Nepal: Friedensverhandlungen gescheitert Volkskrieg in nächster Etappe

In den Artikeln "Revolutionärer Volkskrieg in Nepal!" (PR Nr. 5) und "Nepal: Der revolutionäre Volkskrieg gegen den Imperialismus und seine Lakaien" (PR Nr. 8) berichteten wir ausführlich über den revolutionären Volkskrieg in Nepal. Im Folgenden fassen wir kurz zusammen, was sich seitdem getan hat.

Proletarische Rundschau Nr. 13, Dezember 2003

Nach sieben Jahren Volkskrieg begannen im Jänner 2003 wieder einmal Friedensverhandlungen zwischen der Kommunistischen Partei Nepal (maoistisch) und den Vetretern des feudalistischen alten Regimes. Die KPN(M) stellte einen Forderungskatalog auf, der eine All-Parteienkonferenz vorsah, mit dem Ziel eine Interims-Regierung zu bilden. Diese sollte Neuwahlen für das Parlament vorbereiten und durchführen, sowie eine neue Verfassung ausarbeiten. Der Regierung gingen diese Forderungen zu weit. Neuwahlen sollten im Rahmen der bisherigen Verfassung stattfinden, das neue Parlament sollte höchstens einige Verfassungsänderungen beschließen, aber nicht eine neue Verfassung. Zudem sollten die Maoist/innen einer Entwaffnung zustimmen; eine Forderung, die ihr Verhandlungsleiter, Genosse Baburam Bhattarai "lächerlich" nannte.
Um die Verhandlungen überhaupt erst zu ermöglichen schlossen alte Regierung und Volksregierung ein Übereinkommen, das Zusammenstöße zwischen der People´s Liberation Army und der Royal Army verhindern sollte. Die PLA kam dieser Vereinbarung unter der Führung der KPN(M) konsequent nach, während die Regierung ihre Provokationen und Angriffe nicht nur fortsetzte, sondern sogar noch steigerte.

Während der Verhandlungen nominierte König Gyanendra den königstreuen Politiker S. B. Thapa für das Amt des Premiers. Gyanendra brachte damit das Kunststück zu Stande, mitten in den Friedensverhandlungen sogar die Parlamentsparteien gegen sich aufzubringen, die sich zuvor auf einen eigenen, anderen Kandidaten geeinigt hatten. Der Konflikt zwischen Parlament und Palast begann, als Gyanendra im Oktober 2002 die gewählte Regierung entließ und sie durch eine eigene, ihm hörige Mannschaft ersetzte. Während die Regierung dadurch auch bei der eigenen Elite an Legitimität einbüßte, und sich nur noch auf die Treue der Armee verlassen konnte, sah sie sich bei den Friedensverhandlungen einer starken Kraft gegenüber, die breiteste Zustimmung im Volk genießt.

Sofortige Freilassung
des Genossen Gaurav
aus dem indischen Gefängnis!

Mit Bestürzung haben wir von der Verhaftung des nepalesischen Kommunisten Gen. Gaurav erfahren. Unter dem heuchlerischen Vorwand, er habe einen falschen Pass, wird er von den indischen Behörden im Gefängnis festgehalten und droht ihm die Auslieferung nach Nepal. Das beweist aufs Neue die Komplizenschaft der indischen Regierung mit den USA und den anderen imperialistischen Mächten (darunter auch Österreich) in ihrer erbitterten Feindschaft gegenüber dem Freiheitsstreben des nepalesischen Volkes und seines Kampfes gegen das halbfeudale imperialistische Joch.
Wir versichern unseren nepalesischen Genoss/innen, dass wir in Österreich entsprechend unseren Möglichkeiten über das Schicksal des Genossen Gaurav informieren und verstärkt den gerechten Volksbefreiungskampf in Nepal unter Führung der Kommunistischen Partei Nepals (Maoistisch) propagieren werden. (weitere Infos: A World To Win )

Solidarität mit dem Kampf des nepalesischen Volks unter Führung der KPN(M) für Volksmacht und volksdemokratische-antiimperialistische Revolution!

KomAk-ml, 12.9.03

In der Zwischenzeit setzte die Regierung ihre Angriffe fort. Bereits in der Anfangsphase der Friedensverhandlungen griff die Royal Army Kader der KPN(M) in Darchula, Makawanpur, Bhojpur und anderen Teilen des Landes an. Um die Verhandlungen trotzdem weiterführen zu können, wurde das Waffenstillstandsabkommen um ein Zusatzprotokoll erweitert, das vorsah, dass die Royal Army sich nur im Umkreis von fünf Kilometern um ihre Kasernen bewegen darf. Die Armee lehnte diese Auflage ab, und die Regierung erhöhte ihren Druck weiter. Erst nach einer längeren Pause und im Hinblick auf die Freilassung eines Mitglieds des Zentralkomitees der KPN(M) schöpfte die Partei neue Hoffnung und brachte das Verhandlungsteam zur dritten Verhandlungsrunde. Die Regierungsvertreter präsentierten zur Verhandlung ein "Strategiepapier", das nicht nur alle wichtigen Probleme des Landes einfach ignorierte, sondern darüber hinaus dem gesamten Friedensdialog die Relevanz absprach. Die von der KPN(M) politisch geführte Peoples Liberation Army wurde zur Kapitulation und zur freiwilligen Selbstentwaffnung aufgefordert. Das Verhandlungsteam der Volksregierung lehnte diese "Vorschläge" freilich ab und forderte die Regierung auf, zur nächsten Verhandlungsrunde mit neuen Vorschlägen zu erscheinen, da ansonsten die Friedensverhandlungen abgebrochen werden würden.
Just zu diesem Zeitpunkt schlug die Royal Army abermals zu. In Doramba überfiel sie ein Treffen des Bezirkskomitees der KPN(M), nahm 17 unbewaffnete Kader und 2 weitere Personen fest, brachte sie an einen anderen Ort und erschoss sie mit an den Rücken gebundenen Händen kaltblütig.
Daraufhin kündigte die KPN(M) Ende August 2003 das Waffenstillstandsabkommen mit der Regierung auf und brach die sieben Monate dauernden Friedensgespräche ab. Der revolutionäre Volkskrieg wurde wiederaufgenommen.

Bereits einen Tag nach dem Ende des Waffenstillstandsabkommens erschossen die Rebellen in Kathmandu einen Oberst der Palastwache. Der frühere Innenminister Raj Kandel wurde angegriffen, er überlebte schwer verletzt. Expremier Deuba geriet mit seinem Auto in einen Hinterhalt der Guerilla, wobei seine Leibwächter ihr Leben verloren. Das Elternhaus des Finanzministers Lohani wurde in Brand gesteckt. Das Haus und das Land des Premierministers Thapa wurde beschlagnahmt, Polizei- und Armeekasernen gestürmt und Waffen-Beschaffungsaktionen durchgeführt. Außerdem gab es wiederholt Angriffe auf Stadtverwaltungsgebäude, Konzerne und die Nepal Oil Corporation. Seit dem Ende der Verhandlungen kommt es jeden Tag zu heftigen Kämpfen.
Vom 18.-20. September initialisierte die KPN(M) einen landesweiten Generalstreik, der mit den Forderungen nach der Abschaffung der Monarchie und die Ersetzung der Royal Army durch eine nationale Armee als Voraussetzungen für die Entwicklung wirklicher Demokratie und nationaler Einheit verknüpft war. Der Streik legte das öffentliche Leben in Nepal lahm. Schulen, Büros, Märkte, Fabriken und Geschäfte blieben 3 Tage lang geschlossen, der Straßenverkehr kam zum Erliegen. Alle Inlandsflüge wurden abgesagt, und Hunderte Reisende saßen auf den Flughäfen fest.
Am 20. Oktober wurden 2 britische Offiziere, die rund 300 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kathmandu unterwegs waren, um Nepalesen für ihre "Gurkha"-Elitetruppe zu rekrutieren, von Kämpfer/innen der Volksbefreiungsarmee vorübergehend festgesetzt.

Wie verzweifelt die Regierung auf das Wiederaufflammen des Volkskrieges reagiert, beweist unter anderem eine neue Verordnung, die Versammlungen von fünf und mehr Menschen in der Hauptstadt Kathmandu verbietet. Als Grund dafür wird die Sorge vor Anschlägen genannt, wohl wissend, dass sich die Aktionen der PLA niemals gegen das Volk, sondern immer gegen das System und seine Repräsentanten gerichtet haben. Wer sich nicht an das Verbot hält, kann mit bis zu drei Monaten Haft bestraft werden. Die Regelung soll laut Regierung notfalls mit Waffengewalt durchgesetzt werden.
Trotz aller Repression ist die nepalesische Regierung mittlerweile stark in Bedrängnis. So ist ihr die militärische Unterstützung seitens des US-Imperialismus mehr als willkommen. Bereits vor Beginn des Waffenstillstands begannen gemeinsame militärische Übungen der Royal Nepal Army mit Einheiten der US-Army in der westlichen Region Nepals, dem "Herz" des Volkskriegs. Zeitgleich setzte der US-Imperialismus die KPN(M) auf die sogenannte "terrorist watch list" und schloss mit der Regierung ein Übereinkommen, das die zur Verfügungstellung von Waffen und finanziellen Mitteln ebenso vorsieht, wie die Ausbildung und Unterstützung von Aufstandsbekämpfungs-Einheiten. Die Unterstützung der feudalistischen nepalesischen Regierung durch den US-Imperialismus könnte sich jedoch als Rohrkrepierer herausstellen. So fielen etwa in den Bezirken Chitawan und Kapilbastu den Rebellen nach Kämpfen jene automatischen Waffen in die Hände, die vorher vom US-Imperialismus an die Royal Army geliefert worden sind.

Auch wenn die Friedensverhandlungen vorerst gescheitert und dem Dialog der Waffen gewichen sind, betont die KPN(M), dem grundsätzlichen Wunsch des nepalesischen Volks nach Frieden und Demokratie zum Durchbruch verhelfen zu wollen. Am 27. August 2003 erklärte der Vorsitzende der KPN(M), Genosse Prachanda: "Wir von unserer Seite werden die Tür für Verhandlungen nicht schließen. Unter der Bedingung, dass den Menschen das Recht der Souveränität und Interessenvertretung eingeräumt wird, werden wir wieder am Verhandlungstisch sitzen. Unsere Partei bittet alle volksnahen Kräfte in- und außerhalb des Landes inständig, uns bei der Schaffung einer solchen Situation zu helfen."

Den Briefwechsel zwischen KPN (M) und der KomAk-ml findet ihr hier.