Zum Tode von Slobodan Milošević

(Scheveningen/Den Haag, 11. März 2006)

von Nikolas Dikigoros

Anhang zu Die Weiße Burg am Blauen Fluß

Slobodan Milošević, der einstige Führer "Jugoslawiens", ist am 11.03.2006 im Alter von 64 Jahren im UN-Gefängnis von Scheveningen bei Den Haag ermordet worden. Na und? werden viele sagen, das war doch nur ein Verbrecher, um den es nicht schade ist - und dem würde Dikigoros an sich nicht widersprechen. Aber es gibt noch viele andere Polit-Verbrecher unter seinen Zeitgenossen, um die es nicht schade wäre; dennoch erfreuen sich z.B. ein Helmut Kohl und ein Mikhaïl Gorbatschëw noch immer ihres Lebens in Freiheit und Wohlstand. Wo ist der Unterschied? Nun, Milošević hat seine Verbrechen im Dienste seines Volkes und Vaterlandes ("Jugoslawiens", nicht Serbiens, denn er war Montenegriner) begangen; die anderen haben ihre Völker und Vaterländer dagegen verraten und verkauft - das gilt es festzuhalten, egal was man von der BRD oder der UdSSR [ge]halten [haben] mag. Aber letzteres gilt bekanntlich nicht [mehr] als Verbrechen, ersteres dafür umso mehr. Deshalb erfreute sich Milošević schon lange keiner Freiheit mehr, sondern vielmehr einer Zelle, als Geisel seiner Mörder, die sich großkotzig zu "Richtern" über ihn aufgeworfen hatten wie einst die alliierten Besatzer 1947 in Nürnberg über die von ihnen unterworfenen Deutschen.

Warum spricht Dikigoros hier von "Mördern"? Nun, darüber, daß sie Milošević getötet haben (oder seinen Tod zumindest billigend in Kauf genommen haben - die Juristen sprechen da von "dolus eventualis" -, was ausreicht, um den Tatbestand zu erfüllen) kann selbst nach der offiziellen Version seiner Todesursache - Herzinfarkt - kein ernsthafter Zweifel bestehen: Eine Tötung kann nach allen Rechtsordnungen der Welt auch durch schuldhaftes Unterlassen begangen werden; und die "Richter" in Den Haag wußten, daß Milošević schwer herzkrank war, gleichwohl verweigerten sie ihm die ärztliche Behandlung durch einen Herzspezialisten; damit ist der Grundtatbestand erfüllt. Aber um aus einer solchen Tötung einen Mord zu machen, muß ja noch ein so genanntes qualifizierendes Tatbestandsmerkmal hinzu kommen. Gehen wir den § 211 StGB mal durch - was kommt da in Frage? Mordlust? Befriedigung des Geschlechtstriebs? Das können wir wohl vergessen, auch wenn gewisse Karikaturisten das im Falle der Chefanklägerin Carla del Ponte (einer ehemaligen Schweizer Bundesanwältin, die aus der Schweiz weg gelobt wurde und gegen die dort inzwischen selber wegen diverser Verbrechen ermittelt wird - sie trägt dort den Spitznamen "Carlita la pesta [Klein Karla die Pest]") anders sehen.

Auch Heimtücke, Grausamkeit oder gemeingefährliche Mittel scheiden wohl aus. [Das gilt auch, wenn die Behauptung der Familie Milošević, zutrifft, daß Slobodan mit Rifampicin "vergiftet" worden sei - ein Mittel, das die Wirkung der Herzmittel, die er einnahm, neutralisierte -, und nicht die Behauptung seiner Mörder, daß er es bewußt geschluckt habe, um seinen Gesundheitszustand zu verschlechtern und so die Verlegung in ein Moskauer Krankenhaus zu erzwingen, was auf Selbstmord hinaus liefe. Persönlich neigt Dikigoros der Auffassung zu, daß letzteres etwa so wahrscheinlich ist wie daß sich Himmler selber zu Tode geprügelt hat, daß sich Hess selber erhängt hat oder daß sich die Baader-Meinhof-Bande selber erschossen hat - warum hätte sich Milošević diese Mühe machen sollen? Er hätte doch einfach die ihm verschriebenen Herzmittel absetzen können, statt diese brav weiter einzunehmen und dann zusätzlich ein Mittel, das deren Wirkung neutralisiert. Außerdem: Wie hätte er als streng bewachter Gefangener überhaupt an Rifampicin kommen sollen? Aber wie dem auch sei, daraus läßt sich kein qualifizierendes Tatbestandsmerkmal subsumieren - und nur darauf kommt es hier an -, denn ein Herzinfarkt ist kein "grausamer" Tod im Sinne des Gesetzes, im Gegenteil: Viele Menschen, die Jahre lang todkrank vor sich hin siechen, wären froh, wenn sie ein solcher verhältnismäßig leichter Tod erlösen würde!]

Was kommt noch als Mordmerkmal in Betracht: Töten, um andere Straftaten zu ermöglichen oder zu verdecken? Aber hat es denn die UNO nötig, ihre Verbrechen durch den Mord an einem Würstchen wie Milošević zu bemänteln? Kann sie die nicht ganz offen - ggf. durch eine eigene Resolution "gerechtfertigt" - begehen? Bleiben also nur "sonstige niedrige Beweggründe". Als wichtigster dieser Beweggründe gilt gemeinhin "Rache". Was ist "Rache", liebe Leser? Ist das wirklich ein "niederer" Beweggrund? Beruht er nicht vielmehr auf einem ureigensten Gerechtigkeitsgefühl, dem der "Wiedergutmachung" (oder, besser gesagt, Wiederschlechtmachung)? Tun die staatlichen Gerichte bei ihrer "Bestrafung" nicht eigentlich das gleiche? Das kommt darauf an, wie man "Rache" definiert; und da weicht Dikigoros von der herrschenden Meinung ab, indem er diese Definition zum einen enger, zum anderen weiter zieht: Für ihn ist "Rache" - jedenfalls die Rache, die aus einer Tötung einen Mord macht - einerseits nicht jeder Bruch des staatlichen Strafgewaltmonopols durch Private; andererseits schließt der Gang zu den Gerichten den Begriff der "Rache" auch nicht grundsätzlich aus. Vielmehr grenzt er verbrecherische "Rache" von legitimer "Vergeltung" - egal, ob privat oder staatlich - durch den Bezug auf die Handlung ab, wegen der sie - angeblich oder tatsächlich - "begangen" wird. Er meint damit aber nicht einfach den Spruch aus dem Alten Testament der Juden "Aug' um Auge, Zahn um Zahn" - das ist lediglich eine Definition der gerechten Vergeltung -, sondern die Frage, ob die "Strafe" oder "Vergeltung" tatsächlich wegen der Handlung ge- bzw. verübt wird, die der Täter zur "Rechtfertigung" heranzieht: Wo das der Fall ist, spricht er von "Vergeltung", wo nicht, von "Rache".

Ist Euch das zu abstrakt, liebe Leser? Dann nehmen wir doch mal ein paar praktische Beispiele: Wenn jemand, der von einem anderen beleidigt, verletzt oder bestohlen wurde, diesen anderen seinerseits beleidigt, verletzt oder bestiehlt, dann ist das Vergeltung - ebenso, wenn er ihn wegen Beleidigung, Körperverletzung oder Diebstahls anzeigt. Wenn er ihn dagegen umbringt - oder aber wegen eines Mordes anzeigt, den er gar nicht begangen hat -, dann ist das Rache. Wenn das Gericht einen Dieb zur Geldstrafe - oder, unter der Sharia, zum Abhacken der Hand - verurteilt, dann ist das Vergeltung; wenn es jedoch einen Steuerhinterzieher aus Ärger darüber, daß er einen vermeintlichen Mord nicht gestehen will und er ihm auch sonst nicht nachzuweisen ist, zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt (wie das z.B. mit Al Capone geschah - oder, im Falle der Sharia, zur Steinigung - , dann ist das Rache. Ebenso ist es Rache, wenn ein Amtsrichter einem gut betuchten Verkehrssünder, der eine Ordnungswidrigkeit begangen hat - das 40-Euro-Knöllchen aber nicht zahlen will und Einspruch eingelegt, es also gewagt hat, ihm, dem armen Richter, der "nur" R1 verdient, mit zusätzlicher Arbeit zur Last zu fallen - 300.000,00 Euro Geldstrafe aufbrummt. (Dikigoros hat dieses - an sich belanglose - Beispiel ausgewählt, weil es am 12.03.06 die Ermordung von Milošević aus den Schlagzeilen der Boulevard-Presse verdrängt hat. Über die Frage, was es ist, wenn ein Mitglied des englischen Königshauses von diesem "privat" getötet wird, weil Ehebruch und Rassenschande nach dem staatlichen Gesetz nicht [mehr] strafbar sind, schreibt er an anderer Stelle.) Es kommt also nicht darauf an, ob ein Privatmann oder ein staatlich besoldeter Richter handelt; vielmehr muß die Frage lauten, ob die "vergoltene" bzw. "bestrafte" Tat nicht lediglich als Vorwand dient, um etwas ganz anderes zu rächen.

Und genauso war es hier, im Falle des Slobodan Milošević. Gewiß, er hat Kriege geführt, in denen Kriegsverbrechen begangen wurden - übrigens auf allen Seiten, wie in fast allen Kriegen zu fast allen Zeiten. Aber diese "Kriegsverbrechen" waren lediglich ein Vorwand, um das schwerste Verbrechen zu rächen, das ein Politiker in den Augen der UN-, pardon Gut-Menschen überhaupt begehen kann: Er machte Politik für sein Volk und Vaterland, er war also eine böser "Nationalist". (Das gilt übrigens auch für den Nationalrussen Boris Jeltsin, der es wagte, den edlen Multi-kulti- und Vielvölkerstaat Sowjetunion aufzulösen - den der brave Gorbatschëw noch mit Gewalt zusammen zu halten versucht hatte, indem er Panzer ins abtrünnige Baltikum rollen ließ (ohne dafür jemals ernsthaft kritisiert, geschweige denn vor Gericht gestellt zu werden) -, und gegen den die selbst ernannte Rächerin Carlita la Pesta deshalb ebenfalls unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand "Ermittlungen" einleitete, aus denen dann freilich nichts wurde.) Merke: Wer Völker unterdrückt, um sie gegen ihren Willen in einen "gemeinsamen" Staat zusammen zu zwingen, wie die Spanier die Basken und Katalanen, die Engländer die Schotten und Nordiren, die Franzosen die Bretonen und die - mittlerweile ausgerotteten - Elsässer -, die Türken und Iraker die Kurden, die Chinesen die Ostturkmenen und Tibeter usw. usw., der handelt nach heutigem Verständnis politisch korrekt, denn Staatswesen dürfen bekanntlich nicht mehr von Völkern aus Menschen, sondern nur noch von "Bevölkerungen" aus Konsumenten - ja, auch der Schoßhund ist Konsument und Steuerzahler! - gebildet werden, und zusammen gehalten werden dürfen sie nicht mehr von Sprachen, Religionen o.ä. kulturellen Gemeinsamkeiten, geschweige denn von gemeinsamer Abstammung - pfui, das wäre ja "Rassismus"! -, sondern nur noch von schönen Ismen wie Liberalismus, Kapitalismus, Sozialismus, Demokratismus pp. Und weil letzteres noch nie auf Dauer funktioniert hat (wofür das Multi-kulti-Völkergefängnis, das der Kroate Tito "Föderative Republik Jugoslavien" nannte und das in aller Welt immer als diesbezügliches "Musterländle" hingestellt wurde, das beste - oder schlechteste - Beispiel ist) und wohl auch nie auf Dauer funktionieren wird, muß ersteres kriminalisiert werden, und wer es dennoch versucht, muß ermordet werden - aus Rache, aber vielleicht auch zur Verdeckung des Verbrechens, das es - jedenfalls in Dikigoros' Augen - darstellt, Menschen zu zwingen, gegen ihren Willen in "Multi-kulti-Staaten" zu leben. Slobodan Milošević war ein Opfer jener Verbrecher, die Dikigoros deshalb "Mörder" nennt.

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Nachtrag. Am 23. März 2007 erhielt Carla del Ponte für ihre Beteiligung an der Ermordung des Slobodan Milošević ein Blutgeld in Höhe von 5.000,00 Euro, verbunden mit der Verleihung des "Wartburgpreises", der zuvor bereits an so verdiente Persönlichkeiten wie IM TulpeHans Dietrich Genscher und Richard von Weizsäcker verliehen worden war.

[Der Wartburgpreis, dotiert mit 5.000,00 Euro]


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