Calgacus: Letzter Widerstand gegen Rom

Schon sah man mehr als 30 000 Bewaffnete, und immer noch strömte die gesamte waffenfähige Jugend, (aber auch) alle, die trotz ihres Alters noch rüstig und frisch waren, herbei – ruhmvolle Krieger, und jeder trug seine militärischen Auszeichnungen –, als einer, der unter der Mehrzahl der Anführer an Tapferkeit und Abkunft hervorragte – er heiß Calgacus – vor der versammelten, die Schlacht fordernden Menge in folgender Weise gesprochen haben soll:

"Sooft ich die Gründe für (diesen) Krieg und unsere Notlage betrachte, erfüllt mich große Hoffnung, dass der heutige Tag durch eure Einigkeit der Beginn der Freiheit für ganz Britannien sein wird; denn ihr seid (ja) alle gekommen, kennt keine Knechtschaft, und hinter uns gibt es kein Land mehr; nicht einmal das Meer bietet Sicherheit, da die römische Flotte uns bedroht. Und so sind Kampf und Waffen, die für Tapfere ehrenvoll sind, auch für die Feigen das Sicherste. In den früheren Schlachten, in denen mit wechselndem Glück gegen die Römer gekämpft worden ist, lag die Hoffnung auf Hilfe in den Händen meines Volkes, weil wir, die Vornehmsten ganz Britanniens und daher im Herzen des Landes lebend, auf keine von Sklaven (bewohnte) Küste blicken mussten und sogar unsere Augen von der Seuche der römischen Herrschaft unversehrt erhalten hatten. Uns, die wir den äußersten Rand der Erde bewohnen und zugleich die letzten Freien sind, hat gerade (dieses) abgeschiedene und nur durch Gerücht bekannte Land bis heute verteidigt; jetzt stehen die äußersten Grenzen Britanniens offen, und alles, was unbekannt ist, gilt (ja) als großartig, aber (jetzt) gibt es kein Volk mehr nach uns, nur noch Wasserwogen und Felsen, und noch gefährlicher sind die Römer, deren Übermut man vergeblich durch Gehorsam und Unterwürfigkeit zu entgehen versucht. (Diese) Räuber des Erdkreises! Seitdem sie alles verheert haben (und ihnen) das Festland ausgegangen ist, durchsuchen sie das Meer; wenn der Feind reich ist, sind sie habgierig, wenn er arm ist, ruhmsüchtig, (sie), die nicht der Orient, nicht der Okzident sättigen kann; als einzige von allen (Völkern) begehren sie Reichtum und Armut (der anderen) mit gleicher Gier. Wegschleppen, niederhauen, rauen nennen sie mit falscher Bezeichnung "herrschen", und, wo sie eine Wüste schaffen, "Frieden". Dass jedem seine Kinder und Verwandten am liebsten sind, hat die Natur gewollt, (und genau) diese schleppen sie durch (ihre) Truppenaushebungen weg, damit sie in der Fremde als Sklaven dienen; die Ehefrauen und Schwestern, selbst wenn sie der Gier der Feinde entkommen sind, werden von Leuten, die sich Freunde und Gäste nennen, geschändet. Güter und Vermögen werden für den Tribut, der Acker und sein Jahresertrag für die Getreibeabgabe, Körper und Hände selbst bei der Gangbarmachung von Wäldern und Sümpfen unter Schlägen und Beschimpfungen verbraucht. Zum Knechtdienst geborene Sklaven werden nur einmal verkauft und werden dazu noch von ihren Herren ernährt: Britannien kauft seinen Knechtsdienst täglich, ernährt ihn täglich. Und im Gesinde der zuletzt dazugekommene Sklave der Willkür sogar seiner Mitsklaven ausgesetzt ist, so werden in dieser alten Sklavengemeinschaft "Welt" wir, die wir neu und wenig wert sind, heimgesucht, um vernichtet zu werden; denn wir haben weder Ackerland noch Bergwerke, noch Häfen, für deren Ausbeutung man uns verschonen müsste. Auch sind Tapferkeit und Wildheit der Unterworfenen den Herrschenden nicht willkommen; und weite Entfernung und Abgeschiedenheit selbst sind je sicherer, desto verdächtiger. So gebt die Hoffnung auf Gnade auf und fasst endlich Mut, sowohl ihr, denen die Rettung, als auch ihr, denen der Ruhm das Liebste ist. Die Briganten konnten unter Führung einer Frau eine Kolonie verbrennen, ein Lager erobern, und hätten, wenn das Glück sie nicht zu Sorglosigkeit verleitet hätte, das Joch abschütteln können. Wir, (noch) unversehrt und unbezwungen und zur Freiheit, nicht zur Reue geboren, wollen gleich beim ersten Aufeinandertreffen zeigen, welche Männer sich Kaledonien noch bewahrt hat.

Oder glaubt ihr vielleicht, die Römer würden im Krieg ebensoviel Tapferkeit wie im Frieden Zügellosigkeit zeigen? Wegen unserer Uneinigkeiten und Zwiste tun sie sich hervor und verwandeln die Fehler (ihrer) Feinde in Ruhm für ihr Heer; dieses – zusammengezogen aus völlig verschiedenen Völkern – werden in dem Maße, wie es glückliche Umstände zusammenhalten, unglückliche auflösen; es sei denn, ihr glaubt, dass Gallier und Germanen und (ich schäme mich, dass zu sagen) sehr viele Britannen – die, mögen sie ihr Blut auch der Freundschaft leihen, dennoch länger (ihre) Feinde als (ihre) Knechte sind – in Treue und Anhänglichkeit auf römischer Seite gehalten werden könnten. Furcht und Schrecken sind es, schwache Bande der Zuneigung; wenn man sie entfernt, werden sie, die zu fürchten aufgehört haben, zu hassen beginnen. Alle Antreibe zum Sieg sind auf unserer Seite: Keine Frauen feuern die Römer an, keine Eltern werden die Flucht verwünschen; die meisten haben entweder kein Vaterland oder es ist ein anderes (als Rom). (Diese) zahlenmäßig wenigen, wegen (ihrer Ortsunkenntnis) Verwirrten, nach dem Himmel selbst, dem Meer und den Wäldern – alle nicht vertraut – Umschau Haltenden haben uns die Götter gewissermaßen eingeschlossen und gefesselt ausgeliefert. Nicht soll euch der täuschende Anblick oder der Glanz des Goldes und des Silbers erschrecken, das weder schützt noch verwundet. Gerade in der Schlachtreihe der Feinde werden wir Scharen der Unsrigen finden; Die Britannen werden (unsere) Sache als ihre eigene erkennen, die Gallier werden sich an (ihre) frühere Freiheit erinnern, die übrigen Germanen werden sie ebenso im Stich lassen, wie sie neulich die Usiper verlassen haben. Und hinter (den Römern gibt es für uns) keinen Grund zur Angst mehr: leere Lager, die Kolonien von Greisen bewohnt, die Landstädte sind – zwischen schlecht Gehorchenden und ungerecht Befehlenden – in schlechtem Zustand und uneinig. Hier ist ein Führer, hier ein Heer; dort Tribute und Frontdienst in den Bergwerken und die übrigen Strafen für Knechte; die Entscheidung, diese auf ewig zu ertragen oder für sie auf der Stelle Rache zu nehmen, liegt auf diesem Schlachtfeld. Denkt daher, wenn ihr in die Schlacht geht, an eure Vorfahren und an eure Nachfahren."

(33) Sie nahmen die Rede kampflustig (und), wie es Sitte bei den Barbaren ist, mit Lärmen und Gesang und misstönendem Geschrei auf.

keine Angaben

 

 

 

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