Nach sieben Jahren Volkskrieg begannen im Jänner 2003 wieder einmal Friedensverhandlungen
zwischen der Kommunistischen Partei Nepal (maoistisch) und den Vetretern des
feudalistischen alten Regimes. Die KPN(M) stellte einen Forderungskatalog auf,
der eine All-Parteienkonferenz vorsah, mit dem Ziel eine Interims-Regierung
zu bilden. Diese sollte Neuwahlen für das Parlament vorbereiten und durchführen,
sowie eine neue Verfassung ausarbeiten. Der Regierung gingen diese Forderungen
zu weit. Neuwahlen sollten im Rahmen der bisherigen Verfassung stattfinden,
das neue Parlament sollte höchstens einige Verfassungsänderungen
beschließen, aber nicht eine neue Verfassung. Zudem sollten die Maoist/innen
einer Entwaffnung zustimmen; eine Forderung, die ihr Verhandlungsleiter, Genosse
Baburam Bhattarai "lächerlich" nannte.
Um die Verhandlungen überhaupt erst zu ermöglichen schlossen alte
Regierung und Volksregierung ein Übereinkommen, das Zusammenstöße
zwischen der People´s Liberation Army und der Royal Army verhindern sollte.
Die PLA kam dieser Vereinbarung unter der Führung der KPN(M) konsequent
nach, während die Regierung ihre Provokationen und Angriffe nicht nur
fortsetzte, sondern sogar noch steigerte.
Während der Verhandlungen nominierte König Gyanendra den königstreuen
Politiker S. B. Thapa für das Amt des Premiers. Gyanendra brachte damit
das Kunststück zu Stande, mitten in den Friedensverhandlungen sogar die
Parlamentsparteien gegen sich aufzubringen, die sich zuvor auf einen eigenen,
anderen Kandidaten geeinigt hatten. Der Konflikt zwischen Parlament und Palast
begann, als Gyanendra im Oktober 2002 die gewählte Regierung entließ und
sie durch eine eigene, ihm hörige Mannschaft ersetzte. Während die
Regierung dadurch auch bei der eigenen Elite an Legitimität einbüßte,
und sich nur noch auf die Treue der Armee verlassen konnte, sah sie sich bei
den Friedensverhandlungen einer starken Kraft gegenüber, die breiteste
Zustimmung im Volk genießt.
Mit Bestürzung haben wir von der Verhaftung des nepalesischen Kommunisten
Gen. Gaurav erfahren. Unter dem heuchlerischen Vorwand, er habe einen falschen
Pass, wird er von den indischen Behörden im Gefängnis festgehalten
und droht ihm die Auslieferung nach Nepal. Das beweist aufs Neue die Komplizenschaft
der indischen Regierung mit den USA und den anderen imperialistischen Mächten
(darunter auch Österreich) in ihrer erbitterten Feindschaft gegenüber
dem Freiheitsstreben des nepalesischen Volkes und seines Kampfes gegen das
halbfeudale imperialistische Joch.
Wir versichern unseren nepalesischen Genoss/innen, dass wir in Österreich
entsprechend unseren Möglichkeiten über das Schicksal des Genossen
Gaurav informieren und verstärkt den gerechten Volksbefreiungskampf
in Nepal unter Führung der Kommunistischen Partei Nepals (Maoistisch)
propagieren werden. (weitere Infos: A
World To Win )
Solidarität mit dem Kampf des nepalesischen Volks unter Führung der KPN(M) für Volksmacht und volksdemokratische-antiimperialistische Revolution!
KomAk-ml, 12.9.03
In der Zwischenzeit setzte die Regierung ihre Angriffe fort. Bereits in der
Anfangsphase der Friedensverhandlungen griff die Royal Army Kader der KPN(M)
in Darchula, Makawanpur, Bhojpur und anderen Teilen des Landes an. Um die Verhandlungen
trotzdem weiterführen zu können, wurde das Waffenstillstandsabkommen
um ein Zusatzprotokoll erweitert, das vorsah, dass die Royal Army sich nur
im Umkreis von fünf Kilometern um ihre Kasernen bewegen darf. Die Armee
lehnte diese Auflage ab, und die Regierung erhöhte ihren Druck weiter.
Erst nach einer längeren Pause und im Hinblick auf die Freilassung eines
Mitglieds des Zentralkomitees der KPN(M) schöpfte die Partei neue Hoffnung
und brachte das Verhandlungsteam zur dritten Verhandlungsrunde. Die Regierungsvertreter
präsentierten zur Verhandlung ein "Strategiepapier", das nicht
nur alle wichtigen Probleme des Landes einfach ignorierte, sondern darüber
hinaus dem gesamten Friedensdialog die Relevanz absprach. Die von der KPN(M)
politisch geführte Peoples Liberation Army wurde zur Kapitulation und
zur freiwilligen Selbstentwaffnung aufgefordert. Das Verhandlungsteam der Volksregierung
lehnte diese "Vorschläge" freilich ab und forderte die Regierung
auf, zur nächsten Verhandlungsrunde mit neuen Vorschlägen zu erscheinen,
da ansonsten die Friedensverhandlungen abgebrochen werden würden.
Just zu diesem Zeitpunkt schlug die Royal Army abermals zu. In Doramba überfiel
sie ein Treffen des Bezirkskomitees der KPN(M), nahm 17 unbewaffnete Kader
und 2 weitere Personen fest, brachte sie an einen anderen Ort und erschoss
sie mit an den Rücken gebundenen Händen kaltblütig.
Daraufhin kündigte die KPN(M) Ende August 2003 das Waffenstillstandsabkommen
mit der Regierung auf und brach die sieben Monate dauernden Friedensgespräche
ab. Der revolutionäre Volkskrieg wurde wiederaufgenommen.
Bereits einen Tag nach dem Ende des Waffenstillstandsabkommens erschossen
die Rebellen in Kathmandu einen Oberst der Palastwache. Der frühere Innenminister
Raj Kandel wurde angegriffen, er überlebte schwer verletzt. Expremier
Deuba geriet mit seinem Auto in einen Hinterhalt der Guerilla, wobei seine
Leibwächter ihr Leben verloren. Das Elternhaus des Finanzministers Lohani
wurde in Brand gesteckt. Das Haus und das Land des Premierministers Thapa wurde
beschlagnahmt, Polizei- und Armeekasernen gestürmt und Waffen-Beschaffungsaktionen
durchgeführt. Außerdem gab es wiederholt Angriffe auf Stadtverwaltungsgebäude,
Konzerne und die Nepal Oil Corporation. Seit dem Ende der Verhandlungen kommt
es jeden Tag zu heftigen Kämpfen.
Vom 18.-20. September initialisierte die KPN(M) einen landesweiten Generalstreik,
der mit den Forderungen nach der Abschaffung der Monarchie und die Ersetzung
der Royal Army durch eine nationale Armee als Voraussetzungen für die
Entwicklung wirklicher Demokratie und nationaler Einheit verknüpft war.
Der Streik legte das öffentliche Leben in Nepal lahm. Schulen, Büros,
Märkte, Fabriken und Geschäfte blieben 3 Tage lang geschlossen, der
Straßenverkehr kam zum Erliegen. Alle Inlandsflüge wurden abgesagt,
und Hunderte Reisende saßen auf den Flughäfen fest.
Am 20. Oktober wurden 2 britische Offiziere, die rund 300 Kilometer nordwestlich
der Hauptstadt Kathmandu unterwegs waren, um Nepalesen für ihre "Gurkha"-Elitetruppe
zu rekrutieren, von Kämpfer/innen der Volksbefreiungsarmee vorübergehend
festgesetzt.
Wie verzweifelt die Regierung auf das Wiederaufflammen des Volkskrieges reagiert,
beweist unter anderem eine neue Verordnung, die Versammlungen von fünf
und mehr Menschen in der Hauptstadt Kathmandu verbietet. Als Grund dafür
wird die Sorge vor Anschlägen genannt, wohl wissend, dass sich die Aktionen
der PLA niemals gegen das Volk, sondern immer gegen das System und seine Repräsentanten
gerichtet haben. Wer sich nicht an das Verbot hält, kann mit bis zu drei
Monaten Haft bestraft werden. Die Regelung soll laut Regierung notfalls mit
Waffengewalt durchgesetzt werden.
Trotz
aller Repression ist die nepalesische Regierung mittlerweile stark in Bedrängnis.
So ist ihr die militärische Unterstützung seitens des US-Imperialismus
mehr als willkommen. Bereits vor Beginn des Waffenstillstands begannen gemeinsame
militärische Übungen der Royal Nepal Army mit Einheiten der US-Army
in der westlichen Region Nepals, dem "Herz" des Volkskriegs. Zeitgleich
setzte der US-Imperialismus die KPN(M) auf die sogenannte "terrorist watch
list" und schloss mit der Regierung ein Übereinkommen, das die zur
Verfügungstellung von Waffen und finanziellen Mitteln ebenso vorsieht,
wie die Ausbildung und Unterstützung von Aufstandsbekämpfungs-Einheiten.
Die Unterstützung der feudalistischen nepalesischen Regierung durch den
US-Imperialismus könnte sich jedoch als Rohrkrepierer herausstellen. So
fielen etwa in den Bezirken Chitawan und Kapilbastu den Rebellen nach Kämpfen
jene automatischen Waffen in die Hände, die vorher vom US-Imperialismus
an die Royal Army geliefert worden sind.
Auch wenn die Friedensverhandlungen vorerst gescheitert und dem Dialog der Waffen gewichen sind, betont die KPN(M), dem grundsätzlichen Wunsch des nepalesischen Volks nach Frieden und Demokratie zum Durchbruch verhelfen zu wollen. Am 27. August 2003 erklärte der Vorsitzende der KPN(M), Genosse Prachanda: "Wir von unserer Seite werden die Tür für Verhandlungen nicht schließen. Unter der Bedingung, dass den Menschen das Recht der Souveränität und Interessenvertretung eingeräumt wird, werden wir wieder am Verhandlungstisch sitzen. Unsere Partei bittet alle volksnahen Kräfte in- und außerhalb des Landes inständig, uns bei der Schaffung einer solchen Situation zu helfen."
Den Briefwechsel zwischen KPN (M) und der KomAk-ml findet ihr hier.