Viktor Orbán über die EU,
die NATO und den Krieg

Die Achse des Guten (Red.), 18. Mai 2022

Kürzungen, Anmerkungen & Links: Nikolas Dikigoros

Viktor Orbáns Politik wird in Brüssel und Berlin zumeist mehr als kritisch gesehen. Auch wenn es um die europäischen Reaktionen auf den Krieg in der Ukraine geht, scheint Orbán eine besondere Rolle einzunehmen. Ungarn hat die bisherigen EU-Sanktionen und Hilfen für die Ukraine unterstützt. Ungarn nimmt viele ukrainische Flüchtlinge auf, aber Ungarn tritt auf die Bremse, wenn es um ein Öl- oder Gas-Embargo gegenüber Russland geht, denn das Land ist von russischer Energie abhängig. Der Ministerpräsident folgt einer eigenen Agenda, und die vertritt er öffentlich.

Auf der konstituierenden Sitzung des neuen ungarischen Parlaments am 16. Mai 2022 hielt der frisch wiedergewählte Ministerpräsident Viktor Orbán seine Antrittsrede. Er stellt darin die wesentlichen Züge der Politik seiner Regierung für die kommenden Jahre dar. Wir dokumentieren hier den außenpolitischen Teil dieser Rede, in dem Orbán über die westlichen Sanktionen gegen Rußland und über die ungarische Hilfe für die Ukraine spricht. Im Weiteren geht es um das ungarische Verhältnis zum Westen, die ungarische NATO-Mitgliedschaft sowie die Mitgliedschaft und die Ziele Ungarns in der Europäischen Union.

Die Auszüge aus seiner Rede zu lesen lohnt nicht nur, weil Orbán hier klare politische Festlegungen trifft und allen Gerüchten über ungarische Unzuverlässigkeit im NATO-Bündnis und den EU-Austrittsgerüchten widerspricht. Vieles erklärt sich auch durch seinen Blick auf die Welt, auf die Nation und seine von der deutschen Politik grundsätzlich verschiedene Herangehensweise an politische Entscheidungen.


"Ich muss hier an erster Stelle über die Sicherheit Ungarns reden. Der ukrainisch-russische Krieg hält bereits seit 82 Tagen an. Dieser Krieg hätte niemals beginnen dürfen. Es gilt die alte Weisheit der Römer: Man kann nicht gleichzeitig den Anfang und das Ende der Dinge sehen. Das heißt, es ist einfach, einen Krieg zu beginnen, aber schwer, ihn zu beenden. Europa hat zur Zeit keinerlei Mittel zur Handhabung dieses Konflikts in seiner Nachbarschaft. Da die europäischen Führer weder die Kraft, noch die Mittel dafür besitzen, sind sie nun davon überzeugt, dass Russland mit Hilfe der europäischen Sanktionen in die Knie gezwungen werden kann. Das ist auf dem Papier durchaus möglich, und viele Papierpolitiker wedeln mit theoretischen Beweisen dafür herum. Doch egal, wie sehr ich mich anstrenge, mir fällt keine Blockadepolitik ein, die je erfolgreich gewesen wäre. Wogegen mir Fälle bekannt sind, in denen deren Erfinder den Schaden davontrugen. Hoffen und beten wir, dass es diesmal anders kommt.

Ungarn wird im Interesse der europäischen Einheit die Sanktionen nicht verhindern, so lange sie nicht die rote Linie des Schutzes der ungarischen Wirtschaft überschreiten, das heißt, so lange sie nicht die Energiesicherheit Ungarns gefährden. Ungarn ist Mitglied der NATO. Wir haben Ungarn 1999 in das westliche Militärbündnis geführt. Unsere politische Gemeinschaft, die Regierung und ich selbst, halten es für eine existenzielle Frage, dass Ungarn Nato-Mitglied ist. Das ist der sichere Ausgangspunkt, von dem aus wir die Sicherheitsstrategie Ungarns aufbauen. Die NATO ist ein Verteidigungspakt. Wir dürfen der Versuchung nicht nachgeben und vom Territorium der Mitgliedstaaten Angriffsaktionen durchführen. Die NATO darf nicht von einem Verteidigungspakt in ein angreifendes Kriegsbündnis verwandelt werden. Die NATO ist nicht die Entente und darf nicht dazu werden. Die Wichtigkeit unserer NATO-Mitgliedschaft ist noch nie so offenkundig gewesen wie jetzt, während des Ukraine-Krieges. Die Dinge nehmen einen immer schlimmeren Verlauf. Die Russen betrachten den Krieg als eine Aktion, die sie auch ohne den Einsatz von Wehrpflichtigen durchführen können, das heißt, sie können endlos weitermachen. Auf der anderen Seite haben sich die Amerikaner dafür entschieden, mit Hilfe des aus dem 2. Weltkrieg bekannten Leih- und Pachtgesetzes unbegrenzt Kriegsmittel für die Ukraine zu finanzieren. Das ist die denkbar schlimmste Kombination. Deshalb wird der Krieg in unserer Nachbarschaft für lange Zeit mit unfassbar vielen Waffen weitergehen und eine kontinuierliche Bedrohung für Ungarn bedeuten. Die wichtigste Aufgabe des kommenden Jahrzehnts wird es sein, uns aus diesem Krieg rauszuhalten und Frieden und Sicherheit in Ungarn zu sichern.

Das wird nicht leicht sein, denn wir stehen unter ungeheurem internationalen Druck. Wer Waffen liefert, steht nach meiner Auffassung schon mit einem Fuß im Krieg. Wir aber wollen Frieden. Krieg vernichtet, Frieden baut auf. Deshalb wollen wir eine sofortige Waffenruhe und Friedensverhandlungen, und ich kann Ihnen versichern, dass wir bei unserem Standpunkt bleiben werden. Die NATO ist eine Stütze unserer Sicherheit, aber sie wird nicht an unserer Stelle Ungarn verteidigen. In der Not vielleicht, aber an unserer Stelle gewiss nicht. Sehnsucht nach Frieden und guter Wille allein reichen nicht aus. Wenn die Armeen eines Landes schwach und seine Soldaten kampfunfähig sind, wenn ein Volk sich nicht verteidigen will, wird dieses Land als erstes angegriffen. [...]

"Uns ist Gottes Segen wichtig"

In diesem Krieg wurde die Ukraine angegriffen, und Russland ist der Angreifer. Deshalb unterstützen wir die Ukraine, deshalb haben wir die größte humanitäre Hilfsaktion in der Geschichte Ungarns gestartet. Gemessen an unserer Größe haben wir die meisten Flüchtlinge aufgenommen, und wer es brauchte, wurde versorgt. Wir werden die ukrainischen Flüchtlinge weiterhin unterstützen. Dabei spielt es jetzt keine Rolle, welche Rechtsverletzungen die ungarische Minderheit im Vorkarpatenland erleiden musste. Es spielt ebenso keine Rolle, dass sich der ukrainische Präsident in den ungarischen Wahlkampf auf der Seite unserer Gegner eingemischt hat. Die Ukrainer können weiterhin mit Ungarn und der ungarischen Regierung rechnen.

Wegen unseren bestehenden Streitigkeiten mit Brüssel muss ich an dieser Stelle auf die Europäische Union eingehen. Ich möchte in aller Klarheit festhalten, dass Ungarn Mitglied der EU ist, und es in unserem Interesse ist, auch im kommenden Jahrzehnt Mitglied zu bleiben. Es stimmt, dass Brüssel dabei ist, die Souveränität der Mitgliedstaaten, und so auch Ungarns, zurück zu drängen. Es stimmt ebenso, dass die EU bestrebt ist, anstelle des Europa der Nationen ein neues europäisches Imperium, die Vereinigten Staaten von Europa zu errichten. Und es stimmt auch, dass der kulturelle Abstand, ja fast schon die kulturelle Entfremdung zwischen dem westlichen Teil Europas und Ungarn immer größer wird. Das hat damit zu tun, dass wir an den christlichen Fundamenten der europäischen Zivilisation und an den Nationalstaaten glauben, Brüssel jedoch hat diese Ideen aufgegeben. Uns ist Gottes Segen wichtig. Uns ist wichtig, ein Vaterland zu haben, das wir lieben und auf das wir stolz sein können.

Leider trifft auch zu, dass Brüssel Tag für Tag seine Macht missbraucht und uns Dinge aufzwingen will, die schlecht und fremd für uns sind. Im Sinne des Prinzips "leben und leben lassen" haben wir der EU Angebote zur Toleranz bei der Migration, der Genderpolitik und zuletzt beim Ölembargo unterbreitet. Unsere Toleranzangebote sind zurück gewiesen worden. Wir werden den Schutz der Grenzen trotzdem nicht aufgeben, wir werden den Zaun nicht demontieren, wir werden keine Migranten ins Land lassen. Wir werden unsere Familien beschützen, wir werden keine Gender-Aktivisten in die Schulen lassen. Bei uns ist der Vater ein Mann, die Mutter eine Frau, und unsere Kinder sollen sie in Frieden lassen. Wir werden den Frieden und die Sicherheit Ungarns beschützen und werden keine wirtschaftlichen Maßnahmen akzeptieren, die die ungarischen Familien ruinieren würden.

Wenn es aber so ist, und es ist so, dann kann man fragen, was wir in der Europäischen Union zu suchen haben. Die Antwort darauf ist: Wir suchen unsere Träume. Die Gemeinschaft der freien und gleichen Nationen. Wir suchen ein Europa, das gottesfürchtig ist, das die Würde der Menschen bewahrt und die Spitzen von Kultur, Wissenschaft und Intellekt erstürmt. Wir sind nicht deshalb Mitglied der Europäischen Union, weil sie ist, wie sie ist, sondern wegen dem, was sie werden könnte. Und so lange wir auch nur die kleinste Chance dafür sehen, werden wir dafür kämpfen, weil dieses Europa die meisten Möglichkeiten und den breitesten Raum für ein unabhängiges und freies Ungarn bietet. Wenn wir das kommende Jahrzehnt betrachten, dann sehen wir Ungarn in der Europäischen Union im entschiedenen Kampf für seine Rechte und auf der Suche nach Verbündeten, um die Union zu erneuern. [...]"


Übersetzt von Krisztina Koenen. Die vollständige Rede finden Sie im Original hier und eine englische Fassung hier.


LESERPOST
(ausgewählt und z.T. leicht gekürzt und/oder kommentiert von Dikigoros)

Torsten Hopp (18.05.2022)
Und uns versuchen Vollidioten zu regieren, die bei TikTok mit dem Allerwertesten wackeln.

RMPetersen (18.05.2022)
Die Ungarn haben Orban, die Deutschen Merkel und Scholz.
Man kann auch die zweite Reihe anschauen und kommt zu dem gleichen deprimierenden Ergebnis.

Elias Hallmoser (18.05.2022)
So klingt ein wirklicher Patriot und Ministerpräsident. Würden wir die letzten 24 Jahre solche Kanzler gehabt haben, hätten wir eine bürgerlich-intakte Gesellschaft. Und das UK wäre nicht aus der EU ausgetreten. Denn die islamisch-orientalischen Völkerwanderer würden schon vor und erst recht ab 2015 an den Grenzen der EU zurückgewiesen worden sein.

T. Schneegaß (18.05.2022)
Was für ein Vertreter SEINES Volkes! Ich erlebe es täglich vor Ort, wie der größte Teil der Ungarn Orbans Politik im Großen unterstützt, allen kleinen Differenzen zum Trotz (subjektiv kann es niemals zu allem Zustimmung geben, da wäre etwas mit der Wahrheit nicht in Ordnung). Sehr gut, dass Orban noch mal verdeutlichte, auf wessen Seite der ukrainische Held des Westens im ungarischen Wahlkampf stand. Auch damit hat der sich die Hilfe der WEF-Verschwörer und deren Marionetten in Brüssel und anderswo redlich verdient. Die verlogene und heuchlerische "Wertegemeinschaft" kümmert sich ganz rührend um jedes ihrer Schafe.

Philip Weintraub (18.05.2022)
Für mich der ideale Führer einer stolzen europäischen Nation.
Schade nur, dass auch Ungarn bei dem Corona-Verbrechen mitgemacht hat. Ach ja, Orban war ein Schüler von Klaus Schwab - das nur am Rand.
(Anm.: Wenn P.W. diese "Randbemerkung" nicht gemacht hätte, dann wäre Dikigoros auf diese beiden Punkte eingegangen. Die Wut der "großen Resetter" und "neuen Weltordner" auf Leute wie Putin, Orban, Tulsi Gabbard resultiert nicht zuletzt aus der Tatsache, daß sie Schüler ["alumni"] seines Programms "Global Leaders for Tomorrow" [später in "Young Global Leaders" umbenannt] waren, mit seiner Unterstützung Präsident von Rußland, Ministerpräsident von Ungarn und Senatorin im U.S. Congress wurden, dann aber plötzlich nicht mehr mitmachen wollten, Schwab also aus seiner Sicht "verrieten". [Erschwerend kommt hinzu, daß sie allesamt jüdischer Abstammung sind, also nach mosaïschem Recht doppelte "Verräter".]

Anna Maria Baliko (18.05.2022)
Orban ist ein Politiker, der sein Volk vertritt, das bei ihm an erster Stelle steht. Viele Politiker in der EU sollten sich ein Beispiel nehmen. Was nützt es, wenn man auf Öl und Gas verzichtet und dabei die Wirtschaft und das Leben der eigenen Bevölkerung ruiniert? Wer übernimmt die Verantwortung, wenn Menschen arbeitslos werden? Die Ablehnung der EU würde noch größer werden als sie eh schon ist.

Heinz Gerlach (18.05.2022)
Sicher ist das eine grobe Fälschung. In der wahren Fassung hat Orban gegen die EU und die demokratischen Grundwerte gehetzt. Er hat das Recht auf Freizügigkeit für arme und nicht-weiße Menschen in Frage gestellt. Er hat sich ausdrücklich hinter den impralistischmördrischen Vernichtungsangriffskrieg von Putin gestellt. Dabei hat er sich zum Import von Sonnenblumgazpromkernöl direkt aus dem Kremmel bekannt. Er hat damit vor aller Augen der friedliebenddemokratischen Welt sein wahres abstoßendes Gesicht gezeigt. Unsere Belegschaft hat eine Protestresolution unterschrieben, wo wir uns alle verpflichten, nie mehr wieder Budapest zu besuchen und dort unsere guten Euros auszugeben. Es ist höchste Zeit für Sanktionen der härtesten Art. Raus mit Salamischeiben aus den Supermärkten!
(Anm.: Dikigoros wollte seinen Lesern auch diesen Brief nicht vorenthalten - ungekürzt, ausnahmsweise sogar orthografisch unkorrigiert -, obwohl er in vielen Punkten polemisch, unsachlich und/oder sachlich falsch ist. Richtig ist allerdings, daß die AchGut-Redaktion bzw. ihre Übersetzerin Orbáns Rede etwas, hm, ungenau wiedergegeben hat. Er hat tatsächlich gegen das vom Leder gezogen. [Wenn man so will, auch "gehetzt" - aber manchmal ist "Hetze" gerechtfertig - wer seine Todfeinde zu Tode hetzt, tut das in legitimer Notwehr!] Das, was die EU-Bonzen heute verlogener Weise als "demokratische Grundwerte" bezeichnen - Genderwahn, LGBTQ-Lobbyismus, "woke" Cancel-Culture, Krieg gegen Rußland pp. - sind keine. Punkt. "Freizügigkeit" ist das Recht von Bürgern eines Staates - und anderer Personen, die sich legal dort aufhalten, innerhalb dessen Grenzen ihren Aufenthaltsort frei zu bestimmen. [So hat es Dikigoros jedenfalls mal im Jurastudium gelernt.] Dagegen gibt es kein Recht für jedermann, in jeden beliebigen Staat der Welt illegal einzudringen und sich dort mittels krimineller Machenschaften - dazu zählt auch die Erschleichung von Sozialhilfe pp. - durch zu schmarotzen. Und Putin führt keinen "imperialist-mörderischen Vernichtsangriffskrieg" gegen die Ukraine, sondern er verteidigt seine Landsleute im Donets-Becken gegen einen mörderischen Vernichtungs-Angriffskrieg des jüdischen Verbrecher-Regimes, das sich anno 2014 mit massiver Unterstützung der NATO in Kijiw an die Macht geputscht hat - gegen den Willen der Wählermehrheit. Und er tut das, entgegen aller westlichen Greuel-Propaganda, mit "angezogener Handbremse", d.h. der größtmöglichen Schonung der Zivilbevölkerung, da er richtig erkannt hat, daß da finstere Mächte die beiden letzten großen rein weißen, christlichen Völker Europas - die er persönlich ohnehin als ein Volk betrachtet - gegen einander in einen völlig überflüssigen Bruderkrieg getrieben haben und alle ihre Friedensbemühungen torpedieren. Das sieht Orbán genauso, deshalb unterstützt er insgeheim Putins Vorgehen, und was er da absondert von wegen "Putins Angriffskrieg gegen die Ukraïne" usw. sind in der Tat bloß Lippenbekenntnisse an die Adresse der EU.)
(PS: Zwei Punkte sieht Dikigoros allerdings im Ergebnis genauso wie H.G.: 1. wird er die Heimatstadt seiner Urgroßeltern mütterlicherseits nie mehr besuchen - allerdings nicht, weil er dort seine "guten" Euros nicht ausgeben will - der Euro hat gegenüber dem russischen Rubel allein von März bis August 2022 über 50% an Güte Kurswert verloren, an Kaufkraft inflationsbedingt wohl noch erheblich mehr, denn in Rußland gibt es so gut wie keine Inflation -, sondern weil er es gar nicht könnte, selbst wenn er wollte, denn er ist nicht gegen "Corona"-Grippe "geimpft" und hat auch nicht vor, sich jemals die Giftspritze setzen zu lassen. 2. wird er nie mehr ungarische Salami essen, da er schon seit über 20 Jahren Vegetarier ist :-)
(2. PS: Aber wenn Dikigoros das Kriegsende in der Ukraïne erleben sollte, dann würde er - egal, wie er ausgeht - gerne noch einmal nach Kijiw reisen und auch gerne ein paar Euros für den Wiederaufbau jener schönen Stadt dort lassen. Was seine Leser hiermit als geschriebene Resolution ansehen mögen :-)


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