Udo Jürgens

Moskau - New York

Auf den Bänken der Gärten von Prag, da seh' ich sie lesen
von den Tagen der Intoleranz und des Schweigens genesen.
Und sie knüpfen ein geistiges Band mit den Dichtern der Welt
ja sie sprechen mit allen und jedem, wie's ihnen gefällt.

Ein Russe tanzt Samba in Rio mit glänzenden Augen
Und der Himmel Venedigs strahlt hell voller schneeweißer Tauben.
All die Klänge des Karnevals zieh'n um den Globus wie Lieder
Auf dem Roten Platz trifft man sich später irgendwann wieder.

Über Houston da probt man schon lange nicht mehr den Krieg der Sterne
All die Tage des eiskalten Kriegs liegen weit in der Ferne.
In der Tiefe des Meeres versinken Milliarden Gewehre
Generäle, egal wo sie steh'n, entlassen die Heere.

Moskau - New York, alles was trennt überwinden
Moskau - New York, Gemeinsamkeit wiederfinden
Ich sah' die Liebe, die Feuer fing
Es war am Tag, als der Haß unterging.

Auf den Feldern Johannisburgs sät man gemeinsam Vertrauen
In den Bergen Kabuls seh' ich Menschen die Zukunft erbauen
Am Tag, als der Haß unterging, hat man endlich vergessen,
daß ein Ziel nur erreicht wird im Kampf um die eig'nen Interessen.
In Berlin wird die Mauer von beiden Seiten zerschlagen
Als gemeinsame Fackel wird Freiheit ins Morgen getragen.

Moskau - New York, Peking - La Paz
Grenzenlos frei sein, ganz ohne Haß
Jerusalem - Beirut, Santiago - Berlin
Aus dem Mut zu verzeihen wird ein neuer Beginn.


Merkwürdiger Text für einen Musiker: Die Leute lesen, sprechen und tanzen - aber niemand scheint zu singen. Dementsprechend haben sich ja auch all die Wünsche aus 1988 - die sich inzwischen längst erfüllt haben - als Danaergeschenke erwiesen: Die Russen haben Milliarden alter Waffen nebst Munition im Meer versenkt - als tickende Zeitbomben. Die Felder der Weißen in Johannisburg sind enteignet, und die Schwarzen säen dort gemeinsam Vertrauen, aber sonst nichts mehr; und davon kann man nicht abbeißen, wie die anderen Beispiele im "befreiten" - und hungernden - Afrika zeigen. In Kabul erbauen die Menschen ihre Zukunft, genauer gesagt bauen sie verstärkt Schlafmohn an; noch nie war die Ernte so reichlich - Afghanistan lebt vom Opium. Die Berliner Mauer ist zerschlagen worden - heute wünschen sie sich Viele zurück, auf beiden Seiten. Und viele Ossis trauern auch dem Honni nach, der von Berlin nach Santiago 'rübergemacht hat. Zwischen Jerusalem und Beirut fliegen die Raketen. Na, und in Venedig hing der Himmel schon immer voller Tauben, die alles vollgeschissen haben. Da wollte Professor h.c. U.J. Bockelmann mal wieder besonders intellektuell sein, und dann hat er nur Sch... gesungen!


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