Dido verflucht Aeneas 

Und schon bestrahlte [wörtl. besprengte] die erste Morgenröte mit neuem Licht die Länder, als sie das rötliche Lager des Thithonius verließ. Sowie die Königin von der Warte aus das erste Tageslicht hell werden und die Flotte mit gleichgestellten Segeln fortfahren sah und merkte, dass die Küsten und die Häfen menschenleer (und) ohne (einen) Ruderer waren, da schlug sie sich dreimal und viermal (heftig) mit der Hand an die schöne Brust, raufte ihre blonden Haare und rief: "Ach, Juppiter, soll dieser Fremde gehen, nachdem er unsere Königsmacht verspottet hat? Wird man nicht die Waffen in Bereitschaft setzen und (ihm) aus der ganzen Stadt folgen, und werden nicht andere die Schiffe von den Werften reißen? Geht, bringt schnell Fackeln (herbei), reicht Geschosse her, setzt die Ruder in Bewegung! Was rede ich da, oder wo bin ich? Welch Wahnsinn verändert meinen Verstand? Du unglückliche Dido, jetzt rühren dich ruchlose Taten? Damals hätte es sich gehört, als du (ihm) das Szepter geben wolltest. Schau, der Handschlag und das Treueversprechen des Mannes, der, so sagt man, die heimatlichen Penaten mit sich trägt, der den von Alter erschöpften Vater auf die Schultern genommen hat! Hätte ich nicht den Körper (des Aeneas) fortschleppen und zerreißen und in die Wellen verstreuen können? Hätte ich nicht seine Gefährten, nicht (auch) Ascanius mit dem Schwert töten und auf die Tische des Vaters zum Mahl vorsetzen können? Doch der Erfolg des Kampfes wäre ungewiß gewesen. Mag er es auch gewesen sein: Wen hätte ich fürchten sollen, da ich doch im Begriff zu sterben war. Die Fackeln hätte ich ins Schiffslager getragen und die Verdecke mit Flammen angefüllt und Sohn und Vater zusammen mit der ganzen Sippe vertilgt, mich selbst hätte ich obendrein (den Flammen) übergeben. Sonnengott, der du mit (deinen) Flammen alle Werde auf Erden [wörtl. der Länder] beleuchtest, und du, Iuno, du Vermittlerin dieser (meiner) Sorgen und du Zeugin, und du, Hekate, die du in der Nacht an Weggabelungen in den Städten mit Geheul angerufen wirst, ihr rächenden Diren und ihr Götter der sterbenden Elissa, vernehmt diese (meine) Worte und richtet gebührend die Aufmerksamkeit auf meine Leiden und erhört unsere Bitten! Wenn es unbedingt sein muss, dass der abscheuliche Mensch die Häfen erreicht und ans Land schwimmt, und (wenn) die Schicksalssprüche Juppiters es so verlangen und das Endziel feststeht, so soll er doch wenigstens vom Krieg und den Waffen eines verwegen Volkes geplagt werden, aus seinem Land vertrieben, aus der Umarmung des Iulus losgerissen, Hilfe erflehen und den Tod der Seinen sehen, die ihn nicht verdient haben. Auch soll er nicht, wenn er sich unter die Bedingungen eines ungerechten Friedens gebeugt hat, sich der Königsherrschaft oder des erwünschten Lebens erfreuen, sondern vor der Zeit fallen und mitten im Sand unbestattet sein/liegen. Darum bitte ich, dieses Wort lasse ich als letztes mit (meinem) Blut ausströmen. Dann verfolgt, ihr Tyrier, seinen Stamm und das ganze künftige Geschlecht mit Haß und bringt das als Geschenke unserer Asche dar. Keine Zuneigung soll zwischen den Völkern sein und auch keine Bündnisse. Erstehen mögest du, wer du auch seist, aus unserem Gebein als Rächer, der du mit (Kriegs-)Fackel und Schwert die dardanischen Ansiedler verfolgen mögest, jetzt, dereinst, und zu welcher Zeit auch immer sich die Kräfte bieten werden. Die Küsten seien entgegen den Küsten, die Wellen den Wogen, (so) wünsche ich (es), die Waffen den Waffen: kämpfen sollen sie selbst und ihre Enkelkinder."

keine Angaben

 

 

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