"Weltausstellung" ohne Weltmacht

Die Vereinigten Staaten meiden die Expo 2000

Das Konzept passe nicht in die Zeiten der Globalisierung

(Die Zeit 20/2000)

Der größte Pavillon der ganzen Expo hätte es werden sollen, eine typische amerikanische Main Street auf 12 000 Quadratmetern, ökologisch korrekt ganz aus Holz gezimmert. Hollywoodstars würden dort Schauspielunterricht erteilen, verkündete der eigens von US-Präsident Bill Clinton ernannte Generalkommissar für die Expo 2000, William Rollnick, ein Industrieller aus New York, unter anderem Aufsichtsrat beim Spielzeughersteller Mattell.

Zusammen mit seiner Frau Nancy mühte sich Rollnick, jene 40 Millionen Dollar an Sponsorengeldern aufzutreiben, die für den hannoverschen US-Auftritt notwendig gewesen wären - vergeblich: Mitte April erklärten die Vereinigten Staaten, dass sie "keinen eigenen Pavillon bei der Expo 2000 haben werden". Die Weltausstellung wird also ohne die einzig verbliebene Weltmacht stattfinden - eine schwere Blamage für die Expo GmbH. Doch nach außen spielt man das Thema in Hannover herunter, gibt sich gar erleichtert. Er sei froh, dass dieses endlose Gerangel um die Teilnahme der USA nun endlich vorüber sei, sagt Expo-Mitgeschäftsführer Reinhard Volk.

Nach dem für die Amerikaner enttäuschenden Auftritt auf der Expo in Sevilla 1992 hatte der US-Kongress 1993 beschlossen, für Weltausstellungen keine staatlichen Mittel mehr bereitzustellen. Künftige Auftritte habe allein die Wirtschaft zu finanzieren. Dass die erforderlichen Sponsorengelder nun nicht zusammenkamen, dafür wird von deutscher Seite hauptsächlich Rollnick verantwortlich gemacht. Er habe es nicht verstanden, den Unternehmen die Idee der Expo nahe zu bringen. Doch an Rollnicks Scheitern ist die Expo GmbH nicht unschuldig. Sie habe seine Bemühungen unterlaufen, klagte er vor einiger Zeit, indem sie ihm Sponsoren, die bereits eine Spende zugesagt hatten, als direkte Expo-Produktpartner regelrecht abwarb, darunter IBM, Coca-Cola und McDonald's. Entscheidender für die Abstinenz der amerikanischen Unternehmen ist aber etwas anderes: Nach Auffassung vieler von ihnen passen Globalisierung und eine nach Nationen strukturierte Expo nicht mehr zusammen. Immer mehr Firmen sind bestrebt, ihre nationale Identität gegen eine internationale einzutauschen. "Die wollen sich als Global Player präsentieren und nicht in der Kaffeeküche des US-Pavillons auftreten", hat Oliver Neumann auf seinen Amerikareisen herausgefunden, der als Projektleiter im Berliner Architektenbüro Barkow-Leibinger den Bau des US-Pavillons verantwortete.

So ist es wohl mehr als nur eine Ausflucht, wenn der amerikanische Botschafter in Berlin, John Kornblum, zum Fernbleiben seines Landes auf der Expo sagt: "Es zeigt vielleicht, dass eine solche Weltausstellung nicht mehr unbedingt zeitgemäß ist." Die US-Regierung will nun eine Web-Seite im Internet einrichten und dort "Aspekte amerikanischen Lebens und amerikanischer Werte" weltweit zugänglich machen, erklärt Rollnick.


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