Cicero, de officiis II 75-77
Es ist noch nicht 110 Jahre her, dass von L. Pisone ein ausführlicher Gesetzesvorschlag über Schadensersatzforderungen eingebracht worden ist, während es vorher keines gegeben hat. Später aber (gab es) so viele Gesetze und eines (war) strenger als das andere, so viele Beschuldigte, so viele Verurteilte, ein so großer italienischer Krieg wurde wegen aus Angst vor den Gerichten entfacht, so groß war die Ausplünderung und der Raub der Bundesgenossen durch die Aufhebung von Gesetzen und Gerichten, dass wir durch die Schwäche anderer, nicht durch unsere Tüchtigkeit stark sind. Panaitios lobt Africanus, weil er uneigennützig gewesen sei. Warum sollte er ihn nicht loben? Aber bei jenem sind andere Dinge größer. Das Lob der Uneigennützigkeit gebührt nicht nur dem Menschen, sondern auch jenen Zeiten. Paulus bemächtigte sich des ganzen Schatzes der Makedonen, der sehr groß war; er brachte so viel Geld in den Staatsschatz ein, dass die Beute eines Feldherrn eine Ende der Steuern brachte. Aber dieser brachte nichts zu sich nach Hause außer die ewige Erinnerung an (seinen) Namen. Nach der Zerstörung Karthagos war Africanus der den Vater nachahmte um nichts reicher. War etwa L. Mummius, der dessen Kollege bei der Aufsicht war, reicher, als er die sehr reiche Stadt völlig zerstört hatte? Er wollte lieber Italien schmücken als sein Haus; obwohl mir scheint das Haus selbst geschmückter, nachdem Italien geschmückt worden war. Kein Laster ist abstoßender als die Habsucht, vor allem bei führenden Männern und solchen, die den Staat leiten. Den Staat nämlich als Erwerbsquelle zu haben ist nicht nur schändlich, sondern auch verbrecherisch und ruchlos. Daher scheint mir der pythische Apollon das, was er in einem Orakel verkündete, nämlich daß Sparta durch nichts anderes als die Habsucht zugrunde gehen werde, nicht nur den Lakedaimoniern, sonder auch allen Völkern vorausgesagt zu haben. Jene aber, die an der Spitze des Staates stehen, können durch keine Sache leichter den Wohlwollen vieler gewinnen als durch Enthaltsamkeit und Selbstbeherrschung. |
expilatio/onis: Ausplünderung direptio/onis: Raub, Plünderung imbecillitas/atis: Kränklichkeit, Schwäche, Mutlosigkeit, Mangel gaza/ae: Schatz, Schätze Macedo/onis: Makedonier tributum/i: Abgabe, Steuer, Pflicht sempiternus3: immerwährend, fortdauernd, ewig nihilo: umsonst; bei comp.: um nichts censura/ae: Zensur, Prüfung, Beurteilung, Bestrafung, Aufsicht collega/ae: Amtsgenosse, Beteiligter, Kollege numquid: etwa?, ob etwa? copiosus3: reich, wohlhabend, reichlich funditus: von Grund auf, gründlich, gänzlich, ganz und gar quamquam: obwohl, obgleich taeter/tra/trum: häßlich, garstig, abstoßend, ekelhaft, schändlich praesertim: zumal, besonders, vor allem quaestus/us: Erwerb, Gewinn, Gewerbe sceleratus3: frevelhaft, verbrecherisch, verrucht, schrecklich benevolentia/ae: Wohlwollen, Gewogenheit abstinentia/ae: Enthaltsamkeit, Uneigennützigkeit continentia/ae: Enthaltsamkeit, Selbstbeherrschung |