Wie die amerikanischen "Befreier" in
Österreich zu Plünderern wurden

von Markus Günther (WAZ, 14.03.2005)

Links u. Anmerkungen von Dikigoros

60 Jahre nach Kriegsende will die US-Regierung ungarische Juden für geraubtes Eigentum entschädigen.

Generalmajor Harry Collins, bei Kriegsende 1945 Oberbefehlshaber der US-Truppen im Westteil Österreichs, schrieb einen langen Wunschzettel mit den "Souvenirs", die er mit nach Hause nehmen wollte. "Porzellan und Besteck für 45 Personen, 30 Tischdecken, silberne Kerzenleuchter, Teppiche und Pelzmäntel", bestellte er in einem Lagerhaus der US-Armee, das die Ware prompt zustellte. Woher die "Kriegsbeute" stammte, wusste der General sehr genau: Aus dem Besitz ungarischer Juden, die von den Nazis enteignet und in Konzentrationslager verschleppt worden waren.

60 Jahre nach Kriegsende findet die Plünderung ungarisch-jüdischen Eigentums durch amerikanische Soldaten nun ein juristisches und politisches Nachspiel: Die US-Regierung will 25,5 Millionen Dollar Entschädigung zahlen und sich erstmals öffentlich zu den Plünderungen bekennen.

Als alliierte Truppen in der Endphase des Zweiten Weltkriegs Ungarn befreiten [hier fehlen die Anführungsstriche, Anm. Dikigoros], versuchten die deutschen Besatzer [dto] in letzter Minute, die von verschleppten und ermordeten Juden geraubten Wertgegenstände in Sicherheit zu bringen. Ein Zug mit 24 Waggons, der später als der "ungarische Goldzug" bekannt wurde, enthielt Schmuck, Kleidung, Möbel und Teppiche, außerdem Gold und kostbare Kunstwerke, darunter Werke von Rembrandt und Dürer. Bis ins Deutsche Reich kam der Zug nicht mehr. Als der Vormarsch amerikanischer Truppen immer schneller vonstatten ging, ließen die Deutschen die Waggons knapp 100 Kilometer von Salzburg entfernt zurück.

Als die Fracht dort amerikanischen Soldaten in die Hände fiel, wurde ein Teil spontan geplündert, der Rest landete in Lagerhäusern der US-Armee. Was dann geschah, konnte auch eine von Präsident Clinton eingesetzte Expertenkommission nicht mehr in allen Details klären.

Sicher ist, dass sich führende Offiziere wie General Collins in den Lagern einfach aussuchten, was sie haben wollten und als Privateigentum in die USA einführten oder weiterverkauften. Zum Teil wurden die Wertgegenstände offenbar auch an US-Soldaten verkauft; anderes verschwand spurlos, wie zwei Koffer voll mit Gold. [Das sind freilich nur "Peanuts", verglichen mit den Milliarden-Werten, welche die USA bei ihren Plünderungszügen aus dem Reich haben mitgehen lassen, und die sie bis heute nicht anzuerkennen, geschweige denn herauszugeben bereit sind, Anm. Dikigoros]

Nach jahrelangem Rechtsstreit mit Anwälten ungarischer Holocaust-Überlebender hat sich die US-Regierung jetzt bereit erklärt, 25,5 Millionen Dollar Entschädigung zu zahlen - nur gut ein Zehntel der Summe, die die Anwälte gefordert hatten. Da der tatsächliche Wert des geplünderten Besitzes nicht mehr rekonstruierbar war, haben die Anwälte dem Angebot zugestimmt. Das Geld soll vor allem jüdischen Wohlfahrtseinrichtungen in Israel, Ungarn und den USA zugute kommen. Eine individuelle Entschädigung der Opfer oder ihrer Nachfahren hielten auch die Anwälte nicht für praktikabel. [Das ist wieder typisch: Die Opfer bzw. ihre Nachkommen gehen leer aus; den Reibach machen die kriminellen Lobbyisten-Verbände und ihre Anwälte, Anm. Dikigoros]

Zu der Einigung, die noch von einem US-Bundesgericht bestätigt werden muss, gehört auch die erstmalige und äußerst ungewöhnliche öffentliche Anerkennung der Plünderungen durch die US-Regierung, die dazu eine Erklärung abgeben will.

Gideon Taylor, der schon die Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter mit ausgehandelt hatte und jetzt auf Seiten der US-Juden an den Verhandlungen beteiligt war, gibt sich erleichtert über den Kompromiss, relativiert aber auch die historische Bedeutung: "Das hier ist ein isoliertes Kapitel in einer ansonsten ruhmreichen [sic! Anm. Dikigoros] US-Geschichte, die vielen Juden das Leben gerettet hat." [Welch ein Heuchler, Anm. Dikigoros]


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