Machno-Solidarität Hand in Hand ohne Grenzen - www.machnosoli.de.vu Eine Seite der Zusammenarbeit von AnarchosyndikalistInnen und AnarchistInnen aus der Ukraine und deutschsprachigen Ländern |
Letzte Aktualisierung am 03.03.2004
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Das
Programm der 1.
DIE GEGENWÄRTIGE GESELLSCHAFT In
der gegenwärtigen Gesellschaft erkennen wir zwei Klassen: -
die Bourgeoisie, d.h. die Eigentümer der Produktionsmittel. Sowohl jene, die
einzeln über sie verfügen, als auch jene, die sich zu verschiedenen
Gruppierungen (Aktiengesellschaften, Korporationen etc.) zusammengeschlossen
haben, darunter solche „Überkorporationen“, welche im Umfang ganzer Länder
vereinigt sind, wie es in der UdSSR und einer Reihe anderer Länder der Fall
war. Den nächsten und treuesten Erfüllungsgehilfen des Willens der Bourgeoisie
bildet das staatliche Beamtentum; -
das Proletariat, unter welchem wir alle Personen der Lohnarbeit verstehen, die
keine eigenen Produktionsmittel besitzen, der Kontrolle über sie entledigt
sind, und sich mit gesellschaftlich-nützlicher Arbeit in Betrieben die der
Bourgeoisie gehören beschäftigen. Unter
den gegenwärtigen Bedingungen gehört die Mehrheit der Bauernschaft faktisch
ebenfalls zum Proletariat, da sie meistens nicht auf eigenen Landstücken und
nicht mit eigenen Arbeitsgeräten arbeitet, sondern in großen Betrieben mit
kapitalistischem Charakter, welche sich unter der Bezeichnung
„Kollektivwirtschaft“ tarnen (Aktiengesellschaften, Kolchosen etc.). Es
ist offensichtlich, daß die Grenzen zwischen den unterschiedlichen Klassen und
Schichten nicht beständig (erblich) und klar gezogen sind, wie es unter den
Standes- und Kastengesellschaften der Fall gewesen ist. Allerdings, wenn man große
Menschenmassen betrachtet, so ist die Klassenteilung eine unbestreitbare
Tatsache, welche sich gerade im Hinblick auf die Produktion und auf den Platz
(den herrschenden oder den untergeordneten) äußert, welchen diese oder jene
Klasse in der Ökonomie einnimmt. Die
ökonomische Vormacht der Bourgeoisie, wird durch ihr Monopol auf die politische
Herrschaft ergänzt, welche die Form des Staates angenommen hat. Wir sind nicht
der Meinung, daß der Staat mit der menschlichen Gesellschaft gleichzusetzen
ist; er stellt einen hierarchischen Apparat dar, welcher im Interesse der Eigentümer
gebildet wurde und handelt, welcher dazu berufen ist, die ihnen nützliche
Ordnung zu bewahren und zu beschützen. Die
unausweichlichen Folgen der Klassenteilung, der staatlichen Organisierung der
Gesellschaft und des Aufbaus des gesamten wirtschaftlichen Lebens ausschließlich
im Interesse der Profitgewinnung für Eigentümer, sind: -
Ungleichheit der Menschen in den faktischen Möglichkeiten ihre Bedürfnisse
zu befriedigen (materielle und geistige), -
die überwiegende Mehrheit der Menschen kann keinen Einfluß auf
Entscheidungen nehmen, welche die wichtigsten Bereiche des privaten und
gesellschaftlichen Lebens berühren, -
Unvermeidbarkeit von Kriegen, ökonomischen Krisen, Arbeitslosigkeit usw.
usf., -
in den Ländern der sgn. „Dritten Welt“ und des ehemaligen
„sozialistischen Lagers“ wird dies durch Massenverelendung, den Hunger der
Bevölkerungsmehrheit und die Entstehung totalitärer und faschistischer Regime
etc. ergänzt; -
endlich haben die staatliche und kapitalistische Organisierung der
Gesellschaft heute die reale Gefahr entstehen lassen, daß die ganze Menschheit,
daß alles Leben auf der Erde aufgrund einer atomaren Katastrophe oder einer näher
rückenden ökologischen Katastrophe vernichtet werden. Alle
Versuche, die vorgeschlagen bzw. unternommen werden, um die vor der Gesellschaft
stehenden Probleme im Rahmen einer Bewahrung der kapitalistischen und
staatlichen Ordnung zu lösen, können unserer tiefsten Überzeugung nach keinen
Erfolg haben. Keinerlei Versuche des Aufbaus eines „allgemeinen“,
„wahrhaft demokratischen“ Staates, des „Volkskapitalismus“ u.ä.
Projekte, haben je dazu geführt, noch konnten sie dazu führen. Indem man das
Eigentum und die reale Macht in den Händen Weniger aufrecht erhält, indem man
die Trennung von Menschen in Regierende und Regierte aufrecht erhält, kann man
die sozialen Gegensätze lediglich verdecken, aber nicht beseitigen. Bisher
fanden alle Versuche den Lebensstandard der Werktätigen in den entwickelten
kapitalistischen Ländern zu heben, entweder auf Kosten einer erhöhten
Ausbeutung der Länder der „Dritten Welt“ statt (wie dies die USA gemacht
haben und machen und die Länder Westeuropas), oder aufgrund ökonomischer Hilfe
weiter entwickelter Länder aus bestimmten politischen Beweggründen (z.B.
Japan). Aus
der Gegensätzlichkeit der Funktion und der Rolle der Bourgeoisie und des
Proletariates in Gesellschaft und Ökonomie ergibt sich unweigerlich eine Gegensätzlichkeit
ihrer Klasseninteressen – und hieraus ergibt sich die Unvermeidbarkeit des
Kampfes zwischen ihnen. In diesem Klassenkampf treten die Bourgeoisie und die
Beamtenschaft in einer einigen Front zum Schutze ihres Eigentums und ihrer
Herrschaft auf – der Quelle ihrer Einkünfte und Privilegien. Dabei benutzen
sie gewaltige Kräfte und Mittel, welche sich unter ihrer Kontrolle befinden:
Finanzen, Massenmedien, das Erziehungs- und Bildungssystem (genauer gesagt das
der Massenverdummung), die benannte bourgeoise Moral, die Religion etc. bis hin
zum Gericht, der Polizei und den Streitkräften. Von Seiten des Proletariates trägt
der Kampf um die eigenen Interessen in der Regel den Charakter des Kampfes zur
Verbesserung der ökonomischen Lage, aber wie bereits gesagt, zeugt die
historische Erfahrung von der Unmöglichkeit der dauerhaften Aufgabenlösung im
Rahmen des kapitalistischen Systems. Daher liegt es also im Interesse der
herrschenden Klasse die bestehende Ordnung zu bewahren, während die
wesentlichen Änderungen in der Lage des Proletariates erst mit seinem Sieg über
die Bourgeoisie, der Vernichtung der Klassenteilung, der kapitalistischen
Ordnung und ihrer Ersetzung durch eine andere – die sozialistische –
erreicht werden können. 2.
SOZIALISMUS UND ANARCHISMUS Also,
die reale und einzige Alternative zu der staatlich-kapitalistischen Ordnung ist
die staatslose sozialistische Gesellschaft. Unter
Sozialismus verstehen wir eine Gesellschaft, die auf folgenden Prinzipien begründet
ist: -
der Liquidierung des privaten und des Gruppeneigentums der Bourgeoisie
auf Produktionsmittel und ihre Übergabe an die gesamte Gesellschaft in Person
der Arbeitskollektive und der lokalen territorialen Vereinigungen; -
der Organisierung des Wirtschaftslebens nicht mit dem Ziel der
Profitgewinnung für Einzelpersonen oder Personengruppen, sondern zur möglichst
vollkommenen Befriedigung der Bedürfnisse aller und eines jeden; seine Führung
nicht in den Interessen eines einzelnen Betriebes, einer Korporation oder
Branche, sondern in den Interessen der gesamten Gesellschaft; -
der sozialen Gleichheit, d.h. der Möglichkeit eines freien und gleichen
Zugangs zu allen materiellen und geistigen Werten, die der Gesellschaft zur Verfügung
stehen; die Verteilung der Güter, an denen Mangel herrscht, muß auf
Entscheidung der Kollektive im Interesse der am meisten dieser Güter Bedürftigen
erfolgen; -
der Selbstverwaltung aller wirtschaftlichen und territorialen Einheiten,
also der Abwesenheit einer äußeren Einmischung in ihre inneren
Angelegenheiten; alle endgültigen Entscheidungen werden von jenen Vereinigungen
von Menschen getroffen, die sie berühren; -
der persönlichen Freiheit eines jeden, also der Abwesenheit irgendeiner
Einmischung in sein persönliches Leben, seine Überzeugungen etc.; -
der gegenseitigen Hilfe, der Freundschaft und der Brüderlichkeit, als
der Grundlage zwischenmenschlicher Beziehungen; Wir
halten es nicht für möglich und auch nicht für nötig ein maximal genaues
Bild von dem Funktionieren einer solchen Gesellschaft zu geben. Das Leben, die
Praxis baut sich immer nicht nach genau ausgearbeiteten Projekten auf, - das
freie Volksschaffen wird alles besser machen, als jedes geschriebene Programm.
Aber es ist notwendig eine bestimmte Vorstellung von dem Aufbau einer
sozialistischen Gesellschaft zu geben. Wir
meinen, daß an Stelle des Staates eine wahrhafte Räteordnung der Werktätigen
treten muß, ohne Herrschaft und durch sie verfaßte Gesetze. Wir
unterstreichen, daß eine Räteordnung (=sowjetische Ordnung) nach unseren
Vorstellungen keine Macht irgendeiner Partei darstellt, kein
„Parteienparlament“, sondern die vollkommenste konstruktive Form der
staatslosen sozialistischen Selbstverwaltung, welche ihre praktische Umsetzung
in den Erfahrungen der Machnobewegung (1918-1920) und der Spanischen Revolution
(1936-1939) fand. Die
Versammlungen der Einwohner und der Betriebsarbeiter wählen frei, aus ihrem
Umfeld, die Organe der territorialen und wirtschaftlichen Selbstverwaltung –
die Räte, als ausschließlich technische und koordinierende Organe, deren
Mitglieder in ihrer Tätigkeit die Beschlüsse der Versammlungen ihrer Wähler
ausführen, ihnen gegenüber rechenschaftspflichtig sind, jeglicher Privilegien
entledigt sind und zu jedem Zeitpunkt abberufen und ersetzt werden können.
Dergestalt wird das innere Leben jeder territorialen und wirtschaftlichen
Einheit ausschließlich durch ihre Teilnehmer bestimmt. Die
Vertreter der lokalen Räte vereinigen sich in einem ökonomischen Stadtrat oder
– in ländlichen Kreisen – in einem ökonomischen Kreisrat. Im Umfang eines
Gebietes bilden diese Räte eine Föderation; die Vereinigung der Föderationen
bildet auf dem Territorium des ganzen Landes die nationale Konföderation. Die
Aufgaben der Kreis-, Stadt-, Gebiets- und nationalen Vereinigungen der Räte,
bestehen in der Koordinierung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens
in den notwendigen Fragen – in erster Linie der Planung und der Verwirklichung
der überregionalen Verteilung der Rohstoffe, der Energie, der fertigen
Produktion etc. Die Beschlüsse dieser Vereinigungen werden aufgrund freier
Vereinbarungen der Vertreter erarbeitet, welche die Vereinigung der lokalen
Einheiten darstellen; sie berühren nur Probleme, die allgemein sind. Die
Ökonomie des Sozialismus, welche im Interesse aller Mitglieder der Gesellschaft
geführt wird, und nicht der Eigentümer und nicht einmal der Kollektive
einzelner Betriebe, muß sich von dem chaotischen, systemlosen
Wirtschaftskapitalismus verabschieden, von seinen Bestrebungen des Profites um
jeden Preis, mit seiner unzulässigen Verschwendung von Kräften und Mitteln,
u.a. auch für den Konkurrenzkampf. Die zentralisierte Regulierung der Ökonomie
durch Staatsorgane und transnationale Korporationen wird ebenfalls mit
egoistischen und Gruppeninteressen verwirklicht, ohne daß die Werktätigen
selbst daran teilnehmen. Die anarchistische sozialistische Gesellschaft muß
folglich das Wirtschaftsleben auf prinzipiell anderen Grundlagen organisieren. Die
Kongresse der lokalen und der regionalen Räte und Unionen der Werktätigen klären
ihre Produktionsfähigkeiten und Bedürfnisse, wählen Delegierte für die
nationalen Branchen- und branchenübergreifenden Kongresse; dieses Netz der
lokalen und allgemeinen registrierenden, statistischen, verteilenden und anderen
technischen Organe verwirklicht die Abstimmung der sozial-ökonomischen Betätigung
in den Interessen des gesamten Volkes und unter seiner unmittelbaren Kontrolle.
Prinzipiell wichtig ist, daß die wirtschaftliche Regulierung dezentral durchgeführt
wird, von unten nach oben, unter maximaler Beteiligung aller lokalen Kräfte. Für
jene, die sich mit persönlicher schaffender Tätigkeit - unter Ausschluß der
Benutzung von Lohnarbeit - zu beschäftigen wünschen, muß eine Möglichkeit
gegeben sein, ihre Arbeit mit den sozialistischen Betrieben und Räten zu
koordinieren, - um so einen freien Zugang zur Teilnahme an der
gesellschaftlichen Verteilung von Produktion und Dienstleistungen zu gewährleisten.
Allerdings muß sich die Entwicklung der Gesellschaft nicht in Richtung einer
Festigung der Wirtschaften von Privateigentümern vollziehen (was schließlich
zur Restaurierung des Kapitalismus führen könnte), sondern in Richtung des
Wachstums und der Festigung der gesellschaftlichen Produktion in allen Sphären
der Wirtschaft. Daher dürfen die Räte eine Benutzung von Lohnarbeit, ein
Anmieten von Produktionsmitteln neben den eigenen durch Unternehmer und die
Entstehung parasitischer Formen des Kapitals (Wucher, Vermittlung, Privathandel
etc.) nicht zulassen. Die ökonomische Kontrolle der Gesellschaft über die
individuellen Wirtschaften und die Ersetzung der Marktwirtschaft durch die
gesellschaftliche Planung in den Bereichen der Produktion und der Verteilung,
werden ausreichende Maßnahmen sein, um einen Schutz vor der möglichen
Entstehung von Ungleichheit, Ausbeutung und Herrschaft zu bieten. Die
kulturelle, wissenschaftliche und erzieherische Tätigkeit wird durch alle
interessierten Personen und ihre Vereinigungen bestimmt. Jede territoriale
Einheit kann selbst Formen der Sozialversorgung für Alte und Kranke bestimmen,
die Bedingungen der Schultätigkeit, der Kindergärten etc. Jede Person oder
Personengruppe kann sich in der von gesellschaftlich –nützlicher Arbeit
freien Zeit mit aller Art Kunst, Bücher- und Zeitschriftenherausgabe,
wissenschaftlicher und anderer Arbeit beschäftigen, sich mit Gleichgesinnten in
den Fällen vereinigend, wenn eine gemeinsame Betätigung erwünscht oder
notwendig ist. Die von der Herrschaft des Geldes und der Staatsvorgaben
befreiten, wahrhaft dem Volk gehörigen Wissenschaft und Kunst beginnen sich
sprunghaft zu entwickeln, indem sie gleichzeitig den geistigen und kulturellen
Horizont der Menschen erhöhen. Der
Schutz der freien Gesellschaft vor äußeren und inneren Feinden, darunter der
Kriminalität, muß Sache der ganzen Gesellschaft werden. Statt der
Professionellen, die vom Staat besoldet werden, und daher jeden, auch den
unmenschlichsten Befehl der Behörden bereit sind auszuführen; die
unvermeidlich der Korruption und der Eingliederung in die Verbrechenswelt
unterliegen, - muß die Gesellschaft sich durch den Weg der allgemeinen
Volksbewaffnung schützen, der Bildung einer freiwilligen wahrhaften Volksmiliz
in den Betrieben und Wohngebieten. Die
Kriminalität wird in erster Linie durch das Privateigentum geboren. Die
Existenz einer Staatsmacht, einer vom Volk getrennten korrumpierten
Beamtenschaft bildet die notwendigen Bedingungen zur Entstehung einer
organisierten Kriminalität. Unter den Bedingungen des staatslosen Sozialismus,
wird der Umfang der Kriminalität wesentlich geringer sein als heutzutage. Die
Formen des Volksgerichts und der Antwort auf das Verbrechen können in jedem
konkreten Fall unterschiedlich sein, ohne Rücksicht auf geschriebene abstrakte
Artikel der Strafgesetzbücher. Die
staatslose sozialistische Gesellschaft (ANARCHIE) bedeutet überhaupt nicht den
„Beginn der Reiches Gottes auf Erden“. In der anarchistischen Gesellschaft
wird es weiterhin einige Probleme geben, die der gegenwärtigen Zeit eigen sind,
weiterhin ist auch das Auftreten neuer gesellschaftlicher Probleme möglich. So
ist das Leben und seine Gesetze. Allerdings werden die Bedingungen zur Lösung
dieser Probleme, die Lebensbedingungen der Menschen - in jedem Falle
unvergleichlich günstiger sein als die gegenwärtigen. 3.
DIE SOZIALE REVOLUTION Der
Übergang zum staatslosen Sozialismus entspricht nicht den Interessen des
Staates mit seinem bürokratischen Apparat und der Bourgeoisie. Daher kann ein
derartiger Übergang nicht ohne die Überwindung des Widerstandes von ihrer
Seite erfolgen, er kann nicht mit friedlichen Mitteln vollzogen werden. Der
Vorgang der Zerstörung der existierenden Ordnung, die Unterdrückung des
Widerstandes der ausbeutenden Klassen und die Bildung einer sozialistischen
Gesellschaft nennen wir die SOZIALE REVOLUTION. Die Aufgabe der Sozialisten
besteht deswegen darin, daß diese Revolution – eine unvermeidlich gewaltsame
– imstande ist, den Widerstand des Feindes möglichst effektiv und mit
geringen Opfern zu brechen. Ohne sorgfältige Vorbereitung und Organisierung,
ohne Analyse der bevorstehenden Taten ist dies unerfüllbar. Die
Herrschaft und die Ausbeutung, der Staat und der Kapitalismus sind gegenseitig
miteinander verbunden und können nicht voneinander getrennt existieren. Davon
ausgehend ist klar, daß die soziale Revolution gleichzeitig gegen beide
gerichtet sein muß. Daraus folgt der prinzipielle Unterschied zwischen der
sozialen und der politischen Revolution: letztere ist auf eine Ablösung des
politischen Regimes gerichtet, auf die Veränderung der FORM der Ausbeutung des
Proletariats, auf die Erscheinung einer neuen Klasse der Ausbeuter, während die
erste einen antistaatlichen Charakter besitzt und daher zur Vernichtung der Möglichkeit
von Ausbeutung gleichzeitig die Herrschaft bekämpfen muß. Wir
sind zutiefst davon überzeugt, daß die soziale Revolution darum keine Form der
Bildung eines „zeitlich begrenzten“ „Übergangs“staates annehmen kann,
darunter auch nicht des sgn. „Staates der Diktatur des Proletariats“ der
Marxisten. Die Machtergreifung durch eine politische Partei oder ihren Block,
die Nationalisierung, d.h. Verstaatlichung der Ökonomie – führt
unvermeidlich zu einer neuen Aufteilung der Gesellschaft in Herrschende und
Beherrschte. Ihre verschiedenen Gesellschaftsfunktionen diktieren auch
verschiedene Interessen. Die neue Herrschaft, welche durch eine Bürokratie
dargestellt wird, die im Namen des „Arbeiterstaates“ das gesamte sozial-ökonomische
Leben kontrolliert, strebt in erster Linie die eigene Festigung an – und nicht
ein „Absterben“. Sie trennt sich immer mehr vom Volk und tritt mit ihm in
den Kampf. Indem sie über den Staat die Ökonomie beherrscht, wird die Bürokratie
zu einer neuen herrschenden Klasse, welche sich von der alten durch eine größere
Geschlossenheit und Allmacht unterscheidet. Die „Übergangsperiode“ der
Marxisten wird sich unvermeidlich über eine historisch langwierige Periode
erstrecken. Die gestrigen „Revolutionäre“ werden zu neuen Herren und
Gendarmen, die Ungleichheit und die Ausbeutung nehmen andere Formen an, aber
verschwinden nicht. Sehr schnell wird der „Übergangs“staat – der nicht
beabsichtigt „abzusterben“ – alle prinzipiellen Unterschiede mit der
kapitalistischen Welt verlieren, und zur Verwirklichung des sozialistischen
Ideals wird eine neue Revolution notwendig werden. Genau diese Voraussage gab
der wissenschaftliche Anarchismus des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts im
Ergebnis einer Analyse der Folgen einer möglichen Machtergreifung der
Marxisten. Dergestalt zeugen sowohl die Folgerungen der Theorie, als auch die
historische Erfahrung davon, daß der Erhalt des Staates, d.h. der politischen
Unterdrückung, unweigerlich zur schnellen Wiederherstellung der ökonomischen
Unterdrückung führt. Da
wir die Machtergreifung als Mittel der Revolution ablehnen, sind wir überzeugt,
daß die soziale Revolution nur in Form einer organisierten Massenbesetzung
(Enteignung) der gesamten Produktion und ihrer Verteilung durch die
Organisationen der heutigen Lohnarbeiter vonstatten gehen kann, wobei alle
Staatsorgane liquidiert werden und umgehend durch Organe der Selbstverwaltung
ersetzt werden. Für
den Erfolg einer solchen Massenaktion der Werktätigen ist ernsthafteste
Vorbereitungs-arbeit in der Organisierung von Unionen der Arbeiter, der
Angestellten, der Bauern u.a. Ver-einigungen nötig, deren Grundlagen von Anfang
an sozialistische Prinzipien bilden müssen – Selbstverwaltung, Gleichheit der
Teilnehmer, Solidarität etc. Diese Unionen müssen danach streben ihre
revolutionäre Klassentätigkeit auf branchenübergreifender und auf überregiona-ler
Ebene zu koordinieren, mit der Perspektive eine nationale Konföderation der
Arbeit zu bil-den, die in engem Kontakt mit der internationalen revolutionär-sozialistischen
Bewegung der Werktätigen handelt. Nachdem man sich gefestigt, die eigenen
Organisationen entwickelt und sich von der Fähigkeit überzeugt hat, eine reale
Arbeiterkontrolle über die Tätigkeit der Be-triebsverwaltung auszuüben (d.h.
nachdem man sich vorbereitet hat, die Wirtschaft eigenstän-dig zu führen, ohne
der Verwaltung zu bedürfen) beginnen die Arbeiterunionen – nachdem sie eine
umfangreiche Koordinierung von Aktionen geschaffen haben – den
besitzergreifenden Generalstreik, verwirklichen die Massenenteignung der
Betriebe, lösen alle Organe der Staatsmacht auf und brechen den Widerstand der
ehemaligen „Herren des Lebens“ und ihrer Anhänger. Von
dem oben Dargelegten ausgehend, sehen wir unsere Aufgabe nicht darin, eine
zentralisierte hierarchische Organisation in der Art einer Partei zu bilden,
nicht im Einschluß in eigenen Gruppen zur „rein anarchistischen Tätigkeit“
– sondern in der maximalen Teilnahme und Hilfe in der SELBSTorganisierung des
Proletariats, in der Revolutionierung der bestehenden Arbeiterorganisationen, in
der breiten Ideenpropaganda unserer Prinzipien und der unmittelbaren Teilnahme
in dem sich entwickelnden Klassenkampf. Kraft der historischen Traditionen
nehmen wir daher den Namen an REVOLUTIONÄRE ANARCHISTEN-SYNDIKALISTEN. 4.
ALLTÄGLICHE TÄTIGKEIT In
unserer alltäglichen Tätigkeit sehen wir folgende Ausrichtungen der Arbeit: Teilnahme
am Klassenkampf: -
der Schutz und die Erweiterung der ökonomischen Eroberungen der
Arbeiterklasse (Erhöhung der Löhne, Verkürzung des Arbeitstages, Verbesserung
der Arbeitsbedingungen etc.). -
der Kampf zur Begrenzung der Rechte von Unternehmern und der Verwaltung
– mit Hilfe der Gewerkschaften und der Fabrikkomitees, bis zur Errichtung
einer Arbeiterkontrolle über die Tätigkeit der Verwaltung. -
Kampf mit dem Streikbrechertum und der Unterdrückung von Streiks. -
Kampf für die Freiheit gewerkschaftlicher Tätigkeit und die
Nichteinmischung des Staates und der Verwaltung in die Sachen der
Arbeiterorganisationen, für ein unbegrenztes Streikrecht. -
Unterstützung von Kommunen, sozialistischen Verbraucher- und
Produzentenkooperativen, selbstverwalteten Betrieben etc. -
Aktive Arbeit zur Organisierung von revolutionären Produktions- und
anderen Arbeiterunionen. Teilnahme
am sozialen Kampf: -
Kampf für die Meinungs-, Presse-, Versammlungsfreiheit, Unverletzbarkeit
der Person etc. -
Kampf zur Schwächung der Kraft des Staates und seines Betätigungsfeldes. -
Kampf gegen den Nationalismus in allen seinen Erscheinungen, gegen den
Faschismus, Militarismus, Klerikalismus und andere antihumane Bewegungen und
Erscheinungen. -
Unterstützung der ökologischen Bewegung. Methoden
unserer Tätigkeit in diesen Richtungen: -
mündliche, schriftliche u.a. Propaganda und Agitation; Herausgabe von
Zeitungen, Zeitschriften, Flugblättern, Bulletins etc. -
Direkte Aktionen: Kundgebungen, Demonstrationen, persönliche und
Massenverweigerung der Steuerzahlung und die Weigerung andere Forderungen der
Staatsmacht zu erfüllen, passiver Widerstand, Boykott, Sabotage, verschiedene
Arten von Streiks, bis hin zum Generalstreik. Unter
günstigen Umständen – der Übergang des Generalstreiks in die höchste Form
des Klassenkampfes – die soziale Revolution. Angenommen in Guljaj Polje 1998 |
Das ABC des revolutionären Anarchisten von Nestor Machno
Die Flamme der Liebe und des Aufstandes - Historischer Roman aus revolutionären Zeiten - eine Buchbesprechung
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Wer war Nestor Machno ?
Rudolf Rocker -
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