Geschichte des Dorfes Schmottseiffen   Seite 4               

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            Die wirtschaftlichen             
       und rechtlichen Verhältnisse

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Sie lassen sich im mittelalterlichen Schmottseiffen nur allgemein beschreiben. Einzelheiten, die sich auf unser Dorf beziehen, sind nur sehr spärlich berichtet.

Die Bauern, die das Dorf besiedelt hatten, waren freie Bauern, die ihren Hof mit Erbzinsrecht (1) erhalten hatten, d.h. sie vererbten ihren Besitz und zahlten an den Grund-oder Landesherren einen Anerkennungszins, den Hufezins, der mit Naturalien (Getreide, Vieh, Holz usw.) oder durch Hand- und Spanndienste abgegolten wurde. Güter, deren Besitzer sich entweder freigekauft oder die Steuerfreiheit als besondere Belohnung erhalten hatten, hießen Freigüter. Lehngüter, deren es früher in Schmottseiffen mehrere gab, blieben im Besitz des Grundherrn, der sie entweder selbst durch einen Vogt verwalten ließ oder als (erbliches) Lehen vergab; in letzterem Falle wurden sie später meist Privatbesitz. Ebenso waren im Besitz des Grundherrn geblieben die sogenannten Vorwerke, Höfe, die dem Dorf vorgelagert waren. ein solches Vorwerk war einmal der Strumpfgarten (117) gewesen.

Wer die Grundherren von Schmottseiffen waren, läßt sich für die allererste Zeit nicht mehr nachweisen. Es scheint, daß sie öfter gewechselt haben; ja, später war das Dorf sogar geteilt und gehörte zwei verschiedenen Herren, mit doppelter Verwaltung, Gerichtsbarkeit usw., denn im Jahre 1387 kauft Jon von Redern, von Heinrich Nickel und Franzke von Cczirnen, von Borrow genannt, das halbe Dorf Smotiseiffen, das halbe Erbgerichte oder die Scholtisei, vornehmlich die obersten Gerichte "obir Hals und Hand zu richten daselbst"; auch das halbe Kirchlehn folgt dem halben Dorf (2). Und 1484 ist die Rede von "dem Lybentaler Theil zu Schmottenseiffen"(3). Gemeint sind damit die Herren von Liebenthal, die seit Ende des 14. Jahrhunderts, die Grundherren des anderen Teiles von Schmottseiffen waren; Sie selbst saßen auf Giersdorf.

Die Grundherren ließen ihre Dörfer entweder durch einen Vogt verwalten, oder beauftragten mit der Verwaltung einen Bauern, den Dorfscholzen, der dafür ein besonderes Gut zu Erb und Eigen erhielt und dessen Familie damit an die Spitze des Dorfes trat. Diese Männer hatten vielleicht schon die westdeutschen Bauern gesammelt, die Gründung des Dorfes vorbereitet und bei der Besiedlung die Grenzen festgelegt, die Gemeinschaftsarbeit geordnet usw. Sie wurden auch die ersten Vorsteher des Dorfes und erhielten dafür gewöhnlich ein zwei Hufen großes Gut, das wie die anderen Güter erblich war und darum Erbscholtisei (4) genannt wurde. Die Scholzen mußten die Wünsche und Rechte der Bauern gegenüber dem Grundherrn vertreten und dessen Forderungen bei den Bauern durchsetzen. Ihr Amt war erblich und ihre vornehmste Aufgabe die niedere Gerichtsbarkeit. Mit der Erbscholtisei war meist verbunden das Brau- und Mahlrecht, oft auch das Fleischereirecht und andere gewerbliche Rechte, wie eine Schmiede zu unterhalten usw. In Schmottseiffen befand sich die Erbscholtisei, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgeteilt worden war, an der Stelle des späteren "Gasthauses zur Eisenbahn". Der ganze "Tempel" mit Brauerei, Kirchmühle und -schmiede usw. hatte dazu gehört. Der erste Dorfschulze, der urkundlich 1435 bezeugt wird ist "Petir Hertinranft, schultis von Smotenseiffen"(5).

Die fränkischen Siedler und auch unsere Schmottseiffener Bauern bewirtschafteten ihre Güter nach dem System der Dreifelderwirtschaft (6), die sich in vervollkommneter Form bis in unsere Zeit erhalten hat. Wechselweise wurde das erste und zweite Jahr Getreide angebaut, das dritte Jahr über blieb das Feld brach liegen, um sich zu erholen.

Erst sehr viel später im 18. Jahrhundert, in einer verbesserten Dreifelderwirtschaft wurden im dritten Jahr Hack und Futterfrüchte angepflanzt. An Getreide wurden die uns bekannten Arten angebaut; nur der Weizen scheint erst später eingeführt zu sein. In der Regel war auf den Höfen ein großer Viehbestand vorhanden. Denn das Vieh lieferte mancherlei Nahrungsmittel und Rohstoffe und mußte außerdem oft auch abgeliefert werden. Für Textilien, die durch Handarbeit von den Frauen gewebt und angefertigt wurden, lieferte der Flachsanbau und die Schafzucht das notwendige Rohmaterial.

Der mittelalterliche Bauer baute im allgemeinen alles selbst an, was er brauchte, und die einzelnen Höfe oder wenigstens die Dorfgemeinschaften waren weithin Selbstversorger. Es wurde ja auch nicht um des Gewinnes willen etwas erzeugt, sondern nur zum eigenen Bedarf. Der einzelne Hof war in der Regel auf die Getreide und Holzmühle, vielleicht auch auf die Schmiede- und Stellmacherwerkstatt angewiesen, die Vorrechte des Scholzen waren. Das wenige, das der Bauer nicht selbst erzeugen und herstellen konnte und doch nötig hatte, wurde ohne Zwischenhandel auf dem Markte in der Stadt gegen Naturalien eingetauscht. Geldverkehr hat es in diesen frühen Zeiten auf dem Dorfe kaum gegeben (7). Manches aus dieser Wirtschaftsform hat sich, wenn auch sehr verändert und verbessert, bis in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg in Schmottseiffen erhalten.

Da die Bewirtschaftung des Hofes vom Bauern und seiner Familie allein nicht geleistet wer-den konnte, gab es von Anfang an in den neu gegründeten Dörfern auch kleinere Leute, Gärtner und Häusler, Knechte und Mägde, die zu dem Hofe gehörten, auf dem sie arbeiteten. Aber Einzelheiten sind uns aus den ersten Jahrhunderten nicht bekannt.

Von Anfang an galt in den neu angelegten Dörfern deutsches Recht. Die einzelnen Bestimmungen, die ursprünglich mündlich weitergegeben worden waren, wurden schon sehr bald aufgezeichnet. Für unsere Heimat wurde maßgebend das Löwenberger Rechtsbuch (8), das kurz nach 1300 niedergeschrieben wurde. Es fußte auf dem Sachsenspiegel des Eike von Repgow, hatte aber auch Rechtsbestimmungen fränkischer Herkunft übernommen. Von Wichtigkeit für das Dorf war der Unterschied zwischen höherer und niederer Gerichtsbarkeit, Die höhere Gerichtsbarkeit , auch Blutgerichtsbarkeit, war zuständig für Verbrechen, auf denen Todesstrafe oder Verstümmelung stand, wie Mord, Raub, Brandstiftung, Gotteslästerung usw. Da es dabei an "Hals und Hand" ging, hießen diese Gerichte auch Halsgerichte. Diese Gerichtsbarkeit oblag dem Grund-(9) oder gar dem Landesherrn.

Die niedere Gerichtsbarkeit übte der Dorfschulze mit seinen Schöffen im Dreiding (10) aus. Ob dieses Ding oder Thing, also die Gerichtsversammlung, seinen Namen erhielt von dem dreimaligen jährlichen Zusammentritt oder von der dreifachen Aufgabe (Heilighaltung des göttlichen Namens, Ehre des Mitmenschen und Unantastbarkeit des Eigentums), mag dahingestellt bleiben. Am Gerichtstage trat der Scholze mit seinen Schöffen im Kretscham zusammen, um die Klagen anzuhören und die vorliegenden Fälle zu behandeln. Der Versammlung durften alle Dorfbewohner, auch die Knechte und Mägde, beiwohnen. Einzelne Urteile aus jener ersten Zeit unseres Dorfes sind nicht überliefert. Es ist aber vielleicht nicht allgemein bekannt, daß solche "Gerichtstage", an denen der Ortsvorsteher mit den Schöffen in der Brauerei und im Kretscham, in der Nieder- und Oberschenke zusammentrat, um über kleinere Dinge ein Schiedsurteil zu fällen, sich in Schmottseiffen bis zum Ersten Weltkriege erhalten hatten.

Anmerkungen und Quellen:

(1) Hausdorff, S. 34.- Heimatbuch, S. 48.- (2) Görlich, S.214.- (3) Ebd. S. 215.- (4) Heimat-buch, S. 53.- (5) Wesemann, S. 40.- (6) Heimatbuch, S. 51.- (7) Heimatbuch, S. 62f.- (8) Ebd. S. 127f.- (8) vgl. dazu obiges Zitat von Görlich, S.214. (Anm.2).- (10) Heimatbuch, S. 128f., Görlich , s. 178.

 

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