GRAUE WÖLFE HEULEN WIEDER

Rezension (Antifaschistische Nachrichten 24/1997)

Graue Wölfe heulen wieder«, so der Titel eines Buches, das kürzlich im Unrast-Verlag erschienen ist. Die faschistische türkische MHP (Partei der nationalen Bewegung) und ihre Jugendorganisation »Graue Wölfe« treten immer häufiger öffentlich in Erscheinung. Spätestens seit dem Brandanschlag in Solingen ist das deutlich geworden.

Das Buch von Fikret Aslan, Kemal Bozay u.a. beschreibt die Entwicklung des türkischen Nationalismus von der jungtürkischen 'Revolution' bis zum heutigen Tag. Es analysiert die Entstehungsbedingungen, die Aktivitäten und die Ziele der faschistischen türkischen Bewegung und beschreibt die Aktivitäten faschistischer türkischer Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland.

Der historische Teil (Niedergang des Osmanischen Reiches bis zum Militärputsch 1980) ist ein Kurzkurs zur Geschichte der Türkei, wobei der Schwerpunkt auf die Herausbildung des türkischen Faschismus und Nationalismus gelegt wird. Der folgende Abschnitt zur türkischen faschistischen Bewegung und ihrer Ideologie ab 1990 enthält u.a. einen Abschnitt über das »Institut für türkische Normen«, das 1994 anläßlich seines 40jährigen Bestehens eine Veröffentlichung mit dem Titel »Türken und Türkentum« herausbrachte, das vom türkischen Bildungs-Ministerium auch als Schulbuch empfohlen wird. Um Türke zu sein, muß man demnach folgende charakteristische Merkmale besitzen: »türkisch sprechen, Muslim sein, gegen Separatisten kämpfen, die türkische Fahne, die türkische Nation und den türkischen Staat als eigene zählen, nach türkischer Erziehung, Brauch/Sitte leben, mit dem Bewußtsein leben, daß man ein Türke ist und dies fühlen, sowie einen türkischen Charakter haben«. (S. 83) Der Verfasser des Buches bestreitet gar nicht, daß er eine rassistische Haltung einnimmt. Er bezeichnet diesen Rassismus als 'türkischen Abkömmlings-Rassismus' und formuliert seine Einstellung folgendermaßen: »Türkischer Nationalismus bzw. türkischer Abkömmlings-Rassismus ist eine Warnung an alle Türken, Einhalt zu gebieten, um zu verhindern, daß Elemente, obwohl diese unsere Staatsbürger sind, darauf beharren, eine andere Identität zu haben und damit eine türkenfeindliche Haltung einnehmen.« (S. 84) Zwar werden die Kurden nicht beim Namen genannt, aber es ist ganz klar, daß sie gemeint sind sowie alle anderen Minderheiten. Dieser Abschnitt des Buches behandelt auch den Nationalismus der 'demokratischen' bürgerlichen Parteien, der bis in die Sozialdemokratische Partei aber auch Parteien links davon reicht.

Auf 60 Seiten wird das Agieren der türkischen Faschisten in der BRD behandelt, wobei klar ist, daß vieles verdeckt vor der Öffentlichkeit abläuft. Seitdem feststeht, daß viele der mehr als 2 Millionen Menschen aus der Türkei in der Bundesrepublik bleiben werden, hat dies zu einer Änderung in der türkischen Außenpolitik geführt, so die Autoren. Sie (die Außenpolitik) beschäftigte sich »fortan mit der Perspektive, eine 'kleine Türkei' in Deutschland aufzubauen und zu organisieren. Grundsätzlich war man darum bemüht, auch die neue Generation unter den Einfluß einer türkischen Lobby zu stellen. 'Werde Deutscher, bleibe Türke' war die Parole der türkischen Lobby, die mit solchen Losungen versuchte, die Identitätskrise der türkischen Jugendlichen zu überwinden und ihnen ein neues türkisch-nationalistisches Bewußtsein einzuimpfen. ... Durch die materielle und ideelle Unterstützung der türkischen Regierung und ihrer Vertretungen in Deutschland wurde eine breite Kampagne gestartet, die in der türkischen Bevölkerung wieder das türkisch geprägte Nationalbewußtsein stärken sollte.« Das Buch behandelt das breite Netz von Organisationen und Medien, die sich dieser Aufgabe inzwischen widmen und es behandelt auch die Gründe, die das Aufkommen des türkischen Nationalismus und Rassismus begünstigten.


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