ROLF KAUKA

Eine Comic-Karriere mit Eintrübungen

von Andreas Kötter (Tagesspiegel, 17.02.2000)

mit Bildern, Anmerkungen und Links von Nikolas Dikigoros

Für nicht wenige Thirtysomethings dürfte in den 1960er Jahren der Freitag nicht nur Bade-, sondern vor allem auch "Fix und Foxi-Tag" gewesen sein. Wer beim Einkaufsbummel mit der Mutter folgsam war, der durfte als Belohnung bald das neue "Fix und Foxi" aus dem Kauka-Verlag in den Händen halten. Daß es nun gerade dieses deutsche Heftchen und nicht etwa dessen größter Konkurrent, die amerikanisch-stämmige "Micky Maus" aus dem Stuttgarter Ehapa-Verlag war, das Eltern ihren Sprösslingen angedeihen ließen, hatte Gründe. [Aber bestimmt nicht die, die Kötter hier unterstellt: Walt Disney war deutscher Abstammung, Kauka finnischer, Anm. Dikigoros] In einer Zeit, da Comics noch auf lange Sicht der Ruf als Schundliteratur anhaften sollte, hatte es sich der Herausgeber von "Fix und Foxi", der bei Leipzig geborene, heute 82jährige Rolf Kauka, zur Aufgabe gemacht, "deutsche Comics für deutsche Kinder" zu verlegen und sich von der Konkurrenz abzugrenzen. So stellte Kauka jedem Heft ein Editorial voran, in dem sich "Euer Rolf" an "Liebe Freunde" richtete und dabei moralinsaure Ratschläge der Marke "Mach anderen Freude, dann hast Du Spaß" zum Besten gab. [Was ist daran "moralinsauer"? Moralinsauer ist doch allenfalls das Gewäsch der heutigen Herausgeber, Anm. Dikigoros] Das Erfolgsrezept - zur Glanzzeit Mitte der 1970er Jahre erreichten "Fix und Foxi" eine Auflage von 400.000 Stück - des ehemaligen Berufsoffiziers entsprach dennoch dem Muster der "Micky Maus". So schuf der "deutsche Walt Disney", wie ihn seine Fans gerne nennen, ab 1953 mit den Funny Animal Strips [so nannte er sie aber nicht, und so nennt sie heute noch niemand, Anm. Dikigoros] um die beiden Titelhelden seine sogenannte "FF-Familie", zu der nicht nur die vermenschlichten Füchse "Fix und Foxi", sondern auch der Wolf "Lupo" (dessen Pendant Disneys "Goofy" war) oder "Onkel Fax" ("Onkel Dagobert") gehörten. Ende 1964 folgte mit dem Ankauf franko-belgischer Serien der Versuch, auch eine ältere Leserschaft zu erschließen.

[Asterix vermöbelt Römer mit Krückenkreuzschildern] [Asterix + Obelix gegen Römer und Goten in Pickelhauben]
[Fritze Blitz rasiert armen römischen Gladiator] [Verunglimpfung des braven Walter Ulbricht] [rassistische Römer und Germanen gegen edle Nordafrikaner]

Spätestens hier, im neu gegründeten "Lupo"-Magazin [es hieß "Lupo modern", Anm. Dikigoros], bekommt die Geschichte des Kauka'schen Comic-Universum eine düstere Färbung. Denn der im Hause Kauka gepflegte Umgang mit diesem Lizenzmaterial war fragwürdig. Traurige Berühmtheit hat dabei die "Germanisierung" von "Asterix und Obelix", die bei Kauka schnell zu den Germanen "Siggi und Babarras" wurden, erlangt. Das Abenteuer "Asterix und die Goten" hieß in "Lupo" nun "Siggi und die Ostgoten", das wohl beinahe jedem bekannte "gallische Dorf" sinnigerweise "Bonnhalla". Aus den "unbeugsamen Galliern" wurden besetzte Germanen, die Besatzer sprachen mit englischem, französischen oder russischem Akzent. [Das war sicher nicht weniger abwegig, als "das kleine gallische Dorf" von Asterix und Obelix ausgerechnet in die Bretagne zu verlegen, da die Bretonen nie den Römern, wohl aber den Galliern - und später den Franzosen - Widerstand leisteten, Im übrigen war "Asterix und Obelix" nur allzu deutlich eine Anspielung auf die ach so heldenhafte "Resistance" während des Zweiten Weltkriegs, und mit den "Römern" waren natürlich die bösen Nazi-Deutschen gemeint - oder glaubt Ihr, die alten Römer hätten auf ihrem Schild wirklich ein Krückenkreuz geführt? Solche historischen Parallelen zu ziehen mag legitim sein, aber so etwas hätte man dem damaligen deutschen Publikum nicht verkaufen können, Anm. Dikigoros] "Den Gedanken an die Wiedervereinigung mit den Brüdern und Schwestern im übrigen Germanien hat man längst unter der Donar-Eiche begraben", hieß es etwa im Prolog zu "Siggi und die goldene Sichel". Deutsch-nationale Propaganda, mitten im Kalten Krieg. [Pfui! Da wäre es doch viel besser gewesen, er hätte anti-deutsche, kommunistische Propaganda gemacht, wie so viele seiner "intellektuellen" Zeitgenossen, nicht wahr?] Noch übler wurde es, als auch noch antisemitische Züge auftauchten und aus einem Kneipenbesitzer der Kollaborateur "Schieberus" (!) wurde. [Wer das als "anti-semitisch" bezeichnet, muß wohl selber einer sein. Oder folgt aus der Tatsache, daß einige Schieber Juden waren, daß alle Juden Schieber sind?] Zweifel an dessen jüdischer Identität beseitigte man, indem man Schieberus in jiddischem Duktus parlieren ließ. [Solche etwaigen Zweifel hatten schon Goscinny und Uderzo selber beseitigt, die seinem Gesicht "typisch jüdische" Züge verliehen hatten, Anm. Dikigoros] Kein Wunder also, daß Albert Uderzo und René Goscinny (selbst jüdischer Abstammung), die geistigen Väter von Asterix, schnell die Lizenzvergabe an Kauka aufkündigten. [Das nennt man Dankbarkeit. Ohne Rolf Kauka würde man "Asterix und Obelix" in Deutschland heute kaum kennen. Das gleiche gilt übrigens für die Comics von André Franquin, die erst Kauka unter dem Namen "Pit und Pikkolo" und "Kokomiko" bekannt machte, Anm. Dikigoros] Der antwortete wegen des großen, aber nicht zu prolongierenden Erfolges der "Asterix"-Adaption "Siggi" mit der dreisten Kopie "Fritze Blitz und Dunnerkiel" in seinem "TipTop" (Nachfolger von "Lupo"). Hier trat dann auch der ehemalige DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht als Comicfigur "Herzog Hulberick" auf. [Und der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke als "Herzog Heinerich von Hattenstich", Anm. Dikigoros] Es führte wohl zu weit, Kauka faschistoider Tendenzen zu bezichtigen, wie das etwa die satirische Monatszeitschrift "Pardon" tat, die "Lupo" als "rechtsradikales Kindermagazin" bezeichnete. [Das ist aus der Feder eines linksradikalen "Erwachsenen"-Magazins doch ein Lob, Anm. Dikigoros] Den Eintrübungen zum Trotz hat Kauka mit seinem "Lupo-Magazin" und den Nachfolgern "TipTop" und "Primo" die Entwicklung der deutschen Comicszene weg von der belächelten Heftchen-Kultur hin zu einer anspruchsvollen Alben- und damit Erwachsenen-Kollektion voran getrieben wie sonst kaum einer.


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