Tacitus, annales II 71-72

Caesar war ein Weilchen zur Hoffnung ermutigt worden, dann sagte er mit müdem Körper, sobald das Ende da war, den beistehenden Freunden in folgender Weise: "Wenn ich eines natürlichen Todes sterben solle, wäre mein Schmerz auch gegenüber den Göttern gerecht, weil sie mich meinen Eltern, den Kindern und der Heimat mitten im Jugendalter durch den vorzeitigen Tod rauben würden: "Nun hinterlasse ich, durch das Verbrechen des Pionus und der Plancina hinweggerafft, euch die letzten Bitten meines Herzens. Ihr möget dem Vater und dem Bruder berichten, durch welches Elend ich hart getroffen, durch welches Attentat ich betrogen worden bin, welches sehr unglückliche Leben ich durch einen sehr schlechten Tod beendet habe. Wenn irgendwelche (Leute) meine Hoffnung, wenn irgendwelche das verwandtschaftliche Blut, und wenn irgendwelche der Neid gegenüber dem Lebenden bewegte, werden sie darüber weinen, dass einst ein Blühender und aus so vielen Kriegen heil Hervorgegangener durch weibliche List gefallen ist. Ihr werdet Gelegenheit haben, euch beim Senat zu beklagen und die Gesetze anzurufen. Nicht ist das die vorzüglich Aufgabe der Freunde, durch eine kraftlose Wehklage den Gestorbenen zu begleiten, sondern zu erinnern was er alles gewollt hat, auszuführen was er aufgetragen hatte. Auch werden Unbekannte den Germanicus beweinen: Ihr werdet mich rächen, wenn ihr eher mich als meine soziale Stellung begünstigt habt. Zeigt dem römischen Volk die Enkelin des göttlichen Augustus, die zugleich meine Gattin ist, zählt die sechs Kinder auf. Das Mitgefühl wird auf Seiten der Ankläger sein und denen, die ruchlose Befehle gegeben haben, werden die Menschen entweder nicht glauben oder nicht verzeihen." Die Freunde schworen, indem sie die Rechte des Sterbenden berührten, dass sie eher das Leben als die Rache aufgeben würden. Dann bat er zur Frau hingewandt bei seinem Andenken, und bei den gemeinsamen Kindern, dass sie die Wut ablege, sie möge sich dem wütenden Schicksal unterwerfen, und sie möge nicht nach ihrer Rückkehr in die Stadt durch Wetteifern um die Macht mächtigere Leute reizen. Dies sagte er offenkundig und anderes geheim, wodurch er – so glaubt man – seine Angst vor Tiberius zeigte. Und nicht viel später starb er unter riesiger Trauer der Provinz und der im Umkreis lebenden Völker.

paulipser: eine kurze Zeit, ein Weilchen
dein: hierauf, dann
fessus3: müde, matt, erschöpft
praematurus3: zu früh, vorzeitig
dilacero1: zerfleischen, zerrütten, hart treffen
acerbitas/atis: Herbheit, Härte, Strenge, Bitterkeit, Mühsal, Elend
insidiae/arum: Hinterhalt, Anschlag, Attentat, Angriff, Einfall
quondam: einst, ehemals, zuweilen, manchmal, künftig, einmal
defungor3/functus sum: zu Ende bringen, erledigen, ausführen, fertig werden, sterben
questus/us: Wehklage
ignavus3: untätig, schlaff, kraftlos, untüchtig, faul, mutlos, feig
mando1: übergeben, anvertrauen, befehlen, anweisen, auftragen
vindico1: beanspruchen, befreien, retten sichern, bestrafen, rächen
foveo2/fovi/fotus: warmhalten, wärmen, hegen, liebkosen, hüten
ostendo3/tendi/tentus: entgegenstrecken, -halten, darbieten, versprechen, offenbaren, darlegen
neptis/is: Enkelin
misericordia/ae: Barmherzigkeit, Mitgefühl, Mitleid, Almosen
scelestus3: frevelhaft, verrucht, ruchlos
mandatum/i: Auftrag, Befehl, Weisung
exuro3/ussi/ustus: herausbrennen, verbrennen, einäschern
ferocia/ae: Wildheit, Trotz, Übermut, Unerschrockenheit
submitto3/misi/missus: niederlassen, senken, aufgeben
irrito1: erzürnen, aufbringen, zum Zorn reizen, böse machen
aemulatio/onis: Nacheiferung, Wetteifer, Eifersucht, Missgunst, Rivalität
palam: offen(kundig), öffentlich

 

 

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