boden entzogen”
(357) V. spricht im Zusammenhang mit dem
Kampf der A. gegen Kant über “rationalistische Rechthaberei”.
(339) Die Romantik soll in Deutschland
ihr Mutterland haben.
In ihrer Rückwärtsgewandtheit
will V. eine “konservative Aufgabe” erkennen. Sie “belebte den sinn für
die Überlieferung und für die nationale
Eigentümlichkeiten.”
“Sinn für die überlieferten Ordnungen”.
(340) Die Französische Revolution:
“diese unselige Revolution.”
(343) Die mit dem philosophischen Zeitalter
zusammenhängende liberale Bewegung.
|
Falsche Einschätzung.
[In der Tat erfolgte eine Einengung vom
ganzen Menschen zum einseitigen, von Ideen regierten Menschen.
|
(345-358) II. Die “Wiedergeburt” der
Aufklärung
(345) Seit dem Ende der 20er Jahre eine
Radikalisierung im Lager des politischen Fortschritts wahrnehmen. Seit
der Julirevolution sonderte sich die demokratische von der liberalen Bewegung
endgültig ab. Die Demokraten waren weniger zu Zugeständnisseen
bereit.
(346) Die Demokraten sollen mit der Vergangenheit
völlig gebrochen haben. Sie sollen in religiösen Dingen sich
“die Waffen von der schroffen Aufklärung” geliehen haben. Die Aufklärung
soll “seit den dreißger Jahren zur Rüstkammer des politischen
Radikalismus” geworden sein
(348) Umsichgreifen atheistischer Gesinnung
beim “linken Flügel” der Hegelschüler und bei Karl Marx und seiner
Bewegung.
(351) Sozialistische Lehren
“Keine Utopie kann einer rationalistischen
Grundhaltung entbehren”.
Der Saint-Simonismus. Claude Henri Graf
von Saint-Simon (1760-1825) erkannt als einer der ersten die soziale Frage
in ihrer modernen Form.
(353) Das Dessauer Philantropium.
(354) Charles Fourier (1772-1837).
(355) Robert Owen (1771-1858) soll laut
V. mit der Zeit zu einem “bodenlosen Schwärmer” geworden sein.
“Viele Gedanken übernahm der schwärmerische
Sozialismus von der Aufklärung.”
|
V. folgt Hans Rosenberg, Theologischer
Rationalismus und vormärzlicher Vulgärrationalismus, in: Hist.
Ztschr 141, 1930, S.497ff. Ders., Arnold Ruge und die “Hallischen Jahrbücher”,
in: Archiv f. Kulturgesch. XX, 1930, 281ff.); recht verdrehte Handhabung
dieser politischen Kategorien, von Valjavec nicht überzeugend dargelegt.
Hier gelten unsere Bemerkungen zu “Politische
Strömungen..., S.207-228, vor allem S.217,218,228.
|
(356) Mit August Comte (1798-1857) erreichte
“Das Streben nach einer wissenschaftlichen Lösung aller gesellschaftlichen
Fragen, nach einer wissenschaftlich durchdachten Organisation der ganzen
Menschheit” seinen Höhepunkt. Begründer des Positivismus.
(357) Rational-humanitäre Ersatzreligion.
Comte wies der Wissenschaft den Platz zu, den die Aufklärung der Philosophie
zugewiesen hatte.
“Comte wie die schwärmerischen Sozialisten....”
(357f.) Der Marxismus.
|
|
III. Ausklang
(358) “Ein gutes Stück Aufklärung
steckt nicht nur in den verschiedenen Freidenkerbewegungen, sondern auch
in jeder religiösen Entfremdung beim modernen Menschen.”
(360) “eine zunehmende Einebnung
aller überlieferten Kulturkreise”.
“Dennoch kann kein Zweifel darüber
bestehen, daß die verstandesmäßigen Züge unserer
Kultur verblassen. Der Aufstieg der Naturwissenschaften hat seit dem Beginn
der Neuzeit zur Überwindung der überlieferten theologischen Kultur
wesentlich beigetragen und der Aufklärung entscheidend den Weg geebnet.
Aber eben die Natur- und Erfahrungswissenschaften zersetzen die geistigen
– aufklärerischen – Grundlagen, auf denen die moderne Kultur beruht.”
|
Recht zweifelhafte Formulierung.
Der PessimistValjavec.
Hat Valjavec überhaupt den NS in dieses
düstere Bild einbezogen ? |
Valjavec begründet: “Das philosophische
Zeitalter gründete sich auf die Annahme, daß die Welt ebenmäßig
und wohlgeordnet sei. Der Mensch erschien ihm als der Mittelpunkt des Lebens,
ausgestattet mit großen Gaben, mit göttlicher Weihe und einer
verheißungsvollen Zukunft. Dieser Glaube wurde im 19. Jahrhundert
durch die Naturwissenschaft erbarmungslos vernichtet.
Nach den Erkenntnissen der Entwicklungslehre
ist der Mensch nicht mehr ein fester Mittelpunkt, nicht mehr der höchste
Wert in der natürlichen Welt, sondern ein “zufälliges” Lebewesen
unter vielen anderen”
|
Wirklich ?
Recht vereinfachend, vulgarisierend, diese
Sichtweise. Die Argumentationsweise aus rechter Ecke ist unverkennbar.
Es wird in fahrlässiger Weise alles auf die Naturwelt reduziert, wo
der Mensch in der Tat nur ein Glied in der Artenkette darstellt, allerdings
das höchste, was Valjavec und seine verquere Argumentation verschweigt.
Und die Entwicklungslehre spricht gar nicht von Zufall, dass der Mensch
am Ende der Evolutionskette steht, sondern als gesetzmäßige
Entwicklung (Evolution), von der Valjavec auch nichts gehört haben
will. Ferner tut Valjavec so, als ob das Umfeld des Menschen, sein Habitat
die wilde, entfesselte Natur sei, nicht die menschliche Gesellschaft, in
der der Mensch durchaus den Mittelpunkt darstellen soll und muß !
|
(360f.) Der vulgäre Pessimismus von
Valjavec geht weiter: “Für die moderne Astronomie verkleinerte sich
die Erde zu einem winzigen Punkt innerhalb des Weltalls, der von zeitlich
beschränkter Dauer ist. Alle festen Wertmaßstäbe wurden
dadurch hinfällig. Die Aufklärung fußte aber in ihrem Menschen-
wie in ihrem Weltbild gerade auf solchen festen Wertmaßstäben.
Wie konnten unter solchen Umständen die Bewertung des Menschen als
die Krone der Schöpfung und der Glaube an seinen Fortschritt aufrechterhalten
werden?”
(361) Valjavec beruft sich auf die “Würde”
des Menschen, deren ihn die Naturwissenschaft entkleidet hätte. V.
beruft sich auf Herbert Spencer, der ja ein klarer Biologist ist
(362) Die “wissenschaftliche “Erledigung”
der Aufklärung” durch den Biologismus.
V. thematisiert die “Vermassung”; den “Funktionalismus”,
der den Menschen entwertet.
(363) “Die Ehrfurcht vor dem Leben schwindet”.
V. erwähnt die Befürwortung der Vernichtung “unwerten” Lebens
durch Ernst Haeckel (1834-1919) 1868.
|
Vulgärer Pessimismus
!!!
Hier zeigt sich, dass Valjavec kein geborener
Philosoph ist. Sonst würde er nicht alles durcheinander mengen.
|
Der
Josephinismus
Zur geistigen Entwicklung
Österreichs im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert
2., wesentlich erweiterte Auflage
München 1945
Verlag von R. Oldenbourg
|
|
nnenseite Titelblatt: “Dem Gedächtnis
Arnold Oskar Meyers". |
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Ursprung und Dauer
(1) “sich in der Folgezeit zusehends nivellierenden
Kultur der weißen Völker”
(17) Einschränkung der Freimaurerei
durch Joseph II. 1785.
(19) Die Bürokraten blieben auch nach
Joseph II. zum größten Teil der Aufklärung treu. “Überhaupt
ergänzte sich die Bürokratie seit der Zeit etwa Joseph II. meistens
in josephinischem Sinne.”
(25-33) Umfang und Erscheinung
(34-121) III. Religion und Weltanschauung
(36) Die Vernunft ist für den Josephiner
“etwas Göttliches. Sie lehrt die Wahrheit nicht nur der natürlichen
Religion, sondern fördert auch die Erkenntnis des historischen, geoffenbarten
Glaubens (Frint, Handbuch der Religionswissenschaft für Candidaten
der Philosophie, Wien-Baden-Triest 1806-13, II/2, 3ff.), der
(37) von jenen geschieden wird. Für
den Josephiner der älteren Richtung stand die natürliche Religion
im Vordergrund, woraus sich zugleich eine mehr oder minder starke Abkehr
vom Dogma ergab.”
Die Vernunft schafft im Verein mit dem
Staat “die weltlichen natürlichen Grundlagen für das Wohlergehen
der Menschen”.
“bedeutete die Auffassung, daß der
Staat über die Äußerungen des Religiösen im praktischen
Leben zu wachen habe, daß die Religion ein “Politicum” sei”. Damitwird
der Wirkungsbereich der Kirche stark eingeengt.
Das Ehepatent vom Januar 1783: es handle
sich bei der Ehe um einen bürgerlichen Vertrag [allgemeine
Verbürgerlichung]
(38) “Noch im Laufe der josephinischen
Entwicklung trat die staatsbürgerliche Erziehung mehr und mehr in
den Vordergrund.”
(39) Die josephinische Geschichtsauffassung
von der Aufklärung grundlegend bestimmt.
(40) “Aus dem Glauben an den beständigen
Anstieg der Menschheit ergibt sich ein ganz bestimmtes Verhältnis
zur Vergangenheit, eine Bejahung aller “fortschrittsfreudigen” sowie eine
negative Beurteilung aller entwicklungshemmenden Kräfte.”
(41) Das Mittelalter mit seinen finsteren
Zügen wird allgemein abgelehnt.
(42) An der Verurteilung
des Barock möchte V. die josephinische Geschichtsauffassung an einem
“ausgesprochenen
Mangel an geschichtliche(m) Sinn” festmachen.
|
|
(43) “Bei den josephinischen Historikern
fehlen die großen Züge der Historiographie des Aufklärungszeitalters,
nicht aber ihre Schwächen.” “vergangenheitsfremde
Geschichtsbetrachtung.”
“vordergründig-vereinfachende
Darstellung”
Die Romantik erzielte in Österreich
nicht “jene fruchtbare Wirkung wie in anderen deutschen Ländern.”
|
Valjavec folgt O. Brunner
(1894-1982) ). einem der einflussreichsten NS-Historiker österreichischer
Herkunft, der mit seinen Mittelalterstudien vor allem das Problem der Machtlegitimation
und des von den Nazis mißbrauchten "Gefolgschafts"-Gedankens thematisierte. |
(45) “Und doch wird man nicht verkennen
wollen, daß die aufklärerischen Strömungen auch starke
Beziehungen zum Irrationalen besaßen, was in erster Linie psychologische
Gründe hat. [...] Neben der Aufklärung läuft eine irrationale
Linie, die trotz vordergründiger Gegensätze mit dieser zusammenhängt,
nicht nur bloßer Gegensatz zu dieser ist, sondern sie auch ergänzt.”
(47) “Mit der Betonung der Gemütskräfte
und Empfindungen hängt die starke Welle ...”
“daß die Romantik in den österreichischen
Ländern keinen rechten Eingang finden konnte.”
(49) Der “Josephinismus des 19. Jahrhunderts.”
(51) Duldung, religiöse Toleranz.
1781 Toleranzpatent
(57) 1783 Aufhebung der Bruderschaften
(67) Drei Richtungen im katholischen Klerus
der josephinischem Zeit.
- Die “korrekten Josephiner”
- Reformkatholiken josephinischer, im
Vormärz zunehmend liberaler Orientierung.
(73ff.) Antiklerikalismus
(75ff.) Abwendung von der Kirche
(77) Der Antiklerikalismus der “sozialistischen”
Presse
(80ff.) Ab 1848. V. schreibt
alle Gärungen dem Josephinismus zu bzw. betrachtet die als josephinische
Erscheinungen.
(86ff.) Nach 1789
(88) Das Misstrauen gegen josephinisches
Kirchentum wuchs “schleichend”.
(89f.) Antijosephinische Strömungen
Der josephinische Geistliche Karl Huber
(+1784): “jener Parthei in Wien..., welche im ganzen Deutschlande bekannt
genug ist, daß sie alles Gute anfeinde, ihren Eigennütz hinter
einer katholischen Maske verberge und für die Betäubung des gutherzigen
Volkes ritterlich kämpfe” (Abendgespräche, A2 (Vorrede)).
(90) Antijosephinische Flugschriften des
Patricius fast, als Haupt der antijosephinischen Richtung.
(91) “Begrenztheit des antijospehinischen
Widerstandes”.
(93) Die “Zensurschraube” soll seit etwa
1792 die Äußerung antijosephinischer Ansichten in der Habsburgermonarchie
bis 1848 so gut wie unmöglich gemacht haben.
Auch die radikale Seite griff die josephinischen
Maßnahmen an, “die u.a. beanstandete, daß der Kaiser die Zugehörigkeit
zu einem bestimmten Religionsverband vorschrieb” (Anm.2: Peter Adolf Winkopp
1785: Karl Friedrich Bahrdt 1787; der Jakobiner Friedrich Rebmann 1796).
(93f.) Opposition im katholischen Lager.
(94) Bedeutend war der Widerstand der Augsburger
Exjesuiten. Ihre Zeitschrift “Kritik gewisser Kritiker” (Augsburg 1787-96);
Schriftenreihen “Neue Sammlungen”, “Gesammelte Schriften”.
(94f.) Die Augsburger druckten alle wichtigen
antijosephinischen Broschüren, die in Österreich erschienen,
nach.
(95f.) Carl Ludwig v. Haller, “Handbuch
der allgemeinen Staatenkunde, des darauf gegründeten allgemeinen Staatsrechts
und der allgemeinen Staatsklugheit nach den Gesetzen der Natur”, Winterthur
1808: die “ächt revolutionären Gewaltthätigkeiten” und die
“Kirchenstürmerey” Josephs II. In “Restauration der Staatswissenschaft”,
Winterthur 1816 betrachtet er die “Kirchenstürmerei, von neuphilosophischem
Fanatismus inspiriert”, und “alle seine politischen Operationen” Joseph
II. als “Vorspiel der französischen Revolution.”
(97) Wortsprecher der katholisch-kirchlichen
Erneuerung fordern eine grundlegende Veränderung des Verhältnisses
zwischen Kirche und Staat.
Bruch mit der josephinischen Kirchenpolitik
durch den Staat nach 1849.
|
|
(103-116) Verhältnis des Josephinismus
zu den Protestanten.
In der zweiten Hälfte des josephinischen
Jahrzehnts kommt es zu einer geistesgeschichtlich bedeutsamen Auseinandersetzung
einzelner Josephiner mit norddeutschen Aufklärern, vor allem mit Friedrich
Nicolai und seiner Anhängerschaft.
(105) Versteifte Haltung gegenüber
der protestantischen Theologie wegen ihres rationalistischen Charakters
(Jacob Frint (1766-1834, 1827-34 Bischof von St. Pölten, Theologische
Zeitschrift Wien-Triest 1813-23, 22 Bde, III/2 (1815), 334ff; IV/1 (1816).
Ders., Handbuch I/2, S. IX).
(106) Die josephinischen Reformpolitiker
erkannten “die geistigen Vorzüge und fortschrittsfreudigen Seiten
des Protestantismus. Sie waren daher bestrebt, protestantische Kulturelemente
in Österreich zur Geltung zu bringen, was sich in der Heranziehung
von Büchern, aber auch ausländischer protestantischer
(107) Gelehrter und Fachkräfte spiegelt.”
(107f.) Die josephinischen Auflagen, die
der katholischen Kirche gemacht wurden, stärkten “die Position des
Protestantismus innerhalb der Monarchie.”
(109) Das zunehmende Ansehen des Protestantismus
in Österreich wurde noch gefördert durch den Umstand, dass “seit
den Tagen des Toleranzediktes” “der österreichische Protestantismus”
“in einem starken Ausmaß als soziale Auslese vor allem in den Städten
in Erscheinung” trat. Intelligenzberufe und sozial gut gestelltes Bürgertum
waren Protestanten.
[V. denkt hier wohl an das
Bürgertum der ursprünglich deutschen Städte in Ungarn]
(110) Dazu kam noch ein anderer Umstand.
[...] die staatlichen Eingriffe über eine bestimmte Grenze selten
hinausgingen.”
(111) Der österr. Protestantismus
war nicht mit dem Makel behaftet, ein Instrument des Polizeistaates zu
sein.
“Lediglich bei den Siebenbürger Sachsen
fand Joseph II. weniger Anklang, da er ihre politische Sonderstellung beschnitt.”
|
|
(116-121) Einfluss des Josephinismus auf
die Orthodoxie. |
|
(122-140) IV.
Politik
(122) Der ursprüngliche Josephinismus
der oberen Bürokratie.
Der “politische Vulgärjosephinismus
der breiteren Schichten, der Akademiker und des Bürgertums.”
Besondere, “josephinisch” anmutende Züge:
- der Staat ist in den Mittelpunkt des
politischen Denkens gerückt
- die Glückseligkeit des Menschen
als hervorragend wichtigstes Ziel
(123) “Die Neigung zum Ausbau eines zentralen
Staatsapparates zog den Abbau der ständischen Einrichtungen nach sich.”
Die Vorrechte des Adels stark beschnitten, sein bisheriger Einfluss auf
den Staatsapparat beseitigt.
(126) “Der Glaube an das Beamtentum, an
die bürokratische Staatsmaschine, ist ein hervorstechendes Merkmal
josephinischer Stimmungen durch jahrzehnte geblieben.”
(127) Der “Rechtsstaat” soll “ein Ideal
des Josephinismus” sein, “das sich ungeachtet aller kulturpolitischen Rückschläge
nach 1789 Schritt für Schritt durchsetzt.” Dieser Staat soll Ordnung,
Ruh und Sicherheit gewährleisten.
(128) Der joseph. Staat ist ein “Wohlfahrtsstaat”.
Soziale Maßnahmen.
(129) Armenpflege.
(135ff.) Vulgärjosephinismus
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Viel
Spekulation. |
141-168) V.
AUSKLANG
(141) Im liberalen Lager wirkte josephinisches
Gedankengut am stärksten weiter.
(146f.) Das konservative Element im Josephinismus.
(149-154) V. geht von der These aus, “der
spätjosephinische Einfluß” “auf die Entstehung der nationalen
Bewegung” sei groß gewesen. “Er hat mit der Zertrümmerung und
Umleitung der alten Vorstellungskreise und Stimmun-
(150) gen der zunehmenden Geltung des nationalen
Gedankens in einer neuen Form den Boden bereitet.”
(154) Den deutschen Nationalismus Österreichs
soll “die weitgehende Beibehaltung von Elementen liberaler Weltanschauung”
kennzeichnen.
(157-161) Josephinismus und Judentum.
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Sicher geht V. hier zu weit.
Diese nationale Entwicklung hat mit Josephinismus kaum etwas zu tun. |