Geschichte des Dorfes Schmottseiffen   Seite 6               

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              Das Liebenthaler
                 Klosterdorf

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Es war für Schmottseiffen von größter Bedeutung, daß kurz vor der deutschen Glaubensspaltung das Stift Liebenthal Grundherr des Dorfes wurde. Dadurch ist Schmottseiffen wie die andern Liebenthaler Klosterdörfer katholisch geblieben. Wir können uns heute kaum noch vorstellen, welchen Einfluß das Kloster als Kulturzentrum für die umliegenden Dörfer ausübte. Die Zugehörigkeit zum Liebenthaler Stift hat das äußere Bild, wie auch den katholischen Charakter des Dorfes geprägt.

Nicht zuletzt zeugen davon die vielen Kreuze am Straßenrand oder auf den Feldern, die zahlreichen Bildstöcke und kleinen Kapellchen. Da sind vor allem die vier Fronleichnamskapellen (1). Die erste am Fuß des Kirchberges im Garten des Gutes Nr.171 hat 1858 Benedikt Rothe, der damalige Besitzer des Gutes, erbaut. Die zweite, die bis 1927 an der Abzweigung der Liebenthaler Straße stand und dann in den Garten des Gasthauses zur Eisenbahn verlegt wurde, stammte von dem Erbscholzen Joh.Nep.Renner. Die dritte am Gut Nr. 200 hatte gegen Ende des 18. Jahrhunderts der damalige Lehngutsbesitzer Joseph Steinert errichtet. Die vierte schließlich war die Barbarakapelle auf dem Kirchberge; Der jetzige Bau ist 1762 von Pfarrer Körner (1755-1782) aufgeführt worden.

Ferner soll erwähnt werden die Kapelle der Schmerzhaften Mutter am Wiesenrand unterhalb des Kaplanshauses. 1748 hatte Pfarrer Anton Latzelt das Bild der Mater Dolorosa in einem Holzbau, umgeben von Fichten aufstellen lassen; die heutige steinerne Kapelle wurde erst 1900 erbaut.Weithin bekannt sind die Kreuzwegstationen auf dem Grande- oder Stationsberge, die Hoferichter (Nr.175) aufgestellt hatte. Die drei Kreuze auf dem Gipfel des Berges standen schon früher dort (2). Eine kleine Kapelle stand auch neben dem Strumpfgarten; sie geht vielleicht auf die Zeit zurück, als der Strumpfgarten noch Vorwerk des Arnold'schen Lehngutes war. Kleinere Bildsäulen standen auch anderswo, z.B. bei Kaspar Franzens (3) Hause Nr.115, neben dem Lehngut Nr.218 im Garten der ehemaligen Scholtisei usw. Von der Pestsäule wird später noch die Rede sein.

Ein Denkmal vergangener Zeiten ist auch die sieben Zentner schwere, bronzene Kirchenglocke, die beide Weltkriege heil überstanden hat und sich heute in der Bundesrepublik Deutschland befindet. Die Glocke ist im Jahre 1493, also kurz nachdem Schmottseiffen an das Kloster Liebenthal gekommen war, gegossen worden und uns als Sterbeglocke bekannt. Als während des Ersten Weltkrieges die anderen Glocken abgegeben werden mußten, blieb sie wegen ihres Altertumswertes hängen. Im zweiten Kriege wurde sie zwar heruntergeholt, aber nicht eingeschmolzen, weil sie unter Denkmalschutz stand. Seit einigen Jahren hängt sie in der Kirche von Mörsach, Kreis Feuchtwangen in Bayern.(4).

Aus den Gerichtsbüchern sollen wiederum nur Vorgänge von allgemeiner Bedeutung oder Eintragungen über Familien erwähnt werden, die bis zuletzt im Dorfe wohnten. Schon in der Stiftungsurkunde und später noch oft wird das Gut Hoppenhaus (6) erwähnt; 1542 hatte es Jakob Sade genannt Sebald zu Lehen. Da das Gut ausdrücklich als Vorwerk bezeichnet wird, muß es außerhalb des Dorfes gestanden haben, sicher an der Ostseite des Dorfes, wo bis in unsere Tage der Hoppenberg, die Hoppenwiesen und die Hoppenbache an dieses Gut erinnerten. Sehr wahrscheinlich lag es unweit des Zechenhauses in dem Winkel, der von der Märzdorfer Straße und der Hoppenbache gebildet wird, denn auf den dortigen Feldern und Wiesen hat man noch in unserer Zeit öfter große Steine, Balken, Reste von Landwirtschaftlichen Geräten usw. gefunden.

Im Jahre 1602 entsteht ein Streit ob das Lehngut Nr.218, das der Kaiser dem Melchior Arnold als Lehen gegeben hatte, vom Kaiser oder vom Stift Liebenthal zu vergeben sei. Da das Stift seine Rechte nachweisen kann, anerkennt der Kaiser diese Rechte und ermahnt die Arnolds, künftig dem Stifte zu leisten, was sie bisher ihm geleistet hätten.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wird eine Gärtnerstelle erwähnt, die im Lehnvorwerk des Hans Heinrich Arnold, genannt Strumpfgarten (Nr.117) lag. Die Bedeutung dieses Namens ist nicht ganz klar. Der Name wird oft mit der Gestalt des Anwesens, das einem Strumpf ähnelt, in Zusammenhang gebracht, dürfte aber wohl von der Strumpfstrickerei herrühren. Denn im 18. Jahrhundert stand im Dorfe die Schafzucht in hoher Blüte. Es ist darum nicht ausgeschlossen, daß zum Vorwerk eine große Schafherde gehörte, deren Wolle an Ort und Stelle verarbeitet wurde. Denn bis heute heißt eine Flur, die zum Strumpfgarten gehört, die Schafbreuche.

Um diese Zeit wird auch öfter gesagt, daß Gärtner (Gärtnerstellen) von der Herrschaft oder von einzelnen Bauern in den Angeln (Auen, Wiesen) angelegt worden seien. So ließ 1723 die Liebenthaler Äbtissin "acht Baustellchen" mit Häusern bebauen auf einem Stück Land, das sie vom Bauerngut des Kaspar Scholz auf dem Viehwege in Ober-Schmottseiffen ge-kauft hatte. Sie bestimmte dabei, daß die Nachbarn einander Wasser suchen helfen und "Auenfrieden" halten sollten. Damit ist die Anlegung und Gründung der Viehweghäuser für das Jahr 1723 bezeugt (7).

Auch die anderen beiden Schmottseiffener "Kolonien", die Feld- und Grenzhäuser, sind erst im 18. Jahrhundert entstanden. 1715 gibt es erst ein Feldhaus und je ein Grenzhaus auf dem Bauerngut des Gottfried Dittrich und dem Anton Tilgner zu Märzdorf.

Mehrfach werden in verschiedenen Zusammenhängen die Besitzer des Bauerngutes Nr.171 erwähnt, 1554 Balzer Ruthe (Rothe) (9) als stellvertretender Erbrichter, im 17. Jahrhundert Melchior Ruthe und im Jahre 1729 Matthäus Rothe (10). Die Familie war bis 1895 auf dem Gut ansässig, lebte aber noch bis 1946 im Dorfe (11).

Im Jahre 1728 erwirbt ein Stelzer aus Gut Nr.65 das Gut Nr.289. Beide Familien Stelzer waren bis 1945 Besitzer dieser Höfe.

Das Leben auf den Dörfern hatte sich gegenüber früheren Jahrhunderten kaum geändert. Die Gerichtsbarkeit war jetzt Sache des Liebenthaler Stiftes, das wie bisher die niedere Gerichtsbarkeit durch den Erbscholzen, der zugleich Erbrichter war, ausüben ließ. Streitfälle, an denen das Stift Liebenthal selbst beteiligt war, gingen an das Fürstentumsgericht in Schweidnitz oder gar an ein kaiserliches Gericht in Prag oder Wien. In den Liebenthaler Klosterdörfern waren seit 1637 Grundlage der Rechtsprechung die "Artikel oder Gebote wie solche, auf des Löblichen Stifts Libental den Dorfgemeinen pfleget abgelesen zu werden". Sieben Artikel betrafen Gott den Herrn, elf die Herrschaft und 48 die Untertanen (12).

Die Heiligung der Sonn- und Feiertage war nicht nur Kirchengebot, sondern wurde auch von der weltlichen Obrigkeit verlangt. An solchen Tagen war es z.B. den Gastwirten verboten, früh vor dem Gottesdienst Branntwein oder Bier auszuschenken (13). Die Artikel griffen in einigen Dingen auch sehr in das persönliche Leben des einzelnen ein. Wie Nr.46 besagt, sollen die Jungfrauen sich hüten vor "übermäßigem prächtigen Anschauen (Aussehen!) und Senklein (Zopfbändern, Schleifen) um das Haupt und die Zöpfe; den Männern werden "die langen Loden und Haarlocken" untersagt (14).

Ihren Zins (Grundsteuer) zahlten die Wie bisher meist in Naturalien (Getreide, Holz, Garn usw.).

Von Schmottseiffen wird ausdrücklich der Brauch berichtet, nach jeder Trauung oder Taufe in einem der Gasthäuser einzukehren. Wenn es nicht geschah mußte an den Wirt eine Ablösung bezahlt werden, vom Bauern ein Thaler, vom Gärtner 10 Silbergroschen und vom Häusler 5 Silbergroschen. Die Grenze zwischen dem Ober- und Nieder-Kretscham bildete dafür das Haus Nr.291. Im Jahre 1711 verlangt die Liebenthaler Äbtissin, daß alle Bewohner, die unter Arnolds Lehngut wohnen, wenn sie Hochzeit machen in dem, dem Stifte gehörigen Kretscham neben Steinerts Lehngut (200) einkehren mußten (15). Damit kann nur die heutige Brauerei gemeint sein. Wie Langlebig noch manche Gebräuche sein können!! Aus der gleichen Zeit um 1700 ist uns eine Brautausstattung beschrieben. Die Tochter des Bauern Christoph Walter, die 15 Ellen Leinwand, ein Brauthemd, ein Tischtuch und ein Handtuch be- kommt, hat außerdem in ihrer Ausstattung drei Röcke von Tuch mit "geblumter, viergedrohter (aus vierfachem Faden gedrehter) Gestalt und eine Haube mit rothem Tuchfuter"(16).

Aus der Zeit der Zugehörigkeit zum Liebenthaler Stift stammt auch das 1,20 m große steinerne Sühnekreuz, das auf halber Höhe des Kirchberges stand, 1809 wurde hier die Kantorsmagd ermordet. Weil ihr Liebesverhältnis zu einem jungen Manne nicht ohne Folgen blieb, soll sie von diesem umgebracht worden sein. Der Mörder verschwand sofort aus dem Dorfe und entzog sich so der Todesstrafe. In den Jahren 1813/15 soll er als Soldat ins Dorf zurückgekommen, erkannt worden und sofort wieder geflüchtet sein (17).

Ein Denkmal schwerer Zeit ist die drei Meter hohe Pestsäule (18) im Garten des Hauses Nr. 286 (Strumpfstricker Borrmann). Im Jahre 1613 war die Seuche von Greiffenberg über Liebenthal ins Dorf eingeschleppt worden. Sie wütete vor allem im Oberdorfe und soll bis zu Steinerts Lehngut (Nr.200) vorgedrungen sein; 399 Menschen starben an ihr. 70 Jahre später, im Jahre 1682, ließ Melchior Arnold zur Erinnerung an die Pest die Säule errichten, genau in der Mitte des Dorfes, das im Jahre zuvor mit 11.129 Ellen (etwa 7 - 8 km) ausgemessen worden war.

Der 1618 beginnende Dreißigjährige Krieg bringt viel Not und Verarmung über das Dorf. Mehrfach wurde die Löwenberger Umgebung unmittelbar vom Kriege betroffen, vor allem in den Jahren 1633 und 1639 (19). In Schmottseiffen blieben damals mehrere große und kleinere Besitzungen ( von den 42 Gründungsgütern ca. 12 Höfe, (P.Br.)) jahrelang unbebaut liegen, so 1640 bis 1653 das Bauerngut des Martin Knoblich (Nr.6?) und das Kroen-(Krähen)gut, das dem Schwiegervater des Martin Helbig gehörte (20).

Hundert Jahre später bringt der Siebenjährige Krieg (1756-1763) erneut Einquartierung, Ab- gaben und Not, besonders, als Friedrich der Große 1759 sein Lager bei Schmottseiffen aufschlug. Um den Österreichern den Weg nach Schlesien zu versperren, verlegte Friedrich in den Tagen vom 10.-12. Juli 1759 seine Truppen auf die Hochfläche zwischen Schmottseiffen und Görisseiffen. Das Hauptquartier des Königs befand sich auf dem Kalten Vorwerk, von wo eine weite Rundsicht möglich war. Mitten durch das Lager führte von Krummöls nach Mois der bis in unsere Zeit erhaltene Pikettweg. Als dann am 12. August ein preußisches Heer von den Russen bei Kunersdorf (Neumark) geschlagen wurde und die Nachricht von dieser Niederlage am 25. August im Lager von Schmottseiffen eintraf, brach Friedrich das Lager sofort ab und zog westwärts, um den Österreichern den Weg nach Berlin zu verlegen (21).

Die dritte Kriegszeit, die das Dorf damals durchzustehen hatte war die Franzosenzeit (22) zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Nach dem verlorenen Kriege von 1806 erhielt auch Schmottseiffen französische Einquartierung. 1807 mußte das Dorf 345 Reichsthaler und die Grundherrschaft 402 Reichsthaler Kriegskontributionen zahlen und 10 vierspännige Wagen mit Pferden stellen. 1809 zogen die Franzosen vorübergehend ab, bis sie im Sommer 1813 ein großes Lager zwischen Schmottseiffen, Görisseiffen und Mois aufschlugen; darüber hinaus war auch der Ort mit Soldaten belegt. Wie berichtet wird (23), verlangten die Franzosen ständig neue Lieferungen von Getreide, Heu, Stroh, Lebensmitteln, usw. Auf der östlichen Seite des Nie- derdorfes rückten außerdem von Lähn her die mit den Preußen verbündeten Russen heran und bezogen auf den Höhen seitlich (östlich) des Niederdorfes Posten (24).

Als am 15. August (1813) der im Juni geschlossene Waffenstillstand ablief, begannen bald die Kämpfe, die aber hauptsächlich nördlich von Schmottseiffen bei Mois und Siebeneichen ausgetragen wurden. Vom 21.-23. August 1813 weilt Napoleon in Löwenberg; seine Armee wird am 26.(bis 28.) August von Blücher an der Katzbach geschlagen (25). Damit waren die Kampfhandlungen für unsere Heimat beendet, aber die Not und Verarmung, die der Krieg gebracht hatte, waren noch auf viele Jahre hinaus spürbar.

Unterdessen war aber schon im Jahre 1810 das Liebenthaler Kloster vom Preußischen Staate aufgelöst und säkularisiert worden. Damit hatte für Schmottseiffen die Bindung an das Lie-benthaler Stift aufgehört, und eine neue Zeit begann.

Anmerkungen und Quellen:

(1) Heimatgrüße, August 1957.- (2) Ebd.- (3) Franz Rothe, Sohn des Kaspar R. und Vater des Bruno (Winkel-) Rothe.- (4) Heimatgrüße, Juli 1953.- Dort ist die Rede von zwei alten Kirchenglocken, die aus Schmottsweiffen stammen sollen. Dies ist unzutreffend. Aus Schmottseiffen kann nur die hier erwähnt Glocke sein. Die anderen Kirchenglocken waren aus Stahl und erst 1921 angeschafft worden. (5) Görlich, S.215ff.- (6) Der Name erklärt sich wohl am leichtesten dadurch, daß beim Hoppenhaus der Hopfen angebaut wurde, den die Brauerei brauchte. Denn die Pflanze hieß im Mittelalter weithin "der Hoppen" (Trübners deutsches Wörterbuch). (7) Görlich S.218.- (8) Ebd. - (9) siehe Anm.(6) auf S. 8. - (10) Görlich, S.216f.- (11) Der letzte Besitzer von Gut Nr.171 war mein Großvater August Rothe (1851-1895); dessen Vater war Benedikt Rothe (1822-1877), dessen Vater Bernhard Rothe (1788-1823) dessen Vater Elias Rothe, dessen Vater oder Großvater der hier erwähnte Matthäus Rothe. (12) Görlich, S.178.. - (13) Heimatbuch, S. 128. - Görlich, S. 179. - (15) Ebd. S. 181. - (16) Ebd. S. 192. - (17) Heimatbuch, S. 125f. Heimatgrüße, August 1957. - (18) Heimatbuch, S.412f. - Heimatgrüße, Januar 1958. Dort sind auch die Inschriften, die auf den vier Seiten der Säule eingemeißelt waren, abgedruckt. (Nach 1945 sind sie unleserlich gemacht.) (19) Heimatbuch, S. 144ff.- (20) Görlich, S. 217.- (21) Heimatbuch, S.159.- (22) Ebd. S.161ff..- (23) Ebd. S.167.- (24) Knoblich, Chronik von Lähn. S.196f.- (25) Scholz, Löwen- berg im Jahre 1813. - Heimatbuch, S. 168ff. S.628ff.

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