Univ.-Prof. Dr. Ernst Ludwig Leitner, Mozarteum Salzburg, Abt. f. Dirigieren, Komposition und Musiktheorie


Kulturhistorische Hintergr�nde zur Figur des Vogelf�ngers in Mozarts �Zauberfl�te�
       

Mozart hat die �Zauberfl�te� in seinem letzten Lebensjahr 1791 geschrieben. Im gleichen Jahr entstand noch die Oper �La Clemenza di Tito�, das letzte Klavierkonzert, das unvollendet gebliebene Requiem und eine ganze Reihe kleinerer Werke.

Den Text, das Libretto zur Zauberfl�te verfasste Emmanuel Schikaneder.
Schikaneder, der �Reinhardt des 18. Jhdts�, wie ihn Alfons Rosenberg nannte, war f�nf Jahre �lter als Mozart und  wurde 1751 in niederbayrischen Straubing geboren.

Mozart lernte Schikaneder 1780 in Salzburg kennen, wo dieser ein Singspiel mit vielen Lied-Einlagen  auff�hrte. Mozarts Vater Leopold besuchte mit seinen Kindern Nannerl und Wolfgang mehrmals Schikaneders Vorstellungen, die damals so beliebt waren, dass selbst der Erzbischof solchen Auff�hrungen beiwohnte. Man berichtet, dass immer wieder Besucher nach Hause geschickt wurden, weil sie keine Pl�tze mehr bekommen hatten.
Die Familie Mozart freundete sich schon in dieser Zeit mit Schikaneder an und Mozart �berlie� in der Folge Schikaneder seine B�hnenmusik zu �Thamos, K�nig von �gypten� (die zehn Jahre sp�ter komponierte �Zauberfl�te� sollte dann auch wieder mit �gypten zu tun haben) und komponierte auf Bitte Schikaneders auch eine Arie.

Die Wege trennten sich dann �ber zehn Jahre bis Schikaneder 1791 Mozart den Text zur �Zauberfl�te� in Wien vorlegte. Schikaneder hatte sich mittlerweile in Wien etabliert und 1789 ein relativ gro�es Theater, das sogenannte Freihaustheater, er�ffnet. Dieses Theater bot Platz f�r tausend Zuschauer.
Schikaneder wusste einerseits um Mozarts finanzielle N�te und konnte ihn auch aus diesem Grunde relativ leicht zur Komposition �berreden. Andererseits erhoffte er sich einen gro�en Publikumserfolg und wollte damit einem zweiten in Wien  sehr erfolgreichen Theaterdirektor namens Marinelli  Konkurrenz machen.
Schikaneder war in erster Linie Schauspieler (er spielte bei seinen zahlreichen Gastspielen u. a. den Hamlet), konnte aber auch singen. So hat er sich die Partie des Papageno selbst �auf den Leib� geschrieben und hatte Mozart wohl gebeten,  seinen Part relativ einfach zu gestalten.
Es ist �berliefert, dass z. B. das Auftrittslied des Papageno, �Der Vogelf�nger bin ich ja ...� und die Arie �Ein M�dchen oder Weibchen� urspr�nglich Volkslieder mit einem anderen Text waren, die Schikaneder bei einem seiner Gastspiele in Memmingen 1786  kennen lernte. Tats�chlich sind diese beiden Nummern, was den Stimmumfang, die Melodiegestaltung und auch die Harmonik anlangt, volksliedhaft einfach.
Es ist u.a. bemerkenswert, dass Mozart Anleihen bei anderen Komponistenkollegen nahm, bzw. eben auch Volkslieder verwendete. Ein Beispiel f�r eine solche �Anleihe� ist die Nummer mit den beiden Geharnischten, in der Mozart eine Melodie von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704) verwendet.
Im fast zur gleichen Zeit entstandenen Requiem nimmt er Anleihen bei Michael Haydn, wie auch z. B. in der �Maurerischen Trauermusik�, in der er auch auf das Requiem von M. Haydn Bezug nimmt (Psalmvers �Te decet hymnus�). 
Die Frage, warum Mozart Anleihen bei seinen Kollegen nahm kann man nicht eindeutig beantworten. Mit Sicherheit nicht, weil ihm vielleicht nichts mehr eingefallen w�re oder aus Zeitnot, denn bei Mozarts Arbeitstempo h�tte das Nachlesen mehr Zeit beansprucht als einen eigenen Einfall niederzuschreiben.
Vielmehr vermute ich, dass er ein Summe  seines Schaffen ziehen wollte und in diesem Schaffen finden wir immer wieder die Besch�ftigung mit anderen Komponisten (Z.B. die Neufassung von H�ndels �Messias�)

Zur Figur des Vogelmenschen:

Wenn man ganz weit in die Vergangenheit zur�ck blickt, finden wir in der Heiligen Schrift, im 6. Kapitel des Jesaja dem Propheten die Seraphim, eine Art Vogelmenschen mit sechs Fl�geln, einem gewachsenen Federgewand, aus dem nur Kopf, H�nde und F��e hervorschauen.
(�M. Luther) Jesaja dem Propheten das geschah, dass er im Geist den Herren sitzen sah auf einem hohen Thron in hellem Glanz. Sein�s Kleides Saum den Chor erf�llet ganz. Es stunden zween Seraph bei ihm daran. Sechs Fl�gel sah er einen jeden han: mit zween verbargen sie ihr Antlitz klar, mit zween bedeckten sie die F��e gar und mit den andern zween sie flogen frei, gen ander riefen sie mit gro�em G�schrei: �Heilig ist Gott der Herre Zebaoth, sein Ehr die ganze Welt erf�llet hat.� Von dem G�schrei zittert Schwell und Balken gar, das Haus auch ganz voll Rauchs und Nebel war.

Seit dem 7. Jhdt. vor Christus ist im antiken Griechenland der m�nnliche Siren, bzw. sind  die weiblichen Sirenen bekannt, V�gel mit einem Menschenkopf. Diese Gesch�pfe geh�rten der Unterwelt, dem Hades und der Persephone an. Im Totenreich tr�steten sie (nach Euripides) die Abgeschiedenen mit den Kl�ngen ihrer Fl�ten, Schalmeien und mit ihrem Gesang.
Etwas sp�ter erscheinen auf antiken Vasen und Grabm�lern �hnliche Wesen, die weisen mehr und mehr nebst Fl�gel auch Arme und H�nde auf. Diese halten dann die Fl�te oder den doppelrohrigen Aulos.
Etwa seit Beginn des 5. Jhdts. vor Christus finden wir in Griechenland die Figur des Hahnenreiters, sie stellt einen J�ngling dar, der auf einem Hahn reitet.

Da aber die Zauberfl�te ein �gyptisches Mysterium, bzw. ein Mysterium in �gyptischem Gewande vermitteln will, ist zu fragen, wie weit sich das Motiv des Vogelf�ngers auch im alten �gypten belegen l�sst. Das alte �gypten war das klassische Land des Vogelfangens. Der Vogel war � wie in vielen alten Hochkulturen � Sinnbild f�r die Seele. Der Vogelmensch war im alten �gypten bekannt in der Gestalt des BA, des Seelenleibes der Toten als menschenk�pfiger Vogel.

Im 16. Jhdt. wird die Gestalt des Hahenreiters volkst�mlich. Wir finden Darstellungen, auf denen der Hahn von einem Mann, die Henne von einer Frau geritten wird.

Gr��te Popularit�t erlangte der Hahnenreiter als Geb�ckmodel, als Kinderspielzeug, als Relief an einem Kirchengest�hl  oder als Fastnachtsfigur  im 18.  Jhdt.
Der Hahn ist einerseits der Sonnenvogel, darum ist er oft auf Kircht�rmen protestantischer Kirchen (als W�chter, der zur Wachheit ruft) zu finden oder er ist andrerseits Symbol unersch�pflicher Zeugungskraft. Der Reiter ist identisch mit dem Reittier, er wird selber zum Hahn, der (wie Papageno mit seiner Panspfeife) die Hennen, die M�dchen zum Liebesverein lockt.

Auftrittslied des Papageno: �Der Vogelf�nger bin ich ja, .... wei� mit dem Locken umzugeh�n und mich aufs Pfeifen zu versteh�n .... dann:  denn alle V�gel sind ja mein ...  dann:  und alle M�dchen w�ren mein� 

Die Figur der Pagagena entspricht folglich dem M�dchen, das die Henne reitet, sie wird selber zur Henne.

Im Duett Papageno � Papagena hei�t es dann: � .... Nun, so sei mein liebes Weibchen, nun, so sei mein Herzenst�ubchen ...welche Freude wird das sein, wenn die G�tter uns bedenken, uns�rer Liebe Kinder schenken, liebe kleine Kinderlein ... erst einen kleinen Papageno, dann eine kleine Papagena, dann wieder einen Papageno ... Es ist das h�chste der Gef�hle, wenn viele Papageno .... der Eltern Segen werden sein� (Mozart schreibt als Tempo �Allegro� vor)


Das Musizieren geh�rt offensichtlich zum Hahnenreiter, ob er nun ein Posthorn oder eine Fl�te bl�st. In jedem Fall sind es Blasinstrumente mit denen er dargestellt wird.

Literatur:

Alfons Rosenberg: �Die Zauberfl�te� Prestel Verlag M�nchen 1972
Egon Komorzynski: �Mozart / Sendung und Schicksal�  BG Donauland Wien 1955


Einige Gedanken zum gleichen Thema in eigener Sache:

Vor etwa f�nf Jahren zeigte mir Dr. Richard Bletschacher (ehemaliger Chefdramaturg an der Wiener Staatsoper) einen Text �ber die Vogelf�nger im Salzkammergut.

Es sind in der Folge drei St�cke entstanden:
Eines in Form eines Bl�serquintettes mit dem Titel  �...Und mich auf�s Pfeifen zu versteh�n� (UA 2004 imRahmen der Sommerkonzerte in Kitzb�hel)
Hier zitiere ich einen Vers aus dem Auftrittslied des Papageno und meine damit nicht nur das Pfeifen Papagenos, sondern durchaus auch die Fertigkeit der f�nf Bl�ser, die sich �auf�s Pfeifen� (ihrer Instrument) verstehen m�ssen.

Ein weiteres mit der gleichen Musik und gleichen Besetzung aber mit dazu rezitiertem Text

und schlie�lich ein drittes in der Fassung f�r Sprecher und Kammerorchester mit dem Titel
�Papagenos Nachkommen� � eine Geschichte mit Musik �ber die Vogelf�nger im Salzkammergut

Die UA der kleinen Fassung f�r Sprecher und Bl�serquintett erfolgte 2004 in Bad Goisern,
die UA der Fassung f�r Sprecher und Kammerorchester erfolgte 2006 in Hallstatt, jeweils mit Gabriele Schuchter als Sprecherin.
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