Der Schiffsbrand

Doch die Mütter (waren) anfangs noch unentschlossen (und) schauten mit boshaften Blicken auf die Schiffe, schwankten zwischen der leidenschaftlichen Sehnsucht nach dem gegenwärtigen Land und dem Reich, das sie nach den Schicksalssprüchen rief, da erhob sich die Göttin mit schwebenden Flügeln durch den Himmel und bildete in eiligem Flug unter den Wolken (die Luft durchschneidend) einen mächtigen Regenbogen. Dann aber – durch die Wunderdinge bestürzt und getrieben vom Wahnsinn – schreien sie auf und reißen das Feuer von den Herden in den Hütten, teils plündern sie die Altäre und werfen Laub und Äste und Fackeln darauf. Es rast mit lockeren Zügeln Volcanus über die Verdecke und Ruder und Hecke aus bunt bemalten Tannenholz. Der Bote Eumelus berichtet beim Grabhügel des Anchises und den Sitzreihen des Theaters, daß die Schiffe angezündet wären und sie blickten zurück und sehen schwarze Asche in einer Rauschwolke empor fliegen. Und zuerst Ascanius, wie er voll Freude die Rennen der Pferde leitete, so eilte er mit einem feurigen Pferd zum Schiffslager, und nicht konnten ihn die atemlosen Wächter zurückhalten. "Was ist das für ein unvermuteter Wahnsinn? Wo nun, wonach trachtet ihr?", fragte er, "wehe, ihr unseligen Mitbürgerinnen. Nicht den Feind und das feindliche Lager der Argiver, sondern den Gegenstand eurer Hoffnung verbrennt ihr. Siehe, ich euer Ascanius bin es!" – er wirft den leeren Lederhelm vor die Füße, den er trug, als er im Spiel zum Schein einen Kampf führte. Es eilt zugleich Aeneas herbei, zugleich die Scharen der Teukrer. Aber jene fliehen zerstreut aus Furcht zu den Küsten auseinander, und sie suchen Wälder auf und heimlich Felsen, wenn es sie irgendwo mit Höhlen gab; es verdrießt sie ihr Beginnen und das Tageslicht, sie erkennen verwandelt die Ihren, und vom Herzen ist abgeschüttelt Iuno.

malignus3: boshaft, schlecht, neidisch, mißgünstig
ambiguus3: schwanken, veränderlich, zweifelhaft, ungewiß
curusus/us: Lauf, Ritt, Eile, Richtung, Schnelligkeit, Strom
turbatus3: verwirrt, aufgeregt
exanimis/e: entseelt, tot, atemlos, entsetzt, von Sinnen
uro3/ussi/ustus: zum Brennen bringen, verbrennen, einbrennen, entflammen, glühen, belästigen
en: wohl?, denn?, siehe (da)!, wohlan!, los!
proicio3M/ieci/iectus: vorwerfen, -strecken, -halten, wegwerfen
galea/ae: Lederhelm, Sturmhaube
inanis/e: leer, ledig, wertlos, grundlos, vergeblich, erfolglos
induo3/dui/dutus: anziehen, anlegen, annehmen, hineingeraten
cieo2 = cio4: bewegen, aufregen, erschüttern, veranlassen, rufen
ast: dagegen, aber, jedoch
passim: zerstreut, rings umher, überall, durcheinander
furtim: unbemerkt, geheim
sicubi: wenn (irgend)wo
piget/piguit: es tut leid, es verdrießt, man schämt sich

 

 

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