Der Mord

Nachdem inzwischen die Gefahr für Agrippina allgemein bekannt geworden war, so als ob es durch Zufall geschehen sei, lief ein jeder zum Strand so wie er es erfahren hatte. Die einen bestiegen die Molen/Dämme, andere bestiegen die nächsten Boote; wieder andere gingen ins Meer (hinaus), soweit der Körper es zuließ; wieder andere streckten die Hände aus. Von Klagen, Gebeten und dem Geschrei derer, die verschiedenes fragten oder unbestimmte Antworten gaben, war die ganze Küste erfüllt; eine ungeheure Menge mit Lichtern strömte herbei, und als überall bekannt wurde, dass sie unverletzt sei, machten sie sich auf, um sie zu beglückwünschen, solange bis sie durch den Anblick einer bewaffneten und drohenden Truppe abgeschreckt wurden. Anicetus umstellte das Landhaus mit Wachen und, nachdem er die Tür eingeschlagen hatte, schaffte er die Sklaven fort, die sich ihm in den Weg stellten, bis er schließlich zur Tür des Schlafzimmers kam; davor standen nur wenige, weil die übrigen aus Angst vor den Hereinbrechenden aufgescheucht worden waren. Im Schlafzimmer gab es gemäßigtes Licht und nur eine der Mägde und die mehr und mehr ängstliche Agrippina, weil niemand von ihrem Sohn und nicht einmal Agermus kam: eine glückliche Entwicklung würde anders aussehen; nun gab es Einsamkeit und dann plötzlicher Lärm und Anzeichen höchsten Unheils. Als dann die Magd wegging rief sie ihr nach "Auch du läßt mich im Stich?" und erblickte hinter sich Anicetus, der vom Trierarchen Herculeius und dem Flottencenturio Obaritus begleitet war: und, wenn er gekommen sei, sie zu besuchen, solle er melden, sie hätte sich erholt, wenn aber, um ein Verbrechen auszuführen, dann glaube sie nicht, dass es von ihrem Sohn ausgehe; nicht sei ein Muttermord befohlen worden.

Die Mörder umstellten das Bett und zuerst schlug ihr der Trierarch mit einem Knüppel auf den Kopf. Sie hielt Als der Zenturio bereits das Schwert zum Todesstoß zückte, streckte sie ihm ihren Bauch entgegen und rief: "Stoß in den Bauch!", und unter vielen Wunden brach sie tot zusammen.

scapha/ae: Kahn, Boot
scando3/di/dus: (empor)steigen, sich erheben, be-, ersteigen
adfluo3/fluxi: heranfließen, herzuströmen, herbeikommen
pernosco3/novi/notus: gründlich kennenlernen
incolumis/e: unverletzt, unversehrt, wohlbehalten, heil
foris/is: Tür(flügel), Eingang
cubiculum/i: Schlafzimmer, Kämmerchen, Wohnzimmer
modicus3: mittelmäßig, mäßig, passend, klein, gering, gelassen
fustis/is: Knüppel, Prügel, Stock

 

 

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