Proömium

Von Anfang an regierten Könige die Stadt Rom; L. Brutus führte die Freiheit und das Konsulat ein. Diktaturen wurden nur für eine Zeit aufgenommen, weder wehrte die Amtsgewalt der Decembien länger als zwei Jahre, noch wehrte das konsularische Recht der Militärtribunen lange. Weder die Gewaltherrschaft des Cinna, noch die des Sulla hatte lange Bestand; und die (persönlich angemaßte) Macht des Pompeius und des Grassus ging schnell auf Caesar über, die militärische Macht des Lepidus und Antonius ging schnell auf Augustus über, der den ganzen durch Bürgerkriege erschöpften Staat unter dem Titel eines Princeps unter seine Herrschaft brachte.

Aber das Glück und das Unglück des alten römischen Volkes, ist von berühmten Schriftstellern erzählt worden und es fehlte nicht an hervorragenden Talenten um die Zeiten des Augustus darzustellen, bis sie durch die überhandnehmende Schmeichelei abgeschreckt wurden: Die Geschichte des Tiberius, Caligula, Claudius und Nero wurde zu deren Lebzeiten aus Angst fälschlich dargestellt, nachdem sie gestorben waren, mit noch frischem Hass. Daher ist es meine Absicht, nur wenig über Augustus, und zwar seine letzten Zeiten zu berichten, und dann über den Prinzipat des Tiberius und über die übrigen Ereignisse, ohne Voreingenommenheit oder Sympathie, wofür ich gar keine Veranlassung habe.

Seit es nach den Selbstmorden von Brutus und Cassius keine im Interesse des Staates geführte Waffen mehr gegeben hatte, nachdem Pompeius bei Sizilien überwältigt worden war, und seit der Entmachtung des Lepidus und der Erschlagung des Antonius es nicht einmal mehr für die Partei der Julier ein Anführer außer Caesar (Octavianus) geblieben war, da legte dieser den Titel des Triumvir ab und erklärte sich zum Konsul und um das Volk zu schützen begnügte er sich mit der tribunizischen Vollmacht; sobald er die Soldaten mit Geschenken (Landzuweisungen), das Volk mit Getreidespenden, die übrigen mit süßlichem Frieden gewonnen hatte, da begann er ein wenig mächtiger, zog die Befugnisse des Senates, der Beamten und der Gesetzgebung an sich, wobei niemand Widerstand leistete, da die Tapfersten in der Schlachtreihe oder durch Proskription gefallen waren und die übrigen Adeligen mit umso mehr Geld und Ehrenämter ausgezeichnet wurden, je bereiter zu dienen waren und weil sie aufgrund der neuen Verhältnisse groß geworden, die sichere Gegenwart der gefährlichen Vergangenheit vorzogen.

Auch die Provinzen lehnten jenen Stand der Dinge nicht ab, da die Macht von Senat und Volk wegen der Streitigkeiten der Mächtigen und der Habgier der Beamten verhasst und weil die Hilfe(stellung) durch die Gesetze schwach war, da sie durch Gewalt, durch Intrigen und zuletzt durch Bestechung unwirksam gemacht wurden.

sumo3/sumpsi/sumptum: in Gebrauch-, auf-, unter-, vor-, nehmen, gebrauchen, verwenden
decemviri/orum: Dezemvirn (= Behörde von 10 Personen)
prosper/era/erum: zuträglich, erwünscht, günstig, glücklich; hier: Glück und Unglück (prospera et adversa)
glisco/ere: anwachsen, sich mehren, sich steigern, zu-, überhandnehmen
adulatio/onis: Kriecherei, Schmeichelei, Schweifwedeln
florens/ntis: (jugendlich ) blühend, Blumenkranz, mächtig
recens/ntis: kommend, zurückkehrend von, unmittelbar nach, kräftig, frisch, neu, jung, eben erst
trado3/didi/ditus: übergeben, überlassen, anvertrauen
exuo3/ui/utum: ausziehen, ablegen, aufgeben, berauben
triumvir/viri: Triumvir
annona/ae: Wert, Teuerung, Getreide(versorgung), Proviant
pellico3M/lexi/lectus: an-, verlocken, an sich ziehen, gewinnen
proscriptio/onis: Proskription, Aufschrift, Anschlag, Ächtung
promptus3: bereit, -willig, eifrig, vorbereitet, entschlossen, geneigt
abnuo3/nui/itus: verweigern, abwinken, -schlagen, ablehnen

 

 

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