Fürsorge für einen Freigelassenen

Gaius Plinius grüßt seinen Paulinus

Ich sehe, wie gütig Du Deine Leute behandelst; umso offener will ich Dir bekennen [wörtl.: werde…bekennen], mit welcher Nachsicht ich die meinen behandle. (2) Ich denke (dabei) stets sowohl an jenes Wort Homers „Er war milde wie ein Vater“ als auch an [diesen] unseren Ausdruck „pater familiae“.

Aber selbst wenn ich von Natur aus rauher und härter wäre, würde mich dennoch die Krankheit meines Freigelassenen Zosimus rühren, dem umso mehr Menschenfreundlichkeit zuzuwenden ist, je mehr er ihrer jetzt bedarf (3) Er ist rechtschaffen, pflichtbewusst, gebildet; sein Beruf und gleichsam sein Etikett -ist der eines Schauspielers, worin er Hervorragendes leistet. Denn er trägt deutlich vor, mit Verstand, angemessen und überdies gefällig. Er spielt auch fachkundig die Kithara, besser als [wörtl.: mehr als/über das hinausgehend, was] es für einen Schauspieler nötig ist. Er liest aber auch Reden, Geschichtswerke und Gedichte so gefällig vor, dass man meinen könnte, er habe nur das (eine) gelernt.

(4) Das habe ich Dir so genau geschildert, damit Du umso besser weißt, wie viele und wie angenehme Dienste mir dieser eine Mann leistet. Dazu kommt meine langjährige Zuneigung zu ihm, die gerade sein (jetziger) gefährlicher Zustand ver­mehrt hat. (5) Es ist ja von Natur aus so eingerichtet, dass nichts in gleicher Weise die Liebe steigert und vergrößert als die Furcht, (den Gegenstand der Liebe) zu verlieren; diese (Furcht) habe ich um ihn wiederholt ausgestanden [wörtl.: erleide ich…nicht (nur) einmal]. (6) Denn er erlitt vor einigen Jahren, als er (gerade) voll starkem Ausdruck [wörtl.: stark und heftig] vortrug, einen Blutsturz und wurde deshalb von mir nach Ägypten geschickt; nach einem langen Aufenthalt ist er vor kurzem geheilt zurückgekommen. Als er dann einige Tage hindurch seiner Stimme allzu viel zumutete, brachte ihm ein leichter Husten seine alte Krankheit in Erinnerung und er hat wieder Blut gespuckt. (7) Deshalb beabsichtige ich [wörtl.: habe ich beschlossen], ihn auf Dein Landgut zu schicken, das Du in Forum Juli hast. Ich habe Dich nämlich oft sagen hören, dass die Luft dort heilsame Wirkung habe und die Milch für solche Heilungsprozesse aufs höch­ste empfehlenswert sei. (8) Ich bitte Dich also, den Deinen dort zu schreiben dass ihm Deine Villa, Dein Haus offen stehe, und dass sie auch seinen Bedürfnissen entgegenkommen, wenn er etwas brauchen wird er wird aber nur wenig brauchen. (9) Er ist nämlich so genügsam und stellt so geringe Ansprüche, dass er nicht nur die Genüsse, sondern auch das für (seine) Gesundheit Nötige aufgrund seiner Genügsamkeit einschränkt, Ich werde ihm, wenn er abreist, soviel Reisegeld mitgeben, wie er für die Reise auf Dein Landgut braucht [wörtl.: wie dem…Reisenden nötig ist]. Lebe wohl!

keine Angaben

 

 

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