HOLOKAUST UND OKTOBERFEST

"Die Basis ist die Grundlage des Fundaments"

von Henryk M. Broder

Nach einem langen Marsch durch die Institutionen ist eine kleine aber tüchtige K-Gruppe endlich in der prime time des ZDF angekommen. Seit dem 17. Oktober um 2o.15 wird zurück geschrieben: Holokaust statt Holocaust. Und der Historiker Eberhard Jäckel, der vor vielen Jahren die Hitler-Tagebücher von Konrad Kujau für authentisch erklärt hat, liefert auch diesmal die akademisch-wissenschaftliche Begründung: "Der Mord an den deutschen Juden gehört zur deutschen Geschichte. Ihn mit einem englisch geschriebenen Wort zu bezeichnen, kommt einer Distanzierung gleich. Die Schreibweise Holokaust ist ein symbolischer Akt der Aneignung der eigenen Geschichte."

Das klingt wirklich gut, wie ein "Mea culpa!" noch vor dem Frühstück auf den nüchternen Magen. Schaut man aber genau hin, erinnert der Satz an den Kalauer, den die K-Gruppen in den 6oer und 7oer Jahren bei Grundsatzdebatten sich gegenseitig um die Ohren hauten: "Die Basis ist die Grundlage des Fundaments."

Der Mord an den europäischen Juden gehört zur deutschen Geschichte wie der Karneval zu Köln und der Kürbis zu Halloween, egal wie das Verbrechen genannt oder etikettiert wird. Ob das H-Wort nun mit "c" oder mit "k" geschrieben wird, ist so maßgeblich wie die Frage, ob man ein Telefon oder ein Telephon oder gleich einen Fernsprecher benutzt. Man könnte statt H. auch "Brandopfer" sagen, was den Begriff wirklich eindeutschen und seinen Inhalt angemessen wiedergeben würde, aber das klingt zu brutal, während dem "H", mit "c" oder mit "k", doch eine gewisse altphilologische Eleganz innewohnt, es ist sozusagen die "Endlösung" auf akademischem Niveau.

Außerdem: Es gibt keine "symbolische Aneignung" der Geschichte, so wie es kein symbolisches Eigentum gibt: Eine Sache gehört einem oder sie gehört einem nicht. Was Jäckel vermutlich sagen will, aber wieder mal nicht auf den Punkt bringt, ist dies. Die Endlösung der Judenfrage war ein deutsches Projekt, wir haben das Copyright (oder sagt man inzwischen Kopyright?) darauf und lassen uns nicht länger durch Elie Wiesel, Steven Spielberg und andere Trittbrettfahrer symbolisch enteignen. "Oktoberfest" schreibt man auch mit einem "k", und wenn es in Milwaukee gefeiert wird. Die Briten hatten ihre "Colonies", wir unsere "Kolonien". Und Deutsch sein heißt nicht nur, eine Sache um ihrer selbst willen tun, sondern auch, sie konsequent zu Ende zu führen.

Mit einem "k" in der Mitte kehrt der H. dahin zurück, wo er angefangen hat, wer immer noch ein "c" benutzt, vergreift sich an unserem wichtigsten Beitrag zur Welt-Geschichte - so weit die "Symbolik der Aneignung", hinter der jene Attitüde steckt, für die Herrman Lübbe den Begriff "deutscher Sündenstolz" geprägt hat. Einfacher ausgedrückt: Den H. soll uns erst mal einer nachmachen!

Außer Jäckel haben sich auch andere Schatzmeister der deutschen Geschichte zu Wort gemeldet, unter anderen Walter Jens, der über das Holocaust-Mahnmal mal gesagt, mit diesem Projekt würde die Gemeinschaft der toten Juden wieder ins Leben zurück geholt.. Nun treibt der sprachlose Schwätzer seinen Voodoo-Zauber gegen den Strom der Geschichte weiter: "Wer die Tatsache, dass Millionen zu Asche gemacht wurden, präzise (...) bezeichnen will, muss Holokaust schreiben."

Und was passiert, wenn ein paar Verweigerer beim "c" bleiben? Hier tut sich nicht nur eine symbolische Lücke auf, auch die Revisionisten bekommen endlich eine Chance. Wer den Massenmord an den Juden demnächst leugnet, wird einfach sagen, er habe nicht den Holokaust sondern den Holocaust gemeint. Danke Professor Jäckel, danke Professor Jens! Wir wissen jetzt nicht nur, womit sich deutsche Großdenker die Zeit vertreiben, wir ahnen auch, was dabei heraus kommt.


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