Ein Skandal im Senat

Gaius Plinius grüßt seinen Maesius Maximus

Ich habe Dir geschrieben, man müsse befürchten, dass mit den geheimen Abstimmungen irgendein Missbrauch getrieben werde. Das ist (jetzt) geschehen! Bei den letzten Wahlen hat man auf einigen Stimmtafeln viele Witzeleien und sogar unanständige Bemerkungen, auf einer aber anstelle der Namen der Kandidaten diejenigen (ihrer) Förderer gefunden. (2) Außer sich war der Senat und wünschte unter großem Lärmen den Zorn des Kaisers auf den Schreiber herbei. Der aber blieb unentdeckt und unbekannt, vielleicht befand er sich sogar unter denjenigen, die sich entrüsteten. (3) Was, glauben wir, treibt der (eigentlich) zu Hause, der bei einer so wichtigen Handlung, in einem so ernsten Augenblick ein so würdeloses Spiel treibt [wörtl.: würdelos spielt], der dann noch im Senat witzig, keck und voll köstlicher Einfälle ist? (4) Zu solcher Frechheit bringt diese verdorbenen Charaktere die bekannte Zuversicht: „Wer wird es denn erfahren?“ Er hat nach der Stimmtafel, dem Griffel verlangt, hat sie bekommen, den Kopf gesenkt, scheut sich vor niemandem, kennt keine Selbstachtung. Daher diese Scherze, die für das Theater und die Schaubude passen. (5) Wohin soll man sich (da) wenden? Nach welchen Heilmitteln suchen? Überall sind die Krankheiten stärker als die Heilmittel. Aber das ist die Sache dessen, der über uns steht, dem un­sere unnütze und dennoch ungezügelte Frechheit Tag für Tag viel zusätzliche Nachtarbeit, viel Mühe einbringt. Lebe wohl!

keine Angaben

 

 

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