Ianus – zum 1. Jänner

Doch als welchen Gott soll ich dich benennen [wörtl.: soll ich sagen, dass du welcher Gott bist?], zweigesichtiger Ianus? (90) Denn Griechenland hat keinen dir gleichen Gott. Sage zugleich den Grund: Warum siehst du als einziger von den Himmlischen, was im Rücken ist und was vor dir ist? Als ich die Schreibtafeln nahm und das in meinem Sinn überlegte, erschien mir (mein) Haus heller, als es vorher war. (95) Dann bot der heilige Ianus, wunderbar in seiner doppelgesichtigen Erscheinung, plötzlich seine beiden Gesichter meinen Augen dar. Ich geriet in Furcht und fühlte, dass sich meine Haare aus Angst sträubten, und plötzlich war mein Herz eiskalt vor Schauer. Er hielt einen Stab in der Rechten und einen Schlüssel in der Linken und sprach aus dem vorderen Mund folgende Worte zu mir: (101) „Leg ab die Furcht und vernimm, eifriger Künder der Tage, was du begehrst, und merke [wörtl.: erfasse] (dir) meine Worte: Mich nannten die Alten Chaos – denn ich bin etwas sehr Altes [wörtl.: eine sehr alte Sache] –; schau nur, von welch alter Zeit [wörtl.: von den Taten welch langer Zeit] ich (dir) künde. (105) Hier die helle Luft und die drei übrigen [wörtl.: die übrigbleiben] Elemente Feuer, Wasser, Erde waren eine einzige Masse. Sowie sich einmal diese Masse durch den Widerstreit ihrer Bestandteile trennte und gelöst in neue Wohnsitze fortging, (da) strebte die Flamme nach dem Himmel, der näherliegende Raum nahm die Luft auf, (110) Land und Meer saßen unveränderlich in der Mitte [wörtl.: mitten auf dem Boden/der Unterlage]. Damals kam ich, der ich eine Kugel und ein gestaltloser Klumpen war, zu einer Gestalt und zu Gliedern, die einem Gott entsprachen. Auch jetzt erscheint – ein kleines Zeichen der einst formlosen Gestalt – als ein und dasselbe, was an mir vorn und hinten ist. (115) Vernimm (nun) den zweiten Grund der Gestalt, nach der du fragst [wörtl.: was der zweite Grund für die gefragte Gestalt ist], damit du diese und zugleich mein Amt kennst. Alles, was du überall siehst: Himmel, Meer, Wolken, Länder, alles ist verschlossen und geöffnet durch meine [wörtl.: unsere] Hand. Bei mir allein liegt die Wacht der weiten Welt, und das Recht, die Türangel zu drehen, steht ganz mir zu [wörtl.: ist meines]. (121) Wenn es mir gefällt, den Frieden aus dem ruhigen Haus zu entsenden, wandelt er frei über endlose Wege. Von Blut und Tod wird der ganze Erdkreis erfüllt werden [wörtl.: mit Blut und Tod…vermischt werden], wenn die Riegel die grausamen Kriege nicht in Gewahrsam halten. (125) Ich bewache das Tor des Himmels mit den friedlichen Horen, es kommt (und) geht [wörtl.: geht zurück] selbst Iuppiter durch mein Amt. Daher werde ich Ianus gerufen, wenn (mir) mein Priester den Kuchen aus Mehl und den mit Salz vermischten Schrot (als Opfer) hinstellt. Du wirst über die Namen lachen: Denn bald werde ich als ein und derselbe Patulcius und bald auch Clusius in der Sprache [wörtl.: vom Mund] der Opfernden genannt. (131) Jene rohe Vorzeit wollte freilich mit wechselnden Bezeichnungen die entgegengesetzten Funktionen bezeichnen. Meine Macht ist erzählt, vernimm nun den Grund (meines) Aussehens: Doch auch du siehst ihn schon zu einem Teil. (135) Jede Haustür besitzt zwei Stirnseiten: auf der einen und der anderen Seite; von diesen schaut die eine zum Volk, doch die andere zum häuslichen Herd [wörtl.: diese…jene]. Und wie euer Pförtner nahe an der Schwelle des Vorhauses [wörtl.: ersten (Teiles des) Hauses] sitzt und die Hinausgehenden und Hereinkommenden [wörtl.: Ausgänge und Eintritte] sieht, so überschaue ich als Pförtner der Halle des Himmels zugleich die östlichen und westlichen Teile. (141) Die Antlitze der Hekate siehst du nach drei Seiten gewendet, dass sie die Kreuzung, die nach drei Seiten hin geteilt ist, bewache, und ich kann, damit ich durch die Drehung meines Nackens keine Zeit verliere, ohne Bewegung des Körpers nach zwei Seiten blicken.“

keine Angaben

 

 

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