Die Hauptwerke von Fritz Valjavec (1909-1960)

Eine Untersuchung nach Bestandteilen der "Volks- und

Kulturboden"-Dogmatik

oder

Fritz Valjavec, der NS-Propagandist in Belangen "Südosteuropas

II. Teil


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Fritz Valjavec (1909-1960) oder »Über die "deutsche Wissenschaft" als nachrichtendienstliche Aufklärungsarbeit«

aus der Reihe: Die Totgeschwiegene Dimension«


Die Geschichte der abendländischen Aufklärung

Der Josephinismus
Zur geistigen Entwicklung Österreichs im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert



 
Die Geschichte der abendländischen Aufklärung

Herold Wien/München 1961

(7) Vorwort

“Die Geschichte der Aufklärung wurde bisher in ihrer ganzen, erstaunlich großen Spannweite, noch nicht behandelt. Dies hängt wohl mit ihren weitverzweigten, bis in die Gegenwart reichenden Wirkungen zusammen.”

“Heranziehung “banaler” Quellen” – davon erhofft sich V. “manche sonst weniger beachtete Erscheinung in meine Darstellung einbezogen und damit vermieden zu haben, die Höhenzüge und Gipfel des Geistes einseitig zu bevorzugen.”

(8) Förderung der Arbeit durch Prof. Dr. Franz Schnabel (München), Prof. Dr. Wilhelm Schüssler (Jugenheim). Fruchtbarer Gedankenaustausch mit Fritz Kern (+) (Bonn). “Benedetto Croce hat mit seiner ermunternden, stets fördernden Teilnahme vor mehr als zwei Jahrzehnten den beginn der Arbeit entscheidend angeregt.”

München, im Januar 1960

(9-24) Einführung

I. Begriff und Eigenart

(10) “Ebensowenig wie mit dem Rationalismus darf die Aufklärung mit dem schwer abgrenzbaren Vorgang der Säkularisierung gleichgesetzt werden. Sie ist mit ihr jedoch eng verknüpft,”

“Die abendländische Aufklärung hat die Jenseitsbezogenheit des Menschen stark gelockert und eingeengt, aber nicht völlig aufgehoben. Sie hat sich bemüht, am Gottesbegriff und am Unsterblichkeitsglauben festzuhalten.”

(11) Züge dieses Zeitalters

1) die “Vernünftigkeit” – alles sollte nach den geboten der Vernunft geschehen. “Aber gerade die Vernunft lehrte im Laufe des 18. Jahrhunderts immer nachdrücklicher, daß auch die irrationalen Kräfte, die Bewegungen des Gemüts und die Triebe, zu beachten seien.”

Der Mensch wird zum Maß aller Dinge erhoben.

2) “der Zug der Vermenschlichung”.

(12) “Man kennt keine geistige Unsicherheit, aber auch keine innere Unruhe und fühlt sich im Kreise des erarbeiteten menschlichen Wissens geborgen.”

Konsequenz: “Ablehnung der alten Vorbilder und der Überlieferung als eines Ordnungsmaßstabes überhaupt” 
 

KOMMENTAR



























































Fraglich !
 
 

Konsequenz: “Vertrauen in und Bindung an die Wissenschaft”. “Der “Szientismsus” der Gegenwart wurde im philosophischen Jahrhundert geboren.”

3) “Die Wissenschaften sollen [...] auch die Erschließung und Beherrschung der materiellen Sphäre sichern.” “Die möglichst vollkommene Glückseligkeit der Menschen.” “die zum Selbstzweck erstarrten Auswirkungen dieser Entwicklung” 

Abkehr von der vorherrschenden “Herrenhochkultur”, es entsteht eine neue Führungsschichte. Die Aufklärung “hat bürgerliches Zeitalter mit heraufgeführt.” Ihre gesellschaftlichen Ziele stimmen mit denen des dritten Standes überein.” Das “philosophische Jahrhundert” trug “zur Formung des vierten Standes wesentlich bei”

(13) Vorgänger rationaler Kritik an der geistlichen Überlieferung: “im strengen Wortsinn” erstmals in China: der Konfuzianismus. Hier zeige sich “das Streben, einen schroffen, unmittelbaren Bruch mit der Vergangenheit zu vermeiden.”

(14) Kritik gegen das erstarrte Opferwesen der Brahmanen in den Upanishaden.

Aufklärung in der Antike – die Sophisten, die skeptische Philosophie. “Auch in der antiken Aufklärung wird der Mensch als Mittelpunkt der Dinge gewertet. Es entsteht eine rationalistische Kritik an der Überlieferung, namentlich auch an der Götterlehre.”
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 

Valjavec. ist Anhänger des Ständesystems.












 

(16) Die Aufklärung “hat die Grundlagen für eine einheitliche weltumspannende Kultur geschaffen, die durch die Hilfsmittel der von ihr begünstigten modernen Technik auch die entlegendsten Räume der Erde einer gleichförmigen Entwicklung erschlossen hat.” 

”Die moderne Aufklärung ist die erste geistige Bewegung, die tatsächlich den ganzen Erdball zu umspannen vermochte. Erst seit der Aufklärung haben die geistigen Auseinandersetzungen und Bewegungen weltweite Ausmaße erlangt.” 

“Die abendländische Aufklärung leitete auch die geistige Verschmelzung der einzelnen Kulturkreise ein, für die in der Geschichte sonstige Beispiele fehlen”

Mit dem “Maschinenzeitalter” hat ein neuer Abschnitt der Weltgeschichte begonnen.
 


Valjavec  scheut, von Modernisierung, von Modernisierungsprozessen zu sprechen.
 
 

Valjavec  vermeidet offensichtlich auch den Begriff Universalismus, den er hier eigentlich umschreibt]
 
 
 
 

 V. meint wohl die europäischen Kulturkreise.
 
 

Eein ungenauer, deshalb nur beiläufiger Begriff.
 

II. Zeitlicher Umfang

Anfänge Mitte 17. Jh., Nachwirkungen im 19. und 20. Jh.

(17) Das Wirken des irrationalistisch begründeten Traditionalismus im 19. Jh. umschreibt V. wie folgt: 

“Gewiß entstanden unter den Protestanten und Katholiken Gruppen, die sich dem weltanschaulichen Einfluß der Aufklärung mit vollem Bewußtsein zu entziehen suchten. Dies bedeutete gegenüber der vorangehenden Zeit eine Veränderung der geistigen Lage. Sie ist fortan durch das Vorhandensein einer geistigen Gegenkraft gekennzeichnet, die das Herkommen verteidigte und in vielen Ländern erheblichen Einfluß gewann. Doch vermochten solche Widerstände an der bestimmenden Geltung des Liberalismus und anderer aus der Aufklärung hervorgegangener Strömungen im Leben des 19. und 20. Jahrhunderts nichts zu ändern.”

“Durch den Liberalismus hat die Aufklärung auf alle politischen Strömungen des 19. Jahrhunderts (mit Ausnahme bestimmter konservativer und kirchlich-religiöser Bestrebungen) einen starken Einfluß erlangt.”

(17f.) Ein Ende des Geltung der Anschauungen des 18. Jahrhunderts “in abgewandelter – teils ver-
(18) waschener, teils vergröberter und vereinfachter - Form” “ist noch nicht abzusehen, obschon Anzeichen vorhanden sind, daß die übersteigerte Rationalisierung und Mechanisierung schließlich zur Entstehung von Kräften führt, die eine neue Entwicklung einleiten. Es ist möglich, daß die Zersetzung [Wortwahl] der autonomen Verstandskultur weiter fortgeschritten ist, als wir annehmen. Es kann aber auch ebenso gut sein, daß sie noch weitere Möglichkeiten des Fortwirkens und der Steigerung besitzt.” 
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Ob Valjavec den NS miteinbezieht ? Wahrscheinlich nicht, weil er die unerläßlich Distanzierung zu dieser Erscheinung noch nicht gewonnen hatte !
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Diese Aussagen zeugen nicht von V’s Vorsicht, sich über zukünftige Entwicklungen zu äußern, sondern von der betonten Zurückhaltung, die er gegenüber seinem Forschungsgegenstand, namentlich gegenüber dessen ideologischen Inhalten, verspürt. V. forscht zwar und schreibt über die Aufklärung, über deren Geist, doch er identifiziert sich nicht so recht damit !

III. Der Raum

(19) Die fortschrittsgläubigen Vorstellungen des 18. Jahrhunderts “bieten die Voraussetzungen für den geistigen Kampf wider die Überlieferung”

(20) Die Aufklärung wird “besonders durch die Technisierung gefördert”.

Freimaurerorden

(21) Von den städtischen Mittelpunkten drang die neue Weltanschauung aufs Land vor.

“Das Bauerntum zeigte sich für die Aufklärung lange Zeit noch wenig empfänglich.”
 

Valjavec meint wohl die “Traditionen”.
 
 
 
 
 

 

V. Gesellschaftliche Grundlagen

(21f.) An den Grundlagen der neuen Geistesrichtung im Zeitalter des Barock sollen außer dem Adel, Offizieren, der Geistlichkeit auch “Außenseiter der Gesellschaft” entscheidend beteiligt gewesen sein.

Der “absolute Staat” soll die Aufklärung vor 1789 in allen gebieten des Abendlandes “wesentlich gefördert” haben. Das Bürgertum ging “in der Formung der neuen Anschauung über den geistigen Rahmen hinaus, den das absolute Fürstentum dieser Geistesströmung zugedacht hatte.” – die liberale Bewegung.

Seit der Julirevolution will V. eine “machtvolle demokratische Strömung in ganz Europa” ausmachen, die entgegen den gesellschaftlichen Grundlagen von Liberalismus und des philosophischen Zeitalters auf kleinbürgerliche Schichten zurückgehen soll, die mit dem “vierten Stand” eine “bedeutsame Verbindung” gewann. Hier siedelt V. “die sozialistischen Bewegungen” an, die “sich den politischen Idealen des Bürgertums” versagten, aber angeblich “geistig” “dem 18. Jahrhundert verbunden” blieben. “Auch das proletarisch-industrielle Zeitalter zehrt von der Nachwirkung Voltaires.”

“Politisierung der Massen” durch die Ideen des philosophischen Zeitalters und durch “naturwissenschaftlichen Materialismus”. “Übertragen wurde dieses Gedankengut vorwiegend durch Intellektuelle, die im Bürgertum keinen befriedigenden Anklang finden konnten und sich seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts der politischen und geistigen Erregung des Kleinbürgertums und des vierten Standes zuwandten.”
 

(25-90) Zweites Kapitel

Die geschichtlichen Grundlagen

I. Allgemeine Triebkräfte

(27) Die überseeischen Entdeckungen eröffneten geistig ein neues Zeitalter.

(28) V. meint, es sei merkwürdig, dass die erste Utopie 1516, 24 Jahre nach der Entdeckung der Neuen Welt, erschien und die utopischen Romane des 17. Jhs fast immer “nichtchristlicheIdealstaaten” behandelten.
 

“Angesichts der Vielzahl der Religionen erhob sich die Frage: War wirklich nur der eigene Glaube richtig, war wirklich der Glaube der anderen falsch? Vergleiche drängten sich auf, und in ihrem Gefolge kamen Glaubenszweifel.
 
 
 
 

 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Valjavec erfaßt hier nur einen, zwar grundlegenden, aber trotzdem, nur einen Aspekt der Entstehungsgeschichte der Aufklärung. Denn Glaubenszweifel gab es auch vor den geogr. Entdeckungen. V. spricht mit keinem Wort über den pragmatischen Geist, über die handwerklich-berufliche Praxis, die für die neue Entwicklung ausschlaggebend war. Hierher gehören die technischen Entdeckungen, Erfindungen und Neuerungen. Technisierung gab es bereits damals.

(32) Das neue Zeitalter erblickte in China einen Musterstaat.

(33) Das Reich der Mitte wurde als Muster einer aufgeklärten Monarchie hingestellt. Seine weise Verwaltung, an der auch die gelehrten mitwirkten, wurde Europa als Beispiel empfohlen. Als geistesverwandt wurde die konfuzianische Lehrer empfunden.

Valjavec meint: “Die Teilnahme der (Aufklärungs)Philosophen an der chinesischen Kultur entsprang im Grunde nur einem geistig verfeinerten Eigenlob; von einer wirklich eindringlichen, entsagungsvollen Beschäftigung mit ihr wollte man nichts wissen.” 
 
 
 
 

 


 
 
 
 
 
 
 

V. übersieht, dass die Aufklärer in China das vorfanden, was die Europäer, vor allem die im Westen des Kontinents, seit längster Zeit eingebüßt hatten: die Einheitlichkeitvon Gesellschaft, Politik, Religion und Wissenschaft, die in China auf den Grundlagen eines Entwicklungsstadiums beruhte, das in Europa abhanden gekommen war. Eigentlich war es die Altertümlichkeit des chinesische Systems, die die europäischen Aufklärer beeindruckte. Das war für sie etwas neues, aber sie erblickten darin sicherlich nichts Modernes.

(35-69) II. Die Zersetzung der abendländischen Einheit
Philosophie und Kirche
Typisch der völkische Begriff “Zersetzung”, statt z.B. “Auflösung” od. “Zerfall”.
(35f.) Über die “Ungläubigen” spricht Valjavec von einem “Ansturm der Sekten” (S..36).
 
 
 
 

(36-39) Der lateinische Averroismus.

(39) “Neben dieser im Grunde unchristlichen Richtung machten sich die Kräfte der Zersetzungauch in anderen Strömungen der Scholastik geltend.” Im Nominalismus, dem sogen. “neuen Weg” der Scholastik. Von Wilh. V. Occam (+1343) begründet. Im Gegensatz zum Thomismus, der Glauben u. Wissen aufeinander abstimmte.
 


Allerdings übersieht Valjavec, daß es sich bei den angeführten Beispielen, von den “bogomilischen” Sekten (Albigenser in Südfrankreich, Katharer) bis hin zu den vorreformatorischen “Regungen” des 14. u. 15. Jhs eigentlich um Gläubige im wahrsten Sinn des Wortes handelte.
 
 
 
 
 
 
 
 

 

Der Unglaube des Mittelalters
Valjavec geht auch hier zu weit mit seiner Formulierung.
Der “arabische Geist” soll dafür verantwortlich sein, denn dieser soll “in die abendländische Welt” “eingebrochen” sein. Für den “Unglauben” empfänglich und Träger desselben soll die Schicht der »”unehrlichen Leute”, der Ehrlosen, der Abdecker und Henker, der fahrenden Spielleute und der umherschweifenden Soldaten” gewesen sein, die “nicht nur die Brutstätte für die schwarze Kunst” abgegeben haben sollen. “Auch die Ablehnung der geistlichen Ordnungen lag für jene sozial deklassierten, fast stets verachteten Menschen recht nahe”.

Valjavec fährt fort: “Mannigfache Berührungen mit der Unterwelt des Zauberhaften ergaben jedoch nur eine wenn auch sehr tiefe Wurzel des Freidenkertums”. “Zu ihnen” sollen “abgesehen von zeitlosen Kräften seelischer Natur – Nachwirkungen der Antike und des Heidentums” getreten sein.
 
 
 
 

 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 Valjavec stützt sich hier auf Victor Schultze, Geschichte des Untergangs des griechisch-römischen Heidentums, Jena 1892, II. Bd., dessen Behauptungen nicht nur recht skurril und kurios klingen, sondern einem Geist der Fremdenfeindlichkeit (Araber, deren Geist “in die abendländische Welt” “eingebrochen sei), Intoleranz, der leichtfertigen Identifizierung von “Sündenböcken”, der Kriminalisierung von sozialen Randgruppen entspricht, der im NS durchaus an der Tagesordnung stand, weil er das Kernstück der NS-Politik ausmachte.

(42) Valjavec spricht von “Äußerungen unchristlicher Gesinnung” nach Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands, 3-4 IV, 938f.

Neben der Philosophie wurde die Hinwendung zum Menschen durch die sich aus Süditalien verbreitende arab. Heilkunde begünstigt. “Auch die Sterndeuterei” soll dazu beigetragen haben. “Der Einfluß der arabischen Kultur auf das Abendland” soll “etwa seit dem 13. Jahrhundert solche Regungen [des Unglaubens] noch mehr angefacht” haben.

Valjavec schlußfolgert: “Diese verschiedenen Kräfte ergaben zunächst im Westen und Süden Europas seit dem hohen Mittelalter die geistesgeschichtliche Grundlage für einen Unglauben in mannigfacher Abstufung.” Seit dem 13. Jh. will V. “eine fortschreitende philosophische Durchdringung solcher Meinungen” vollzogen wissen. “ Jetzt erst entstand so der freidenkerische Unglaube. Dieser breitete sich unter Gelehrten, Künstlern, Ärzten, Soldaten, Abenteuerern und Lebenskünstlern aus.”
 


 
 
 
 
 
 
 
 

Valjavec hat also auf den Spuren Schultzes die gesellschaftlichen Randgruppen od. zumindest die Gruppen, die der kulturchauvinistischen Sichtweise des ausgehenden 19. Jhs als solche galten, in seine Argumentation um den “Unglauben” integriert.

(43) “Einbruch des Freidenkertums”.

“Die ursprünglichen Hauptverbreitungsgebiete dieses vielfach an den Averroismus angelehnten Freidenkertums scheinen Frankreich und Italien gewesen zu sein.” 

“Dieses Freidenkertum begegnet uns in verschiedener Form, in der Erzählung von den drei Ringen und namentlich in weitverbrei-
(44) teten Glaubenszweifeln. Deutliche Spuren eines solchen Unglaubens finden sich in zahlreichen Literaturdenkmälern der Volkssprachen.”
 

Weil auch in geistigen Belangen am fortgeschrittensten und tonangebend in Europa.
 
 
 

Recht simplistisch Valjavec's Zuweisung “der Erzählung von den drei Ringen” dem Freidenkertum:

 


Valjavec erwähnt den “mittelfranzösischen averroistisch beeinflußten “Roman de la Rose” mit seinem Kult der Sinnlichkeit. In ihm treten bereits die Dame Vernunft und die Dame Natur auf. Natur und Vernunft waren bestimmende Elemente der Freigeister.”
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 


Valjavec entgeht, dass es neben der “hohen Schule” der Gelehrten, der Staatsmänner und Kleriker bis ins frühe 19. Jh. – aber auch danach, bis in unsere Tage - den sogenannten Trivialgeist einer Trivialkultur, also die Ausdrucksformen eines in den puritanisch veranlagten Führungsschichten als verdammenswert und primitiv eingestuften Volksgeistes gab, der, weil die lateinische Sprache theologischen und religiösen bzw. philosophischen Belangen vorbehalten war, gerade in den “Literaturdenkmälern der Volkssprachen” Einzug hielt und kräftig abfärbte. Auf S. 43 erwähnt V. Petrarca (1304-1374), der behauptete, die Meinung sei weit verbreitet, “daß christliche Überzeugungen unphilosphisch und daher ein Zeichen von Unbildung wären”. Dessen Zeitgenosse Bocaccio (1313-1375), der  den für puritanischen Geschmack anstößigen, ja verabscheuenswürdigen “Decamerone” verfasste, dessen Erzählungen sich durch volkstypische Derbheit und Pornographie auszeichnen, erwähnt V. nicht. Und dass diese in der Volkssprache durch die Dichtung verbreiteten Derbheiten, dieser “Ungeist” auch in gebildeten Schichten durchaus goutiert wurde, erwähnt V. wohl deshalb nicht, weil dadurch sein schwarz-weißmalendes Schema zwischen "Rechtgläubigen” und “Rechtgläubigkeit” auf der einen Seite, und “Ungläubigen” und “Ungläubigkeit”, also “Freidenkertum” auf der anderen Seite an Schärfe verlöre und ins Wanken geriete. Die strenge Scheidelinie zwischen offiziell vertretener Religiosität und von offiziell verfochtenem Christenglauben, die auch Valjavec  ziehen möchte, um seinem Begriff des “Freidenkertums” Gehalte zuweisen zu können und dieses “Freidenkertum” in eine historische Kontinuität einbetten zu können, die bereits im 11. abendländischen Jahrhundert ihren Ausgang angenommen haben soll (S.42), erweist sich als stellenweise recht simplistisch-reduktionistisch und als zu mechanisch von Valjavec eingesetzt
V. postuliert: “Der übereinstimmende Grundzug dieses Freidenkertums ist der Zweifel an den Wahrheiten des Christentums, der in den verschiedensten Formen weiter ausgesponnen wurde. Er führte meistens auch zur Leugnung der persönlichen Unsterblichkei. Diese mittelalterlichen Freigeister gingen im allgemeinen weiter als die Deisten des 17. Und 18. Jahrhunderts. Ihr Unglaube ist mehr den den materialistischen Aufklärern verwandt. Dem Humanismus und der gesteigerten Glaubenskraft im 16. Jahrhundert war es zuzuschreiben, daß dieser oft rohe und ungeschlachte Unglaube zunächst noch vom Vordergrund der Geisteskultur ferngehalten werden könnte.”
Postulat
Humanismus

(45) Laut V. erstrebte der H. “kulturell” “eine stärkere Berücksichtigung der antiken Vorbilder, also formale Dinge, die weltanschaulich neutral waren.”

Hervorkehrung des Menschlichen hat die Abkehr vom Christentum in seiner mittelaterlich-scholastischen Form gefördert.

“Abschwächung des Sinnes für die hierarchischen Einrichtungen”.

(46) Die humanistische Frömmigkeitsform der “devotio moderna” hat dem alten Kirchenglauben auch zugesetzt. “Der Glaube wurde nicht mehr in der Art der Scholastiker begründet, sondern aus den Erfordernissen praktischer Lebensweisheit erwiesen.

Der H. förderte Formen der persönlichen Frömmigkeit, “die bis in die Gegenwart wirksam geblieben sind.” Er begünstigte einen weltanschaulichen Rationalismus – aufgeklärter H. (Dilthey, Ges. Schriften, Leipzig-Berlin 1921, II, 74).
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

(47) Der aufgeklärte Humanismus  hat ein neues Verhältnis zur Religion angebahnt.

Nur bei “Sektierern”, also vereinzelt, “begegnet uns die Auffassung, daß alle Religionen von gleichem Wert seien.”

Bei den Florentiner Platonikern Marsilio Ficino (1433-1499) und Giovanni Pico Mirandola (1462-1494) “tritt eine geistesgeschichtlich bedeutsame Wurzel des Deismus zutage (Ivan Pusino, Ficinos u. Picos religiös-philosophische Anschauungen: Zs. F. Kirchengeschichte XLIV (1925) 504-544).

(48) Ficino spricht kennzeichnend von “der Gotteslehre der Juden, Christen und Araber” (Theologia Platonica XVIII/1, Opera, Basel 1561, I,397). Äußerungen des “allgemeinen Glaubens”.

Der Wahrheitsgehalt von Glaubenssätzen ergebe sich “nicht etwa aus der Übereinstimmung mit der christlichen Offenbarung, sondern daraus, ob die Glaubenssätze der Natur zuwiderlaufen oder nicht. Sie müßten für alle Völker und Zeiten verständlich sein (De christiana religione I/1, Opera I,2). Den Weg zur wahren und vollkommenen Religion weise daher die Vernunft (Plotini epitome, proemium. Opera II, 1537. Als Abglanz der göttlichen Vernunft wird sie von F. sehr hoch bewertet. Theologia platonica, X/7. Opera I, 233. Ebda. XI/2. Opera I,240f).

In der Folgezeit sind drei Richtungen des theistischen Universalismus zu unterscheiden.

(49) Davon die “wesenhaft humanistische Auffassung”, “daß alle Religionen und alle Philosophie einen gemeinsamen Wahrheitskern besitzen.” Eine dritte Gruppe betrachtete “alle Religionen als verschiedene, im Grunde aber gleichwertige Ausdrucksformen einer allgemeinen Religion”. Damit beschritt diese Gruppe laut V. “einen unmittelbaren Weg zum Deismus, dem sich auch die beiden anderen Richtungen im Laufe der Zeit stark näherten”.

Die evangelische Theologie übernahm den Begriff eines allgemeinen Glaubens.

(51) Für die dritte Gruppe ist die Philosophie wichtiger als die Theologie, die allgemeine Religion wichtiger als die geschichtlichen Glaubensformen.

V. schlußfolgert: “Es zeigt sich so: daß die Grenzen zwischen dem theistischen Universalismus und dem Deismus, der bereits im 16. Jahrhundert auftrat, nicht scharf gezogen sind.”
 

Valjavec  denkt hier an den theistischen Universalismus des 15. Jhs.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

Valjavec meint, der Deismus sei in seiner unphilosophischen Form älter als der “klassische D.”, wie er von Eduard Herbert v. Cherbury begründet wurde. Weil “Die Auffassung, daß die allgemeine Religion durch Vernunft erkennbar sei”, “zur Begründung einer deistischen Haltung ausgereicht” habe. 
 
 
 
 
 

 

Allerdings äußert Valjavec sich nicht über den einen wesentlichen Unterschied zwischen dem theistischen Universalismus des Humanismus und dem Deismus der Aufklärung: beide Momente zeichnen sich durch Universalismus aus, der sich darin äußert, dass für den Erkenntnisprozess (der Gottes- od. religiösen Wahrheit) beide Male auf Mittel der Vernunft verwiesen und zurückgegriffen wird; es gibt aber einen grundlegenden Unterschied zwischen beiden Momenten: der theistische Universalismus galt dem Menschen als denkendes, fühlendes und gläubiges Wesen, dem ganzen Menschen, während der Deismus der Aufklärer das vernünftige menschliche Wesen, also nicht den ganzen Menschen, zum Gegenstand hat. 
V. meint lediglich, “Der Graben zwischen theistischem Universalismus und Deismus ist an vielen Stellen seicht und schmal.”

Die Verweltlichungdes Geschichtsbildes unter humanistischem Einfluß.

Die Verweltlichung des Staates durch Machiavelli. Lehre von der Staatsräson.
 

Rationalismus und Pragmatismus.

(53) Valjavec glaubt, “Der spätere Siegeszug der Aufklärung ist ohne diese Absage des Staates an mannigfache herkömmliche Rücksichtnahmen gar nicht denkbar. Gewiß haben die europäischen Staaten aus ihrer veränderten Stellung vorerst nicht alle Folgerungen gezogen. Die Fürsten fühlten sich meistens nach wie vor als Christen, als Herrscher über ein christliches Land. Aber sie gewannen die Möglichkeit, unabhängiger als früher zu handeln. Mochten sie in ihrem Gewissen noch so sehr durch ihren Glauben gebunden sein – [...] -, der Staat wirkte fortan nach seinen eigenen Gesetzen.”
 
 
 

 

Valjavec  zieht hier einen zu radikalen Schlußstrich zwischen Machiavellis Lehre und deren praktische Auswirkungen auf den Staatsbetrieb. Er scheint die Überzeugung zu vertreten, dass seit Machiavelli eine Verselbständigung des Staates nicht nur möglich war, sondern auch erfolgte, selbst wenn die jeweiligen Fürsten sich noch als Christen verstanden. Dass diese Verselbständigung, die darin besteht, dass hergebrachte “Rücksichtnahmen” nicht mehr griffen, sehr wenig mit Vernunft zu tun hat, dass sie gefährliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, scheint Valjavec nicht bekümmert zu haben. Deshalb erscheint auch die zu enge Koppelung des Machiavellismus an die Behauptung (Durchsetzung) der Aufklärung als forciert. Aber auch, weil der Staat nicht das alleinige, und auch nicht das prioritäre Objekt der aufklärerischen Vernunftlehre war.
Die Reformation

soll die “Verweltlichung” aufgehalten haben, weil sie “die Teilnahme am Religiösen wieder für mehrere Menschenalter in den Vordergrund rückte.” V. faßt die R. als “Gegenbewegung” auf. Und die sei “auch in wesenhaft katholischen

(54) Formen zum Ausdruck” gekommen. V. bezweifelt, “daß die Reformatoren die alte Kirche gerettet hätten” (wie das Burckhardt u.a. behaupten). Die Reformation habe “eine religiöse Belebung der alten Kirche” bewirkt.

Das Luthertum soll “den Kräften einer aufziehenden neuen Zeit auf die Dauer nicht entsprechenden Widerstand zu leisten vermocht” haben. V. spricht von einer “Kalvinisierung” des Luthertums und von einer “Auflockerung des alten Lehrbegriffs” seit dem ausgehenden 17. Jh.
 


Der Kalvinismus hatte “von Anfang an einen stärkeren humanistischen Einschlag.” Er war “ursprünglich strenger als das Luthertum und weniger konservativ gestimmt”.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

Valjavec erweist sich in Sachen “Reformation” und “Luthertum” undokumentiert und deshalb auf oberflächliche Spekulationen angewiesen. Recht zweifelhaft ist seine Behauptung, die Reformation habe den “Verweltlichungsprozess” des humanistischen Zeitalters aufgehalten. Das Gegenteil ist richtig: es wurde eine Verweltlichung geschaffen, die nicht nur dem Einzelmenschen, dem Individuum, zugute kam, sondern auch der ganzen Gesellschaft, vom Fürsten bis zum letzten Mann. Dass Luthers Lehre von den zwei Obrigkeiten dem offensichtlich an der Theorie des verselbständigten Staates hängenden Valjavec nicht zupass war und wegen der Bejahung der fürstlichen Autorität und wegen des Gebotes, dieser Obrigkeit gehorsam zu sein, aber gleichzeitig auch Gott zu gehorchen, befremdlich erschien, kann nur vermutet werden. Oder gehen Valjavec's Äußerungen ausschließlich auf Unkenntnis zurück ? Was Valjavec mit der Feststellung ausdrücken will, das Luthertum habe “den Kräften einer aufziehenden neuen Zeit auf die Dauer nicht entsprechenden Widerstand zu leisten vermocht” bleibt, weil zu vage formuliert, im Dunklen. Soll er die Aufklärung gemeint haben ? Dafür spricht jedenfalls seine Behauptung, der Kalvinismus habe durch seinen “stärkeren humanistischen Einschlag” liberale und demokratische Bestrebungen gefördert (S.55). Der Kalvinismus sei also, wohl auch wegen seiner “vernünftigeren” Abendmahlslehre, zur Förderung des modernen Zeitalters geeigneter gewesen als das Luthertum. Auf jeden Fall liefert das Luthertum bessere Voraussetzungen für das Funktionieren des verselbständigten Staates, dessen Anhänger Valjavec doch ist. Das hat die Geschichte der 30er und 40er Jahre des 20. Jhs doch bewiesen.
Die Sekten
Ein für die NS-Geisteswissenschaften durchaus typischer Begriff, der vor allem im wissenschaftlichen Betrieb der SS Hochkonjunktur hatte.
Verbinden Gegensätze.

(56) “Angehörige anderer, mehr ausgeglichener Gruppen”, konnten sich dem Freidenkertum nähern. “In zahlreichen Mittelpunkten des Sektierertums regte sich daher zugleich das Freidenkertum.” “Die Grenzen zwischen den Sektierern und Freidenkern verliefen häufig überhaupt unklar.”

Es habe ein “religiöses Vagantentum” gegeben.

(58-62) Sozianismus, dessen Vernunftlehre: die Vernunft ist unerläßlich zur Erforschung der religiösen Wahrheit.

(60) Der Rationalismus habe sich bei den Sozianern mit allen weltanschaulichen folgen durchgesetzt.
 


Indem Valjavec die Vernunftlehre der Aufklärung mit dem “Freigeistertum” einer Reihe von Sekten in Verbindung bringt, würdigt er eigentlich die Aufklärung herab. Zwar besitzen manche Sekten Vernunftansätze, doch viele hielten kaum etwas od. überhaupt nichts von Vernunft. Deshalb ist die Nähe, die Valjavec zwischen Sekten und Freidenkertum herstellt, eher willkürlich.
 
 
 
 

 

(62) Die Freigeister

“Es handelt sich um eine bunt zusammengewürfelte Schar”.

(63) Hofatheisten

(64) “der von allem metaphysischen und geistlichen Ballast unbeschwerte Spitzbube und Lebenskünstler”. Erscheint in den Schelmen- u. Abenteuerromanen des 17. Jhs.

Der “freigeistige Soldat” 

(66) Fast allen Freigeistern ist die Verherrlichung der Natur gemeinsam.

(69) “Die Freidenker des 16. und 17. Jahrhunderts nahmen bereits den Deismus und selbst den glaubenslosen Materialismus der späten Aufklärung vorweg.”
 


 
 
 
 
 
 

Eher als “Söldner” zu bezeichnen.
 
 
 

 

“aus dem ungläubigen Edelmann, Schriftsteller oder Abenteuerer wurde der eigentliche Aufklärer, der mit Überlegenheit auf die sterbende Welt der Bekenntnisse herabblickte. Das “philosophische” Zeitalter zog herauf.  Recht zweifelhaft diese Verortung der Aufklärer im Abenteurertum. Valjavec verkennt eine Hauptwurzel des Aufklärertums, die allerdings bei den Gestalten des “Edelmanns”, des “Schriftstellers” und des “Abenteuerers” (Spitzbuben, Schelme) vorhanden ist: die Selbständigkeit, die seelische, geistige, selbst soziale Ungebundenheit, das Außenseitertum in dem Sinn, dass diese Menschen auf keine gruppenspezifischen Bindungen angewiesen waren; sie sind der Inbegriff der Bindungslosigkeit (der Abenteuerer, der Soldat, der Arzt), daher ihr freiheitliches Flair. Auch kennzeichnen sie sich durch Eigeninitiative, woher ihre schöpferische Kraft herrührt. Es ist aber eine Verkennung der Aufklärung, wenn ihr Zustandekommen und ihre Entfaltung dem gesellschaftliche Außenseitertum zugeschrieben wird. Die bisherigen Ausführungen Valjavec's deuten jedenfalls in diese Richtung.
(69-90) III. Der Anbruch des vernünftigen Zeitalters

Im 17. Jh ist “das Umsichgreifen eines selbstbewußten Vernunftglaubens” wahrnehmbar.

(73f.) Der Pietismus

“An die Stelle des festgefügten Lehrbegriffs war für den Pietisten ein gefühlsmäßiges Christentum getreten, dessen Innerlichkeit und Erlebnishaftigkeit individualistisch war und daher auch vor dem Individualismus der Aufklärung keinen Schutz bot, ja dieser – wie die Empfindsamkeit überhaupt – seelisch nahestand. An die Stelle der “Erleuchtung” mußte lediglich die Betonung des Gewissens oder der Tugend treten, und die

(74) Wendung zur Aufklärung war vollzogen. So bestand zwischen dem hochgespannten Pietismus und der Aufklärung eine Verwandtschaft, die vor allem durch die Bezogenheit auf den Einzelmenschen und die Ablehnung der äußeren und veräußerlichten Erscheinungsformen des Christentums gegeben war (Erich Seeberg, Gottfried Arnold. In Auswahl herausgegeben. München 1934, 4-5 (Einleitung))
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Recht einfältige Darstellung der Beziehung zwischen Pietismus und Aufklärung. So kann nur einer schreiben, der nichts vom Gewissen und von Tugenden, zumindest nicht von den pietistisch-aufklärerischen hält. Und ein solcher scheint Seeberg gewesen zu sein.
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(74f.) Sir Francis Bacon versucht, “die Entdeckungen und Erfindungen verstandesmäßig zu begründen und überhaupt alle Lebensfragen “wissenschaftlich” zu bestimmen. [...] Bacon ist ein wichtiger Ahnherr des Positivismus und des technischen Denkens.”

Aufschwung der Naturwissenschaften.

(76) “die weltanschauliche Auswertung der naturwissenschaftlichen Entdeckungen und der technischen Erfindungen” [Vergrößerungsgläser, Fernrohre] war “zwiespältig.”

(77) Schaffung eines “rational aufgefaßten, von jeder Theologie unabhängigen Naturrechts” durch Hugo Grotius.

(78) “Den Todesstoß versetzte der aristotelischen Scholastik erst Descartes (1596-1650), dessen kritische Philosophie sich im Laufe weniger Jahrzehnte in einer Reihe von Ländern durchsetzte.” Ab dem letzten Viertel des 17. Jhs soll diese Philosophie “mit ihrer Forderung nach Kritik und Gewißheit zu einer Stütze eben dieses Unglaubens” geworden sein.

Thomas Hobbes (1588-1679), mit ihm nahm “die entschlossene Zertrümmerung der Metaphysik” ihren Anfang.
 

Spinoza

(79f.) Kampf gegen Wunder- u. Aberglauben wie gegen den Hexenwahn und die Anfänge der Bibelkritik.

Verspottung des einfachen Volksglaubens - [von der Warte gelehrter Überlegenheit her, was eigentlich mit der Kritik am Christentum nur beiläufig Verbindung hat]

(80f.) Kritik an den sibyllinischen Sprüchen.

(82) Kritik am Glauben an Zauberkräfte mannigfacher Art – im 17. Jh. Glaube an Hexen, Hexenmeister und Zauberer.

(83ff.) Die Kritik beginnt die Grundlagen der christlichen Offenbarung anzugreifen. Die Zeugnisse der Offenbarung wurden einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen.

(84) Es sei “zersetzende” und “gewollt zersetzende Kritik” betrieben worden. So Spinoza.
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Typisches NS-Vokabular, das jeder Form von Kritik, die nicht im NS-Geist erfolgte, sogenannte "Zersetzung" unterstellte. Das entspricht der allgemeinen Kritikfeindlichkeit des NS.

(87f.) Die Geschäftsideale diese Zeitraums.

Utopien.

(89) Seit dem 30-jährigen Krieg wurde das Wort “politisch” zu einem ausgesprochenen Modewort (laut Ulrich Wendland, Die Theoretiker und Theorien der sog. Stilepoche und die deutsche Sprache, Leipzig 1930). Darin kommt “ein Seitenstück zur Staatsräson zum Ausdruck, die Entwicklung zu einem selbständigen Menschentum – allerdings beschränkt auf die Führungsschichte.”

Entfaltung des wirtschaftlichen Rationalismus, der ein neues Zeitalter einleitete.
 

Drittes Kapitel

Die Aufklärung

I. Die Weltanschauung

(91) Menschheit und Menschentum werden als höchster Wert angesehen.

(94) “Eng mit dem Menschenbild des Jahrhunderts ist der Glaube an ein ständiges Fortschreiten verbunden.

(95) V. führt den Fortschrittsglauben auf “Die hochgespannte Auffassung vom Menschen” zurück. “Dieser Glaube untergrub die Achtung vor der Überlieferung als Wertmaßstab.”
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 Ganz richtig, doch so formuliert nur einer, der es mit der Überlieferung hält, also konservativ eingestellt ist.

Die A. legt Nachdruck auf ihre erzieherische Aufgabe. Die Sprache müsse gefördert werden, um den erzieherischen

(96) Notwendigkeiten gerecht werden zu können.

Hemmnisse sah man “allein in der Unvernunft, im Fortbestehen von Mißbräuchen und Vorurteilen.”

(97) “Schule und Kirche sollten das leisten, was die Philosophie nicht bewirken könne: das Volk aufklären und es zur Tugend anhalten.”

(98) Hermann Andreas Pistorius (1730-1795), Pastor in Schwedisch-Pommern, behauptete entgegen Kant, “Die Tugend diene der sittlichen Sicherung und dem Wohle der Menschheit.” (Allg. dt. Bibl. 82/2 (1788) ,466f.)

“Die A. hielt daher den Gottesglauben als Voraussetzung der Tugend und damit der Glückseligkeit für unentbehrlich.”
 

(99) “Für uns, die wir einen größeren Zeitraum, namentlich auch die Entwicklung des 19. Und 20. Jahrhunderts, überblicken können, ist es klar, daß tiefreichende Zusammenhänge zwischen der Aufklärung und dem Christentum bestanden. “Der Glaube an den Menschen und seine Würde” soll laut V. “ein Abglanz christlicher Auffassungen, die allerdings umgedeutet werden”, sein.

[V. scheint den Humanismus ganz zu vergessen].

V. fügt hinzu: “Die A. dachte nicht daran, ihr Menschenbild biologisch oder naturwissenschaftlich zu begründen. In diesem Punkt steht sie der christlichen Welt näher als dem 19. und 20. Jahrhundert” 

“Auch die Wertung der Menschheit als einheitliches Ganzes setzt unbewußt den christlichen Universalismus, den Glauben an die Gotteskindschaft des gesamten Menschengeschlechts voraus.” 
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Hier scheint die NS-Vergangenheit V’s zu sprechen.
 
 
 

V. scheint seine Ausführungen über Theismus und Deismus (S.47-51) vergessen zu haben. So nimmt auch die folgende Behauptung nicht Wunder:

 

"Die Forderung nach Menschlichkeit berührt
(100) sich im wesentlichen mit den Gebiet der Nächstenliebe. Die Glückseligkeitslehre erweist einen unverkennbaren Zusammenhang mit der christlichen Heilssendung.” “Es liegt mir fern – obschon einiges zugunsten dieser Auffassung anzuführen wäre -, die Behauptung zu vertreten, daß die A. als verweltlichtes Christentum anzusehen ist. So einfach liegen die Dinge nicht.”
Das ist nur ein Lippenbekenntnis Valjavec's, denn im weiteren Verlauf bemüht er sich, diese recht kuriose und simplistische These zu unterbauen. Wenigstens bezügl. der Menschlichkeit gilt, dass diese zwar an die christliche Nächstenliebe erinnert, aber sowohl quantitativ, wie auch qualitativ diese übertrifft. Weil die Menschlichkeit nun allen Menschen gebührt, während die Nächstenliebe eigentlich nur dem Christenmenschen galt. Warum diese These eine unzulässige und oberflächliche Vereinfachung ist: die christliche Lehre stellt nicht den Menschen, nicht das Individuum in den Mittelpunkt, sondern Gott und Christus als gottgewordener Mensch; die christliche Lehre fordert von den Gläubigen bedingungslosen Glauben, was in der Aufklärung nicht der Fall ist; die christliche Lehre bewegt sich ausschließlich in der Vergangenheit der Überlieferung, sie ist rückwärtsgewandt, während die Aufklärung nach vorne, in die Zukunft weist; die christliche Erkenntnis verläuft in Kreisform, weil sie immer zu ihrem Ausgangspunkt zurückkehrt, während die aufklärerische Erkenntnis wissenschaftlich verfährt (sich des Experiments bedient); ihre Bewegung ist progressiv (daher der Zukunfts- und Entwicklungsglaube); in der christlichen Lehre ist der Individualismus, die Initiative des Individuums nicht gefragt, während die Aufklärung auf individuelle und kollektive Initiative setzt. Die Innovation (der erfinderische Geist) ist der christlichen Lehre fremd, während die Aufklärung auf den erfinderischen Geist großen Wert legt. Schließlich, und das ist der zentrale Punkt der Aufklärung, spielt die Vernunft die Hauptrolle, während die christliche Lehre von der Vernunft nichts hält. Und schließlich: die christliche Lehre hielt nichts vom Aktivismus des Menschen, während die Aufklärung diesen betonte.
"Die Wirkungen des Christentums äußerten sich auch im Glauben an die Vollkommenheit und an die Gesetzmäßigkeit der Welt. Das Ebenmaß der Dinge spielt für den Aufklärer eine große Rolle. Harmonisch ist für ihn der Aufbau des Weltalls. Harmonie haben auch Kunst und Musik zu sein. Nach Harmonie sollte auch der Mensch streben.”  Valjavec scheint nichts vom Rückgriff der Aufklärer auf den Harmoniebegriff der Antike zu wissen. Vgl. Lessings Betrachtungen über die Laokoon-Gruppe, vgl. Goethes Faust, Iphigenie auf Tauris. Da ist wenig von Christentum vorhanden.
Valjavec forciert die Berührungspunkte der Aufklärung mit dem christlichen Glauben. Was ihn dazu veranlasst, wurde oben angeführt.
(101) “Das Zeitalter empfand den Menschen – und im Grunde sogar die Erde – weiterhin als Mittelpunkt der Welt.”
 
 
 
 
 

(102) “Die Aufklärer glaubten nicht nur an die Vollkommenheit des Menschen, sondern auch an die Vollkommenheit des von ihm bewohnten Planeten. Am Menschen liegt es, die Schwierigkeiten zu überwinden. Er kann sie meistern, weil dies die Natur der Dinge ermöglicht. Die Natur ist kein Feind des Menschen. Sie kann ihm im vollsten Maße erschlossen werden. Die zuversichtliche, durchaus unbiologische Wertung der Natur brachte es auch mit sich, daß der Aufklärer alles Natürliche bejahte. Überhaupt ist die Zuversicht ein hervorstechender Zug der Aufklärung.” 


V. tut so, als ob er nicht wüsste, dass der christliche Glaube nicht den Menschen, sondern Gott und dessen Sohn, Jesus Christus, in den Mittelpunkt stellt.

Die weiteren Ausführungen V’s stehen in krassem Gegensatz zu der vorherigen Forcierung der Nähe von Glauben und Aufklärung:
 
 
 
 
 
 
 
 

Was Valjavec mit der “biologischen Wertung” am Hut hat? Das ist eine eindeutige NS-Reminiszenz.
 
 

 

“So stark christliche Lehren in der A. fortwirkten, eines wurde gründlich ausgeschaltet: die dualistische Auffassung des Christentums. Der Mensch ist gut.” 

(103) [...] aber der großartige Bau aufklärerischer Weltanschauung brach infolge blutiger Kriege, gewaltiger gesellschaftlicher Kämpfe und erbitterter geistiger Auseinandersetzungen zusammen.”
 

Und nicht nur das !
 
 
 
 

Recht pessimistisch Valjavec'’s Einschätzung.
 

II. Die Philosophie

(104) In der A. trat die Philosophie an die Stelle der Theologie.

Der Philosoph nimmt an der Welt Anteil.

V. vermeint im “Aufschwung des Philosophierens” und im “Reichtum der Ideen” die Ursache für die Entfaltung von “geistigen Gegenkräften” erkennen zu dürfen.

(105) Die Unterschiede der Aufklärungsphilosophie in England, Frankreich u. Deutschland bringt V. sowohl mit “der unterschiedlichen geistigen Wesensart dieser Völker” und mit den “stark voneinander abweichenden Eigentümlichkeiten jener Denker” in Verbindung, “die die Philosphie der A. in diesen Ländern eingeleitet haben u. auf die weitere Entwicklung von starkem Einfluß gewesen sind.”
 


Also ein weiteres Element, das der forcierten Annäherung von christlicher Lehre und Aaufklärung widerspricht.
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Stock-nationalistische Sichtweise.
 
 

 

(107) Bei den Engländern die Philosphie der sensualistischen Lehre [d.h. erkenntnistheoretische Anstrengungen]

John Locke: Essay concerning Human Understanding (1690)

(108) Schon bei Locke will V. erkennen, dass “die starke rationalistische Panzerung schadhaft” wurde, wodurch die “geistige Zersetzung” der A. bereits an ihrer Entstehungsschwelle begonnen haben soll. “Mit dem Sensualismus waren die ersten Keime der Gärung in die Philosophie der A. gekommen.”

David Hume (1711-1776) soll “Mit unerbittlicher Schärfe [...] den Auffassungen der A. zu Leibe” gerückt sein und ihnen “philosophisch den Boden” entzogen haben. Sein Skeptizismus der Wahrnehmungen und Begriffe.

(109) [die Widersprüchlichkeit von V.: er ist ein Laie in Dingen der Philosophie]: nun tritt durch Hume “An Stelle der Matephysik” “die Erkenntnistheorie und ein neuer, positivistischer Wissensbegriff.”

(120ff.) Der Materialismus von La Mettrie, Helvétius und Holbach.
 

(121) Valjavec meint, den Materialismus als “eine wesenhafte Äußerung aufklärerischer Geisteshaltung ansehen” zu dürfen, vermeint aber zugleich sagen zu müssen, “daß sich in ihm die Zersetzung des Zeitalters vollzieht, da er dem Menschenbild, auf dem die Aaufklärung fußte, die religiöse Weihe nahm.” Eindeutiger Widerspruch zu dem oben verzeichneten Versuch Valjavec’s, die Nähe von Aufklärung und christlicher Lehre nachzuweisen, im Einklang zu der vom modernen Irrationalismus stammenden Leitsatz, die Aufklärung sei nur ein “verweltlichtes Christentum”. Hier äußert sich die Inkonsequenz von V’s Argumentation besonders krass. Auch zeigt sich, dass V‘s. Eklektizismus nicht nur in der Behandlung der Sekundärliteratur(dessen er sich wohl recht bewusst war, den er aber im “Vorwort” geschickt mit der Anagbe cachiert: “Beim wissenschaftlichen Apparat wurde im allgemeinen von unterrichtenden Hinweisen über Schrifttum abgesehen.”), sondern auch in der regelrechten Konfrontation und damit gelegentlichen Überforderung durch die jeweiligen Kernbegriffe zum Ausdruck kommt: Valjavec möchte zwar dem Zentralthema seines Buches, der Aufklärung, gerecht werden, aber auch den Kernbegriffen, die z.T. nicht aus dem Horizont des Diskussionsobjekts, sondern aus dem seiner ideologischen Sozialisierung, nämlich aus dem völkischen und NS-Gedankengut stammen (z.B. biologistische Anspielungen od. das Schlagwort von der Aufklärung als “verweltlichtes Christentum”). Jetzt bringt er den Begriff des “Materialismus” in die Diskussion herein und konzentriert sich so sehr auf dessen “Bewältigung”, dass er die Übersicht über bisher Gesagtes und Postuliertes verliert, woher sich klare Widersprüchlichkeiten ergeben. Indem Valjavec formuliert, der Materialismus habe der Aufklärung “die religiöse Weihe genommen”, bringt er zum Ausdruck, dass er kein Freund dieser philosophischen Richtung ist.
“Die Ansätze des Materialismus liegen, abgesehen von seinen bis in das Altertum zurückreichenden Wurzeln, im Sensualismus. (Locke) Descartes und Spinoza: dieser hat durch seine Lehre eine materialistische Auslegung der seeli-
(122) schen Vorgänge begünstigt.

Vorgänger der “materialistischen Wertung der seelisch-geistigen Vorgänge” sollen Freidenker gewesen sein: Pankratius Wolff – in Altdorf ausgebildeter Arzt

Joseph Priestley (1733-1804)

(123) Julien Offray de La Mettrie (1709-1751) redete seit 1745 “einem schroffen Materialismus” das Wort. Vorläufer der Entwicklungslehre. Erklärt den Atheismus zur Grundlage der menschlichen Wohlfahrt.

(124) La Mettrie verlasse nach V. den Boden der A.

“Wie sehr der Materialismus das weltanschauliche Gefüge des Zeitalters zerstörte”.
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Der zerstörerische Materialismus.

(125) Hélvetius (1715-1771)

Die Organisationsfähigkeit des Menschen

Der Mensch hat keine Wahl zwischen Gut und Böse. Sie sittlichen Urteile seien durch das Wohl des einzelnen wie das der Gemeinschaft bestimmt.
 
 

(126) Der sittliche Fortschritt hängt von der Bildung ab.

Paul Heinrich Dietrich Freiherr von Holbach (1723-1789) vollzieht die schärfste Ausprägung des französischen Materialismus.

Es gibt nichts als Materie.
 

Valjavec erkennt nicht, dass Helvetius hier materialistischen Determinismus, das Zweckdenken- und –handeln des Einzelnen und der Gemeinschaften und das breite Feld der so mächtigen Vorurteile zum Ausdruck bringt.
 
 
 

 

(127) Der Mensch soll von Helvetius jeder Sonderstellung entkleidet sein. Er sei ein Lebewesen wie die Tiere. Der Glaube, daß er sich über diese erhebe, sei ein Irrtum. Wohl zu vereinfachende Darstellung Valjavec’s: denn Helvetius räumt der Vernunft durchaus einen Platz in seinem System ein. Und dass Tiere Vernunft besäßen, das wird H. sicherlich nicht behauptet haben.
V. erkennt H’s Determinismus nicht, betrachtet ihn nur aus der Perspektive der Entfernung von den Anschauungen der Aufklärung.: “daß er die menschliche Willensfreiheit entschieden leugnet, sich aber gerade von ihrer Verneinung – und dies ist wohl ein Zugeständnis an den Tugendglauben der Zeit – eine sittliche Wirkung verspricht. Die Menschen, so verkündet er, seien von Natur weder gut noch böse. Ihr Verhalten sei bestimmt durch die Erziehung und die Gesetzgebung.”
V. verkennt, welche Bedeutung H. dem Sozialisierungsprozess beimisst. Dass er der Willensfreiheit Grenzen setzt, steht doch mit der Eingrenzung im Zusammenhang, die sittliche Belange erfordern. H. leitet doch damit die Willensfreiheit in geregelte, ausgeglichene Bahnen. So etwas bleibt einem V., der bei der Betrachtung des Materialismus mit Vorurteilen ans Werk geht, völlig verborgen. H. hat den aufklärerischen Höhenflug der Willensfreiheit nur zurecht gestutzt, ins Lot gebracht.
Holbach überzeugter Atheist.

Der Begriff des Radikalismus. Dieser lag laut V. im 18. Jh. nicht bei den Naturwissenschaften [wie im 19. und beginnenden 20. Jh.], “sondern bei bestimmten Spielarten der zeitgenössischen Philosophie.”

Die franz. Naturphilosophie weist einen “verhältnismäßig gemäßigten Charakter auf.” Die naturphilosophischen Ansichten näherten sich dem Materialismus, verfielen aber nicht in dessen “Schroffheiten”. Die Annäherung erfolgte über den sogen. Hylozoismus, den auch Diderot vertrat: “eine Anhängigkeit des Seelischen vom Körperlichen,

(128) die leicht in eine Gleichartigkeit umgedeutet werden konnte.” [was das letztere auch bedeuten mag!]

(129) “Die franz. A. steht bewußter im Leben als die A. in vielen anderen Ländern”. Sie war bemüht, “ganz allgemein den Tatsächlichkeiten des Lebens zu entsprechen.”

Deshalb beansprucht die Kultur- u. Gesellschaftsphilosophie der Franzosen besondere Aufmerksamkeit.”
 

Montesquieu 1689-1755.

(130) Hauptwerk “Vom Geist der Gesetze” (1748)

(131-134) Rousseau (1712-1778)

Soll mit seinen Ansichten zur Zersetzung der A. von innen heraus beigetragen haben.

(132) Rousseau sagt sich vom Individualismus politisch los.
 

(137) Die deutsche Aufklärungsphilosophie bietet ein ruhigeres Bild. Begründer Leibnitz (1646-1716).

(138) Für L. befindet sich die Offenbarung im Einklang mit der Vernunft.

Der Prüfstein für die Wahrheit der Offenbarung ist ihre verstandesmäßige Erklärbarkeit.

L. blieb bewußt Metaphysiker.

(139-144) Christian Wolff (1679-1754)

Seine Lehre hat nicht nur die deutsche Aufklärungsphilosophie, sondern auch den Glauben an die vorherrschende Geltung der Vernunft unter den deutschen Gebildeten begründet.

(144) Der erste Vertreter des Deismus in Deutschland war Hermann Samuel Reimarus (1694-1765).
 

(147-151) III. Nationale Ausprägung

(148) In England kam es unter den ersten Königen der Welfen [V. meint wohl die Hannoveraner] zu einem Ausgleich der A. mit den herkömmlichen Gewalten des öffentlichen Lebens. Die a. paßte sich den gegebenen Verhältnissen an.

Die geistige Entwicklung Englands hat sich von der des Festlandes in starkem Maße entfernt.

(149) In Frankreich wurde die A. seit der Mitte des 18. Jhs eine “grundstürzende Gewalt.” Ihr erlag das alte Königtum.

(151-197) Die Auseinandersetzung mit den Religionsgemeinschaften

(151) V. lehnt die Behauptung ab, die A. sei eine Wirkung des Protestantismus gewesen.

(152) Der sich aus England seit den 30 Jahren des 18. Jhs ausbreitenden Freimaurereisoll die Verbreitung der A. in ihrer gemäßigten, englischen Form in allen Staaten des Festlandes zu verdanken sein. “Der Freimaurerei verdankte das philosophische Jahrhundert in den katholischen Ländern seine ersten großen, in die Breite gehenden Erfolge. Nicht in Frankreich, wo die inneren Kämpfe die Verbreitung der A. auch bei den Katholiken seit dem 17. Jh. förderten.

(174-187) Katholizismus

(174) Die Philosophie von Leibniz und Wolff beendete die Geltung der Scholastik im katholischen Mitteleuropa (laut Hans Sturmberger, Studien zur Geschichte der Aufklärung des 18. Jahrhunderts in Kremsmünster, in: MIÖG LIII 1939, 423ff.).

(175) Das Wesen der katholischen A. war das Bemühend, “die überlieferten Glaubensformen von Mißbräuchen und Entstellungen zu “reinigen” und den Katholizismus mit den geistigen, politischen und gesellschaftlichen Forderungen der Zeit in Einklang zu bringen.”

Zwei Gruppen: die des rechten Glaubens, die den Angleich in äußerlichen und kulturellen Dingen anstrebte, und die Richtung, die sich einem allgemeinen Theismus od. Deismus erschloß.

(176) Die zweite Gruppe: ein großer Teil der josephinischen Geistlichkeit in der Habsburger-Monarchie. Am Niederrhein war der wichtigste Mittelpunkt in den achtziger Jahren des 18. Jhs. die kurkölnische Universität in Bonn.

(177) Man räumte der Muttersprache mehr Raum im Kirchenlied und Gebet ein.

(178) Die katholische A. legte großen Wert auf ein Zusammengehen mit der Staatsgewalt.

(180f. ) Der Josephinismus war eher gemäßigt als radikal.

(187-192) Judentum

Gleichberechtigung.

(189) Der Begründer der modernen jüdischen Aufklärung der Philosoph Moses Mendelssohn.

1781 wurde in Berlin die erste deutschjüdische Schulanstalt, die “Jüdische Freischule” gegründet.

(190) Eine wichtige Folge der A. für das Judentum: “die sprachliche Verschmelzung mit dem jeweiligen Staatsvolk. Sie führte in Deutschland zur Eindeutschung der jüdischen Bevölkerung.”

(197-208) V. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung

(197) Die enge Verschwisterung des “europäischen Liberalismus” und der Anschauungen der A.

Die A. ist ein Ausdruck des bürgerlichen Zeitalters. Sie vertrat Wünsche, die den Belangen und Zielen des Bürgertums dienten.

(198) “Der Bürger entwickelte jetzt seine eigenen Formen des gesellschaftlichen Verhaltens und sah von einer Nachahmung adeliger Vorbilder ab.”

“Kult der Freundschaft und Geselligkeit.”

(199) “Die Frau war im gesellschaftlichen Leben der A. schon annähernd “gleichberechtigt” .“

(201) Wertschätzung der Arbeit – Adam Smith stellte die Arbeit als Grundlage und Maßstab des Nationalreichtums in den Mittelpunkt seiner Lehre.

Eintreten für Beseitigung der Leibeigenschaft.

“Höchste Pflichterfüllung im beruflichen Bereich galt für den Aufklärer als ein unbedingter Wert, als eine unerläßliche Voraussetzung zur Bewährung im persönlichen wie im öffentlichen Leben.”

(202) Die A. nahm früh an den gesellschaftlichen Fragen teil.

Wichtige Forderung die Hebung der Landwirtschaft. Die Bauernbefreiung, die in der zweiten Hälfte des 18. Jhs begann.

1794 Schaffung eines Amtes f. Landwirtschaft durch Parlamentsbeschluß in England.

(203) Die industrielle Revolution aus England.

(208-218) VI. Der Mensch

(208) Enger Zusammenhang zwischen A. und Heilkunde.

(210) Körperpflege.

(216) Anm. 29: “Der bedeutende frauenfeindliche Romanschreiber des deutschen Barocks, der Siebenbürger Sachse Johann GORGAS (1640-1684): Veriphantors Betrogener Frontalbo (1670).

(217) Die Liebe wurde las hoher menschlicher Wert empfunden.

Dafür war das Streben nach Natürlichkeit bestimmend. Die A. lehnte die Ehelosigkeit grundsätzlich ab. Denn die Familie sollte den Bildungsaufgaben dienen.

(218-223) VII. Die Sprache

(219) Überlegungen über ihr Wesen und ihren Ursprung.

(220) Die A. forderten eine starke Berücksichtigung der lebenden Sprachen und deren ausgedehnte Verwendung bei der Jugenderziehung.

(221) Die Teilnahme des Zeitalters galt nicht den Mundarten, die erst seit der Romantik berücksichtigt wurden, sondern den kulturell ausbaufähigen Nationalsprachen.
 

(223-241) VIII. Schrifttum und Dichtung

(223f.) Laut V. sollen die Schriftsteller die wirklichen Verkünder der A. gewesen sein.

Der “Glaube an die Einheit des Wissens” verlieh dem Schriftsteller ein bisher nicht gekanntes Selbstbewusstsein und eine umfassendere Wirkung als früher. 
 

Über den Menschen als Einheit ließ V. bisher nichts verlauten.
Dass “Der Schriftsteller [...] sich jetzt in allen Zweigen des Wissens und der Schriftstellerei” bewegte, in der “Philosophie, Theologie, Geschichte, Politik”, als auch in der Wirtschaft, in den Naturwissenschaften und in der Heilkunde (V. verweist hier auf Fritz Schalk, Einleitung in die Encyklopädie der französischen Aufklärung, München 1936, 12) entspricht doch der universalistischen Ausrichtung, dem universalistischen Verständnis der A., die in enzyklopädischen Bestrebungen und Projekten am gediegensten zum Ausdruck kommen und ihren Niederschlag fanden. Wenn die Gelehrten sich auf universalistischen Bahnen bewegten, dann konnten die Schriftsteller doch nicht nachhinken]. V. schreibt weiter: “Es handelt sich bei diesem Streben nach Universalität 
(225) nicht etwa um eine leere Formel. Der echte Aufklärer hatte tatsächlich einen Zug zum Umfassenden.”

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Das wurde eher als Pflicht verstanden. Die Schriftsteller waren wie auch die Gelehrten von ihrer Berufung überzeugt.

Die A. sei “dichterisch ebenso unbeholfen wie sie im Grunde humorlos” gewesen.

“Eine selbstgefällige Geisteshaltung” bedurfte keiner tiefen Satire (So Jean Pierre v. FLORIAN (1755-1794) in der Vorrede zu seiner Don-Quichotte-Übersetzung, Paris AN VII. I,2). Die Dichtung dieses Jahrhunderts wirkte gekünstelt und lehrhaft.

(226) Bei den meisten Dichtern verbirgt sich ein Streben nach Logik, das den Mangel an wahrer Schöpferkraft ausgleichen soll. 

Das Prosaschrifttum erlebte seine erste große Blütezeit, weil “auf dem Gebiet der Prosa” “das nüchterne, undichterische Zeitalter so richtig in seinem Element” war. 
 

Valjavec übersieht, dass der Wertmaßstab der Aufklärung. eben von der Vernunft, von der Logik vorgegeben war, also logische Dichtung gefragt war. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Es gibt auch weitere Ursachen für diese Entfaltung: eben der Universalismus, die Öffnung in Bereiche und Richtungen, die bisher verboten oder verpönt waren.

 

(228) Moralische Wochenschriften: Tatler 1709-1711 (Steele, Joseph Addison).

(228f.) Der lehrhafte und der satirische Roman nahmen von England ihren Ausgang.

(229) Swift, Gullivers Reisen (1726).

Daniel Defoes “Robinson Crusoe” (1719) – Entwicklungsgang der Menschheit 

Samuel Richardson begründet den englischen u. europäischen Familienroman. Oliver Goldsmith “Der Landprediger von Wakefield” der erste Höhepunkt dieser Gattung.

(230) Der humorististische Roman: Henry Fielding und Lawrence Sterne: Tristram Shandy (1760ff.).
 


 
 
 
 
 
 
 
 

Eigentlich ein Loblied auf die menschliche Erfindungs-, Improvisations- und Organisationskraft, auf den pragmatischen Geist, was Valjavec überhaupt nicht der Rede wert ist.
 

 

(232ff.) Frankreich

Es hat wenig zum “Formenschatz” des aufklärerischen Schrifttums beigetragen.

(234f.) Deutschland.

Selbständigen u. umfassenden Ausdruck erst durch das Wirken unserer Klassiker.

(235) “Einen selbständigen Zug besitzt das deutsche Schrifttum dieses Zeitalters nur durch die starke Hervorhebung erzieherischer Absichten. [...] Die übrigen schriftstellerischen Leistungen der deutschen A. sind vor allem im philosophischen Zusammenhnag bemerkenswert.”

(236) Durch die Entdeckung der Volksdichtung wurde die aufklärerische Einseitigkeit vorgeführt.

James Mcpherson (1736-1796) – ossianische Dichtungen von M. gefälscht. Wegbereiter der Vorromantik

Herder.

(237) England u. Frankreich kannten eine romantische Bewegung wie in Deutschland nicht

(238) Die Anfänge der Literaturgeschichte fallen in die Aufklärung.
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Bemerkenswert, dass Valjavec die beiden “Klassiker” Goethe und Schiller nicht behandelt. Schiller erwähnt er überhaupt nicht und Goethe nur nebenbei. Die waren ihm sicherlich eine Nummer zu groß.

(241-258) IX. Kunstschaffen

(244) Der Klassizismus als eigentlicher künstlerischer Ausdruck der Aufklärung.

(245) Streben nach der wahrheitsgetreuen Wiedergabe der Natur.

Der “geometrische” Garten zuerst in England durch den natürlichen Garten ersetzt 

(247) Der Klassizismus errang erst im letzten Drittel des 18. Jhs. Geltung.

(253) Boileau (1636-1711): Nur das Wahre ist schön und wahr nur das Vernünftige.

(254) Die Lehre von der Ästhetik, von Alexander Baumgarten (1714-1762) begründet.

(256) Das schaffen Johann Joachim Winckelmanns (1717-1768) hat dem Klassizismus zum Sieg verholfen.

Die “edle Einfalt und stille Größe” der griechischen Antike.

(257) Lessing schloß sich Winckelmann an.

Winckelmann soll sich “mit der Auffassung, daß die Kunst Ausdruck eines ganzen Zeitalters sei”, “schon stark dem organisch-geschichtlichen Kulturbegriff” genähert haben.
 


 

Das ist eher ein Ausdruck der Romantik, als der Aufklärung.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

(258-266) X. Schule und Erziehung

(259) Die Erziehung wurde neben der Propaganda (Über die Bedeutung der P. Troeltsch, Ges. Schriften, IV, 836) zu einem wichtigen Teil der A.

(266-284) XI. Wissenschaft

Naturwissenschaften
(274) Chemie, Physik, Botanik
Kulturwissenschaften, Entfaltung im 19. Jh., “mit dem Sinn für das Wuchshafteverknüpft.”
(275) “Die Anfänge dieser neuen Betrachtung reichen in das philosophische Jahrhundert zurück.” (Meinecke, Historismus, 13 ff.).
“Teilnahme des Zeitalters an völkerkundlichen Fragen”.
Vergleiche mit Naturvölkern.
Der Göttinger gelehrte Christoph Meiners (1747-1810) soll “den grund zur Völkekunde als einer selbständigen Wissenschaft gelegt” haben (Alexander Ihle, Christoph Meiners und die Völkekrunde, Göttingen 1931, bes. S. 12ff.).
(276) Die überseeischen Eroberungen der Kolonialmächte begünstigten die Entstehung der Völkerkrunde.
Fragen die hin zur Anthropologie führen.
(277) Der europäische Gelehrte war imstande, “vergleichende Studien anzustellen.”
 

(278) Reisebeschreibungen, die seit dem Zeitalter des Barock in zunehmender Zahl erschienen, lieferten den völkerkundlichen Stoff.
(279ff.) Erdkunde. Verläßliche Landkarten.
(281) Altertumsforschung.
Die Orientalistik als selbständige Disziplin soll von Johann David Michaelis begründet worden sein.

(282ff.) Theologie
(284) Die kirchengeschichtliche Forschung blühte erst jetzt auf.
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

V.‘s Sprachpurismus: statt “Missionare” schreibt er “Glaubebensboten”.

 

(284-294) XII. Die Welt des Geschichtlichen

V. vergleicht die aufklärerische Geschichtsauffassung mit der Folgezeit und mit der des Barock.

(285) Im Barock war alles dem Vordergrund der Ereignisse gewidmet. Sinn des Barock für das Altertümlich und Seltsame.

(287) Die jesuitischen Bollandisten (Joh. Bolland 1596-1665) räumten mit den legendenbildungen der Vergangenheit auf. Die “Acta sanctorum”.

Der Mauriner Jean Mabillon (1632-1707) begründete im wesentlichen die Urkundenlehre.

(288) “Manche Leistung der Geschichtsforschung im Zeitalter der A. ist so im Grunde barocken Nachwirkungen zuzuschreiben.”

Die Aufklärung  “verhielt sich gegenüber der Vergangenheit weniger vorurteilsfrei als gegenüber dem Stoff anderer Wissenschaften.” Aus der Geschichte konnte die A. den Fortschritt der Menschheit ableiten: Finsternis und Unvernunft der Vergangenheit versus Verfeinerung der Sitten. Die A. soll “den Äußerungen der Vergangenheit nicht um der Sache willen” nachgegangen sein, weil sie sie “im Dienste einer zeitgebundenen Auffassung” untersuchte. Valjavec argumentiert: “Die großen geschichtlichen Darsteller des 18. Jahrhunderts, Voltaire ebenso wie Gibbon, haben Glaubenssätze der A. aus der Geschichte bewiesen. So konnte die A. die Vergangenheit nicht aus sich heraus verstehen, nicht dem eigentümlichen Geist entschwundener Zeiten gerecht werden.”
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Valjavec wirft der aufklärerischen Geschichtsschreibung das vor, was er in seinen Werken, vor allem wenn es um den deutschen “Volks- und Kulturboden” geht, bis zum Erbrechen vorspielt.

(289) V. räumt trotzdem ein, dass “die Ersetzung der Theologie durch den Fortschrittsgedanken von kaum zu überschätzender Bedeutung” war.

Eine Vergeschichtlichung des Weltbildes, die bis in unsere Tage fortdauert. “Die Geschichte tritt an die Stelle der Theologie, indem sie zum Weltgericht wird.” 
 
 
 
 
 
 

bzwar V. – und das ganz unbegründet – wieder betont, die Entwicklung der Geschichtswissenschaft habe “den ursprünglichen Absichten des Jahrhunderts gar nicht” entsprochen, muss er zugeben, dass zwei weitere Umstände die Geschichte damals in hohem Maß förderten: “die gesteigerte Kritik und die weltgeschichtliche Weite der Betrachtung”.
 
 
 
 

 


 
 
 

Valjavec vermeidet es, auf die moralisch-sittliche Dimension des aufklärerischen Geschichtsbildes hinzuweisen. Statt dessen obiger Spruch, der leider eine auch heutzutage fest verankerte Sichtweise in rechten bís hin zu rechtsradikalen Kreisen in Verbindung mit den NS-Untaten ausdrückt.
 
 

Damit wird die Widersprüchlichkeit von Valjavec‘s Vorbehalt bzw. seiner These vom angeblichen Ausgangskonflikt zwischen den ursprünglichen Absichten der Aufklärung. und der Entfaltung der aufklärerischen Geschichtswissenschaft umso sichtbarer. Aus dieser Betrachtungsweiße V.‘s spricht eher sein Unbehagen, ja seine Ablehnung des auf Vernunft, Kritik und Universalismus beruhenden Geschichtsbildes der Aufklärung. Den Rationalismus dieser Sichtweise lehnt V. als sozialisierter NS-Historiker verständlicher weise ab.

Kritik wurde in der Geschichtsschreibung der A. zum Grundsatz. “Die A. hatte vor aller Überlieferung und vor allen herkömmlichen Autoritäten wenig Scheu. Aber das Streben nach strenger Kritik war erst in Verbindung mit einer folgerichtig, wenn auch oberflächlich angewandten pragmatischen Methode von fruchtbarer Wirkung.
 

Die Ursachen der Vorgänge wurden fortan ebenso wie ihre Auswirkung auf das menschliche Wohl berücksichtigt
 

“Und da sie die Menschheit als Ganzes betrachtete, war auch der entscheidende Schritt zu einer tatsächlichen Weltgeschichte getan.”

“Moderne weltgeschichtliche Betrachtung beginnt mit Voltaire, der sie mit dem Fortschrittsgedanken erfüllt”. “Versuch über die Sitten” (1753) – der erste Anlauf zu einer wirklichen Weltgeschichte. “Die A. hat diese Wendung zur Weltgeschichte erzwungen” 
 
 
 

Die “weltgeschichtliche Schau” soll “zur geistigen Überwindung des 18. Jahrhunderts beigetragen” haben.
 
 

 

Wozu diese abermalige halbherzige Bemerkung? Der vernunftgeprägte Pragmatismus schmeckte dem im irrationalistischen “Pragmatismus” der NS-Ideologie sozialisierten V. wohl gar nicht ! 
 
 
 

Eine Umschreibung der moralisch-sittlichen Natur dieser Geschichtsbetrachtung. Daher leitet V. die “geistige Möglichkeit zu weitausgreifenden Darstellungen” ab.
 
 
 
 

Ganz im Geiste der NS-Geschichtsschreibung formuliert: eine in sich geschlossene, zügige, ungezwungene Entwicklung als ihr Gegenteil auszuweisen, auch, bzw. nur, weil eben das am Werk war, was der irrationalistische NS verabscheute und kompromisslos bekämpfte: die Vernunft in ihrer reinen Menschlichkeit. Im irrationalistischen Verständnis war dort, wo Vernunft gegeben, auch „Zwang“ gegeben.
 

Eine weitere halbherzige Bemerkung V.‘s, die an den Tatsachen vorbeischießt. Es ist bemerkenswert, dass er grundsätzlich, also nicht nur bei der Betrachtung der Aufklärung, in den Höhepunkten und Hochleistungen des betreffenden Zeitalters od. Zeitgeistes auch gleich die jeweiligen Totengräberdes betreffenden Zeitalters erblickt.
 

(290) “Erst die umfassende, seit 1730 erscheinende englische Weltgeschichte versuchte die Geschichte der Welt als Ganzes zu begreifen und darzustellen (A Universal History from the earliest Account of the Time to the Present ..., 1730ff. Deutsche Übers. 1745ff.), aber freilich immer noch mit einseitiger Bevorzugung des Mittelmeerraumes, der von der A. als eigentliche Wiege der Kultur angesehen wurde.”

(291) Erst durch Johann Lorenz von Mosheim (1694-1755) wurde die Kirchengeschichte säkularisiert und der Geschichtswissenschaft als selbständiges Teilgebiet angegliedert (Karl Heussi, Johann Lorenz Mosheim. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte des achtzehnten Jahrhunderts, Tübingen 1906). 

„Wie ernst das Jahrhundert seine geschichtlichen Aufgaben selbst dort nehmen konnte, wo man es eigentlich gar nicht erwarten würde, veranschauliche Marmontels Werk über die Regentschaft des Herzogs von Orléans. Marmontel, der 1771 zum Historiographen von Frankreich ernannt worden war, gab sich Mühe, seinem Amt „würdig“ zu entsprechen.
 

Ganz im Geiste der NS-Geschichtsschreibung formuliert: eine in sich geschlossene, zügige, ungezwungene Entwicklung als ihr Gegenteil auszuweisen, auch, bzw. nur, weil eben das am Werk war, was der irrationalistische NS verabscheute und kompromisslos bekämpfte: die Vernunft in ihrer reinen Menschlichkeit. Im irrationalistischen Verständnis war dort, wo Vernunft gegeben, auch „Zwang“ gegeben.

(292) [Eine weitere Halbherzigkeit V.‘s, nun im Zusammenhang mit Marmontels „Régence du duc d’Orléans“] 
 
 
 
 

Es wird offenbar, dass V. der aufklärerischen Geschichtsschreibung nur schweren Herzens die eigentlichen Verdienste zuerkennt, wohl wegen seines allgemeinen Vorbehalts gegen die rationalistische Forschungsweise.

 

(291) Erst durch Johann Lorenz von Mosheim (1694-1755) wurde die Kirchengeschichte säkularisiert und der Geschichtswissenschaft als selbständiges Teilgebiet angegliedert (Karl Heussi, Johann Lorenz Mosheim. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte des achtzehnten Jahrhunderts, Tübingen 1906).
 
 

(292) “Wie ernst das Jahrhundert seine geschichtlichen Aufgaben selbst dort nehmen konnte, wo man es eigentlich gar nicht erwarten würde, veranschauliche Marmontels Werk über die Regentschaft des Herzogs von Orléans. Marmontel, der 1771 zum Historiographen von Frankreich ernannt worden war, gab sich Mühe, seinem Amt “würdig” zu entsprechen.” 

Voltaire wurde mit seinem “Jahrhundert Ludwigs XIV.” (1751) der Begründer der Kulturgeschichte.


 
 
 
 

Eine weitere Halbherzigkeit V.‘s, nun im Zusammenhang mit Marmontels “Régence du duc d’Orléans”:
 
 

Es wird offenbar, dass V. der aufklärerischen Geschichtsschreibung nur schweren Herzens die eigentlichen Verdienste zuerkennt, wohl wegen seines allgemeinen Vorbehalts gegen die rationalistische Forschungsweise.
 
 
 

 

(293) V. wiederholt seine kritischen Punkte an der aufklärerischen Geschichtsschreibung: “Die Schwächen der Geschichtsschreibung der Aufklärung ergeben sich aus der Vernachlässigung des Quellenstudiums, aus dem Unvermögen, die Eigenart entschwundener Zeitalter zu verstehen, und aus einem nur zu oft oberflächlich angewandten Pragmatismus.”

(294-301) XIII. Das Recht

(296) Siegeszug des Natuhrrechts.

Lehre vom Gesellschaftsvertrag.

(297) Montesquieu, “Geist der Gesetze”.

(300) “Das unausgesprochene Ziel war der Rechtsstaat, in dem alles durch klare, zweckmäßige Gesetze

(301) von allgemeiner Geltung geregelt ist.”

(301-316) XIV. Die politischen Wirkungen

(304) Zusammenhängend werden die politischen Wünsche des Zeitalters erstmals durch Montesquieu entwickelt. Er verweist auf England als das vorbildliche Beispiel der Gewaltenteilung.

(305) Der Krieg war den Aufklärern als Äußerung des Unberechenbaren unheimlich.

Erst jetzt gehörte ein pazifistischer Grundton zum europäischen Kulturbewußtsein.

(307) Religionstoleranz

“Toleranz wurde zu einem Modewort des philosophischen Zeitalters.”

(308) Das Recht des Staatsbürgers auf Kritik, auf öffentliche Kritik.

Die A. hat zur zukünftigen Geltung des Parlamentarismus Entscheidendes beigetragen. Forderung nach einer gewählten Volksvertretung.

Betonung der Menschenrechte.
 

“Die wachsende Unzufriedenheit mit den herrschenden Verhältnissen erstreckte sich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts auch auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Gebiet. Kommunistische und sozialistische Ansichten begegnen uns bei verschiedenen französischen Schriftstellern des vorrevolutionären Zeitalters. Der Abbé Gabriel Bonnet de Mably (1709-1785De la législation ou principes des lois, 1776) verlangte die Förderung einer möglichst weitgehenden Gleichförmigkeit in den Lebensbedingungen und in der Besitzverteilung. Die Einführung des Eigentums habe die Gleichheit zerstört. Doch sei die gewaltsame Abschaffung des Privateigentums untunlich, da dies den Unfrieden unter den Menschen steigern würde.”

Raynal "verurteilt nicht das Privateigentum, tritt aber für die unterdrückten farbigen, für die Besserstellung des Arbeiters und für die Beseitigung des ausbeuterischen Monopolhandels ein.”
 


Wie eng gefaßt, von politisch-ideologischen Stereotypen der Rechten geprägt die Auffassung V.‘s über “Kommunismus” und “Sozialismus” ist.
 
 
 
 
 
 
 

Egalitarismus ist nicht zwingend Kommunismus.
 
 

Das soll Kommunismus sein?

(312) V. meint, “Derartige Anschauungen bereiteten die sozialistischen und kommunistischen Lehren der Folgezeit vor. Sie konnten sich zunächst ungehindert ausbreiten.”

Kritik am Kolonialismus. Ablehnung der Sklaverei.

(313) Kampf gegen Leibeigenschaft.
 

 “Die Äußerungen des Zeitalters über das Kolonialsystem blieben vorerst wirkungslos, aber sie waren bedeutsam als Zeichen zunehmender politischer Radikalisierung.”
 
 

(317-324) XV. Nebenströmungen der Aufklärung

(317) Der aufklärerische Individualismus soll laut V. “auch eine Würdigung des Irrationalen” begünstigt haben.

(319) Seelische Kräfte, die von der Aufklärung vernachlässigt worden waren, forderten ihr recht, meint V.

(323) Die “sogenannte ägyptische”Freimaurerei soll der Betrüger Cagliostro (Giuseppe Balsamo 1743-1795) begründet haben. 

(324) V. deutet “solches Treiben” als Offenbarung der “Grenzen der A., die nicht vom ganzen Menschen Besitz ergreifen konnte.” 
 
 
 
 
 
 

 


 
 
 

 Ganz kurios Valjavec's Äußerung über die Opposition des Zeitalters gegen das Kolonialsystem.
 

Wenn die Einforderung der Gleichbehandlung anderer Rassen durch die weißen Eroberer u. Kolonialisten als “Radikalisierung” angesehen wird, dann ist es klar, in welchen ideologischen Wassern V. zu Hause war.
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Höchstwahrscheinlich eine Legende, die den Zweck hatte, die Freimaurerei auf Betrüger zurückzuführen, also diese Bewegung als betrügerisch abzustempeln.
 

Welches Gedankensystem kann überhaupt “vom ganzen Menschen Besitz ergreifen”? Keines ! Deshalb ist V.‘s Einwand nicht überzeugend.
 
 

 

(324-332) XVI. Der Kampf gegen die Aufklärung

VIERTES KAPITEL

Das Ende des Aufklärungszeitalters und Fortdauer der Aufklärung

(333-345) I. Der geistige Kampf um das neue Jahrhundert

(333) V. zählt auch “das entstehende Geschichtsbewußtsein” zu den geistigen Elementen, welche die Wirkung der A. beeinträchtigten [Das gilt nur bedingt]

Gegen Mitte des Jhs begegnen in Frankreich Zweifel an der Zukunft der Kultur.

(336) Die Abkehr von der A. soll sich in Deutschland in der Entstehung des Idealismus seit Lessing niedergeschlagen haben. Dieser bestimmte “nicht nur den Inhalt der klassischen Dichtung, sondern auch die Anschauungen der Gebildeten in starkem Maße.” (Troeltsch, Ges. Schriften, IV,532f.)

Kants kritische Philosophie soll die beherrschende Geltung der Vernunft beseitigt haben. “Der “Vernünftigkeit” des 18. Jahrhunderts wurde dadurch philosophisch der Boden entzogen”

(357) V. spricht im Zusammenhang mit dem Kampf der A. gegen Kant über “rationalistische Rechthaberei”.

(339) Die Romantik soll in Deutschland ihr Mutterland haben.

In ihrer Rückwärtsgewandtheit will V. eine “konservative Aufgabe” erkennen. Sie “belebte den sinn für die Überlieferung und für die nationale Eigentümlichkeiten.”

“Sinn für die überlieferten Ordnungen”.

(340) Die Französische Revolution: “diese unselige Revolution.”

(343) Die mit dem philosophischen Zeitalter zusammenhängende liberale Bewegung.
 


 
 
 
 

 Falsche Einschätzung.
 

[In der Tat erfolgte eine Einengung vom ganzen Menschen zum einseitigen, von Ideen regierten Menschen.
 
 
 

 

(345-358) II. Die “Wiedergeburt” der Aufklärung

(345) Seit dem Ende der 20er Jahre eine Radikalisierung im Lager des politischen Fortschritts wahrnehmen. Seit der Julirevolution sonderte sich die demokratische von der liberalen Bewegung endgültig ab. Die Demokraten waren weniger zu Zugeständnisseen bereit.

(346) Die Demokraten sollen mit der Vergangenheit völlig gebrochen haben. Sie sollen in religiösen Dingen sich “die Waffen von der schroffen Aufklärung” geliehen haben. Die Aufklärung soll “seit den dreißger Jahren zur Rüstkammer des politischen Radikalismus” geworden sein 

(348) Umsichgreifen atheistischer Gesinnung beim “linken Flügel” der Hegelschüler und bei Karl Marx und seiner Bewegung.

(351) Sozialistische Lehren

“Keine Utopie kann einer rationalistischen Grundhaltung entbehren”.

Der Saint-Simonismus. Claude Henri Graf von Saint-Simon (1760-1825) erkannt als einer der ersten die soziale Frage in ihrer modernen Form.

(353) Das Dessauer Philantropium.

(354) Charles Fourier (1772-1837).

(355) Robert Owen (1771-1858) soll laut V. mit der Zeit zu einem “bodenlosen Schwärmer” geworden sein.

“Viele Gedanken übernahm der schwärmerische Sozialismus von der Aufklärung.”
 


 
 
 
 
 

V. folgt Hans Rosenberg, Theologischer Rationalismus und vormärzlicher Vulgärrationalismus, in: Hist. Ztschr 141, 1930, S.497ff. Ders., Arnold Ruge und die “Hallischen Jahrbücher”, in: Archiv f. Kulturgesch. XX, 1930, 281ff.); recht verdrehte Handhabung dieser politischen Kategorien, von Valjavec nicht überzeugend dargelegt.
 
 
 

Hier gelten unsere Bemerkungen zu “Politische Strömungen..., S.207-228, vor allem S.217,218,228.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

(356) Mit August Comte (1798-1857) erreichte “Das Streben nach einer wissenschaftlichen Lösung aller gesellschaftlichen Fragen, nach einer wissenschaftlich durchdachten Organisation der ganzen Menschheit” seinen Höhepunkt. Begründer des Positivismus.

(357) Rational-humanitäre Ersatzreligion. Comte wies der Wissenschaft den Platz zu, den die Aufklärung der Philosophie zugewiesen hatte.

“Comte wie die schwärmerischen Sozialisten....”

(357f.) Der Marxismus.
 

III. Ausklang

(358) “Ein gutes Stück Aufklärung steckt nicht nur in den verschiedenen Freidenkerbewegungen, sondern auch in jeder religiösen Entfremdung beim modernen Menschen.” 

(360) “eine zunehmende Einebnung aller überlieferten Kulturkreise”.

 “Dennoch kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die verstandesmäßigen Züge unserer Kultur verblassen. Der Aufstieg der Naturwissenschaften hat seit dem Beginn der Neuzeit zur Überwindung der überlieferten theologischen Kultur wesentlich beigetragen und der Aufklärung entscheidend den Weg geebnet. Aber eben die Natur- und Erfahrungswissenschaften zersetzen die geistigen – aufklärerischen – Grundlagen, auf denen die moderne Kultur beruht.”
 

Recht zweifelhafte Formulierung.
 
 
 
 
 
 

Der PessimistValjavec.
 
 
 
 
 

Hat Valjavec überhaupt den NS in dieses düstere Bild einbezogen ?

Valjavec begründet: “Das philosophische Zeitalter gründete sich auf die Annahme, daß die Welt ebenmäßig und wohlgeordnet sei. Der Mensch erschien ihm als der Mittelpunkt des Lebens, ausgestattet mit großen Gaben, mit göttlicher Weihe und einer verheißungsvollen Zukunft. Dieser Glaube wurde im 19. Jahrhundert durch die Naturwissenschaft erbarmungslos vernichtet.

Nach den Erkenntnissen der Entwicklungslehre ist der Mensch nicht mehr ein fester Mittelpunkt, nicht mehr der höchste Wert in der natürlichen Welt, sondern ein “zufälliges” Lebewesen unter vielen anderen”
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 


 
 
 
 
 

Wirklich ? 

Recht vereinfachend, vulgarisierend, diese Sichtweise. Die Argumentationsweise aus rechter Ecke ist unverkennbar. Es wird in fahrlässiger Weise alles auf die Naturwelt reduziert, wo der Mensch in der Tat nur ein Glied in der Artenkette darstellt, allerdings das höchste, was Valjavec und seine verquere Argumentation verschweigt. Und die Entwicklungslehre spricht gar nicht von Zufall, dass der Mensch am Ende der Evolutionskette steht, sondern als gesetzmäßige Entwicklung (Evolution), von der Valjavec auch nichts gehört haben will. Ferner tut Valjavec so, als ob das Umfeld des Menschen, sein Habitat die wilde, entfesselte Natur sei, nicht die menschliche Gesellschaft, in der der Mensch durchaus den Mittelpunkt darstellen soll und muß !

 

(360f.) Der vulgäre Pessimismus von Valjavec geht weiter: “Für die moderne Astronomie verkleinerte sich die Erde zu einem winzigen Punkt innerhalb des Weltalls, der von zeitlich beschränkter Dauer ist. Alle festen Wertmaßstäbe wurden dadurch hinfällig. Die Aufklärung fußte aber in ihrem Menschen- wie in ihrem Weltbild gerade auf solchen festen Wertmaßstäben. Wie konnten unter solchen Umständen die Bewertung des Menschen als die Krone der Schöpfung und der Glaube an seinen Fortschritt aufrechterhalten werden?” 

(361) Valjavec beruft sich auf die “Würde” des Menschen, deren ihn die Naturwissenschaft entkleidet hätte. V. beruft sich auf Herbert Spencer, der ja ein klarer Biologist ist

(362) Die “wissenschaftliche “Erledigung” der Aufklärung” durch den Biologismus.

V. thematisiert die “Vermassung”; den “Funktionalismus”, der den Menschen entwertet.

(363) “Die Ehrfurcht vor dem Leben schwindet”. V. erwähnt die Befürwortung der Vernichtung “unwerten” Lebens durch Ernst Haeckel (1834-1919) 1868.
 

 Vulgärer  Pessimismus !!!
 
 
 
 
 
 

Hier zeigt sich, dass Valjavec kein geborener Philosoph ist. Sonst würde er nicht alles durcheinander mengen. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

Der Josephinismus

Zur geistigen Entwicklung Österreichs im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert
2., wesentlich erweiterte Auflage

München 1945
Verlag von R. Oldenbourg

nnenseite Titelblatt: “Dem Gedächtnis Arnold Oskar Meyers".
Ursprung und Dauer

(1) “sich in der Folgezeit zusehends nivellierenden Kultur der weißen Völker”

(17) Einschränkung der Freimaurerei durch Joseph II. 1785.

(19) Die Bürokraten blieben auch nach Joseph II. zum größten Teil der Aufklärung treu. “Überhaupt ergänzte sich die Bürokratie seit der Zeit etwa Joseph II. meistens in josephinischem Sinne.”

(25-33) Umfang und Erscheinung
(34-121) III. Religion und Weltanschauung

(36) Die Vernunft ist für den Josephiner “etwas Göttliches. Sie lehrt die Wahrheit nicht nur der natürlichen Religion, sondern fördert auch die Erkenntnis des historischen, geoffenbarten Glaubens (Frint, Handbuch der Religionswissenschaft für Candidaten der Philosophie, Wien-Baden-Triest 1806-13, II/2, 3ff.), der 
(37) von jenen geschieden wird. Für den Josephiner der älteren Richtung stand die natürliche Religion im Vordergrund, woraus sich zugleich eine mehr oder minder starke Abkehr vom Dogma ergab.”

Die Vernunft schafft im Verein mit dem Staat “die weltlichen natürlichen Grundlagen für das Wohlergehen der Menschen”.

“bedeutete die Auffassung, daß der Staat über die Äußerungen des Religiösen im praktischen Leben zu wachen habe, daß die Religion ein “Politicum” sei”. Damitwird der Wirkungsbereich der Kirche stark eingeengt.

Das Ehepatent vom Januar 1783: es handle sich bei der Ehe um einen bürgerlichen Vertrag [allgemeine Verbürgerlichung]

(38) “Noch im Laufe der josephinischen Entwicklung trat die staatsbürgerliche Erziehung mehr und mehr in den Vordergrund.”

(39) Die josephinische Geschichtsauffassung von der Aufklärung grundlegend bestimmt.

(40) “Aus dem Glauben an den beständigen Anstieg der Menschheit ergibt sich ein ganz bestimmtes Verhältnis zur Vergangenheit, eine Bejahung aller “fortschrittsfreudigen” sowie eine negative Beurteilung aller entwicklungshemmenden Kräfte.”

(41) Das Mittelalter mit seinen finsteren Zügen wird allgemein abgelehnt.

(42) An der Verurteilung des Barock möchte V. die josephinische Geschichtsauffassung an einem “ausgesprochenen Mangel an geschichtliche(m) Sinn” festmachen.
 

(43)  “Bei den josephinischen Historikern fehlen die großen Züge der Historiographie des Aufklärungszeitalters, nicht aber ihre Schwächen.” “vergangenheitsfremde Geschichtsbetrachtung.”

“vordergründig-vereinfachende Darstellung”
Die Romantik erzielte in Österreich nicht “jene fruchtbare Wirkung wie in anderen deutschen Ländern.”
 

Valjavec folgt O. Brunner (1894-1982) ). einem der einflussreichsten NS-Historiker österreichischer Herkunft, der mit seinen Mittelalterstudien vor allem das Problem der Machtlegitimation und des von den Nazis mißbrauchten "Gefolgschafts"-Gedankens thematisierte.
(45) “Und doch wird man nicht verkennen wollen, daß die aufklärerischen Strömungen auch starke Beziehungen zum Irrationalen besaßen, was in erster Linie psychologische Gründe hat. [...] Neben der Aufklärung läuft eine irrationale Linie, die trotz vordergründiger Gegensätze mit dieser zusammenhängt, nicht nur bloßer Gegensatz zu dieser ist, sondern sie auch ergänzt.”

(47) “Mit der Betonung der Gemütskräfte und Empfindungen hängt die starke Welle ...”

“daß die Romantik in den österreichischen Ländern keinen rechten Eingang finden konnte.”

(49) Der “Josephinismus des 19. Jahrhunderts.”
(51) Duldung, religiöse Toleranz.
1781 Toleranzpatent
(57) 1783 Aufhebung der Bruderschaften
(67) Drei Richtungen im katholischen Klerus der josephinischem Zeit.
- Die “korrekten Josephiner”
- Reformkatholiken josephinischer, im Vormärz zunehmend liberaler Orientierung.

(73ff.) Antiklerikalismus
(75ff.) Abwendung von der Kirche
(77) Der Antiklerikalismus der “sozialistischen” Presse

(80ff.) Ab 1848. V. schreibt alle Gärungen dem Josephinismus zu bzw. betrachtet die als josephinische Erscheinungen.

(86ff.) Nach 1789
(88) Das Misstrauen gegen josephinisches Kirchentum wuchs “schleichend”.
(89f.) Antijosephinische Strömungen
Der josephinische Geistliche Karl Huber (+1784): “jener Parthei in Wien..., welche im ganzen Deutschlande bekannt genug ist, daß sie alles Gute anfeinde, ihren Eigennütz hinter einer katholischen Maske verberge und für die Betäubung des gutherzigen Volkes ritterlich kämpfe” (Abendgespräche, A2 (Vorrede)).
(90) Antijosephinische Flugschriften des Patricius fast, als Haupt der antijosephinischen Richtung.
(91) “Begrenztheit des antijospehinischen Widerstandes”.

(93) Die “Zensurschraube” soll seit etwa 1792 die Äußerung antijosephinischer Ansichten in der Habsburgermonarchie bis 1848 so gut wie unmöglich gemacht haben.
Auch die radikale Seite griff die josephinischen Maßnahmen an, “die u.a. beanstandete, daß der Kaiser die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Religionsverband vorschrieb” (Anm.2: Peter Adolf Winkopp 1785: Karl Friedrich Bahrdt 1787; der Jakobiner Friedrich Rebmann 1796).

(93f.) Opposition im katholischen Lager.

(94) Bedeutend war der Widerstand der Augsburger Exjesuiten. Ihre Zeitschrift “Kritik gewisser Kritiker” (Augsburg 1787-96); Schriftenreihen “Neue Sammlungen”, “Gesammelte Schriften”.
(94f.) Die Augsburger druckten alle wichtigen antijosephinischen Broschüren, die in Österreich erschienen, nach.
(95f.) Carl Ludwig v. Haller, “Handbuch der allgemeinen Staatenkunde, des darauf gegründeten allgemeinen Staatsrechts und der allgemeinen Staatsklugheit nach den Gesetzen der Natur”, Winterthur 1808: die “ächt revolutionären Gewaltthätigkeiten” und die “Kirchenstürmerey” Josephs II. In “Restauration der Staatswissenschaft”, Winterthur 1816 betrachtet er die “Kirchenstürmerei, von neuphilosophischem Fanatismus inspiriert”, und “alle seine politischen Operationen” Joseph II. als “Vorspiel der französischen Revolution.”
(97) Wortsprecher der katholisch-kirchlichen Erneuerung fordern eine grundlegende Veränderung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat.
Bruch mit der josephinischen Kirchenpolitik durch den Staat nach 1849.
 

(103-116) Verhältnis des Josephinismus zu den Protestanten.

In der zweiten Hälfte des josephinischen Jahrzehnts kommt es zu einer geistesgeschichtlich bedeutsamen Auseinandersetzung einzelner Josephiner mit norddeutschen Aufklärern, vor allem mit Friedrich Nicolai und seiner Anhängerschaft.
(105) Versteifte Haltung gegenüber der protestantischen Theologie wegen ihres rationalistischen Charakters (Jacob Frint (1766-1834, 1827-34 Bischof von St. Pölten, Theologische Zeitschrift Wien-Triest 1813-23, 22 Bde, III/2 (1815), 334ff; IV/1 (1816). Ders., Handbuch I/2, S. IX).
(106) Die josephinischen Reformpolitiker erkannten “die geistigen Vorzüge und fortschrittsfreudigen Seiten des Protestantismus. Sie waren daher bestrebt, protestantische Kulturelemente in Österreich zur Geltung zu bringen, was sich in der Heranziehung von Büchern, aber auch ausländischer protestantischer
(107) Gelehrter und Fachkräfte spiegelt.”
(107f.) Die josephinischen Auflagen, die der katholischen Kirche gemacht wurden, stärkten “die Position des Protestantismus innerhalb der Monarchie.”
(109) Das zunehmende Ansehen des Protestantismus in Österreich wurde noch gefördert durch den Umstand, dass “seit den Tagen des Toleranzediktes” “der österreichische Protestantismus” “in einem starken Ausmaß als soziale Auslese vor allem in den Städten in Erscheinung” trat. Intelligenzberufe und sozial gut gestelltes Bürgertum waren Protestanten.

[V. denkt hier wohl an das Bürgertum der ursprünglich deutschen Städte in Ungarn]

(110) Dazu kam noch ein anderer Umstand. [...] die staatlichen Eingriffe über eine bestimmte Grenze selten hinausgingen.”

(111) Der österr. Protestantismus war nicht mit dem Makel behaftet, ein Instrument des Polizeistaates zu sein.
“Lediglich bei den Siebenbürger Sachsen fand Joseph II. weniger Anklang, da er ihre politische Sonderstellung beschnitt.”
 

(116-121) Einfluss des Josephinismus auf die Orthodoxie.
(122-140) IV.

Politik

(122) Der ursprüngliche Josephinismus der oberen Bürokratie.
Der “politische Vulgärjosephinismus der breiteren Schichten, der Akademiker und des Bürgertums.”

Besondere, “josephinisch” anmutende Züge:
- der Staat ist in den Mittelpunkt des politischen Denkens gerückt
- die Glückseligkeit des Menschen als hervorragend wichtigstes Ziel

(123) “Die Neigung zum Ausbau eines zentralen Staatsapparates zog den Abbau der ständischen Einrichtungen nach sich.” Die Vorrechte des Adels stark beschnitten, sein bisheriger Einfluss auf den Staatsapparat beseitigt.

(126) “Der Glaube an das Beamtentum, an die bürokratische Staatsmaschine, ist ein hervorstechendes Merkmal josephinischer Stimmungen durch jahrzehnte geblieben.”

(127) Der “Rechtsstaat” soll “ein Ideal des Josephinismus” sein, “das sich ungeachtet aller kulturpolitischen Rückschläge nach 1789 Schritt für Schritt durchsetzt.” Dieser Staat soll Ordnung, Ruh und Sicherheit gewährleisten.

(128) Der joseph. Staat ist ein “Wohlfahrtsstaat”. Soziale Maßnahmen.
(129) Armenpflege.
(135ff.) Vulgärjosephinismus
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Viel Spekulation.

141-168) V.

AUSKLANG

(141) Im liberalen Lager wirkte josephinisches Gedankengut am stärksten weiter.
(146f.) Das konservative Element im Josephinismus.

(149-154) V. geht von der These aus, “der spätjosephinische Einfluß” “auf die Entstehung der nationalen Bewegung” sei groß gewesen. “Er hat mit der Zertrümmerung und Umleitung der alten Vorstellungskreise und Stimmun-

(150) gen der zunehmenden Geltung des nationalen Gedankens in einer neuen Form den Boden bereitet.” 
 

(154) Den deutschen Nationalismus Österreichs soll “die weitgehende Beibehaltung von Elementen liberaler Weltanschauung” kennzeichnen.

(157-161) Josephinismus und Judentum.
 


 
 
 
 
 

Sicher geht V. hier zu weit. Diese nationale Entwicklung hat mit Josephinismus kaum etwas zu tun.



Datei: GeschAufklaerung.html            Erstellt: 09.03.2007            Geändert:                           Autor und © Klaus Popa